Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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 Niederhof (Brandshagen bzw. Gemeinde Sundhagen, Landkreis Vorpommern-Rügen) 
Jüdischer Friedhof 
   

Zur Geschichte des Friedhofes   
   
Der jüdische Friedhof in Niederhof ist der älteste erhaltene jüdische Friedhof an der Ostseeküste. Er wurde von der seit 1765 in Stralsund bestehenden jüdischen Gemeinde angelegt. Diese konnte in Stralsund keinen Begräbnisplatz anlegen und war gezwungen, ihre Toten zunächst in (Bad) Sülze beizusetzen. 1776 verstarb die Tochter des Stralsunder jüdischen Münzagenten Hertz. Diesem wurde vom Münzdirektor Joachim Ulrich Giese (Gründer der Stralsunder Fayencenmanufaktur, vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Joachim_Ulrich_Giese) erlaubt, das Kind in dessen Gutspark nahe Gut Niederhof beizusetzen. 
  
Im Laufe der folgenden Jahrzehnten erfolgten weitere Beisetzungen in Niederhof. Bis 1850 wurden hier Juden aus Stralsund, Greifswald und anderen vorpommerschen Städten bestattet. Die Beerdigungsgesellschaften der jüdischen Gemeinden brachten die Toten meist mit kleinen Schiffen über die gelegene Anlegestelle zum Friedhof.

Die Friedhofsfläche umfasst etwa 2,80 ar. Es sind noch etwa 60 Grabsteine bzw. Grabsteinreste erhalten. 26 der gut erhaltenen und zuletzt nach 2008 restaurierten Grabsteine sind aufgestellt, die übrigen Grabsteinfragmente sind zusammengefasst auf einem Betonfundament in einer Art "Erinnerungsmal" nahe dem Eingang zum Friedhof. Andere Grabsteinfragmente liegen um den Gedenkstein.
  
Dieser Gedenkstein zur Erinnerung an die in der NS-Zeit ermordeten Juden wurde 1964 aufgestellt. Er trägt die Inschrift: "Jiskor (hebräisch: ER gedenke, gemeint: Gott gedenke...). Errichtet im Gedenken derer, die hier in Frieden ruhn und zum Gedenken der sechs Millionen ermordeter jüdischer Menschen". Der Friedhof ist in der Liste der Kulturdenkmale eingetragen. 1999 wurde eine neue Umfriedung angelegt. Verschiedentlich gab es Schändungen des Friedhofes.          
   
  
   
Lage des Friedhofes            

Der Friedhof liegt an einem bewaldeten Wall - oberhalb des Bootshafen bzw. eines kleinen Badestrandes - 200 m westlich des Gästehauses Niederhof und damit auch unweit einer der größten Kormorankolonien Mitteleuropas
(Quelle der Luftaufnahme links: Googlemaps - Link zur Lage auf den Google-Maps

   
   
   

Fotos 
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum: 4.6.2020)  

     
 Hinweistafel beim Parkplatz Niederhof  Zur Geschichte des Gutes Niederhof  Hinweistafel am Friedhof
     
     
 Blick über den Friedhof beim Eingang Die zu einem "Erinnerungsmal" auf einem Betonsockel zusammengefassten Grabsteinfragmente    
     
     
 Gedenkstein von 1964
(siehe oben)
 Rückseite Grabstein für
Rahel Nathan
 Rückseiten Grabsteine für Mina Nathan und
Henriette Nathan (4.3.1800-6.7.1825)
     
     
 Rückseite Grabstein für Betty Hertel
geb. Hertel
(8.12.1791-20.8.1828)
Teilansichten des Friedhofes: die nach Osten gerichteten Vorderseiten der Grabsteine
sind traditionell allesamt hebräisch beschriftet   
     
     
 Teilansicht
   
 Grabstein mit "segnenden Händen" der Kohanim
für Mordechai Katz aus Greifswa(l)d 
 Teilansichten des Friedhofes 
   
     
     
Einzelne Grabsteine, jeweils hebräische - nach Osten gerichtete - Vorderseiten   
     
     
     
     

   
   
Einzelne Presseberichte zum Friedhof         

November 2018: Über den jüdischen Friedhof in Niederhof    
Artikel von Christine Senkbeil in "Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung" Nr. 44/2018 vom 4. November 2018: "Jüdischer Friedhof in Niederhof - Spuren des Lebens in kaltem Stein
Niederhof/Brandshagen. 'Im grauen Monat November wars.' Als Heinrich Heine sein Versepos 'Deutschland. Ein Wintermärchen' mit dieser Textzeile begann, konnte er nicht ahnen, welches Grauen seine jüdischen Brüder und Schwestern 100 Jahre später erwarten würde – ebenfalls im grauen Monat November. Die Reichspogromnacht wurde der finstere Auftakt zur Ermordung von sechs Millionen Juden. Heute, 80 Jahre später, regt sich wieder Leben in den jüdischen Gemeinden in Rostock oder Schwerin. Doch oft sind es nur noch Spuren aus Stein, die von jüdischem Leben in den Städten und Gemeinden des Nordens erzählen...   
Ein stilles und ganz stummes Zeugnis jüdischen Lebens begegnet dem Wanderer weit außerhalb der Stadt: an der Greifswalder Boddenküste in der Nähe von Brandshagen. Führt der Schritt in den Schlosspark von Niederhof, ist eine erste Überraschung die Kormorankolonie, in der Hunderte Brutpaare nisten.
Grabsteine ausgerichtet nach Jerusalem. In Richtung des Boddens führt der Weg auf einen alten Burgwall aus der Slawenzeit – eine zweite Überraschung auf diesem Spaziergang. Dort aber, an der Steilküste zum Meer, eröffnet sich dann der Blick auf einen wahrhaft geheimnisvoll wirkenden Ort. Ein umzäuntes Waldstück mit sehr alten Grabsteinen. Mit ungewöhnlichen Zeichen sind sie beschrieben – und zwar nicht in der Sichtachse des Betrachters, sondern scheinbar auf ihrer Rückseite. Eine Tafel am Eingang klärt auf. Es ist ein jüdischer Friedhof mit 26 komplett erhaltenen Grabsteinen. Der größte an der Ostsee, wie es heißt. Die Buchstaben sind also hebräisch – und die Schrift richtet sich nach Jerusalem aus. Die jüdische Gemeinde in Rostock betreut die Anlage. '2008 haben wir die Steine restauriert', berichtet der Landesbeauftragte Igor Jesernitzki, der mehr als 40 Friedhöfe in MV betreut. Entstanden ist der Friedhof aufgrund von Pogromen, die schon weit vor der Nazizeit auch hier im Norden liefen. Stralsunder Juden war es nicht gestattet, ihre Toten in der Stadt beizusetzen. Dem Stralsunder Münzdirektor Giese gehörte damals das Gut Niederhof. 1776 erlaubte er seinem Münzagenten Hertz, seine Tochter hier zu beerdigen. Schon mit 16 Jahren war diese verstorben. In den folgenden Jahrzehnten erfolgten weitere Bestattungen auch aus Greifswald und Gnoien. Per Boot über den Sund oder mit Pferdewagen seien die Toten nach Niederhof überführt worden.
Ab 1933 verfiel der Jüdische Friedhof. Noch in den 50er-Jahren wurden einzelne Grabsteine als Baumaterial entnommen, wie im Bericht eines Forschungsprojektes 'Jüdische Friedhöfe' der Fachhochschule Neubrandenburg auf klecks-online zu lesen ist. 'Es gab auch Schändungen', schreiben sie. Seit 1964 ist der außerordentlich schöne Friedhof zum Kulturdenkmal erklärt worden. Bruchstücke der Steine konnten gerettet werden. Und ein Gedenkstein mit der Inschrift entstand: 'Errichtet im Gedenken derer, die hier in Frieden ruhen, und zum Gedenken der sechs Millionen ermordeten jüdischer Menschen.'"
Link zum Artikel   http://www.kirche-mv.de/Spuren-des-Lebens-in-kaltem-Stein.10252.0.html       

    
   
  

Links und Literatur 

Links:  

bullet Website des Amtsbereiches Miltzow  
bullet Wikipedia-Artikel zu Brandshagen  
bulletWikipedia-Artikel   https://de.wikipedia.org/wiki/Jüdischer_Friedhof_(Brandshagen)    
bullet Über die Aktivitäten des 2004 mit dem "Obermayer German Jewish History Award" ausgezeichneten Klaus-Dieter Ehmke: http://obermayer.us/award/awardees/ehmke-ger.htm  
bulletForschungsprojekt der Fachhochschule Neubrandenburg mit Seite zum Friedhof https://www.kleks.app/editor/?element_id=148500&lang=de        

Literatur:   

bulletZeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. Projektleitung: Kathrin Wolff. Gesamtredaktion: Cordula Führer. Berlin 1992. S. 24.
bulletMichael Brocke/Eckehart Ruthenberg/Kai Uwe Schulenburg: Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin). Berlin 1994. S. 268-271. 
bullet Karl-Heinz Bernhard/Fritz Treichel: Der jüdische Begräbnisplatz in Niederhof. In: Baltische Studien (Hamburg) N.F. 47 (1960) S. 111-136.
bulletKlaus-Dieter Ehmke: Der "Gute Ort von Niederhof". In: Der faschistische Pogrom vom 9./10. November 1938 - Zur Geschichte der Juden in Pommern. Wissenschaftliche Beiträge der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald 1989.  

   
    

                   
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Stand: 18. Mai 2020