Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Berne (Kreis Wesermarsch, Niedersachsen)
Jüdische Geschichte / Synagoge 

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
    
In Berne bestand eine jüdische Gemeinde bis nach 1933.  Ein erster Schutzbrief wurden 1771 erteilt (für Eljukam B. R. Jehuda, ein Schwager von Caiphas Levi in Ovelgönne; Eljukam war Ahnherr der Familie Koopmann). Es folgten langsam weitere Zuzüge: 1782 wurde ein Schutzbrief an Joseph Meier erstellt, wenige Jahre später an Isaac Salomon.    
  
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1822 36 jüdische Einwohner (im Amt Berne, aber vermutlich die meisten in Berne selbst; vier Familien, 1837 41, 1843 39, 1850 28, 1861 42, 1869 zehn Familien, 1873 64 jüdische Einwohner, 1895 27, 1907 25, 1910 18.
 
Die jüdischen Familienvorstände waren als Schlachter, Geschäftsleute und Färber tätig.     
  
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (seit 1814 genannt) und ein Friedhof. Die Einrichtungen waren vor 1840 einschließlich einer Lehrerwohnung im Haus des Manleib Insel. 1834 wird der Schulraum für die damals zehn Schüler der Gemeinde von Landrabbiner Hirsch als "schön" bezeichnet. Nach dem Bau der Synagoge 1840 wurde auch die jüdische Schule in das Synagogengebäude verlegt. Die Gemeinde gehörte zum Landrabbinat Oldenburg.
   
Bis 1889 war als jüdischer Lehrer am Ort D. Salinger angestellt; er war zugleich als Kantor und Schochet tätig (vgl. Ausschreibung der Stelle von 1867 s.u.). Danach hatte die Gemeinde keinen eigenen Lehrer mehr; der Religionsunterricht der jüdischen Kinder wurde nun durch auswärtige Lehrer erteilt (Oldenburg, Delmenhorst). 1899 gab es in der Gemeinde noch sechs schulpflichtige Kinder, 1909 zwei Kinder.        
   
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Unteroffizier Ernst Koopmann (geb. 1.3.1891 in Berne, vor 1914 in Göttingen wohnhaft, gef. 25.9.1915; Erinnerungsinschrift auf dem jüdischen Friedhof). Dr. Louis Koopmann (siehe unten) war im Ersten Weltkrieg im Rang eines Offiziers eingesetzt.       
   
Um 1924, als zur Gemeinde nur noch 11 Personen gehörten (1,6 % der Einwohnerschaft von etwa 700 Personen) waren die Gemeindevorsteher Leopold Koopmann und Manuel Insel. 1932 waren die Gemeindevorsteher Dr. Louis Koopmann (Lange Straße) und Gustav Meyer (ebenfalls Lange Straße).        
    
1933 wurden noch 14 jüdische Einwohner gezählt, die sich auf drei Großfamilien verteilten: Familien Insel, Koopmann und Meyer. Kaufmann Manuel Insel verstarb 1935. Dr. Louis Koopmann (bis 1927 im Staatsdienst als Jurist) war bis 1933 als anerkannter Landwirt, Viehhändler und Züchter tätig. Nach 1933 wurden alle seine Zuchttiere aus dem Herdbuch gelöscht, sodass sie nur noch Schlachtwert hatten. 1937 verzog Dr. Koopmann nach Gut Winkel / Spreenhagen und betrieb dort eine Hachscharah (landwirtschaftlicher Ausbildungsbetrieb für jüdische Auswanderer). Mit seinem Wegzug erfolgte faktisch die Auflösung der jüdischen Gemeinde.  
Die Witwe Ida Koopmann geb. Meier war Inhaberin eines Web- und Wirkwarengeschäftes, das 1933 boykottiert wurde. Gustav Meyer war als Schlachter und Viehhändler tätig; zu seiner Familie gehörten seine Frau Elsa und die Kinder Hanna und Alfred (alle vier konnten nach Südafrika emigrieren).   
    
Beim Novemberpogrom 1938 wurde Dr. Koopmann für einige Wochen in das KZ Buchenwald verschleppt; 1940 konnte er noch in die USA fliehen (gest. 1996 im Alter von 107 Jahren in Miami Beach). Wie fast alle Juden des Landes Oldenburg mussten auch die in Berne noch lebenden jüdischen Personen ihre Heimat Anfang Mai 1940 verlassen: so kam Ida Koopmann in ein jüdisches Altersheim in Hamburg, von wo sie später deportiert wurde.      
    
Von den in Berne geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem [siehe Anmerkung unten] und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Clara Examus geb. Meyer (1877), Grete Insel (1903), Siegfried Insel (1859), Ida Koopmann geb. Meier (1870), Sara Koopmann geb. Katz (1860), Minna Mosheim geb. Koopmann (1867), Emma Stern geb. Koopmann (1852). 
Alle der genannten Personen sind in Berne geboren (außer Sara Koopmann, die in Mollenfelde geboren ist), lebten jedoch später an anderen Orten. 
In den Listen von Yad Vashem wird Berne mit dem schweizerischen Bern verwechselt und eine falsche Zuordnung vorgenommen.      
        
        
        
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1867 / 1879    

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. November 1867: "Die Stelle eines Lehrers und Kantors bei der Gemeinde in Berne ist zu Neujahr oder zum Mai zu besetzen. Gehalt 200 - 225 Thaler jährlich, Wohnung, Feuerung, Licht frei nebst einigen Nebeneinkünften. 
Anmeldung an Landrabbiner Wechsler in Oldenburg."    
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. September 1879: "Die Stelle eines Lehrers und Kantors bei der Gemeinde in Berne, Großherzogtum Oldenburg, wird zum 1. November erledigt. Gehalt 800 Mark nebst freiem Mittagstisch, freier Wohnung, Feuerung und einigen Emolumenten. Anmeldungen unter abschriftlicher Anfügung guter Zeugnisse nimmt entgegen 
Der Vorstand L. Koopmann."   

       
 
      
       
Zur Geschichte der Synagoge     
      
Zunächst war ein Betraum vorhanden. Er befand sich wie die jüdische Schule (1814 genannt) im Haus des Manleib Insel. 1834 bezeichnete Landrabbiner Hirsch den Betraum für zu klein, "so dass auf ein größeres Lokal Bedacht zu nehmen" sei. Aus der Kritik des Rabbiners am Gottesdienst als "nicht pünktlich, nicht regelmäßig, nicht würdig" wurden danach Konsequenzen gezogen. Auch plante man in der Folgezeit eine Synagoge. Dazu konnten die jüdischen Familien 1838 ein Haus mit Grundstück an der Hauptstraße des Ortes kaufen. Der Altbau wurde abgebrochen und durch ein neues Gebäude ersetzt.    
     
Die Synagoge konnte am 18./19. August 1840 durch Landrabbiner Samson Raphael Hirsch eingeweiht werden. Dieser beschrieb das neue Gotteshaus als "recht würdig und dem Zweck entsprechend". Die Sitzbänke in der Synagoge waren entlang den Außenwänden aufgestellt. Im Toraschrein waren Torarollen vorhanden.  
      
Nach 1933 wurden auf Grund der zurückgegangenen Zahl der jüdischen Einwohner wohl kaum noch Gottesdienste in der Synagoge abgehalten. Im Laufe des Jahres 1938 wurde das Gebäude verkauft. Dadurch blieb es beim Novemberpogrom 1938 unzerstört. Die noch vorhandenen Ritualgegenstände wurden allerdings von SA-Trupps aus der ehemaligen Synagoge herausgeschleppt und auf einem nahen Sportplatz verbrannt.   
     
Das Synagogengebäude wurde nach 1945 (nach Klärung der Eigentumsverhältnisse 1955) komplett entkernt und zu einem Wohnhaus umgebaut. Es steht seit 1955 unter Denkmalschutz, obwohl es durch die Umbauten nicht mehr als früheres jüdisches Gotteshaus erkennbar ist. Im Dezember 2016 konnte am Gebäude eine Hinweistafel anbringen lassen.    
     
     
Adresse/Standort der Synagoge    Lange Straße 31   
     
     
Fotos
(Quelle: historische Aufnahmen: Enno Meyer: Die Synagogen des Oldenburger Landes s.Lit. S. 17; neueres Foto vom Mai 2011: Martin J. Schmid, Oldenburg)   

Die Synagoge in Berne   Berne Synagoge 190.jpg (101178 Byte)   Berne Synagoge 191.jpg (36831 Byte)
   Im Gebäude ganz links befand sich 
von 1840 bis 1937 die Synagoge  
  Ausschnittvergrößerung 
des Fotos links  
      
        
Das Gebäude der 
ehemaligen Synagoge 

im Frühjahr 2011  
Berne Synagoge 190.jpg (124975 Byte)  
     Zwischen den beiden Fenstern des
 Erdgeschosses zur Straße sind im Putz die
 Umrisse des alten Einganges erkennbar  
 

 
  
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    

Dezember 2016: Anbringung einer Gedenktafel am Synagogengebäude    
Artikel von Gabriele Bode in der "Nordwest-Zeitung" vom 27. Dezember 2016: "Historie. Schild zeugt von jüdischem Erbe. 
Durch einen frühzeitigen Verkauf fiel die Synagoge zwar nicht der Pogromnacht zum Opfer. SA-Angehörige verwüsteten aber das gesamte Inventar.
Berne
'Was lange währt, wird endlich gut', lautete das Motto nun in Berne. Bei einem erneuten Anlauf wurde das schon lange angestrebte Vorhaben, die ehemalige Synagoge in der Lange Straße 31 mit einer Hinweistafel kenntlich zu machen, endlich in die Tat umgesetzt. Seit Jahrzehnten sei es ein Thema im Berner Rat gewesen, das jüdische Leben in der Gemeinde nicht aus dem Bewusstsein der Bevölkerung verschwinden zu lassen, erklärte Björn Thümler. Genau wie Karin Logemann gehört er dem Vorstand der Oldenburgischen Landschaft an, die die dazu nötige Hinweistafel finanzierte. 'So ein Schild war schon in den 1990er Jahren in der Diskussion. Aber vom damaligen Eigentümer gab es keine Zustimmung zur Anbringung', erinnerte Björn Thümler... 
Mit der neuen Tafel und den darauf zu lesenden wichtigsten Daten der Synagoge wird nach dem vor kurzem eingeweihten neuen Tor zum jüdischen Friedhof erneut ein Stück von Bernes jüdischer Vergangenheit aufgearbeitet. "  
Link zum Artikel       

  

   
Links und Literatur

Links:

bulletWebsite der Gemeinde Berne   
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Berne (interner Link)  
bulletHinweis auf die "Familiendatenbank Juden in Nordwestdeutschland"       

Literatur:  

bulletIngo Hashagen: Bis 1810 Streit um die Beerdigung der Juden - Aus der Geschichte der Juden in der Wesermarsch. Kreiszeitung Wesermarsch 4.2.1978.  
bulletChrista Höxtermann: Juden in der Wesermarsch. Typoskript Brake 1978. Staatsarchiv Oldenburg Best. 297 A Nr. 171.  
bulletGerold Meiners: Stedingen und die Stedinger. Darin: Die Geschichte der Berner Synagogengemeinde. Bremen 1987. S. 343-370.  
bulletWerner Vahlenkamp: Judenboykott wurde auch in der Wesermarsch willig ausgeführt. Nordwest-Zeitung. Wesermarsch-Ausgabe. 10.1.1987.
bulletders.: Jüdische Familien in Berne vor und während des Nationalsozialismus. Berne 1994 9 S.    
bulletBerne Literatur 010.jpg (66315 Byte)ders.: Die Synagoge von Berne. In: Enno Meyer (Hrsg.): Die Synagogen des Oldenburger Landes. Oldenburg 1988. S. 15-17.   
bulletders.: Berne. In: Herbert Obenaus (Hg. in Zusammenarbeit mit David Bankier und Daniel Fränkel): Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen. 2005. S. 211-215.   

       
         

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 15. Oktober 2013