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Kaubenheim (Gemeinde
Ipsheim, Kreis
Neustadt an der Aisch - Bad Winsheim)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Kaubenheim bestand eine jüdische Gemeinde bis 1898. Ihre Entstehung geht in die
Zeit des 17./18. Jahrhunderts zurück. 1695 werden erstmals Juden
am Ort genannt, 1699 verzog Salomon Jud der Rote von Kaubenheim nach Lenkersheim. 1709 lebten vier, 1712 sechs, 1742 sechs, 1771 sieben jüdische Familien
am Ort.
1789
wurde von neun jüdischen Haushaltsvorständen das Schutzgeld erhoben. Damals wird
als "Judenschulmeister" David Löw genannt.
1815
wurden jüdische elf Familien gezählt, die sich damals für die
folgenden Familiennamen entschieden: Hecht, Huber, Kohl, Löwenstein,
Schamburger, Schopflocher, Stein, Waldmann, Walter, Wollenreich. Aus dem 19.
Jahrhundert ist an Zahlen u.a. bekannt: 1812 sieben jüdische Familien, 1834 14
jüdische Haushaltungen, 1848 20 Familien mit zusammen 101 Personen, 1856
64 jüdische Einwohner, 1880 42. 1861 werden als jüdische Familienvorstände
genannt: Salomon Mann, Isaak Erlanger, Meyer Stein, Löw Stein, Hirsch Stein,
David Ansbacher, Moses Ansbacher, Sußmann Künstler, Lämmlein Künstler, Heyum
Wollenreich, Löw Löwenfeld, Heß Huber, Samuel Kohl und Gabriel Walter.
Im 19. Jahrhundert bildeten Kaubenheim und Dottenheim
eine gemeinsame
jüdische Gemeinde.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
jüdische Schule und ein rituelles Bad. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde war bis
zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein eigener Religionslehrer
angestellt, der zugleich als Vorsänger und Schächter tätig war (vgl.
Ausschreibungen unten sowie zu Lehrer Moritz/Moses Morgenthau). Nach der Ausschreibung von 1869 wurde die Stelle mit
Bernhard Dachauer besetzt. Er hatte zunächst (1869) noch 12 schulpflichtige jüdische Kinder
zu unterrichten. 1876 erfolgte eine weitere Stellenausschreibung (siehe
unten). Die jüdische Gemeinde Kaubenheim-Dottenheim gehörte seit 1838
zum
Rabbinatsbezirk Welbhausen. Nachdem dieser 1880 aufgelöst wurde, kam Kaubenheim
mit Dottenheim an das Distriktsrabbinat Fürth.
In der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen Einwohner durch Aus- und
Abwanderung stark zurück. Mehrere Familien verzogen in das nahe (Bad)
Windsheim, wo sich bis 1877 bereits folgende Kaubenheimer Familien niedergelassen
hatten: Heß Huber, Lämmlein Künstler (siehe Anzeigen unten) und Gabriel
Walter. Gabriel Walter aus Kaubenheim, der im Dezember 1875 das Bürgerrecht in
Windsheim erworben hatte, war bereits in Kaubenheim als Handelsmann (Handel mit
Grundstück, Pferden und Rindvieh) tätig. 1882 verzog die Handelsleute Louis und Max Stein von
Kaubenheim nach Windsheim und begründeten dort Familien; um 1890 verzogen die Familien
Löwenfels von Kaubenheim nach Windsheim, 1895 Familie Heinrich
Wollenreich, um 1901 kam Heß Wolf Heinrich Stein mit seiner
Familie.
Bereits 1883 gab es keinen jüdischen Lehrer mehr in Kaubenheim. Seitdem
war der israelitische Lehrer aus Windsheim für Kaubenheim und Dottenheim
zuständig. 1898 wurde die Gemeinde aufgelöst. Die hier
noch lebenden jüdischen Einwohner gehörten danach zur Gemeinde in Bad
Windsheim. Um 1920 lebten keine jüdischen Personen mehr in Kaubenheim.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Hermann
Wollenreich (geb. 24.9.1893 in Kaubenheim, vor 1914 in Neustadt a.d. Aisch
wohnhaft, gef. 27.8.1918) und Sgt. Leo Wollenreich (geb. 24.5.1891 in
Kaubenheim, vor 1914 in Neustadt a.d. Aisch wohnhaft, gef.
14.10.1918).
Von den in Kaubenheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Mina Eisemann geb.
Wollenreich (1859), Else Ernestine Luchs geb. Wollenreich (1898), Bertha
Riehmann geb. Waldmann (1862), Bernhard Wollenreich (1874), Salomon Wollenreich
(1865).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1868 /
1869 / 1876
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Februar 1868:
"Die israelitische Religionslehrer-, Schächter- und Vorsängerstelle
zu Kaubenheim bei Markt Ipsheim, Mittelfranken, ist erledigt und soll bis
längstens 1. Mai laufenden Jahres wieder besetzt werden. Fixer Gehalt
jährlich 250 Gulden nebst freier Wohnung und zwei Klafter Holz zur
Beheizung, wobei Gelegenheit geboten ist, nicht unbedeutende
Nebenverdienste zu erzielen, wofür jedoch nicht garantiert wird.
Qualifizierte Bewerber belieben sich unter Franco-Einsendung ihrer
Zeugnisse an unterzeichneten Kultusvorstand zu wenden.
Kaubenheim, 9. Februar 1868. G. S. Künstler,
Kultus-Vorstand." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Mai 1869: Bei der unterzeichneten israelitischen Kultusgemeinde wird die
Stelle eines Religionslehrers, Vorsängers und Schächters vakant und soll
dieselbe längstens bis 1. September oder 1. Oktober dieses Jahres besetzt
werden. Der fixe Gehalt ist jährlich fl. 360 nebst freier Wohnung und zwei
Klafter Holz zur Beheizung des Lehrzimmers. Außerdem sind noch bedeutende
Nebenverdienste zu erzielen, die zwar nicht garantiert werden können, sich aber
auf fl. 150 bis fl. 200 berechnen möchten.
Qualifizierte Bewerber, ledig oder verheiratet, wollen unter Beifügung ihrer
Zeugnisse an Unterzeichneten sich wenden.
Kaubenheim (Post Ipsheim, Bayern), 1. Mai 1869. L. Künstler,
Kultusvorstand."
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Juni 1876: "Am 18.
August dieses Jahres wird in hiesiger Gemeinde die Stelle eines
Religionslehrers, Vorsängers und Schächters vakant, fixer Gehalt
jährlich 300 Gulden oder 514 Mark 27 Pfennig nebst freier Wohnung und
zwei Klafter Holz zur Beheizung des Schullokals. Die Nebenverdienste, für
welche zwar nicht garantiert werden kann, möchten sich auch auf 300
Gulden jährlich berechnen. Qualifizierte Bewerber belieben sich zu wenden
an
W. Wollenreich, Kultusvorstand. Kaubenheim, Post Ibsheim, 1. Juni
1876." |
Über den jüdischen Lehrer Moritz
(Moses) Morgenthau (um 1868 in Kaubenheim)
Moritz
(Moses) Morgenthau, geb. 1843 in Pahres, absolvierte 1861 das
Königliche Lehrerseminar zu Schwabach, danach Lehrer in
Schnodsenbach 1864,
Egenhausen 1866, Kaubenheim 1868,
Leutershausen 1870,
Binswangen 1872,
Hüttenbach 1874 bis 1880,
Ottensoos 1880, von 1881 bis 1906 in
Erlangen, wo er
1911 starb und auf dem jüdischen Friedhof
beigesetzt wurde. Nachruf zu ihm auf Seite
"Texte
zur jüdischen Geschichte in Erlangen".
Zu Moritz Morgenthau weitere Informationen von einem Beitrag von Christof
Eberstadt 2024,
eingestellt als pdf-Datei.
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Über die von Kaubenheim nach Bad Windsheim umgezogenen
Heß Huber und Lämmlein Künstler (Anzeigen von 1876/77)
Anmerkung:
Heß Huber war ein erfolgreicher Vieh- und Pferdehändler in Kaubenheim. Anlässlich seines
Umzuges nach Windsheim veröffentlichte er im Windsheim-Uffenheimer Anzeigeblatt
am 28. April 1877 folgende Anzeige:
"Einem geehrten hiesigen und
auswärtigen Publikum beehre ich mich ergebenst anzuzeigen, dass ich von
Kaubenheim hieher gezogen bin und auf dem Marktplatze Haus-Nro. 513 wohne.
Zugleich sage ich den werthen Kaubenheimern für erzeigtes Wohlwollen besten
Dank und bitte die geehrten Bewohner hiesiger Stadt um freundliche
Aufnahme.
Windsheim, den 27. April 1877" (Kopie der Anzeige aus:
Steinmetz/Hofmann S. 127).
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Lämmlein Künstler
war in Kaubenheim als Kaufmann tätig. Er handelte
mit Schnittwaren, Spezerei und Eisenwaren und verzog im Frühjahr 1876 nach
Windsheim. 1869 hat er bei der Ausschreibung der Lehrerstelle als Kultusvorstand
für die jüdische Gemeinde Kaubenheim unterzeichnet. Er war im Leben der
politischen Gemeinde wie auch im Vereinsleben in Kaubenheim voll integriert, wie
aus dem Nachruf des Schützenvereins anlässlich seines Wegzuges nach Windsheim
hervorgeht (Quelle: Windsheim-Uffenheimer Anzeigeblatt vom 3. Mai 1876 S. 175):
"Nachruf. Am 2ten dieses Monats übersiedelte die geschätzte
Künstler'sche Familie von Kaubenheim nach Windsheim. Ungern sehen wir das
Scheiden dieses vortrefflichen Mannes aus unserer Mitte, denn Herr Künstler hat
sich bei uns, sowohl durch das gemeinnützige Streben als Verwaltungsmitglied
unserer Gemeinde, als Mitgründer unserer verehrlichen Schützengesellschaft und
in seinem Berufe als redlicher Kaufmann sehr beliebt gemacht.
Überdies hinterlassen Herr Künstler und seine edle Gattin durch ihre
rühmliche Wohltätigkeit, welche sie zum besten der Armen, ohne Unterschied der
Konfession übten, ein unvergessliches Andenken.
Möge es dieser redlichen Familie in ihrer neuen Heimat wohl ergehen und ihr dort
gegönnt sein, die Früchte ihrer edlen Saat bei froher Gesundheit zu genießen.
Kaubenheim, im Mai 1876. Die Vorstandschaft des Schützenvereins" (Kopie
der Anzeige aus: Steinmetz/Hofmann S. 154).
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Zur Geschichte der Synagoge
Nach einer Selbstdarstellung der jüdischen Gemeinde von 1813 war bereits
seit etwa 100 Jahren eine Synagoge vorhanden, die somit vermutlich um
1710/20 erstellt wurde. Die Synagoge wurde auch von den Juden aus dem
benachbarten Dottenheim besucht. In der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts wurde es mit dem Wegzug der jüdischen Familien immer schwieriger,
regelmäßig den Minjan (zehn religionsmündige jüdische Männer) zum
Gottesdienst zusammen zu bekommen. 1882 bat der nach Windsheim verzogene
Heß Huber darum, die von ihm vor Jahren in die Synagoge von Kaubenheim gegebene
Torarolle zurückzugeben, zumal "in Kaubenheim doch nur selten Gottesdienst
abgehalten wird und außerdem genannte Gemeinde noch mehrere Gesetzesrollen
hat". Heß Huber wollte die Torarolle der Windsheimer Gemeinde
übergeben.
Um 1910 wurde das Synagogengebäude auf Grund des Wegzugs der
Gemeindeglieder bereits nicht mehr zu Gottesdiensten verwendet und daher an
Privatpersonen verkauft, wenig später zu einem Wohnhaus umgebaut. Als solches
bestand das Gebäude bis 1984. Im Januar 1985 wurde es abgebrochen und
wenig später auf dem Grundstück ein landwirtschaftlich genutztes Gebäude
erstellt.
Erhalten ist (nach Beschreibung von I. Schwierz s. Lit. von 1988) das
Gebäude, in dem der jüdische Lehrer wohnte und wo das "Lehrzimmer "
war (Haus Nr. 391).
Adresse/Standort der Synagoge: Haus Nr. 25.
Fotos
Fotos sind keine vorhanden;
über Zusendungen freut sich der Webmaster von "Alemannia
Judaica", Adresse siehe Eingangsseite |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 237.242 (kurze Notizen). |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 164. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 306 (bei Bad Windsheim) |
| Karl Ernst Stimpfig: Juden in West-Mittelfranken.
Eine Dokumentation. 2001 S. 502-596. |
| Horst Steinmetz/Helmut Hofmann: Die Juden in
Bad Windsheim nach 1871. Bad Windsheim 1992. 1994².
|
| Ernst Stimpfig: Juden in West-Mittelfranken. Eine
Dokumentation. Lauf 2003. 650 S.
Erhältlich bei der Stadt Burgbernheim http://www.burgbernheim.de/Startseite/Rathaus-Buergerservice/Stadtinformationen/Publikationen/E1046.htm |
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