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Bad Soden (Main-Taunus-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
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mit Texten zur jüdischen Kuranstalt
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Bad
Soden bestand eine kleine jüdische Gemeinde bis 1938/40. Ihre Entstehung geht
in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. 1657 war eine jüdische Familie am
Ort, 1699 fünf Familien, 1726 drei, 1745 sieben Familien. Eine selbständige jüdische
Gemeinde in Bad Soden gab es jedoch erst ab 1848/49. Bis dahin gehörten die jüdischen
Einwohner Bad Sodens zur Gemeinde in Niederhofheim.
An der Entwicklung Bad Sodens zum Kur- und Badeort hatte der
Frankfurter Arzt (jüdischer Abstammung, seit 1828 protestantisch getauft) Salomon
Friedrich Stiebel (1792-1868) maßgeblichen Anteil. Er schrieb 1840 eine
Arbeit über "Bad Soden und seine Heilquellen" und wurde später
Herzoglich Nassauischer Geheimer Hofrat. Unter den Kurgästen war in den
1840er-Jahren mehrfach der damals schon weitbekannte und gefeierte Komponist Felix
Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847). Mehrere seiner in Bad Soden entstandenen
Orgelkompositionen spielte er während seiner Aufenthalte unter großem öffentlichem
Interesse erstmals auf der Kirchenorgel in Kronberg. An die Aufenthalte
Mendelssohn-Bartholdys und seiner Familie erinnert seit Ende des 19.
Jahrhunderts eine Gedenktafel an der ehemaligen Villa Nassovia (später Kurheim
Prätoria, Königsteiner Straße 89; in der NS-Zeit wurde die Gedenktafel
entfernt, nach 1945 wieder angebracht). Eine Straße ist in Bad Soden nach dem
Komponisten benannt (Mendelssohn-Bartholdy-Straße), seit einigen Jahren werden
in der Stadt die "Mendelssohn-Tage" durchgeführt (3. Mendelssohn Tage
der Musik, 2008). Auch der jüdische Komponist Giacomo Meyerbeer
residierte 1843 in der Villa Nassovia.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
in Bad Soden (ohne die Kurgäste) wie folgt: 1842 35 jüdische Einwohner (4,8 %
von insgesamt 733 Einwohnern), 1869 sechs Familien; 1871 38 jüdische Einwohner
(3,8 % von 992), 1885 18 (1,2 % von 1.517), 1905 36 (1,9 % von 1.917), 1925 49
(1,6 % von 3.081).
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule und seit 1873 ein eigener Friedhof,
nachdem die Toten der Gemeinde bis dahin in Niederhofheim
beigesetzt wurden. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war -
zumindest zeitweise - ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter
und Schochet tätig war (vgl. Ausschreibung der Stelle unten von 1871). Erstmals wird
ab 1849 ein Lehrer Stamm aus Mogendorf
im Unterwesterwald genannt. In der Folgezeit erhielten die jüdischen Kinder der
Gemeinde ihren Religionsunterricht jedoch meist von den Lehrern aus Königstein/Kronberg
beziehungsweise Falkenstein.
Anfang der 1920er-Jahre gab es auch keinen angestellten Vorbeter: beim Tod des
Arztes Dr. Adolf Kallner wird dies berichtet (siehe unten); der Verstorbene
hatte bis dahin als ehrenamtlicher Vorbeter gedient.
Eine besondere Einrichtung war in Bad Soden die Kuranstalt für arme
Israeliten, 1885 zunächst als koschere Speiseanstalt für jüdische Kurgäste
eröffnet - Texte zu dieser Einrichtung auf einer weiteren
Seite.
Um 1924, als 49 Personen zur Gemeinde gehörten, waren die
Gemeindevorsteher Dr. med. Max Isserlin (Chefarzt der 'Kuranstalt für arme
Israeliten'), Moritz Strauß* und Jonas Blumenthal. Es gab damals auch einen Israelitischen
Frauenverein mit 15 Mitgliedern unter Leitung der Frau von Dr. Kallner (auch
1932; Zweck und Arbeitsgebiete: Unterstützung, Bestattungswesen). 1932
waren die Gemeindevorsteher Dr. Max Isserlin (1. Vors., Hauptstraße 6), Moritz
Strauß (2. Vors., Neugasse) und J. Blumenthal (Schatzmeister, Villa Aurora).
Hilfskantor der Gemeinde war Herr Seligmann (Königsteiner Straße).
1933 lebten noch etwa 50 jüdische Personen in der Stadt. In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. So emigrierte der Sohn von
Chefarzt Dr. Isserlin - Bruno Isserlin - bereits 1933 nach England; sein Vater
folgte ihm nach den Ereignissen beim Novemberpogrom 1938 dorthin nach. Der
Viehhändler Wilhelm Strauß (Sohn des 1938 verstorbenen Gemeindevorstehers
Moritz Strauß, siehe Anmerkung unten) emigrierte im Dezember 1937 mit Frau und
Tochter in die USA. 1937 wurden noch 43 jüdische Einwohner gezählt. Beim Novemberpogrom
1938 wurde die Synagoge zerstört (s.u.), in der Leichenhalle auf dem
jüdischen Friedhof die Fenster eingeschlagen. Mehrere jüdische Anwesen wurden
verwüstet und geplündert, darunter die Villa Aurora der Familie Grünebaum
(Alleestraße 24), die Fremdenpension Freymann (Hasselstraße 12). Die
israelitische Kuranstalt wurde niedergebrannt.
Von den in Bad Soden geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Abraham
Cohn (1867), Therese Cohn geb.
Grünebaum
(1882), Bernhard Freymann (1885), Lucy Friedmann (1905), Markus Max Grünebaum
(1878), Rosa Grünebaum geb. Scheuer (1877), Maria (Marie) Helene Helbig (1865),
Jenny (Jenni, Jettchen) Jeidel (1885), Lehmann Isaak Kahn (), Selma
Maier geb. Mayer (1876), Bertha Mayer (1864), Clementine Mayer (1870), Louis
(Leo) Mayer (1865), Leo (Luis, Louis) Mayer (1867, später in Berlin, verh. mit Josefine
Philippine geb. Mayer), Max Mannheimer (1899), Else Meier (), Siegbert Meier
(), Ida Stern (1855),
Therese Strausser geb. Neuhof (1882).
*Anmerkung zu Moritz Strauß: 1924 wird im Handbuch der Israelitischen
Gemeindeverwaltung als Vorstandsmitglied 'Max Strauß'
neben Dr. Isserlin genannt. Nach Angaben von Elisabeth Hammerbeck, Bad Soden
(Mail vom 17.1.2016) muss es jedoch wie auch 1932 Moritz Strauß heißen; der
Vorname Max bezieht sich auf Chefarzt Dr. Isserlin. Moritz Strauß (geb. 20.
April 1864 in Niederhofheim) war wie sein Sohn Wilhelm Viehhändler in Bad
Soden. Er verstarb am 17. März 1938 im Israelitischen Krankenhaus in Frankfurt
am Main und wurde im jüdischen Friedhof in Bad Soden
beigesetzt (Grabstein Nr. 286 mit falschem
Todesjahr 1937). Sohn Wilhelm emigrierte mit seiner Frau Olivia und seiner
Tochter Hannelore im Dezember 1937 in die USA. Moritz' Ehefrau Karoline geb.
Goldschmidt emigrierte 1939 nach England.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Gemeindebeschreibung 1937
Artikel im
"Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt" vom April 1937
S. 1: "Bad Soden am Taunus. 3100 Einwohner. – Als Salzquelle schon früh
bekannt, gleich Sulzbach unmittelbares Freibauerndorf. Beide stellen sich
1282 unter den Schutz Frankfurts. Im 15. Jahrhundert erbaut Frankfurt, das
sie inzwischen als Lehen erworben hat, in Soden eine Salzsiederei. 1803
kommt Soden an Nassau, 1866 an Preußen. – Heute besitzt Soden 26
Quellen, die in Form von Trink- und Badekuren Erkrankungen der Atmungs-
und Verdauungsorgane heilen. Weit bekannt für die Sodener Pastillen.
Die (jüdische) Gemeinde wahrscheinlich alt, wie alle in Frankfurts Nähe.
Einzelheiten aus alter Zeit fehlen. 1905 hatte die Gemeinde 40, 1924 50
Seelen, heute kaum noch 35. – Die Synagoge in der Enggasse, im alten
Ortsteil gelegen, 1847 erbaut, innen würdig und schön, äußerlich
unscheinbar und klein, nachdem die Regierung noch 1846 den Bau einer
stattlicheren an einer schön gelegenen Stelle verboten hatte!
Der Bestand
der Gemeinde ist wesentlich verbunden mit dem der Kuranstalt für
Israeliten. Diese wurde Anfang der achtziger Jahre von Baron Wilhelm von
Rothschild gegründet und allmählich, auch durch zahlreiche
Freibetten-Stiftungen von anderer Seite, vergrößert. Der Hauptbau
erstand 1909. Ursprünglich eine Kuranstalt für arme Israeliten, muss sie
sich seit der Inflation, die fast alle Stiftungen verschlang, selbst
erhalten. In einem besonderen Gebäude sind Lungenkranke untergebracht,
die sonst in Soden überhaupt keine Aufnahme finden. Die Anstalt wird
streng rituell geführt, ist fast immer gut besetzt (mit 25 bis 30
Patienten) und zählt etwa 10 Angestellte (Leiter: Dr. Isserlin, Vertreter
Dr. Vollmann und Dr. Heinemann). Im Winter wird in der Anstalt selbst, im
Sommer in der Synagoge noch regelmäßig Gottesdienst gehalten, den
entweder einer der Ärzte oder ein Patient leitet.
Die frühere Besitzerin
der Kuranstalt der Villa Aspira, Frau Dr. Kallnor, Heinrichstraße 7, gewährt
nach vorheriger Anmeldung Dauergästen und Durchwanderern auch heute noch
Unterkunft und streng rituelle Verpflegung. Auskunft Herr A. Cohn, Villa
Aurora, Alleestraße 12. -
Der (jüdische) Friedhof, auf der linken Seite der Straße nach
Niederhofheim, kaum 15 Minuten südwärts Sodens, dient auch den Gemeinden
Hofheim, Höchst und Hattersheim, ist etwa 65 Jahre alt, geräumig und
wohl gepflegt.
Am Hause Hauptstraße 28 befindet sich folgende Inschrift: In diesem Haus
verbrachte Richard Wagner nach elfjähriger Verbannung aus dem Vaterlande
die erste Nacht auf deutschem Boden. 12.-13. August 1860." |
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1871
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. März 1871: "In der
israelitischen Gemeinde zu Bad Soden bei Frankfurt am Main ist die Stelle
eines Religionslehrers, Vorsängers und Schächters zu besetzen. Fixer
Gehalt 200 Gulden nebst freier Wohnung. Einkommen für die Schechitah 175
Gulden, Akzidenzien 100 Gulden; außerdem Nebenverdienst in Aussicht.
Frankierte Meldungen sind zu richten an
D. Stern, Vorsteher." |
Mitteilungen
zu einzelnen Kureinrichtungen (ausgenommen: Kuranstalt)
Restaurateur Neuhof übernimmt das Haus Rheinfels
(1907)
Mitteilung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 26. April
1907: "Soden im Taunus. Herr Restaurateur Neuhof - Frankfurt am Main
hat das Haus Rheinfels übernommen und wird in demselben am 15. Mai ein
Hotel eröffnen". |
Neues Altersheim für jüdischen Mittelstand
(1926)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Dezember 1925: "Altersheim
für jüdischen Mittelstand. Die Ortsgruppen und Frauenvereine des
Jüdischen Frauenbundes in Hessen und Hessen-Nassau beabsichtigen ab 1.
Februar 1926 in Soden im Taunus ein rituell geführtes Altersheim für
jüdischen Mittelstand zu errichten. Das Haus mit Park, in schöner Gegend
gelegen, ist sehr gut ausgestattet und bietet zu dem mäßigen Preise von
120 Mark monatlich volle Pension inklusive Heizung und Beleuchtung. Das
Heim ist vor allem für Hessen und Hessen-Nassau bestimmt, doch können,
soweit Platz vorhanden, auch Bewerbungen aus dem Reich berücksichtigt
werden. Sofortige Anmeldung erbeten an: Frau Paula Nassauer, Frankfurt am
Main, Rheinstraße 25." |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum Unglückstod der Eheleute Steinert (1896)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 4. September 1896: "Bad Soden, 31. August (1896).
Hier wurden am Mittwoch Mittag die hochbetagten Eheleute Steinert in
ihrer in der Dachbergstraße gelegenen Wohnung erstickt aufgefunden. Über
den Tatbestand erfahren wir Folgendes: Die Eheleute bewohnen schon seit
einigen Jahren eine im ersten Stock des Hauses des Maurers Einig gelegene
Wohnung in stiller Zurückgezogenheit. Herr Steinert war früher
Schönschreiblehrer in Frankfurt am Main, nicht aber jüdischer
Religionslehrer, wie viele Zeitungen schreiben. Als die Einwohnerinnen, es
waren zu dieser Zeit nur Frauen im Hause, niemand von beiden den ganzen
Vormittag bemerkten, ging man an die Tür, die verschlossen war und aus
der ein kohlenartiger Dunst quoll. Rasch benachrichtigen die Leute die
gegenüberliegende israelitische Kuranstalt, von der sofort zur
Untersuchung des mysteriösen Vorfalles und zur Hilfeleistung der Gärtner
geschickt wurde. Mittelst einer Leiter wurde das Fenster der Wohnung
bestiegen und sah man von hier aus, dass das Zimmer dicht mit Rauchwolken
gefüllt war. Als die Tür erbrochen war, fand man leblos den Mann auf dem
Fußboden, die Frau quer über dem Bett in den Kleidern. Die Erstickung
muss mit Vorsatz ausgeführt worden sein, da in dem Zimmer zwei
Kohlenkasten mit Kohlen standen. Ein Geldbetrag von 80 Mark wurde auf dem
Tische vorgefunden, dazu ein Vermerk, dass man von dem Gelde die
rückständige Miete im Betrage von 45 Mark und die Rechnungen, sowie aus
dem Erlös des Mobiliars die Beerdigungskosten bestreiten möge. Die
Polizei versiegelte alsbald die Wohnung und benachrichtigte sofort das
Amtsgericht Höchst von dem Vorfalle, das noch am Abend den Tatbestand an
Ort und Stelle aufnahm und die Überführung der Leichen in die Sodener
Leichenhalle anordnete. Der Privatlehrer Nathan Steinert war auch
in unserer Stadt eine ziemlich bekannte Persönlichkeit und noch in den
letzten Tagen versuchte er durch Inserate in den Blättern Schüler für
seinen im 'Nassauer Hof' hierselbst abzuhaltenden Schnell-Schönschreib-Kursus
zu erlangen, um dadurch seine Existenz zu fristen. Die wirkliche Ursache
dieses Selbstmordes scheint aber eine geistige Störung gewesen zu sein,
da Steinert schon lange nicht normal war. Das Leuchenbegängnis fand unter
Mitwirkung der Patienten der israelitischen Kuranstalt am Donnerstag auf
dem hiesigen israelitischen
Begräbnisplatz statt." |
Zum Tod von Issor Josua Isserlin (1911)
Anmerkung: Issor Josua Isserlin dürfte Vater von Dr. Max Isserlin, dem
langjährigen Leiters der jüdischen Kuranstalt gewesen sein.
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Oktober 1911: "Frankfurt am
Main, 18. Oktober. Am Erew Sukkot
(Vortag zum Laubhüttenfest) wurde in Soden am Taunus ein Mann zu Grabe
getragen, der als wahrer Zadik Tamim
(beständig frommer Mann) bezeichnet werden darf: Herr Issor Josua
Isserlin. Einer hoch angesehenen jüdischen Familie entstammend – er war
ein Nachkomme des RM"A – bemühte er sich sein ganzes Leben, im Sinne seiner großen
Ahnen zu wirken und widmete sich von Jugend auf nur den drei Tugenden, die
einen wahren Jehudi kennzeichnen: der
Tora, dem Gottesdienst und der Wohltätigkeit. Viele schwere
Schicksalsschläge trafen ihn, doch stärkten diese nur sein unerschütterliches
Gottvertrauen und selbst in den
letzten Tagen, als die schwere Erkrankung seinen Körper schon fast
verzehrt hatte, trennte ihn nichts von seinem geliebten Mischnajot,
das er alljährlich ganz durchlernen pflegte. Fast sprichwörtlich war an
der russischen Grenze – er hatte seinen Wohnsitz in Prostken in Ostpreußen
– seine, man kann fast sagen, übertriebene Ehrlichkeit im Geschäftsleben.
Doch am bekanntesten ist R. Issor Isserlin – das Andenken
an den Gerechten ist zum Segen – wohl durch seine Tätigkeit als Mohel
geworden, denn ca. 7000 Kindern hat er das Siegel des Judentums aufgedrückt.
Sobald in den Straßen Königsbergs die imponierende Gestalt R. Issor – das
Andenken an den Gerechten ist zum Segen – mit dem wallenden
schneeweißen Bart auftauchte, wusste man schon, dass heute eine
Beschneidung ist. Kein Geschäft, mochte es auch noch so dringend sein,
konnte ihn von der Erfüllung dieses Gebotes
abhalten. Und sein Wohltätigkeitssinn kannte keine Grenzen; manch armer
Jehudi wird bei Erhalt der Nachricht von dem Ableben dieses Gerechten
in Tränen ausbrechen, denn jederzeit konnten sich die armen,
ausgewiesenen Glaubensgenossen an ihn wenden, er konnte niemandem eine
Bitte abschlagen. Nach den Worten unserer Weisen – das
Andenken an die Gerechten ist zum Segen – ist es ein günstiges
Zeichen, für einen Verstorbenen, wenn an seiner Bahre nicht die
Trauerrede gehalten wird, die ihm eigentlich gebührt. In kurzen Worten
nur konnte an seiner Bahre - am Vorabend des Feiertages wegen - Herr
Rabbiner Nobel der Verdienste des Dahingeschiedenen – das
Andenken an den Gerechten ist zum Segen – gedenken. Seine
Seele sei eingebunden in den Bund
des
Lebens." |
Stabsarzt Dr. Max Isserlin wird im Krieg ausgezeichnet (1915)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 26. August
1915: "Soden im Taunus, 6. August. Stabsarzt Dr. Isserlin hat
für seine Verdienste im Priesterwalde und bei anderen Gefechten das
Eiserne Kreuz erhalten." |
Zum Tod von Dr. Adolf Kallner (Villa Aspira)
(1922)
Anmerkung: nach Angaben in der Website http://www.juedische-pflegegeschichte.de
(unter Dr. Adolf Kallner) ist der Philologe Dr. phil. Adolf Kallner - Leiter des orthodox-jüdischen Kurheims Villa Aspira in Bad
Soden - am 13. August 1873 in Dünamünde (Daugavgriva, heute Stadtteil von Riga in Lettland) geboren.
Er wurde am 5. Juli 1902 an der Universität Gießen zum Dr. phil. promoviert
(vgl. Universitätsbibliothek Gießen: Gießener Dissertationen, Sign. 179:
Promotion bei Bernhard Wilhelm Stade (Orientalische Philologie und Theologie). Seine Dissertation über den Mischnah-Kommentar des jüdischen Arztes und Philosophen Maimonides zum Traktat Taanith I. II. veröffentlichte er noch im gleichen Jahr.
1911 erbaute er das jüdische Kurheims Villa Aspira in Bad Soden und wurde
dessen Geschäftsführer. Er war verheiratet mit Sara geb. ?. Die beiden hatten
eine 1915 in Bad Soden geborene Tochter Eva.
Dr. Kallner starb am 12. Januar 1922 in Bad Soden und wurde auf dem dortigen jüdischen
Friedhof beigesetzt.
Tochter Eva Kallner wurde Zahnärztin und emigrierte 1936 nach Palästina. Sie
war verheiratet mit Dr. med. Paul Nathan (geb. 1899 in St.
Wendel, war ab 1924 Arzt in München-Schwabing, ab 1925 in
Berlin-Friedrichshain, 1934 nach Palästina emigriert, ab 1953 Prof. an der
Hebräischen Universität); Quelle: Biographisches Handbuch der
deutschsprachigen Emigration nach 1933. Hg. vom Institut für Zeitgeschichte,
K.G. Saur 1983 Bd. 2 S. 846 [frdl. Hinweis von Rebecca Schwoch, Hamburg] .
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 19. Januar
1922: "Soden im Taunus. Dr. Adolf Kallner, der Besitzer des
Sanatoriums 'Villa Aspira', ist - 50 Jahre alt - verschieden. Er hatte ein
gutes jüdisches Wissen und vertiefte es tagtäglich. Da die jüdische
Gemeinde Sodens keinen Kultusbeamten hat, so fungierte er auch als
Schliach Zibbur (ehrenamtlicher Vorbeter). Durch sein gütiges Wesen hatte
er sich viele Freunde erworben". |
|
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 26. Januar
1922: "Soden. Vergangene Woche trug in Soden am Taunus ein großer
Freundes- und Verehrerkreis Dr. Adolf Kallner zur letzten Ruhe. Wer einmal
in sein gütiges und sonniges Auge gesehen hat, wird den Menschenfreund
Dr. Kallner niemals vergessen. Den Mann, der weit über seine
Verhältnisse Zedokoh (Gerechtigkeit im Sinne von Wohltätigkeit)
übte; er, der niemals einen Unterschied kannte zwischen dem Reichen, der
unter seinem Dache weilte und dem armen, den er um der guten Tat willen in
sein Heim aufgenommen, damit er Heilung fände von seinem
Leiden.
Wem es vergönnt war, mit Dr. Kaller ein jüdisches Fest zu feiern, war es
Freitagabend, war es der ernste Rosch-Haschonoh (Neujahr) oder das
fröhliche Purimfest, der konnte lernen, was es heißt, mit echter
Jüdischkeit Feste feiern, was heißt: Simchoh chel Mitzwoh (Freude
über dem von Gott Gebotenen). - Dr. Kallner war trotz seines
körperlichen Leidens ein gottbegnadeter Mensch. Das Wörtchen Chein
(Anmut, Gefallen), für das uns ein deutscher Ausdruck fehlt, durch
ihn war es verkörpert. - Eine seiner edelsten Charaktereigenschaften war
seine Bescheidenheit. Ihm, der ein so überaus großes jüdisches und
profanes Wissen hatte, war jede Überhebung fremd: er achtete die Meinung
und Gesinnung eines jeden seiner Mitmenschen.
Lessing erzählt uns im Nathan der Weise das Märchen von dem Ring, der
die Kraft hatte, seinen Eigentümer bei allen Menschen beliebt zu machen:
Dr. Kallner machte dies Märchen zur Wahrheit: er hat es meisterhaft
verstanden, sich alle Menschen zu Freunden zu machen, die Jugend zu sich
heranzuziehen und sie für das Judentum und seine Lehre zu begeistern. -
Das Andenken eines solchen Menschen muss zum Segen werden!
E." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe/Einrichtungen und Privatpersonen
Anzeige der Villa Aspira (1911)
Anzeige
(ganzseitig!) in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21.
September 1911: "Koscher - Villa Aspira - Koscher.
Erholungsheim GmbH - Telephon Nr. 39 - Bad Soden am Taunus am
Quellenpark.
Bislang fehlte in Deutschland ein streng rituell geführtes
Erholungsheim. Diesem Mangel soll die Villa Aspira Bad Soden am Taunus
abhelfen. Sie ist nach den Grundsätzen der neuzeitlichen Hygiene gebaut
und mit allem Komfort eingerichtet. Die Lage der Villa im herrlichen
Altenhainer Tale am Südabhange des Taunus schützt sie gegen Nordwinde,
und so eignet sie sich besonders zu Winterkuren.
Die Autoritäten ziehen ja neuerdings den Winteraufenthalt in Deutschland
der Kur im Süden vor, weil die Erfolgungsbedürftigen für ein nordisches
Klima wetterfester bleiben. Zudem stehen uns die zahlreichen Heilquellen
und Kurmittel des berühmten Taunusbades zur Verfügung.
Die Leitung ist bemüht, den Anstalts-Charakter auszuschalten und dafür
eine gemütliche Häuslichkeit zu bieten.
Die Eröffnung findet im Spätherbst mit einer Winterkur statt. Wir bitten
um gefällige Empfehlung bei ihren Bekannten und Freunden. Ihre
geschätzten Anfragen wollen Sie freundlichst an unseren Geschäftsführer
Herrn Dr. Adolf Kallner, Soden am Taunus richten.
Erholungsheim Villa Aspira GmbH. Sarah Beith. Dr. Adolf Kallner.
Ignatz Aron.
Linke Spalte: Streng rituell - Referenzen: Die Herren Rabbiner Dr.
Auerbach, Halberstadt; Dr. Kohn, Ansbach, Dr. Munk, Berlin.
Die Herren Ärzte Dr. med. Ascher, Nordrach, Dr. med. Frank,
Altona, Dr. med. Hirsch, Nauheim.
Individuelle Sanatoriums-Behandlung. Diätkuren, Kalt-Wasserkuren,
medizinische Bäder, Liege-Kuren, Sonnenbäder. Mit allem Komfort in jedem
Zimmer. Zentralheizung, elektrisches Licht, Wasserleitung, schallsichere
Wände, Sanitas-Boden, Balkon. Freundliche Gesellschaftsräume.
Bank-Konto: Vorschuss-Verein Soden am Taunus." |
Anzeige von Dr. med. D. Rothschild (1912)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 26. April
1912: "Ich habe meine Praxis in Bad Soden am Taunus wieder
aufgenommen. Sprechstunde: vormittags 10-11 Uhr, nachmittags 3-4 Uhr.
Dr.
med. D. Rothschild. Telefon 9. Königsteinerstraße 39." |
Hinweis: die 1904 errichtete "Villa
Rothschild" des Arztes Dr. D. Rothschild besteht bis heute. Die
Rothschild spielten eine wichtige Rolle im Gesundheitswesen des früheren
Kreises Höchst. |
Bar-Mizwa-Feier von David Siegfried Grünewald
(1922)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Mai 1922: "Wir
beehren uns hiermit zu der am Schabbat Paraschat Acharei Kedoschim
(Schabbat mit entsprechenden Toralesungen aus 3. Mose 16-20, d.i. 6. Mai
1922), in der Synagoge Börneplatz stattfindenden Bar Mizwa-Feier unseres
1. Sohnes David Siegfried alle unsere Verwandte, Freunde und
Bekannte ergebenst einzuladen.
Max Grünewald und Frau. Bad Soden im Taunus. Empfang: Langestraße
25 bei H.S. Ball." |
Verlobungsanzeige für Erna Scheuer und Kurt Sostmann
(1931)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. April 1931:
"Erna
Scheuer - Kurt Sostmann. Verlobte.
Bad Soden - Frankfurt am Main. Empfang
in Soden, am 12. April 1931." |
Sonstiges
Beitrag von Rabbiner Ossof (1921)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. April
1921:
"Die Berufungsinstanzen im jüdischen Rechtsleben.
Von Rabbiner Ossof, Bad Soden im Taunus".
Der Beitrag wird nicht ausgeschrieben, da es keine Bezüge zur
jüdischen Geschichte in Bad Soden gibt; bei Interesse zum Lesen bitte
Textabbildungen anklicken. Über einen "Rabbiner Ossof" liegen
dem Webmaster ansonsten keinerlei weiteren Informationen
vor. |
|
Zur Geschichte der Synagoge
Die in Bad Soden lebenden jüdischen
Personen besuchten bis in die 1840er-Jahre die Gottesdienste in Niederhofheim.
Zeitweise gab es jedoch bereits im 18. Jahrhundert (von 1762 bis um 1780) einen
Betraum (im Haus Dachbergstraße 2), doch war damals die Zahl der jüdischen Männer
am Ort für die Abhaltung regelmäßiger Gottesdienste zu gering. Nach 1835 bemühten
sich die jüdischen Familien um die Wiedereinrichtung einer Synagoge. Baron A.
M. von Rothschild vermisste damals, als er in Bad Soden zur Kur war, einen
Gottesdienst.
Im Spätsommer 1846 konnte ein bestehendes Haus in Bad Soden als Synagoge
eingerichtet werden. Die Einweihung nahm Rabbiner Süsskind von Wiesbaden vor.
Die Gemeinde hätte lieber auf einem schöner gelegenen Grundstück eine
Synagoge gebaut, doch wurde dies von der Regierung nicht genehmigt. Das Grundstück
der Synagoge war auf den Namen Lazarus Meyer eingetragen, da damals noch keine
selbständige jüdische Gemeinde bestand.
Aus einem
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit des 19. Jahrhunderts" vom 7.
Februar 1847 über "Kirchliche und Schulverhältnisse in Nassau": "…Man
frage nur diejenigen Christen, die z.B. der Synagogeneinweihung zu
Weilburg oder der im Spätsommer dieses Jahres in dem Badeorte Soden
von (Rabbiner) Süsskind (von Wiesbaden) abgehaltenen, oder sonstigen
Feierlichkeiten, bei denen auch Christen veranlasst werden, zu
erscheinen….".
Anmerkung: "Spätsommer" muss sich auf 1846
beziehen, da der Artikel Ende 1846 geschrieben wurde, um Anfang Februar in
der Zeitschrift publiziert werden zu können. Somit wird die Synagoge in
Bad Soden vermutlich im September 1846 eingeweiht worden sein. |
Das Synagogengebäude wurde Ende des 19.
Jahrhunderts und nochmals 1927/28 renoviert. Danach waren im Betraum 26 Männer- und
7 Frauenplätze vorhanden. Über die anstehende Renovierung 1927/28
erschien der folgende Bericht:
Artikel
in der "Jüdischen Wochenzeitung für Wiesbaden und Umgebung"
vom 7. Oktober 1927: "Bad Soden am Taunus. Die nur 40 Seelen
zählende jüdische Gemeinde in Bad Soden am Taunus sieht sich genötigt,
ihre im Jahre 1846 erbaute Synagoge einer eingehenden Reparatur und
würdigeren Ausgestaltung zu unterziehen. Der jetzt bestehende Bau hat das
Aussehen eines kleinen niederen Häuschens und verdankte dieses Aussehen
der Unduldsamkeit der damaligen Regierung zu einer Zeit, wo die
Emanzipation der Juden in Hessen noch nicht durchgeführt war. Damals
bestand die Absicht, ein würdiges Gotteshaus in schöner Lage zu bauen,
die Errichtung wurde aber nur unter der Bedingung gestattet, dass die
Synagoge in einer kleinen Gasse so gebaut wurde, dass sie sich von den
umliegenden Häusern nicht unterscheidet. Da noch Kriegs- und
Inflationszeiten die Unterhaltung erschwerten, ist jetzt ein grundlegender
Umbau nötig geworden, vor allem auch, um die im Sommer ziemlich
erhebliche Zahl von jüdischen Kurgästen fassen zu können. Wenn die
kleine, finanziell nicht leistungsfähige Gemeinde sich in diese
Notwendigkeit versetzt sieht, so bittet sie vor allem um die
Unterstützung derjenigen, welche in Baden Soden am Taunus Heilung oder
Besserung ihrer Leiden gefunden haben und bittet Beiträge zum Synagogen-
Umbau auf das Konto der israelitischen Kultusgemeinde zu Bad Soden am
Taunus bei der Sodener Bank in Bad Soden am Taunus überweisen zu
wollen". |
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge im Inneren vollständig
zerstört. SA-Leute verbrannten die Ritualien auf offener Straße.
Nach 1945 wurde die ehemalige Synagoge umgebaut und als
Malerwerkstatt und
Lagerraum zweckentfremdet.
1981 wurde das Gebäude im Zusammenhang mit einer damaligen Altstadtsanierung abgebrochen, nachdem es sich in
heruntergekommenem Zustand befand. Seit 1987 ist eine Gedenktafel an der
auf dem Grundstück erbauten Seniorenwohnanlage angebracht mit dem Text: "Hier
stand die im Jahre 1846 erbaute Synagoge der jüdischen Gemeinde. Bereits um
1750 gab es eine jüdische Gemeinde in Bad Soden. 1938 wurde die Synagoge von
Nationalsozialisten verwüstet. 1986/87 wurde mit Unterstützung der Stadt Bad
Soden am Taunus und des Landes Hessen an dieser Stelle zehn Seniorenwohnungen
errichtet".
Anmerkung: der Text der Gedenktafel hätte ursprünglich präziser lauten
sollen: "...1938 wurde die Synagoge von Bad Sodener Nationalsozialisten
verwüstet...", doch fand dieser Text keine Mehrheit im Gemeinderat der
Stadt).
Adresse/Standort der Synagoge: Erster
Betraum im Haus Dachbergstraße 2; Synagoge ab 1846: Neugasse
2 (frühere Enggasse)
Fotos
Historische Fotos
sind nicht bekannt; über Zusendungen freut sich der Webmaster
der
"Alemannia Judaica"; Adresse siehe Eingangsseite. |
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Synagogenstandort und
Gedenktafel
(Fotos: Elisabeth Böhrer,
Aufnahmedatum 12.5.2009) |
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Erinnerungsarbeit vor Ort -
einzelne Berichte
November 2008:
Ausstellung zum 70. Gedenktag des Novemberpogroms 1938 |
Historische Ausstellung im Badehaus.
Bericht aus der Website
der Stadt Bad Soden.
Am Montag, 10. November 2008, jährt sich der Tag der Vertreibung jüdischer Bürger und der Zerstörung jüdischer Einrichtungen in Bad Soden am Taunus zum 70. Mal. Aus diesem Anlass zeigt das Stadtmuseum Bad Soden am Taunus bis Sonntag, 26. Oktober 2008, die Ausstellung
"...und blieben dennoch immer Fremde? Vergangenes jüdisches Leben in
Soden".
Zentrales Thema ist das oftmals konfliktbeladene Neben- und Miteinander von Christen und Juden in unserer Region über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahrhunderten. Daneben würdigt die Ausstellung den Beitrag jüdischer Bürger zum Gemeinwesen, zur kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt und dokumentiert auch das gewaltsame Ende der jüdischen Gemeinde während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.
Herausragende Persönlichkeiten in Soden. Herausragende Persönlichkeiten wie die Ärzte Salomon Stiebel, David Rothschild und Max Isserlin haben Sodens Ruf als Kurort gestärkt. Der
Kommerzienrat Enoch Reiss und seine Familie sind in Soden lange Zeit karitativ tätig gewesen. Daran erinnern heute noch einige Gebäude wie die Rothschild’sche Villa und das Haus Reiss. Andere Orte jüdischen Lebens wie die Israelitische Kuranstalt und die Synagoge sind mittlerweile aus Bad Soden am Taunus verschwunden. Die Ausstellung gewährt Einblicke in eine teils vergessene, teils verdrängte Vergangenheit.
Den Texten und Dokumenten liegen umfangreiche historische Recherchen zugrunde. Ergänzt werden sie durch eine Vielzahl von Exponaten aus dem Jüdischen Museum Frankfurt am Main.
Unterstützt vom Wissenschaftsministerium. Die Ausstellung wurde durch die Unterstützung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst sowie mehrerer Sponsoren ermöglicht. Die Ausstellung ist von Mittwoch bis Freitag, jeweils von 15:00 bis 18:00 Uhr, sowie Samstag und Sonntag von 14:00 bis 19:00 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet € 3,00, ermäßigt € 2,00. Der Eintritt zum Stadtmuseum Bad Soden am Taunus bleibt wie immer frei. |
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Dezember 2010:
Ein erster "Stolperstein" wird in Bad
Soden im Sommer 2011 auf Grund einer Privatinitiative verlegt |
Artikel von Mathias Geiß in der
"Frankfurter Neuen Presse" vom 17. Dezember 2010 (Artikel):
"Die Premiere. Der erste Stolperstein – nur die Stadt ist etwas zögerlich.
Im Sommer nächsten Jahres wird es in der Kurstadt den ersten Stolperstein geben. Es ist eine Privatinitiative – der Magistrat geht das Thema etwas verhaltener an . . .
Bad Soden. Obwohl in der Kurstadt vor dem Zweiten Weltkrieg viele Juden lebten, die zum Teil auch entscheidend das Leben mitgeprägt hatten, gibt es dort zwar Gedenktafeln, die an die Israelitische Kuranstalt und die Synagoge erinnern, doch Stolpersteine sucht man im Pflaster vergebens. Andere Städte im Main-Taunus-Kreis – wie beispielsweise Hofheim oder Hattersheim – sind da schon weiter...".
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Mai 2011:
Diskussion im Stadtparlament zu den
"Stolpersteinen" |
Artikel in der "Frankfurter
Rundschau" vom 18. Mai 2011 (Artikel): "Bad Soden. Stolperstein-Projekt im Stadtparlament
Sollen Stolpersteine auch gegen den Willen der heutigen Hauseigentümer an die Bad Sodener Opfer der Nazi-Diktatur erinnern? Die Grünen sagen ja, CDU-Bürgermeister Altenkamp ist gegen
'Zwangsgedenken'.
Im August werden in Bad Soden die ersten Stolpersteine für NS-Verfolgte verlegt. Auf dem Areal in der Alleestraße, auf dem unter anderem der Tegut-Supermarkt steht, werde damit einer vertriebenen jüdischen Familie gedacht, sagte Bürgermeister Norbert Altenkamp gestern..."
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Juni 2011:
Das Stadtparlament lehnt die Verlegung von
"Stolpersteinen" in Bad Soden ab |
Artikel von Barbara Helfrich in der
"Frankfurter Rundschau" vom 22. Juni 2011 (Artikel):
"Bad Soden - Stolpersteine abgelehnt. Die Bündnisgrünen würden gern Bad Soden am Stolperstein-Projekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig beteiligen. Doch sie finden keine Mitstreiter. FDP und BSB fordern stattdessen eine zentrale Gedenkstätte.
Auch alle anderen Fraktionen gingen im Kulturausschuss auf Distanz zu dem Vorschlag..." |
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Juli 2011:
In Bad Soden werden nach dem negativen Beschluss des Stadtparlaments auf
privatem Grund "Stolpersteine" verlegt |
Artikel von Claudia Horkheimer in der "Frankfurter Rundschau"
vom 23. Juli 2011 (Artikel):
"Gedenken mit Magengrimmen
Bad Soden Verlegung der ersten Stolpersteine facht politische Debatte um NS-Opfergedenken neu an..."
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August 2011:
Zwei "Stolpersteine" werden auf
privatem Grund verlegt |
Artikel in der "Frankfurter Rundschau" vom 30. August 2011 (Artikel):
"Tränen für zwei Deportierte
Nach heftigem Streit bekommt Bad Soden die ersten Stolpersteine.
Traurig kniet die zwölf Jahre alte Lauren Florsheim vor den beiden frisch verlegten Stolpersteinen, die an ihre Ur-Ur-Großeltern erinnern. Tränen laufen ihr über das Gesicht. Kerzen werden angezündet. Die Familie Florsheim ist eigens dafür aus England und den USA angereist. An diesem Dienstag kommt mit der Verlegung der ersten beiden Stolpersteine in Bad Soden eine wochenlange politische Debatte zu ihrem vorläufigen Ende...". |
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Juni 2014:
Ausstellung "gegen das Vergessen" sowie Verlegung von weiteren "Stolpersteinen" in Bad Soden |
Artikel im "Höchster Kreisblatt"
vom 27. Mai 2014: "Es kommt noch immer Trauer hoch..."
Link
zum Artikel |
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Artikel im "Höchster Kreisblatt"
vom 2. Juni 2014: "'Ein Zeichen gegen das Vergessen'
Trotz des Brückentags nahmen am Freitagnachmittag über 150 Menschen an der bewegenden Gedenkfeier teil. Aus Israel und Kanada waren zwei Angehörige der Familie Isserlin angereist.
Bad Soden. 'Lasst uns niemals vergessen. Denn wer die Geschichte vergisst, ist verdammt, sie zu
wiederholen.' Mit diesen Worten appellierte der Kanadier Jonathan Isserlin (siehe
'Extra') an die zahlreichen Menschen, die sich zur Stolperstein-Verlegung vor dem Haus
'Zum Quellenpark 6' (ehemals Hauptstraße 6) versammelt hatten. Hier hatte Jonathans Großvater, der ehemalige Sodener Badearzt und langjährige Leiter der Israelitischen Kuranstalt, Max Isserlin, seinen letzten frei gewählten Wohnort in Bad Soden, gemeinsam mit seiner Frau Regina, den Kindern Bruno und Ruth und der Haushälterin Mina Grünebaum. Fünf Stolpersteine des Kölner Künstlers Gunter Demnig erinnern nun an ihre Geschichte und an das Schicksal der Menschen, die in der Zeit des Nationalsozialismus ermordet, vertrieben oder deportiert wurden.'
Nein sagen'. Die rund 150 Teilnehmer der Gedenkfeier erlebten bewegende Momente, als sich die Paten der Stolpersteine und die Angehörigen der Verfolgten in die Arme schlossen. Die beiden Enkel Ora Goldschmidt und Jonathan Isserlin waren eigens aus Israel und Kanada angereist.
'Es war eine sehr lange und sehr emotionale Reise' erklärte der Kanadier Jonathan Isserlin. Die Schüler der Heinrich-von-Kleist-Schule (Eschborn) und der Mendelssohn-Bartholdy-Schule (MBS, Sulzbach) legten Rosen nieder. Die Schulen haben die Patenschaften für die Steine von Max Isserlin und Mina Grünebaum übernommen und wollen damit
'ein lebendiges Zeichen gegen das Vergessen setzen', erklärten die Jugendlichen.
'Wir wollen unseren Schülern nicht nur Wissen vermitteln, sondern sie zu kritischen Bürgern
erziehen', sagte MBS-Leiterin Sara Morawietz und stellte den Bezug zur Gegenwart he. Sie verwies auf die Ergebnisse der Europawahl, bei der Rechte beispielsweise in Frankreich viele Stimmen erhielten, und die Notwendigkeit,
'die Erinnerung wach zu halten und Nein zu sagen'. Die Zukunft könne man 'nur gestalten, wenn man die Vergangenheit
kennt', mahnte der Leiter der Kleist-Schule, Adnan Shaikh. Seine Schüler hatten tags zuvor die Gelegenheit, Jonathan Isserlin kennenzulernen. Der Kanadier berichtete von seinen Erinnerungen und seinen Empfindungen gegenüber Deutschland.
'Es war beeindruckend, wie wenig Groll Herr Isserlin in sich hat', beschrieb
Shaikh.
Die Stolperstein-Verlegung in Bad Soden geht auf die Initiative der AG Stolpersteine zurück. Nachdem 2011 die ersten Steine verlegt wurden, hatten Ingo Heise weiter recherchiert und Kontakt zu den beiden Nachfahren der Familie Isserlin hergestellt. Mit der Verlegung der sechs Steine soll die Aktion nicht beendet sein.
'Wir werden für alle, die in Bad Soden Opfer der Nazis geworden sind, Stolpersteine
verlegen'; erklärte Harald Fischer, der Pate für Ruth Isserlins Stolperstein. Sechs Stolpersteine wurden am Freitag in Soden verlegt:
Ein Stein erinnert an der Hasselstraße 20 an Bernhard Freymann, der dort die Pension
'Villa Charlotte' betrieben hat. Freymann wurde 1941 nach Lodz deportiert und dort im Konzentrationslager ermordet.
Fünf Stolpersteine vor dem Haus 'Zum Quellenpark 6' gedenken an Familie Isserlin und deren Haushälterin Mina Grünebaum. Grünebaum wurde 1941 von den Nazis deportiert und in Minsk ermordet. Der Familie Isserlin gelang die Flucht nach England. Die Kinder Bruno und Ruth wurden von den Eltern bereits 1933 und 1936 nach London geschickt. Regina und Max Isserlin folgten 1938. Ruth Baum, geborene Isserlin, lebte später in Tel Aviv, wo sie im März 2014 starb. ehm."
Link
zum Artikel |
Weiterer Artikel in der "Frankfurter
Rundschau" vom 2. Juni 2014: "Bad Soden. Stolpersteine:
Schüler sind Paten..."
Link
zum Artikel |
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Juni 2015:
Nach Dr. Isserlin wird eine Straße
benannt |
Artikel von Brigitte Kramer in der
"Frankfurter Neuen Presse" vom 25. Juni 2015: "Straßenbenennung in Bad
Soden. Andenken an Dr. Isserlin
Die Anregung der Arbeitsgemeinschaft Stolpersteine, eine Straße nach dem
1938 von Nationalsozialisten vertriebenen Mediziner zu benennen, fand im
Stadtparlament einstimmige Unterstützung.
Die Straße vor dem Eingang zum ehemaligen Thermalbad – die Verbindung
zwischen Kronberger Straße und Park- beziehungsweise Waldstraße – wird den
Namen 'Dr.-Max-Isserlin-Straße' tragen. Das haben die Sodener
Stadtverordneten einstimmig beschlossen. Damit soll dem Arzt, der von 1900
bis zu seiner Vertreibung durch die Nationalsozialisten am 10. November 1938
in der Kurstadt gelebt hat, 'ein ehrendes Andenken zuteil werden', wie es in
der Magistratsvorlage heißt. Die Anregung in den politischen Gremien, die
Straße vor dem ehemaligen Thermalbad und in der unmittelbaren Nähe des
Medico Palais’ nach Dr. Isserlin zu benennen, ging von der AG Stolpersteine
aus. Der angesehene Sodener Badearzt leitete von 1900 bis 1938 nicht nur die
Israelitische Kuranstalt und war Vorsteher der Synagoge, sondern stand auch
mehrmals an der Spitze des Sodener Ärztevereins, engagierte sich in der
Kommunalpolitik und investierte 1912 in den Bau des Inhalatoriums, das
heutige Medico Palais. Mit seiner Frau Regina gelang Max Isserlin die Flucht
vor den Nazis nach England, wo er 1965 in Manchester starb. In Erinnerung an
Max und Regina Isserlin und ihre beiden Kinder Ruth und Bruno wurden in Bad
Soden am 30. Mai 2014 vier Stolpersteine verlegt. Über die Verleihung des
Straßennamens gab es in der Stadtverordnetenversammlung keinerlei
Diskussion. Im Bauausschuss hatten die Liberalen indes einen
Alternativvorschlag unterbreitet – wobei Bernd Wanderer durchblicken ließ,
dass es den Liberalen nicht darum ging, den Vorschlag Isserlin auszustechen.
Die FDP-Fraktion erinnert an den Maler Otto Greis, der von 1945 bis 1957 in
der Kurstadt gelebt hat, und Mitbegründer der Künstlergruppe 'Quadriga'
gewesen ist. '70 Jahre nach Kriegsende möchten die Freien Demokraten einen
Künstler ehren, der aus der Sicht vieler Kunsthistoriker erheblichen Anteil
daran hatte, dass die deutsche Kunst nach dem Ende des
nationalsozialistischen Regimes in einer Zeit großer Unsicherheit und
Neuorientierung Anschluss an die internationale Kunstentwicklung gefunden
hat.' Ein Vergleich der Leistungen von Dr. Isserlin und Greis verbiete sich
aus naheliegenden und eindeutigen Gründen, betonten die Liberalen im
Ausschuss und später in einer Pressemitteilung. Mit ihrer Stellungnahme
erreichten sie im Ausschuss immerhin, dass bei der nächsten Vergabe eines
Namens für eine Straße oder einen Platz ein lokaler Künstler berücksichtigt
werden soll. Die Vorsitzende des Bauausschusses, Waltraud Krebsbach-Heß,
bedankte sich im Parlament übrigens bei Matthias Köhler. Der
CDU-Stadtverordnete hatte sich ihren Worten nach überzeugend für den
Straßennamen 'Dr. Isserlin' eingesetzt und damit ein einstimmiges Votum im
Ausschuss erreicht. Wie von der AG Stolpersteine zu erfahren ist,
beabsichtigen die beiden Enkel der Isserlins, Jonathan Isserlin und Ora
Goldschmidt, Bad Soden anlässlich der 'Straßenbenennungs-Zeremonie' zu
besuchen."
Link zum Artikel |
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August 2015:
Stadtspaziergang auf den Spuren der jüdischen
Geschichte |
Am 29. August 2015 fand ein "Stadtspaziergang zu historischen
Orten - Jüdisches Leben im Soden von einst" statt. Der Spaziergang
mit der Autorin Helga Fredershausen führte von den Anfängen der
jüdischen Geschichte in der Altstadt über die Talstraße,
Dachbergstraße und Straße Zum Quellenpark bis zur Königsteiner
Straße. |
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Juli 2016:
Weitere Verlegung von "Stolpersteinen"
in Bad Soden |
Pressemitteilung
der Stadt vom 8. Juli 2016 (Quelle von Text und Foto: http://www.bad-soden.de/de/aktuelles/mitteilungen.aspx?nwsid=2030):
"
Fünf Stolpersteine in der Neugasse erinnern an Schicksal jüdischer Mitbürger.
In der Bad Sodener Altstadt – gegenüber der ehemaligen Synagoge – hat der Kölner Künstler Günter Demnig am Mittwoch fünf Messingplatten zur Erinnerung an das Schicksal der Familie Strauss in das Straßenpflaster eingelassen.
An der feierlichen und emotionalen Zeremonie nahmen gut 50 Personen teil. Während der Künstler die glänzenden Gedenksteine verlegte, erinnerten Mitglieder der AG Stolpersteine an das Schicksal von Moritz und Karoline Strauss, ihren Sohn Wilhelm, Schwiegertochter Olivia und deren Tochter Hannelore. Sohn Wilhelm gelang mit Frau und Kind die Flucht vor dem nationalsozialistischen Terror in die Vereinigten Staaten. Die Eltern blieben vorerst, mussten aber auf Druck der Nazis ihr Anwesen verkaufen. Das Haus in der Neugasse 3 war der letzte gemeinsame Wohnort der jüdischen Familie in Bad Soden am Taunus. Zu der Zeremonie waren auch Ken und Joanie Krug aus den USA angereist, Enkel von Wilhelm und Olivia Strauss.
Bürgermeister Norbert Altenkamp äußerte sich besorgt, dass heute in Deutschland wieder Minderheiten beschimpft und als Sündenböcke benutzt würden. Er appellierte an die Zivilgesellschaft, dem nicht schweigend zuzuschauen und mit Mitmenschlichkeit dem Hass entgegen zu treten. Mitglieder der AG Stolpersteine berichteten über die Vertreibung und das spätere Leben der Familie Strauss in den USA. Nachfahre Ken Krug sagte, er sei berührt, dass in Bad Soden am Taunus auf diese Weise an das Schicksal seiner Familie erinnert werde.
Anschließend legten Schülerinnen der Eschborner Heinrich-von-Kleist-Schule Blumen an den Messingplatten ab, Lukas Birovescu spielte dazu auf der Klarinette." |
Siehe auch die Website der AG Stolpersteine
in Bad Soden: http://stolpersteine.in-bad-soden.de
/ |
Siehe auch den Artikel von Brigitte Kramer
im "Höchster Tagblatt" vom 11. Juli 2016: "Stolpersteine verlegt. Ein
Mahnmal für die Ewigkeit...."
Link zum Artikel |
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Mai 2018:
Weitere "Stolpersteine" in Bad
Soden |
Artikel von Brigitte Kramer im "Höchster
Kreisblatt" vom 19. Mai 2018: "Stolpersteine Der letzte Ausweg war der
Freitod
Else Meier nahm aus Verzweiflung 1942 ihren kranken Sohn Siegbert mit in den
Tod. Elses Mutter Therese und der Stiefvater Abraham Cohn wurden danach von
den Nazis deportiert und im KZ Theresienstadt ermordet.
Bad Soden. 14 Jahre war Siegbert Maier alt, als er am 14. Juni 1942
neben seiner Mutter Else bewusstlos in der gemeinsamen Wohnung in Frankfurt
gefunden wurde. Beide kamen ins Israelitische Krankenhaus in der
Gagernstraße 36. Siegbert starb noch am selben Tag. Seine Mutter am Tag
darauf, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. 'Selbstmord durch
Schlafmittelvergiftung' stellte der zuständige Polizeibeamte als
Todesursache fest. Der Grund für die Tat sei unbekannt, hieß es. 'Gedemütigt
– Entrechtet – Flucht in den Tod' steht auf den beiden Stolpersteinen, die
jetzt vor dem Haus Am Thermalbad 10 (früher Taunusstraße) von Künstler
Gunter Demnig in das Pflaster eingelassen wurden. In diesem Haus wohnte die
Familie in Bad Soden bis zuletzt. Als Vater Hugo 1935 'aus unbekannter
Ursache' starb und die Judenverfolgung in der Nazi-Hochburg Bad Soden
schlimmer wurde, zog Else mit ihrem an Kinderlähmung erkrankten Sohn 1936
nach Frankfurt in die Großstadt.
Doch auch dort war das Leben für sie schwer. Das Vermögen der Familie wurde
eingezogen und zwangsverwaltet. Es fehlte Else an Geld für das Nötigste. Sie
durfte nur 300 Reichsmark pro Monat für den Lebensunterhalt abheben. Alles
andere wie Schulgeld, Fahrgeld und Massagekosten für ihren kranken Sohn
mussten extra beantragt werden. Als Gerüchte über Deportationen von Juden im
Juni 1942 bekannt wurden, wird sie für sich und ihren Sohn keinen Ausweg
mehr gesehen haben. Nicole und Rüdiger Brause von der AG Stolpersteine haben
das Schicksal der Familie Maier recherchiert und die Patenschaft für die
beiden Stolpersteine übernommen.
In einer kleinen beeindruckenden Feier, die Anna Seußler von der Eschborner
Heinrich-von-Kleist-Schule auf der Geige begleitete, erinnerte eine Gruppe
von Bad Sodenern an die Menschen, die hier einmal als geachtete Bürger
gelebt haben. Denn Elses Mutter, Therese Cohn, eine geborene Grünebaum, war
in erster Ehe mit dem Bad Sodener Emil Scheuer verheiratet, der 1912
Selbstmord beging. Dessen Vater Julius war mit der 'Julius Scheuer OHG' und
diversen Grundstücken ein vermögender Mann in der Stadt. Bis die Nazis die
Firma, die mittlerweile von Schwiegersohn Abraham Cohn geführt wurde, 1938
in die Knie zwang. Das Unternehmen durfte nicht länger von Nicht-Juden
beliefert werden. In der Reichspogromnacht am 10. November 1938 wurde die
Wohnung der Cohns in der Alleestraße 24 demoliert. Dokumente wurden
vernichtet, Möbel zerstört und aus dem Fenster geworfen, Wertgegenstände wie
Schmuck, Silberzeug, Wäsche und Pelze gestohlen. Mit bewegter Stimme
berichtet Rasa Vilgalys-Hiob von den grausamen Geschehnissen.
Die US-Bürgerin und Vorsitzende des Bad Sodener Ausländerbeirats hat sich
mit dem Schicksal der Cohns befasst. Sie und ihr Mann Paul sind Paten der
beiden Stolpersteine. Um die 'Judenabgabe' zu bezahlen, habe Abraham alle
Grundstücke verkaufen müssen, erinnert Rasa. So gut wie mittellos sei er
dann 1939 mit seiner Frau Therese nach Frankfurt gezogen, wo sie mit Tochter
Else und Enkel Siegbert bis zu deren Tod 1942 in der Lersnerstraße gewohnt
haben. Auf dem jüdischen Friedhof haben Therese und Abraham Cohn die beiden
beerdigt. Doch auch ihr eigenes Schicksal sollte bald besiegelt sein. Am 1.
September 1942 wurde die 62-jährige Therese mit der älteren Generation nach
Theresienstadt deportiert. Abraham folgte ihr am 2. September nach. Im
Konzentrationslager starb Abraham am 1. Juni 1943. Therese wurde am 6. März
1944 im KZ umgebracht. Zwei neue Stolpersteine auf dem Bürgersteig an der
Treppe zum Haus Alleestraße 24 gedenken der Cohns. Daneben hat Demnig zwei
weitere Steine verlegt, die bis dato auf privatem Grund vor dem Haus
Alleestraße 24 lagen. Im Sommer 2011 hatte der Enkel Paul Florsheim von Rosa
und Markus Grünebaum verfügt, dass für das Paar, die 1941 im Ghetto Lodz
starben, vor der Villa Aurora zwei Stolpersteine verlegt werden. Sein
Urgroßvater Julius Scheuer hatte das Haus 1904 erbaut. Jetzt hat die
Stolperstein AG im Einvernehmen mit dem Enkel die Verlegung der Steine auf
öffentlichen Grund veranlasst.
Gerade in aktueller Zeit, da der Antisemitismus im Lande wieder zunehme, sei
es wichtig, Signale wie diese zu setzen, hob Bürgermeister Frank Blasch in
seiner Begrüßungsrede hervor. Mit der fünften Verlegung von Stolpersteinen
in der Stadt werde nicht mehr über das 'ob' diskutiert, sondern es sei zur
Selbstverständlichkeit geworden. 'Jede Verlegung ist etwas Besonderes, die
das Individuum in den Mittelpunkt rücken soll.'"
Link zum Artikel |
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März/April 2024:
Ausstellung zu den "Stolpersteinen" in Bad Soden |
Pressemitteilung vom 25. März 2024: "Ausstellung
der Stolpersteine AG.
Zehn Jahre lang ist die AG Stolpersteine den Schicksalen von Bad Sodenern
nachgegangen, die von den Nazis verfolgt, entrechtet, zur Flucht oder zum
Suizid getrieben oder ermordet wurden. Mit der Ausstellung 'Wider das
Vergessen' wird an diese Menschen erinnert, die einst in der Kurstadt
geachtete Bürger waren.
Datum: Bis Sonntag, 28. April 2024. Uhrzeit: Ganztägig. Ort:
Seniorenresidenz Augustinum, Georg-Rückert-Straße 2" |
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Mai 2024:
Der 30. Stolperstein in Bad Soden
wird für Elsa Nossbaum verlegt |
Artikel von in den "Taunus-Nachrichten" am
22. Mai 2024: "Stolperstein in der Talstraße erinnert an Elsa Nossbaum.
Geboren am 21. April 1892 als viertes Kind des jüdischen Ehepaares Betti
und Hermann Jakob Nossbaum, zog Elsa Nossbaum im Mai 1927 aus Zwickau nach
Bad Soden, wo ihr Bruder Siegfried als Arzt praktizierte. Hier wohnte sie in
der Talstraße 2 (heute Talstraße 16) im Personalhaus der benachbarten
Israelitischen Kuranstalt, wo sie als Hausgehilfin arbeitete. Am 12.
September 1938 flüchtete Elsa, unterstützt von ihrem Bruder, nach Palästina
– rechtzeitig vor dem Novemberpogrom, bei dem die Israelitische Kuranstalt
den Angriffen der Nazis zum Opfer fiel und bis auf die Grundmauern
niederbrannte. Elsa wurde am 8. Juli 1941 in Israel eingebürgert – ihr
letzter freiwillig gewählter Wohnort in Deutschland war die Talstraße 2
(heute Talstraße 16) in Bad Soden, wo nun seit vergangener Woche der zu
ihren Ehren gelegte Stolperstein an ihr Leben in Bad Soden erinnern soll.
Bad Soden (Sc) – In der vergangenen Woche konnten sich die Mitglieder
der AG Stolpersteine – gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt
Bad Soden – über die Verlegung eines weiteren Stolpersteins in Gedenken an
die Bad Sodener Bürgerin Elsa Nossbaum freuen. Begleitet wurde die
Stolpersteinverlegung von einer kleinen Feierstunde mit musikalischem
Rahmen, zu der mehr als 30 interessierte Bürgerinnen und Bürger sowie
Vertreterinnen und Vertreter der städtischen Gremien in die Talstraße 16
gekommen waren.
Der Mensch im Mittelpunkt. 'Die Verlegung der Stolpersteine ist für
uns in Bad Soden zu einer Normalität geworden – es darf jedoch niemals zur
Routine werden!' – mit diesen mahnenden Worten eröffnete Bürgermeister Dr.
Frank Blasch die Feierstunde anlässlich der Stolpersteinverlegung für Elsa
Nossbaum. Der Mensch, so Dr. Blasch, müsse immer im Zentrum des Gedenkens
stehen, was auch als Kontrapunkt zur entmenschlichten Massenvernichtung
jüdischen Lebens durch die Nazis zu verstehen sei. Gerade im 75.
Jubiläumsjahr des Grundgesetzes seien die Stolpersteine als mahnende
Erinnerung und als gesellschaftliche Antwort auf die Gräuel des
Nationalsozialismus notwendig. In einer Zeit, wo durchaus berechtigte Kritik
an den politischen Entscheidungen des Staates Israel teilweise offen in
Antisemitismus umschlägt, gelte es, ein Zeichen zu setzen: gegen die
pauschale Verurteilung von Religionsgemeinschaften und Volksgruppen – für
die Verständigung und das Gespräch miteinander.
30. Stolpersteinverlegung. 'Niemand möchte stolpern und wir wollen
auch niemandem Steine in den Weg legen', merkte Elisabeth Hammerbeck als
Vertreterin der AG Stolpersteine in ihrer Ansprache an. 'Aber wir möchten,
dass die Menschen an den Stolpersteinen ihren Weg unterbrechen und
derjenigen Mitbürgerinnen und Mitbürger gedenken, die in Bad Soden wohnten
und arbeiteten und von den Nazis vertrieben, verschleppt und viel zu oft
auch ermordet wurden'. Mit ihrem Engagement für die Erinnerungsarbeit ist
die AG Stolpersteine sehr erfolgreich und kann sich mit dem Stolperstein für
Elsa Nossbaum nun über insgesamt 30 Stolpersteine im Stadtgebiet von Bad
Soden freuen. Viele Lebensgeschichten jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger
hätten so hoffnungsvoll in Bad Soden begonnen und viele hätten ein so
trauriges Ende gefunden – diese Geschichten 'in Stein zu meißeln' sei die
Aufgabe und der Anspruch der AG Stolpersteine, so Hammerbeck. Mit der
Hausgemeinschaft des Hauses Talstraße 16 haben erstmals private Personen
eine Patenschaft für den vor ihrer Haustür verlegten Stolperstein
übernommen. Die AG Stolpersteine bedankte sich herzlich und ehrte die
Beteiligten mit einer Urkunde. Musikalisch begleitet wurde die Feierstunde
von dem 'Duo Chanson – Die stolzesten Frauen'. Michaela Bender an der
Klarinette und Dorothea Paul an der Gitarre sorgten für eine angemessene
musikalische Untermalung und einen sehr stilvollen Rahmen der
Stolpersteinverlegung – es wäre schön, wenn auch die Jugend zahlreicher für
die Erinnerungsarbeit zu begeistern wäre."
Link zum Artikel
Übersicht über die in Bad Soden verlegten Stolpersteine auch in
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Bad_Soden_am_Taunus
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Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 256-259. |
| ders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder -
Dokumente. S. 139. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 164. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 139. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S.
230-231. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S.387-388. |
| Joachim Kromer: Bad Soden am Taunus. Hg. Magistrat
der Stadt Bad Soden. Band 2: Bestehen aus der Geschichte. Bad Soden 1991. |
| ders.: Der 10. November 1938. Darstellung der Entwicklungen
und der Aktionen gegen die Juden in Bad Soden am Taunus nach den Akten des
Prozesses vom Juli 1949. Reihe: Materialien zur Bad Sodener Geschichte. Heft
4. Bad Soden 1988. |
| ders.: Die Familie Reiss in Soden. Reihe: Materialien zur
Bad Sodener Geschichte. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Bad Soden
Hesse-Nassau. Jews in medieval Soden fell victim to the Black Death persecutions
of 1348-49 and an independent community was not established until 1849.
Transformed into a flourishing spa (and renamed "Bad" Soden), the town
attracted wealthy Jewish visitors from Frankfurt - and the baptized composer
Felix Mendelssohn. In 1885 Baron Rothschild endowed a sanatorium treating needy
Jews (213 in 1912). By 1925 the community numbered 49 (2 % of the total). On Kristallnacht
(9-10 November 1938), Nazis destroyed the synagogue's interior and a mob burned
the sanatorium. Some Jews emigrated (1933-37), others probably died in the
Holocaust.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
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