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Zur Übersicht über die jüdischen
Friedhöfe im Oldenburger Land und in Ostfriesland
Westerstede (Landkreis
Ammerland, Niedersachsen)
Jüdischer Friedhof
(die Seite wurde erstellt von Martin J. Schmid, Oldenburg)
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Die in Westerstede lebenden Juden gehörten zwar zur
Synagogengemeinde Varel (zeitweise nach 1830), später zur Synagogengemeinde
Oldenburg, legten jedoch zur Beisetzung der Toten einen eigenen Friedhof an.
Zur Geschichte des Friedhofes
Bis zur Eröffnung eines
eigenen Friedhofes in Westerstede wurden Bestattungen jüdischer Einwohner
Westerstedes in Varel-Hohenberge
vorgenommen. Bereits im Jahr 1839 begründete der damalige Landrabbiner
Samson Raphael Hirsch die Notwendigkeit eines eigenen Friedhofes für
Westerstede und Zwischenahn.
Der jüdische Friedhof in Westerstede wurde 1890 als private Begräbnisstätte
von dem Viehhändler Seckel Leser Frank angelegt. Seitdem wurden auf ihm die in
Westerstede und im Ammerland verstorbenen Juden beigesetzt.
Als der prominente jüdische Leutnant der Reserve, Assessor Dr. jur. Leonhard
Frank aus Westerstede, am 14. Juli 1917 im I. Weltkrieg fiel, widmete ihm
der Kriegerverein Westerstede einen langen Nachruf. Darin heißt es:
"Mit treuer Liebe hing er an seinem Volk und faßte seinen Beruf im höchsten
Sinne als einen Dienst für das Volk auf. Unbestechlicher Sinn für Wahrheit und
Gerechtigkeit, ein warmes Herz auch für den Geringsten, zeichneten ihn aus, ...
Er schreibt in einem Briefe aus dem Felde an einen Freund: Heute kann sich mein
Geschick erfüllen; doch wenn es sein muß, so ist man im Dienste für die
Allgemeinheit gefallen, und etwas Höheres ist dem Menschen nicht beschieden."
Nach 1945: am 25. März 1948 wurde der Friedhof vermutlich durch
Jugendliche geschändet. Dabei wurden Grabsteine umgeworfen.
Ein Situationsbericht des Stadtdirektors von Westerstede vom 7. November 1950
gibt folgenden Sachstand bezüglich des jüdischen Friedhofes wieder:
I
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Eigentumsverhältnisse: - nach dem
Grundbuch -
(Wenn ein Treuhänder eingesetzt ist, auch
Name und Anschrift des Treuhänders) |
Im Grundbuch der Gemeinde Westerstede
eingetragen zu
Art. Nr. 628 auf den Namen Hugo Frank.
Treuhänder ist Herr Helmut Specht in Varel i.O.,
Neumühlenstraße 11 |
II |
Größe des Friedhofes in qm: |
832 qm |
III |
Zahl der Gräber |
11 |
IV |
Die letzte Beisetzung ist erfolgt im
Jahre |
1936 |
V
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a) Zustand des Friedhofes
b) Beschädigungen, die auf die nationalsozialistische
Zeit zurückzuführen sind |
a) Der Friedhof befindet sich in einem
ordentlichen Zustand
b) keine
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VI
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Zur Beseitigung der Beschädigung zu Vb sind
nach meinem
pflichtgemäßen Ermessen nebenstehende Instandsetzungsarbeiten
unbedingt erforderlich |
keine
|
VI |
Kosten der Instandsetzungsarbeiten zu VI: |
entfällt |
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Westerstede, den 14. Nov. 1950
Kreisamt Ammerland
[Name] Kreisoberinspektor |
Schändungen des Friedhofes sind zweimal verzeichnet
(30. November 1994 und 1. Dezember 1994).
Auch am 25. und 26. September 2008 kam es zu einer Friedhofschändung (siehe
Berichte unten).
Es sind 12 Grabsteine erhalten: ältester Grabstein vom 7. April 1891
(28. Adar 5651), jüngster Grabstein vom 8. Juni 1952 (als 12. Grabstein noch
nicht im Situationsbericht von 1950 genannt).
Der Friedhof befindet sich vermutlich immer noch in Privatbesitz (1983
waren die Eigentümer: Siegfried Samuel Levy (Bnej Berak, Israel) und Hermine
Schragenheim geb. Silberbach (Tel Aviv, Israel).
Lage des Friedhofes
Am Esch 10, ca. 500 m östlich der Ortsmitte.
Link zu den Google-Maps
(der grüne Pfeil markiert die Lage des Friedhofes)
Größere Kartenansicht
Fotos
(Fotos: Martin J. Schmid, Oldenburg; die Zahlen in eckigen Klammern beziehen sich auf
die Dokumentation des Friedhofes bei Töllner usw. s. Lit.
Hinweis: es sind alle 12 Grabsteine des Friedhofes dokumentiert)
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Blick auf den Friedhof und
das Eingangstor |
Hinweistafel zur
Geschichte des Friedhofes |
Blick über den Friedhof.
Dieses
Foto in hoher Auflösung |
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Grabstein für Carl Polak
(1872-1933)
und Johanna Polak geb. Salinger
(1872-1941) [346 li.] |
Grabstein für Paula
Meyer
geb. Sternberg (1879-1931) und
Siegfried Meyer (1872-1942) [350] |
Grabstein für
Selma Hoffmann geb. Polak
(1874-1933) und Gedenkstein für
David Hoffmann (1877 - ermordet KZ)
[345 re.] |
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Grabstein für Jizchak,
Sohn des Elieser Frank [347 li.] |
Grabstein für Siegfried Frank
(1853-1911) [348 re.] |
Grabstein für Schemuel Ben
Jizchak
genannt Siegfried Frank [348 li.] |
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Grabstein für Hermine
Frank
geb. Meyer (1863-1919) [346 re.) |
Grabstein (Vorder-
und Rückseite) für Gerichtsassessor Dr. Leonhard Frank
(1884 - gefallen 1917; hebräischer Name Elieser Ben Schmuel) [349] |
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Grabstein für S. L.
Frank
(1817-1891) [347 re.] |
Grabstein für
Moses Hoffmann
(1816-1900) und Helene Hoffmann
geb. Haußmann (1840-1900) [343 re.] |
Grabstein für
Siegfried Hoffmann
(1906 Rastede - 1936 Oldenburg)
[343 li.] |
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Grabstein für Arend Polak
(1845-1894)
und Regine Polak geb. Wolffs
(1845-1903) |
Grabstein für Siegfried
Polak (1875-1932)
und Selma Polak geb. Rosenberg
(1877 - 1948 in Buenos Aires) |
Grabstein für Felix Polak
(1911-1952) |
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Berichte aus der
Geschichte des Friedhofes
September 2008: Schändung des Friedhofes
durch
Jugendliche
Artikel
von Heiner Otto in NWZ-Online vom 26.9.2008 "Jüdischen Friedhof geschändet
- Grabsteine und Schule beschmiert – Drei junge Männer festgenommen
DIE MUTMAßLICHEN TÄTER SIND ZWISCHEN 16 UND 20 JAHRE ALT. SIE HINTERLIEßEN IN DER WESTERSTEDER INNENSTADT HAKENKREUZE UND NAZIPAROLEN.
WESTERSTEDE - Mit Abscheu und Empörung haben am Freitag in Westerstede viele Bürger auf die Schändung des Jüdischen Friedhofs reagiert. Möglicherweise waren es drei junge Männer, die Grabsteine mit rechtsextremistischen Parolen beschmierten. Auch die Robert-Dannemann-Schule, die Sporthalle sowie eine an der Stadtbücherei angebrachte jüdische Gedenktafel der Stadt Westerstede aus dem Jahre 1988 waren das Ziel der Täter.
Bei den Tatverdächtigen, von denen zwei nach Polizeiangaben Geständnisse abgelegt haben sollen, handelt es sich um einen 20-jährigen Arbeitslosen aus der Gemeinde
Apen, einen 18-jährigen Arbeitslosen aus Hamburg und einen 16-jährigen Handelsschüler, der ebenfalls aus Hamburg kommt. Er bestreitet eine Tatbeteiligung.
Überrascht wurde das Trio am Freitagmittag von der Polizei. Die drei Beschuldigten, die die ganze Nacht in der Stadt unterwegs gewesen sein müssen, schliefen noch. In der Wohnung fanden die Beamten eine Spraydose. Der darin enthaltene Farbtyp stimmt mit den Farbspuren vom Friedhof überein.
Johann Kühme, Chef der Polizeiinspektion Oldenburg-Stadt/Ammerland, reagierte in einer ersten Stellungnahme erleichtert.
"Ich bin sehr froh, dass wir nach diesen verabscheuungswürdigen Taten so schnell drei Verdächtige ermitteln konnten. Die Zusammenarbeit von Staatsschutz und den Kollegen vom Polizeikommissariat Westerstede war perfekt“, lobte der Polizeichef.
Spezialfirmen waren noch am Freitagnachmittag damit beschäftigt, die Spuren an den öffentlichen Gebäuden zu beseitigen. Die drei Männer kamen nach ihrer Vernehmung frei." |
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Artikel von Heiner Otto in der NWZ-online.de
(www.nwzonline.de) vom 27. September
2008:
"Hakenkreuze auf Grabsteinen - SCHÄNDUNG Westersteder Polizei gelingt schnelle Festnahme
WESTERSTEDE - Nach der Schändung des Jüdischen Friedhofes in Westerstede und der Beschmierung einer Schule, der Stadtbücherei und zweier Autos mit rechtsextremistischen Parolen und Zeichen hat die Polizei in der Ammerländer Kreisstadt drei Tatverdächtige festgenommen. Zwei der 16 bis 20 Jahre alten Männer aus dem Ammerland und aus Hamburg gaben die ihnen zur Last gelegten Taten nach Polizeiangaben zu. In ihrer Westersteder Wohnung fanden die Beamten eine Spraydose. Sie enthält die selbe Lackfarbe, die auf Grabsteinen, Glasscheiben, Gedenktafeln und Hauswänden sichergestellt wurde.
Polizeisprecher Sascha Weiß bestätigte am Freitagnachmittag, dass die jungen Männer bislang nicht durch rechtsextremistische Taten aufgefallen sein sollen.
Westerstedes Bürgermeister Klaus Groß reagierte erleichtert auf die Nachricht vom Fahndungserfolg.
"Den Beamten ist es gelungen, wenige Stunden nach diesen verabscheuungswürdigen Taten Verdächtige festzunehmen. Das ist wirklich sehr erfreulich“, betonte Groß.
Nach einer mehrstündigen Vernehmung wurden der 20-Jährige und ein 18-Jähriger wieder auf freien Fuß gesetzt. Der 16-Jährige, der eine Tatbeteiligung bestreitet, muss von seinen Eltern in Westerstede abgeholt und nach Hamburg zurückgebracht werden." |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Johannes-Fritz Töllner in Zusammenarbeit mit Wouter J. van
Bekkum, Enno Meyer und Harald Schieckel: Die jüdischen
Friedhöfe im Oldenburger Land. Bestandsaufnahme der erhaltenen Grabsteine.
Oldenburg 1983 (= Oldenburger Studien Bd. 25). Zu Westerstede: S. 342-350. |
| Enno Meyer: Die Synagogen des Oldenburger Landes. Im
Auftrage der Gesellschaft für Christlich-jüdische Zusammenarbeit Oldenburg
herausgegeben. 1988 (= Oldenburger Studien Bd. 29). Zu Westerstede: S. 202. |
| Werner Vahlenkamp / Rolf Hornig (Bearb): Die Geschichte der
Westersteder Juden: Aufstieg und Vernichtung einer kleinen Minderheit.
Westerstede: Plois. 1988. 96 S. |
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