Bis zur Eröffnung
eines eigenen Friedhofes in Westerstede wurden Bestattungen jüdischer Einwohner
Bernes in Varel-Hohenberge, Wildeshausen
und Delmenhorst vorgenommen.
Der jüdische Friedhof in Berne wurde 1895 kurz vor seinem Tod von Louis
Koopmann (Grabstein siehe unten) begründet. Das Friedhofsgrundstück blieb in
Familienbesitz unter der Auflage, dass er allen Juden aus der Synagogengemeinde
Berne zu Bestattungszwecken zur Verfügung steht.
Der Friedhof wurde nach Auskunft der Gemeinde Stedingen in der
nationalsozialistischen Zeit von NSDAP- bzw. Hitlerjugend-Mitgliedern verwüstet.
Nach 1945: Im Jahre 1946 und 1948 wurde der Friedhof durch die Gemeinde
Stedingen wieder instandgesetzt. Darüber berichtet die Gemeinde an den
Oberkreisdirektor des Landkreises Wesermarsch mit Schreiben vom 4. Februar 1948
wie folgt: "Der jüdische Friedhof in Berne wurde gemäß Verfügung des
Staatsministeriums - Abt. Inneres - vom 1.9.1945 - Nr. I 6279 - wieder
instandgesetzt. Der Auftrag für die Instandsetzungsarbeiten wurde von der
Gemeinde Stedingen erteilt. Die Instandsetzungskosten beliefen sich auf
insgesamt 860,90 RM, und zwar
Rechnung Fa. N. Witte, Berne 469,20
RM
Rechnung Gärtner Gerh. Bulling, Berne 391,70 RM
Zus.: 860,90
RM"
Ein Situationsbericht des Gemeindedirektors von Berne vom 10. November 1950 gibt
folgenden Sachstand bezüglich des jüdischen Friedhofes wieder:
I
Eigentumsverhältnisse:
Deutsches Reich (Reichsfinanzministerium)
Früherer Besitzer: Ww. Leopold Koopmann
Sara geb. Katz
II
Größe des Friedhofs:
Ranzenbüttel - 450 qm
III
Zahl der Gräber
sieben
IV
Die letzte Beisetzung ist erfolgt im
Jahre
1928
V
a) Zustand des Friedhofes
b) Beschädigungen, die auf die nationalsozialistische
Zeit zurückzuführen sind
a) Der Friedhof wurde nach Kriegsende auf
Kosten der Gemeinde instandgesetzt. Es entstenden dabei Kosten von RM
868,40 = DM 86,84 (lt. voliegender Rechnungen), die bisher nicht aus
Landesmitteln erstattet wurden. Der Friedhof wird nun von Frau
Elle Türk, Berne, gepflegt. Der jetzige Zustand ist gut.
b) keine Beschädigungen mehr vorhanden
VI
Zur Beseitigung der Beschädigung zu Vb
sind nach meinem
pflichtgemäßen Ermessen nebenstehende Instandsetzungsarbeiten
unbedingt erforderlich
keine
VI
Kosten der Instandsetzungsarbeiten zu VI:
keine - es wird auf die bereits verauslagen
Kosten (sieh. V1 hingewiesen).
Berne, den 10.11.1950
Der Gemeindedirektor
[Name]
Es sind 6 Grabsteine erhalten: ältester Grabstein vom
21.Januar 1897, jüngster Grabstein vom 15. Mai 1928.
Der Friedhof befand sich auch nach 1945 noch längere Zeit in Privatbesitz (1983
waren die Eigentümer: Ernest H. Koopmann, Northampton, USA, und Renate L.
Neemann, Williamsville, USA). Seit 2014 ist der Landesverband der
Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen Eigentümer geworden (vgl. Pressebericht
unten).
Es gibt einen Grabstein mit Gedenkinschrift für einen im Erster Weltkrieg Gefallenen (Stein 2) und
zwei mit Gedenkinschriften für in Theresienstadt Umgekommene (Stein 1 und 2).
Am 2. Dezember 2016 wurde ein neues Eingangstor mit einer Feier eingeweiht
(vgl. Pressebericht unten). An
der Feierstunde nahm Ernest Koopmann, Nachfahre des Berner jüdischen
Gemeindemitgliedes Louis Koopmann teil. Gleichfalls waren Vertreter der Gemeinde
Berne, des Landkreises Wesermarsch und des Landesverbandes der Jüdischen
Gemeinden in Niedersachsen anwesend. Das Tor wurde entworfen vom Jader Grafiker
und Bildhauer Raymon Müller. Die Kosten wurden durch Spenden und Mittel des
Landesverbandes beglichen.
Lage des Friedhofes
Weserstraße 38, 27804 Berne; direkt an der B 74
(Richtung Weser) östlich der Ortsmitte im Ortsteil Ranzenbüttel.
Link zu den Google-Maps
(der Pfeil markiert die Lage des Friedhofes)
Fotos
(Fotos: Martin J. Schmid, Oldenburg; die Zahlen in eckigen
Klammern beziehen sich auf die Dokumentation des Friedhofes bei Töllner usw. s.
Lit.
Hinweis: es sind alle 6 Grabsteine des Friedhofes dokumentiert)
Blick über den Friedhof
(Blickrichtung zum Eingangstor)
Grabstein für Albert Koopmann
(1857-1928) mit
Gedenkinschrift für Ida Koopmann
geb. Meyer (1870-1943)
[353 li.]
Grabstein für
Leopold Koopmann
(1854-1927) mit Gedenkinschriften
für Sara Koopmann geb. Katz (1861-1942)
und den im Ersten Weltkrieg Gefallenen
Ernst Koopmann (1891-1915) [355 re.]
Grabstein für Jacob
Goldstein
(gest. 1920) und Rosi Goldstein
(gest. 1919) [354 re.]
Grabstein für Louis Koopmann
(1820-1895) und Amalie Koopmann
geb. Goldschmidt (1827-1897) [353 re.]
Grabstein für Friederike
Frank
geb. Bloch (1845-1902) und
Louis Frank (1835-1917) [354 li.]
Grabstein für Pauline
Meyer
geb. Rosenbaum (1848-1925) [355 li.]
Presseberichte zum Friedhof
November 2015:
Schüler übernehmen die Pflege des
Friedhofes
Artikel von Anja Biewald in der
"Nord-West-Zeitung" vom 2015: "Jüdischer Friedhof. Schüler wahren
Andenken an Berner Juden
Die Neuntklässler übernehmen die Pflege der Gräber und erinnern an die
Familie. Zur Feierstunde ist auch die Öffentlichkeit eingeladen.
Berne 'Der Friedhof soll in Ehren gehalten werden und dokumentieren,
dass meine Familie ein Teil der Berner Geschichte ist.' Das war Ernest
Koopmanns größter und einziger Wunsch, den der Amerikaner im vergangenen
November äußerte, als er den jüdischen Friedhof seiner Familie an der
Weserstraße in Berne an den Landesverband der Jüdischen Gemeinden
Niedersachsen verschenkte. In Ehren halten wollen den Friedhof künftig die
Schüler der neunten Klassen der Oberschule Berne: Sie übernehmen an diesem
Donnerstag, 7. Mai, die Patenschaft für die Grabstellen der Familien
Koopmann. Damit verbunden ist natürlich nicht nur die Pflege des Friedhofs,
sondern auch die Erinnerung an die Schicksale der Berner Juden, die von den
Nazis entweder ermordet oder vertrieben wurden. Die Schüler wollen durch ihr
Engagement das Andenken an die früheren Berner Bürger erhalten und ihrer
Generation mahnend ins Bewusstsein rücken, welche Verbrechen im
Nationalsozialismus begangen wurden. Zur Übernahme der Patenschaft laden die
Gemeinde Berne und die Veranstaltungsreihe 'Berne bringt...' am Donnerstag,
7. Mai, zu 10 Uhr in die Mensa der Oberschule zu einer Feierstunde ein. Die
Idee, Schülern die Pflege des Friedhofs zu übertragen, war im November bei
einem Vortrag über das Schicksal der jüdischen Familie entstanden. Auch
Ernest Koopmann war damals anwesend, der Vorschlag gefiel ihm. Die
Großmutter des 68-Jährigen, Sara Koopmann, wurde im Konzentrationslager
Theresienstadt ermordet. Ernest Koopmanns Vater, Louis Koopmann, überlebte
das Konzentrationslager Buchenwald und wanderte nach Amerika aus – Berne
fühlte er sich aber immer verbunden."
Link zum Artikel
Dezember 2016:
Ein neues Eingangstor wird
eingeweiht
Artikel
von Torsten Wewer in der "Nord-West-Zeitung" vom 3. Dezember
2016:
"Jüdischer Friedhof. Das Tor zur Erinnerung steht offen
Der Friedhof gehörte bis 2014 der Familie Koopmann. Jetzt sorgen Oberschüler
für den Erhalt.
Berne Mit Schimpf und Schande sind sie von den Nationalsozialisten einst
aus Berne vertrieben worden. Aber am Freitag weilten Sara und Ida Koopmann,
Ella Türk und Manuel Insel wieder für einige Stunden in ihrer
Heimatgemeinde. Zehntklässler der Oberschule Berne erinnerten mit selbst
verfassten, anrührenden Texten an die Schicksale dieser Berner Juden –
beispielhaft. Und das hatte seinen Grund: Im Beisein von Ernest ('Ernie')
Koopmann, Enkel von Sara Koopmann, der heute in den Vereinigten Staaten von
Amerika lebt, wurde das neue Eingangstor zum jüdischen Friedhof an der
Weserstraße offiziell eingeweiht. Der Friedhof war bis 2014 im Besitz der
Familie Koopmann. Dann übergab Ernie ihn an den Landesverband der Jüdischen
Gemeinden Niedersachsen – mit der Maßgabe, den Friedhof in Ehren zu halten
und zu dokumentieren, dass seine Familie ein Teil der Berner Geschichte ist.
Das vom Jader Künstler Raymon E. Müller gestaltete, rund 1,80 mal zwei Meter
große Tor aus Metall mit zwei Flügeln ist sichtbarer Ausdruck, dass sowohl
der Landesverband als auch interessierte Bürger aus Berne und der Umgebung
den Wunsch als Verpflichtung verstehen. Das wurde auch in den zahlreichen
Reden in der Feierstunde immer wieder bekräftigt. Dabei gehe es aber nicht
nur um die Geschichte, die es zu bewahren gilt, hieß es, sondern
insbesondere darum, aus der Geschichte zu lernen – damit sich ein solch
abscheuliches Menschheitsverbrechen wie die Judenverfolgung und deren
systematische Vernichtung nicht wiederholt. Dies sei angesichts der
aktuellen Zustimmung für Populisten und Extremisten eine wichtige Aufgabe
für Pädagogen, sagte Geschichtslehrerin Cornelia Josephs. Indem sie mit den
Schülern die Schicksale der Berner Juden aufarbeite, würden die Jugendlichen
ihren eigenen Wertekanon entwickeln. 'Nur wer darin sicher ist, der kann
Antisemitismus oder allgemein Fremdenfeindlichkeit mit Zivilcourage
entgegentreten', sagte Josephs. Die Zehntklässler sind bisher Paten des
Friedhofs gewesen. Diese Aufgabe übernehmen nun die Neuntklässler. Das Tor
wurde durch Spenden und dem Landesverband finanziert. Es enthält mit den
zwölf Ringen (=Stämme), dem Davidstern und der Menora wichtige Symbole
Israels und der jüdischen Religion." Link zum Artikel
Johannes-Fritz Töllner in Zusammenarbeit mit Wouter J. van
Bekkum, Enno Meyer und Harald Schieckel: Die jüdischen
Friedhöfe im Oldenburger Land. Bestandsaufnahme der erhaltenen Grabsteine.
Oldenburg 1983 (= Oldenburger Studien Bd. 25). Zu Berne: S. 351-355.