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Varel (Kreis
Friesland)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(Seite wurde erstellt unter Mitarbeit von Holger
Frerichs, Varel)
Bitte besuchen Sie auch die Seiten zu Varel in
der Website des Gröschler-Hauses Jever
(Zentrum für Jüdische Geschichte und Zeitgeschichte der Region Friesland /
Wilhelmshaven)
www.groeschlerhaus.eu
sowie die Website des Weinberghauses Varel
(erstellt vom Arbeitskreis Juden in Varel)
https://www.weinberghaus.eu/
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Varel bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1940. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts
zurück. Nach 1681 wurden unter der dänischen Herrschaft mehrere
jüdische Familien in der in der Nähe zum Vareler Siel angelegten Festung
"Christiansburg" aufgenommen. Nachdem die Festung schon nach einigen
Jahren wieder aufgegeben werden musste, konnten sich die meisten der
jüdischen Familien in Varel niederlassen. Vermutlich handelte es sich um etwa
acht Familien. Ihre Zahl nahm im 18. Jahrhundert zu: im Frühjahr 1760
wurden fünfzehn jüdische Familien mit zusammen 70 Personen gezählt, 1769 90
Personen, 1793 63..
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1812 84 jüdische Einwohner, 1817 98, 1828 70, 1840 86, 1850 88,
1861 87, 1875 90, 1885 92, 1895 67, 1905 64, 1910 68.
Die jüdischen Familienvorstände verdienten den Lebensunterhalt bis ins 19.
Jahrhundert hinein als Hausierer, Viehhändler, Kesselflicker, Trödler,
Produktenhändler oder Pfandleiher. Seit der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts wurden mehrere Läden / Einzelhandelsgeschäfte in der Stadt von
jüdischen Kaufleuten eröffnet. Dazu kam als Industriebetrieb die 1861
gegründete Lederfabrik Simson Schwabe und Söhne, die u.a. Transmissionsriemen
aus Leder herstellte und weltweit exportierte.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (Jüdische
Volksschule/Elementarschule von 1847/48 bis Mitte der 1920er-Jahre), ein rituelles Bad und ein Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. Ausschreibung der Stelle
1854 unten). Zwischen 1817 und 1856 wechselten die Lehrer recht häufig:
1817 bis 1819 Joseph Jacob aus Altona, 1819 bis 1822 E. M. Silberg aus Posen,
1822 bis 1824 Isaac Jacob Salomon aus Berlin, 1824 bis 1825 Lazarus Moses aus
Schlochau/Westpreußen, 1825 Israel Meyer aus Laskow / Polen, 1825 bis 1829
Elkan Nathan aus Hamburg, 1830 bis 1933 Raphael Wolff, 1833 bis 1834 Tobias
Levi, 1835 bis 1837 David Cohen aus Posen, 1838 bis 1841 Ascher Lewinsohn aus
Altona, 1842 bis 1845 Lehmann Danziger aus Kissingen, 1846 bis 1855 Gustav Ensel
aus Hechingen. 1856 bis 1885 war als Lehrer Meir Neumark aus
Wittmund in Varel tätig, von 1886 bis
1934 - insgesamt 48 Jahre lang - Lehrer David Bernheim. Die Gemeinde gehörte zum
Landrabbinat Oldenburg.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Erich Schwabe (geb.
29.4.1891 in Varel, gef. 12.3.1915). Sein Name steht auf dem Denkmal für die
Gefallenen des Ersten Weltkrieges (Rundbau in der Nord/Westecke vor der
Schlosskirche).
Um 1924, als zur Gemeinde 63 Personen gehörten (0,69 % von insgesamt etwa
9.100 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Gustav Schwabe, Ludwig Weiß und
Heinrich Herzberg. Als Lehrer und Kantor war der bereits genannte David Bernheim
tätig. Er unterrichtete an der Jüdischen Volksschule damals acht Kinder. An
jüdischen Vereinen bestand der Wohltätigkeitsverein Chewra Kadischa
(1924 unter Leitung von Lehrer David Bernheim) und der Israelitische
Frauenverein (1924 unter Leitung der Frau von Gustav Schwabe, 1932 unter
Leitung der Frau von Ludwig Weiß, Kirchhofstraße; Zweck und Arbeitsgebiet:
Wohltätigkeit). Es bestanden eine Kasse für durchreisende Arme (1924
betreut von Lehrer David Bernheim) sowie eine Schulbibliothek. 1932
waren die Gemeindevorsteher Gustav Schwabe-Barlewin (1. Vors., wohnt
Hafenkampstraße 10), Heinrich Herzberg (Beisitzer, Lange Straße) und Ludwig
Frank (Hansastraße). Lehrer David Bernheim erteilte im Schuljahr 1932/33 drei
Kindern der Gemeinde den Religionsunterricht.
1933 lebten noch 58 - nach anderen Angaben nur 44 - jüdische Personen in Varel (dazu vier in Varel-Land).
In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1938 wurden noch 17
jüdische Einwohner gezählt. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge
zerstört (s.u.). Die jüdischen Erwachsenen wurden zunächst im
Polizeigefängnis inhaftiert, die Männer später über Oldenburg in das KZ
Sachsenhausen verschleppt. Auf dem Weg ins Lager ist auf Grund von
Misshandlungen Ludwig Weiß umgekommen.
(Folgender Abschnitt von Holger Frerichs, Varel:) Im März 1940 lebten noch elf jüdische Personen in Varel. Sie waren in dem seit Herbst 1937 bestehenden jüdischen Altenheim der Familie Weinberg in der Schüttingstraße 13 untergebracht.
Bis zum Herbst 1941 verzogen davon zwei Bewohner aus Varel, ein Bewohner starb im Altenheim. Sechs Personen wurden am
22. Oktober 1941 in das Ghetto Litzmannstadt verschleppt, fünf Deportierte sind dort umgekommen, eine Deportierte im Vernichtungslager Chelmno (Kulmhof) ermordet.
Nach dieser ersten Deportation lebten noch zwei Personen im Altenheim, hinzu kamen nun insgesamt 24 Personen, die aus Emden (23) und Nordenham (1) nach Varel verlegt wurden.
Bis Mitte 1942 starb 1 Person im Altenheim, zwei wurden in die "Pflege- und Heilanstalt
Sayn-Berndorf" verlegt. Die 23 letzten Bewohner des Vareler Altenheims wurden dann am
23. Juli 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert, das Heim von der Gestapo geschlossen und das Weinberg’sche Grundstück und Haus von der Reichsfinanzverwaltung konfisziert.
16 der nach Theresienstadt deportierten letzten Bewohner kamen dort wenige Wochen nach ihrer Ankunft um, gezeichnet von Hunger und Krankheiten, die übrigen
sieben wurden weiter in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau verschleppt und dort ausnahmslos
ermordet.
Von den in Varel geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Rosa Bernheim geb.
Katzenstein (1872, Witwe von Lehrer Bernheim), Mina (Minna) Blumenthal
geb. Schwabe (1873), Levin Schmul Brilling (1873), Mathilde Eichhold (1884),
Emilie (Milie) Frank geb. Heilbronn (1888), Hans Jakob Frank (1913), Ludwig
Frank (1885), Ingeborg (Inge) Friedmann geb. Visser (1923), Paul Gerson (19121),
Bertha Gröschler (1890), Jenny Janover geb. Leffmann (1870), Karl Anton Lehmann
(1914), Lazarus Nordheimer (1861), Benjamin Reissner (1896), Inge Rosenbach geb.
Cohen (1921), Hermann Schulenklopper (1890), Hermine Friederike Seijffers geb.
de Vries (1901), Jakob Julius Silberbach (1868), Johanna Stein geb. Löwenbach
(1882), Friedrica (Ricka, Ryka. Rieker) Vyth (1864), Ernst Sally Weinberg (1899),
Henriette (Jette, Jetti) Weinberg (1896), Ludwig Weiß (1881), Fanny Wolff geb. Aron (1874), Frumet
van der Wyk (1862).
Nach Kriegsende kehrte eine überlebende Varelerin jüdischen Glaubens in ihre Heimatstadt zurück:
Johanne Titz geb. Weinberg (geb. 26. Dezember 1901 in Detern/Ostfriesland
als eines der fünf Kinder von Wolf und Rose Weinberg), deren Familie seit 1905 in Varel
lebte (seit 1911 als Besitzer des Grundstücks/Hauses Schüttingstraße 13; von 1937 bis 1942 als Jüdisches Altenheim genutzt).
Johanne Weinberg hatte am 28. März 1929 in ihrer Heimatstadt Varel den nichtjüdischen Kaufmann Hermann Titz geheiratet, war dann aus Varel fortgezogen und lebte zuletzt in Reichenbach in Schlesien. Als Partnerin in einer sogenannten jüdisch-christlichen
"Mischehe" entging sie den Deportationen in die Vernichtung, war jedoch u.a. vom 2. April bis 16. Oktober 1944 im jüdischen Zwangsarbeitslager Klettendorf bei Breslau, Außenstelle Faulbrück, inhaftiert. Nach Kriegsende und der folgenden Ausweisung aus Schlesien, das jetzt polnisches Territorium war, kehrte das Ehepaar Titz in Begleitung ihrer Pflegetochter Klara Hübner im Frühjahr 1946 nach Varel zurück. Johanne Titz verstarb am 6. April 1990. Die Ehe blieb kinderlos. Die Eheleute Titz sind, gemeinsam mit ihrer Pflegetochter Klara Hübner (gestorben am 24. Februar
2005) im evangelischen Friedhof in Varel, Oldenburger Straße, beigesetzt (Text: Holger Frerichs,
15.2.2015).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet
1854
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. November
1854: "Bei den Gemeinden in Oldenburg und Varel -
Großherzogtum Oldenburg - werden im nächsten Frühjahre die Stellen
eines Lehrers, Kantors und Schächters erledigt. Ertrag der Stelle zu
Oldenburg 280 bis 300 Thaler, der Stelle zu Varel 240 bis 260
Thaler. Der Unterricht erstreckt sich auf dasjenige, was in einer guten
Volksschule zu leisten ist. Wer in fremden Sprachen, besonders im
Englischen unterrichten kann, hat in Varel viel Gelegenheit zum
Privatunterricht. Nähere Auskunft erteilt der Unterzeichnete, an welchen
portofreie Anmeldungen zu richten sind.
B. Wechsler, Landrabbiner." |
Lehrer Meir Neumark möchte Ritualien kaufen (1883)
Es handelt sich um Silberschmuck für Torarollen.
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. April 1883:
"Schöne heilige Gegenstände, bestehend aus Kronen, Hand (Jad)
und Schild, werden anzukaufen gesucht. Offerten sieht entgegen.
Varel im Großherzog Oldenburg. M. Neumark,
Lehrer." |
40-jähriges Orts- und Amtsjubiläum von Lehrer David Bernheim (1925)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Oktober 1925: "Varel
in Oldenburg, 13. Oktober (1925). Eine erhebende Feier fand am Donnerstag,
den 1. Oktober, in der hiesigen Synagoge zu Ehren des 40-jährigen Orts-
und Amtsjubiläums des Herrn Lehrer Bernheim statt. Die Gemeinde hatte es
sich nicht nehmen lassen, diesen Ehrentag ihres beliebten Beamten festlich
zu begehen, um auch in der Öffentlichkeit die Wertschätzung ihres
Lehrers zu bekunden. In dem blumengeschmückten Gotteshause, in dem sich
alt und jung, die Kollegen des Oldenburger Bezirks und die Spitzen der
Behörden eingefunden hatten, hatte der Schwager des Jubilars, Herr
Oberkantor Ziwi, Elberfeld, den gesanglichen Teil des
Festgottesdienstes übernommen. Herr Landrabbiner Dr. de Haas würdigte in
wahrhaft zu Herzen dringenden Worten die Verdienste des Herrn Bernheim um
Schule und Gemeinde, dessen Charaktereigenschaften Liebe und Wahrheit ihm
die Gunst Gottes und der Menschen erworben hatten. Es sprachen dann noch
der Vorstand der Gemeinde, Herr Gustav Schwabe, Herr Lehrer
Merzberg, Oldenburg, als Vertreter der jüdischen Lehrer, Hartog,
Jever und Herr Bernheim selbst, der für
die ihm gezollte Ehrung allen Teilnehmern und Gratulanten seinen Dank
aussprach. Alle Ausführungen der Redner gipfelten in dem einen Wunsch,
dass der Jubilar auch das 50-jährige Jubiläum in gleicher Frische des
Körpers und des Geistes und umgeben von der Liebe und Anhänglichkeit
seiner Gemeinde begehen möge. Amen - und so möge es Gottes Wille
sein." |
Zum Tod von Lehrer David Bernheim (1934)
Dazu eine Anmerkung von Rudolf Brahms s.Lit. S. 177: "In
seinen letzten Lebensjahren musste David Bernheim manche Demütigung durch die
Nazis erdulden. Sein Tod am 2. Februar 1934 brachte dem sensiblen, durch
mancherlei Schikanen scheu gewordenen Mann die ersehnte Ruhe. Nicht nur die
jüdischen Kinder, auch wir kleinen Christen, die wir ihn kannten und ihm nahe
kamen, hatten einen väterlichen Freund verloren, einen Menschen, der
anschaulich Geschichten erzählen konnte und Kinder zu begeistern verstand. Auf
dem jüdischen Friedhof in Hohenberge fand David Bernheim, der auch für die
christlichen Kinder in der Nachbarschaft - sofern sie zu ihm gingen - 'ihr'
Melammed (Lehrer) war, seine Ruhestätte. Sie liegt in der Nähe zu der des am
16. April 1886 verstorbenen Lehrers Meir Neumark."
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 15. Februar 1934: "Varel in Oldenburg, 7. Februar (1934).
Am Montag, den 5. Februar (17. Schwat) wurde der Lehrer der Gemeinde
Varel, David Bernheimer, zu Grabe getragen. Seine ganze Kraft als
Lehrer der Volksschule, als Prediger und Chason, hat er in 48-jähriger
Amtstätigkeit der Gemeinde Varel gewidmet. Bernheimer war ein Schüler
des früheren Kasseler Lehrerseminars und kam als junger Lehrer zur ersten
Amtstätigkeit nach Varel hin. Generationen hat er hier gelehrt und er
verwuchs im Laufe seines Lebens mit der Gemeinde, die in ihm den Führer
der Gemeinde, den Freund jedes Einzelnen suchten und fanden. Ein
vorzüglicher Lehrer, der jahrelang auch an christlichen Schulen
unterrichtete, ausgestattet mit tiefem, klarem Wissen, ein gerader
Charakter, ein liebenswerter Mensch - das war der Inhalt seines
Leben.
Der Vorsteher der Gemeinde, Herr Frank, sprach schmerzerfüllt an
der Bahre den Dank der Gemeinde aus. Herr Landesrabbiner Dr. de Haas
hielt im gefüllten Gotteshause die Trauerrede und brachte einer
ergriffenen Trauergemeinde das Wirken und Wollen des Verewigten klagend
und mahnend zu Bewusststein. Herr Lehrer Hartog, Wilhelmshaven
sprach am Grabe dem treuen Kollegen und lieben Freund im Namen des
Lehrervereins Worte des Dankes aus. Seine Seele sei eingebunden in den
Bund des Lebens. H." |
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Artikel
in der "CV-Zeitung" (Zeitung des "Central-Vereins")
vom 5. April 1934: "Nach 48-jährigem Wirken als Lehrer und Kantor
der Jüdischen Gemeinde zu Varel i.O. starb David Bernheim im Alter von 69
Jahren." |
Zur Geschichte der Synagoge
1768 bedankten sich die Vorsteher der jüdischen
Gemeinde - Moses Ruben und Arend Isaac - bei Graf W. von Bentinck dafür,
"private Versammlungen zur Ausübung unserer Gottesdienste" abhalten
zu dürfen. Freilich müssten diese gottesdienstlichen Versammlungen in einem
Privathaus stattfinden. Man würde gerne ein Haus errichten, das als Synagoge
oder als Judenschule mit einer Synagoge Verwendung finden würde. Der Antrag
wurde jedoch vom gräflichen Amt abgelehnt. Es blieb zunächst beim Betraum,
der sich nach eine Bericht von 1760 "in des Anton Friedrich Schoolmeisters
Hause, welches an der Chaussee nach dem Waysenhause lieget", das heißt in
der Waisenhausstraße befand.
Auch im 19. Jahrhundert blieb es bei einem Betraum, der von 1806 bis
Ende 1843 in einem Altbau am Vareler Südende am Haferkamp 81 eingerichtet
war. Um 1840 befand sich das Haus jedoch in baufälligem Zustand und musste
schließlich abgebrochen werden. Mit Hilfe von Landrabbiner Bernhard Wechsler
bemühte sich die jüdische Gemeinde erneut um die Baugenehmigung für eine
Synagoge, die nun endlich gewährt wurde. Zum Bau konnte man in dem um 1840 noch
unbebauten Areal an der Osterstraße ein Grundstück erwerben. Für die
Finanzierung der Synagoge wurden Spenden gesammelt. In der Gemeinde konnten bis 1843
von den zu erwartenden Gesamtkosten in Höhe von 2.500 Talern immerhin alsbald
700 Taler gesammelt werden, eine beträchtliche Summe von den eher in armseligen
Verhältnissen lebenden jüdischen Familien. Unterstützung kam von den
jüdischen Gemeinden in Hamburg, Altona und anderen Orten, aber auch von den
christlichen Einwohnern der Stadt.
Vorbild für die Synagoge in Varel war die einige Jahre zuvor erstellte Synagoge
in Berne, doch wollte man einige Verbesserungen durchführen, unter anderem im
Blick auf die Einrichtung der Schule. Auch der Einbau eines rituellen Bades
sollte durchgeführt werden. 1846 legte Maurermeister Jochens aus Varel einen
Plan für das Gebäude vor, der von den Behörden genehmigt wurde. Die Grundsteinlegung
der neuen Synagoge war am 8. September 1847 in Anwesenheit von
Landrabbiner Wechsler. Zehn Monate später konnte derselbe am 28. Juli 1848 die
neue Synagoge einweihen.
Die Synagoge verfügte im Betsaal über etwa sechzig Plätze für die Männer,
dazu Frauenplätze auf der
Empore.
90 Jahre war die Synagoge in Varel Mittelpunkt
der jüdischen Gemeindelebens am Ort. Am 4./5. November 1938 wurden die
letzten Gottesdienste abgehalten. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge
durch SA- und SS-Leute niedergebrannt. Die noch im Haus lebende Witwe von Lehrer
Bernheim - Rosa Bernheim geb. Katzenstein - verlor ihre Wohnung. Sie wurde in
das Polizeigefängnis Varel verbracht und dort inhaftiert, doch wieder
freigelassen. Das Synagogenruine wurde beseitigt. Im Mai 1939 kaufte ein Vareler
Arzt das Grundstück zu einem günstigen Preis. Zunächst wollte er ein Wohnhaus
mit Praxisräumen erstellt, doch konnte er den Bau auf Grund fehlender
Baumaterialien nicht ausführen. Im Zweiten Weltkrieg wurde eine Wohnbaracke
gebaut. Erst nach 1948 wurde durch den Grundstückseigentümer ein Privathaus
mit Praxisräumen erstellt.
Beim Synagogenprozess 1952 vor dem Landgericht Oldenburg wurden vier
Männer mit Gefängnisstrafen zwischen acht Monaten und einem Jahr und sechs
Monaten verurteilte. Gegen einen der vier wurde das Verfahren eingestellt.
Eine Gedenktafel für die zerstörte Synagoge befindet sich gegenüber
dem Synagogengrundstück.
Adresse/Standort der Synagoge: Osterstraße 10
(hier heute privates Wohnhaus)
Fotos
(Quelle: Pläne und historische Darstellung von
Müller: R. Brahms s. Lit. S. 169-175; Darstellung von Sagemüller:
Historisches Handbuch s. Lit. S. 1498)
Pläne zum Bau
der Synagoge |
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Frontansicht |
Seitenansicht |
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Grundriss mit Eintragung der
Synagoge,
der Schule und der Lehrerwohnung |
Schnitt durch
das Gebäude |
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Darstellungen
der Synagoge |
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Ansicht des Synagogengebäudes
- links Schule
und Lehrerwohnung, rechts Betsaal
(kolorierte Bleistiftzeichnung von
G.F. Müller, um 1860; Stadtarchiv Varel) |
Synagoge von 1848 und katholische
Kirche von 1858; Lithographie
von R. Sagemüller
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Das Grundstück der
früheren Synagoge
(Foto: Holger Frerichs, Aufnahme von 2015) |
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Das Grundstück
Osterstraße 10 (ehemaliges Synagogengrundstück) mit dem nach 1945
errichteten Privathaus |
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Das Synagogen-Mahnmal
(Fotos: Holger Frerichs, Aufnahmen von 2015) |
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Das Mahnmal für
die zerstörte Synagoge mit der Erinnerungstafel.
Inschrift: "Zum Gedenken an die Synagoge Varel. Das Gotteshaus der
jüdischen Gemeinde unserer Stadt,
errichtet im Jahre 1848, zerstört am 10. November 1938.
Hebräisch und deutsch Zitat aus Threni (Klagelieder Jeremias) 1,16:
Darüber wein ich, mein Auge, mein Auge fliesst in Tränen (Thr.
1,16)". |
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Die
Informationstafel
und das Straßenschild "Synagogenweg"
(Fotos: Holger Frerichs, Aufnahmen von 2015) |
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Die Informationstafel
wurde vom
Arbeitskreis "Juden in Varel" erarbeitet und
im November 2014 aufgestellt |
Beim "Synagogenweg"
handelt es sich um
einen Fußweg, eine Verbindung zwischen der
Osterstraße und der B437 (Adolf-Heidenreichstraße) |
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Die Informationstafel für
das
jüdische Altenheim -
weitere Informationen siehe unten - Januar 2016
(Foto: Holger Frerichs, Aufnahme von Januar 2016) |
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Die Informationstafel am
Haus Haferkampstraße 10
(Foto der Tafel: Holger Frerichs; rechts: Artikel in der
"Nordwest-Zeitung" vom 5. November 2016:
"Emotionale Spurensuche nach Vorfahren..." und
Artikel in der "Nordwest-Zeitung vom 8. November 2016:
"Nazis vertrieben Großvater aus Varel. Jüdischer Gemeindevorsteher
Curt Schwabe verließ Heimatstadt 1938...") |
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Text der Informationstafel: "Das Wohn- und Geschäftshaus
Haferkampstraße 10 und die jüdische Familie Schwabe-Barlewin. Bis
1975 befand sich an dieser Stelle das Wohn- und Geschäftshaus
Haferkampstraße 10. Im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts hatte die
jüdische Familie Schwabe das Grundstück erworben. Sie ließ ein Gebäude
errichten, das Ende des 19. Jahrhunderts noch einmal um- und ausgebaut
wurde. Die Familie Schwabe (zuletzt: Schwabe-Barlewin) betrieb hier ihr
1784 gegründetes Textilhandelsunternehmen (Großhandel und Kaufhaus). Das
Gebäude halt als einmalig im Oldenburger Land, da seine Architektur einen
besonderen Stilmix aufwies. Merkmale waren der turmartige Runderker, der
sich an der Ecke Haferkampstraße/Neumarktstraße befand, das mächtige
Eingangsportal der Lagerhalle - gesichert von einem hohen, verzierten
Metalltor - und im Gebäude ein raumhoher schön verzierter Kachelofen.
Hinter dem Haus erstreckte sich bis zur Gaststraße der
Garten.
Gustav Schwabe-Barlewin (1856 – 1933) Im August 1881 übernahm Gustav Schwabe, der nach
der Heirat mit Pauline, geb. Barlewin, den Familiennamen Schwabe-Barlewin führte, das Geschäft. Er war nicht nur
ein erfolgreicher und über die Grenzen der Stadt hinaus bekannter Kaufmann: Von 1885 bis zu seinem Tod im
Februar 1933 war er Vorsteher der Synagogengemeinde Varel und zudem Mitbegründer der zionistischen Bewegung
in Nordwestdeutschland. Auch außerhalb der jüdischen Gemeinde engagierte er sich, stiftete im Ersten
Weltkrieg Lazarettbetten für die Stadt und unterstützte auf vielfältige Weise bedürftige Vareler.
Die Gräber von Gustav, Ehefrau Pauline (1862 – 1927) und den Söhnen Arthur
(1889 – 1906) und Julius (1885 – 1888) befinden sich auf dem jüdischen Friedhof in
Varel-Hohenberge.
Verfolgung der Familie durch die Nationalsozialisten und Emigration in die USA.
Mitte der 1920er Jahre übernahm der jüngste Sohn Curt Schwabe-Barlewin das
Geschäft. Mit Beginn ihrer Herrschaft 1933 begannen die Nationalsozialisten mit der
Zerstörung der wirtschaftlichen Existenz der Familie. Boykotte, Ausgrenzung und
antisemitische Demütigungen durch Vareler Bürger zwangen sie zur Emigration aus
Deutschland. Curt (1892 – 1971), Ehefrau Frieda (1893 – 1959) und die beiden Söhne
Arthur David (1924 – 2001) und Paul Jakob (1929 – 1985) konnten im September /
Oktober 1938 über Hamburg in die USA fliehen. Dort leben heute auch ihre Nachkommen.
Das Grundstück wurde 1940 unter nationalsozialistischem Druck an einen nicht-jüdischen Vareler veräußert. Im Zuge der
'Wiedergutmachung' gelangte es 1956 wieder in den Besitz von Curt Schwabe-Barlewin. 1974 kaufte die Stadt Varel von
seinen Erben das Grundstück, 1975 ließ sie – trotz Bedenken von Denkmalpflegern und Vareler Bürgern – aus verkehrsplanerischen
Gründen den Abriss vornehmen. Heimatkundler sicherten Teile des Kachelofens. Ein Abschnitt des Gartens
mit einer Begrenzungsmauer an der Gaststraße ist ebenfalls erhalten und heute als
'Schwabes Garten' bekannt." |
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Die Informationstafel am
Haus Hindenburgstraße 3
angebracht im November 2017
(Zur Anbringung der Tafel siehe Presseartikel in
der "Nordwest-Zeitung" vom 15. November 2017:
"Ihre Namen kehren zurück nach Varel",
Artikel
eingestellt als pdf-Datei) |
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Text der
Informationstafel: "Das 'Kaufhaus Weiss' Hindenburgstraße 3 und die jüdische Familie Ludwig und Rosa Weiss.
Das Wohn- und Geschäftshaus Hindenburgstraße (bis 1934: Kirchhofstraße)
Nr. 3 wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtet. Zunächst
befanden sich hier das Kaufhaus Meinen und das Kaufhaus Detmold Tasse. Von 1911 bis Februar 1936 lebte im Gebäude die jüdische Familie Weiss
und betrieb das 'Kaufhaus Weiss'. Die Familie bestand aus Ludwig Weiss (geb. am 8. Februar 1881 in Sulmirschütz/Provinz Posen), seiner Ehefrau Rosa Weiss, geborene Bornstein
(geb. am 26. Januar 1884 in Brätz/Provinz Posen), dem 1912 in Varel geborenen
Sohn Erich (Gideon) und der 1914 in Varel geborenen Tochter Ruth. Ludwig Weiss gehörte zeitweilig dem Synagogengemeinderat in Varel an,
seine Frau Rosa war Vorsitzende des Israelitischen Frauenvereins. Im Kaufhaus wurden Kleidung, Schreibwaren und Haushaltsbedarf aller Art
angeboten. Es gehörte zu den bekannten Fachgeschäften in der Stadt Varel
und erfreute sich aufgrund der günstigen Preise eines regen Zuspruchs. Das Vareler Geschäft bot zeitweilig mehr als einem Dutzend Angestellten
und vielen weiteren Aushilfskräften einen Arbeitsplatz. 1928 wurde von Verwandten
eine Filiale des 'Kaufhaus Weiss' in der Stadt Jever eröffnet.
Nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten (1933) wurde die Familie zum
Ziel antijüdischer Aktionen. Im Februar 1936 musste sie das Kaufhaus aufgeben.
Das Ehepaar zog nach Bremen. Ihre Kinder hatten Varel bereits Mitte der 1930er
Jahre verlassen und konnten nach Palästina auswandern. Der Besitz in Varel wurde
schließlich zwangsverkauft ('arisiert'). Das Kaufhaus wurde von Erhardt Hirsch
weitergeführt und 1954 von Fa. Dieler übernommen.
Ludwig Weiss (1881 – 1938) Ludwig Weiss wurde während des Novemberpogroms 1938 in
Bremen verhaftet und von der Geheimen Staatspolizei in das Konzentrationslager Sachsenhausen bei Berlin verschleppt. Er
überstand die Strapazen des Transports und die Misshandlungen durch die SS-Wachmannschaften nicht. Mithäftlinge fanden
ihn am 14. November 1938 tot an seinem Schlafplatz. Er war das erste Opfer der Nationalsozialisten unter den in Varel
geborenen bzw. viele Jahre dort lebenden Bürgern jüdischen Glaubens.
Rosa Weiss (1884 – 1942) Rosa Weiss wurde nach dem Tod ihres Mannes von der Gestapo in Bremen in ein
'Judenhaus' eingewiesen. Die geplante Auswanderung zu ihren Kindern nach Palästina scheiterte. Am 18. November 1941 wurde sie mit 1000 weiteren Bremer
und Hamburger Juden in das Ghetto Minsk (Weißrussland) deportiert. Datum und
Umstände ihres Todes sind unbekannt. Sie starb entweder infolge der Lebensbedingungen im Ghetto (Hunger, Krankheit,
Zwangsarbeit) oder wurde im Sommer 1942 ermordet, als die Ghetto-Insassen von deutscher Sicherheitspolizei und SS bei
Massenerschießungen und in Gaswagen getötet wurden." (Abbildung
der Tafel als pdf-Datei) |
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Die Informationstafel
zur
Leder- und Treibriemenfabrik Schwabe
vor dem Haus Lange Straße 18
(angebracht im November 2019) |
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Abbildungen oben:
Die Erinnerungstafel und rechts das im November 2019 erschienene
Buch von Holger Frerichs: Die Leder- und Treibriemenfabrik Schwabe in
Varel (1861-1937). Aufstieg und Vertreibung einer jüdischen
Fabrikanten-Familie. Nr. 7 der "Schriften zur Geschichte des
Nationalsozialismus und der Juden im Landkreis Friesland"; hrsg. vom
Jeverländischen Altertums- und Heimatverein e. V., dem Heimatverein Varel e.
V., dem Schlossmuseum Jever und dem GröschlerHaus. Verlag Hermann Lüers,
Ochsenhammsweg 31 H, 26441 Jever, Telefon 04461/2792 + 913790, Fax
04461/913791, E-Mail: Verlag.Lueers@web.de
Format B5, 92 Seiten, über 90 Abbildungen. Preis: 13,90 Euro. ISBN:
978-3-9819582-4-9. |
Text der
Erinnerungstafel: "Die Leder- und Treibriemenfabrik Schwabe. Seit
1861 betrieb der jüdische Bürger Simson Moses Schwabe (1831-1909) ein
Unternehmen am Steinbrückenweg (mit Bürogebäude an der ehemaligen
Hundestraße). Die Firma war in der Lederverarbeitung tätig. Aus kleinen
Anfängen entstand in den folgenden Jahrzehnten ein Wirtschaftsbetrieb, der
zuletzt als 'Leder- und Treibriemenfabrik S. Schwabe & Söhne' weltweite
Handelsbeziehungen pflegte. Zeitweise waren bis zu 100 Mitarbeiter
beschäftigt, die Firma zählte zu den wichtigsten Arbeitgebern und
Steuerzahlern in der Stadt Varel. Die Firma Schwabe wurde insbesondere durch
die Herstellung von Transmissionsriemen weithin bekannt. sie unterhielt
zeitweise eine kleinere Zweigniederlassung in Halle (Saale) sowie Kontore /
Lager in Hamburg, Berlin und Frankfurt am Main.
Die Familie Schwabe. Nach dem Tod des Firmengründers führten dessen
zwei Söhne Max Moses Schwabe (1863-1931) und Franz Moses Schwabe (1866-1950)
das Familienunternehmen fort. Auch deren männliche Nachkommen Rudolf Schwabe
(1899-1956), Fritz Max Schwabe (1896-1978) und Hans-Ernst Schwabe (geboren
1903, Todesjahr unbekannt) traten in das Unternehmen ein. die Mitglieder der
Fabrikanten-Familie wurden auch als 'Leder-Schwabes' bezeichnet, um sie von
ihrer Verwandtschaft in den übrigen Zweigen des großen
Schwabe-Familienverbandes in Varel zu unterscheiden.
Vertreibung der Familie aus Varel und 'Arisierung'. Die Verfolgung
jüdischer Bürger in der Zeit des Nationalsozialismus zwang die
Familienmitglieder der 'Leder-Schwabes' zur Flucht / Emigration aus
Deutschland. Sie verließen zwischen 1933 und 1937 ihre Heimatstadt Varel und
emigrierten nach Palästina, Australien und Großbritannien. Das Unternehmen
musste im März 1937 unter politischem Zwang an einen nichtjüdischen Erwerber
verkauft werden ('Arisierung'). Als Leder- und Treibriemenfabrik Edel & Co.
wurde der Betrieb noch bis Mitte der 1950er-Jahre fortgeführt. Nach
Abschluss eines Rückgabe-Verfahrens erwarb schließlich die Stadt Varel Teile
des Grundstücks, um eine Durchgangsstraße zu bauen. Die Firmengebäude wurden
abgerissen. die B 437 durchschneidet das ehemalige Grundstück, auf dem sich
heute Parkplätze und große Verbrauchermärkte befinden.
Die Fabrikanten-Villa Lange Straße 18. Am Rande des damaligen
Firmengrundstücks (heute Grundstück Lange Straße 18) befand sich das
Wohnhaus von Simson Moses und nachfolgend dessen Sohn Franz Moses Schwabe
und ihrer Familien. Der Sohn Max Moses Schwabe und Familie besaßen ein
weiteres Grundstück am Marienlustgarten 16 (heute Parkstraße 1). Das
Wohnhaus in der Langen Straße wurde 1895 nach einem Entwurf von J. Engelbart
neu erbaut." |
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Presseartikel
zur Einweihung der Erinnerungstafel (obere Zeile) und zur Buchvorstellung
(untere Zeile)
Zum Lesen bitte Abbildungen anklicken |
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Artikel im "Jeverschen
Wochenblatt"
vom 7. November 2019 |
Artikel in der
"Nordwest-Zeitung"
vom 7. November 2019 |
Artikel im "Friesländer
Boten"
vom 9. November 2019 |
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Artikel in der
"Nordwest-Zeitung"
vom 11. Dezember 2019 |
Artikel im "Friesländer
Boten"
vom 14. Dezember 2019 |
Artikel im "Jeverschen
Wochenblatt"
vom 27. Dezember 2019 |
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Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte
Vorbemerkung(Text: Holger Frerichs): Bis in die zweite Hälfte der 1980er Jahre erinnerte in Varel nichts mehr an die jüdische Synagoge und ihre Zerstörung im November 1938. Erst im Zusammenhang mit dem bevorstehenden
50. Jahrestag der Pogromnacht beantragte am 12. September 1988 der
"Arbeitskreis Juden" der gewerkschaftlichen Bildungsvereinigung
"Arbeit und Leben", die Stadt Varel "möge bis zum 9. November
1988 eine der Bedeutung der 'Reichspogromnacht' angemessene Gedenktafel in Erinnerung an die geschändete und niedergebrannte Vareler Synagoge
aufstellen". Der Vareler Verwaltungsausschuss befürwortete zwar grundsätzlich den Antrag, hielt es aber für
"unzumutbar", die Tafel auf dem Grundstück der ehemaligen Synagoge selbst aufzustellen, da dieses Grundstück im Privatbesitz war. Nach einigem Hin und Her beschloss der Stadtrat schließlich die Aufstellung auf dem gegenüber liegenden öffentlichen Grundstück (Schule
Osterstraße). Das Mahnmal mit der Gedenktafel für die zerstörte Synagoge wurde am
21. April 1990 offiziell übergeben, seither finden dort jährlich im November Gedenkveranstaltungen anlässlich der Pogromnacht 1938 statt.
Am 11. November 1999 beschloss der Vareler Stadtrat, den
"Krankenhausweg" – ein Fußweg zwischen Osterstraße und B 437 /
Adolf-Heidenreich-Straße- in "Synagogenweg" umzubenennen.
Anfang November 2014 wurde vom Arbeitskreis "Juden in Varel" eine zusätzliche Informationstafel zur Geschichte der Synagoge erarbeitet und neben dem Synagogen-Mahnmal aufgestellt.
Einzelne Veranstaltungen und
Links zu Berichten: |
November
2010: Gedenken zum Novemberpogrom |
Artikel von Hans Begerow in der Nordwest-Zeitung
vom 10. November 2010: "'Es verlangt Mut, nicht wegzuschauen'.
9.
November. Zahlreiche Teilnehmer an Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht...."
Link
zum Artikel - auch als
pdf-Datei eingestellt. |
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Artikel von Hans Begerow in der
Nordwest-Zeitung vom 9. November 2010: "Witwe rettete sich zu
Ordensschwestern.
Pogromnacht - Fanatiker zerstörten Vareler Synagoge - Drangsalierungen
und Deportationen. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde
die Vareler Synagoge zerstört. Nur wenige der Täter mussten sich nach
dem Kriege verantworten..."
Link zum Artikel - auch als pdf-Datei eingestellt |
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Oktober
2011: Bericht zum 70. Jahrestag der
Deportation von Vareler Juden |
Artikel von Holger Frerichs in
der Nordwest-Zeitung vom 22. Oktober 2011: "Abtransport in den
grausamen Tod.
Geschichte: Vareler Juden vor 70 Jahren von
Schüttingstraße nach Litzmannstadt deportiert. Auf den Tag
genau vor 70 Jahren wurde die jüdische Familie Weinberg aus Varel
deportiert. Holger Frerichs hat ihren Leidensweg
nachgezeichnet..."
Link
zum Artikel - auch als pdf-Datei
eingestellt. |
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November
2011: Gedenken an den Novemberpogrom
1938 |
Artikel in der Nordwest-Zeitung
vom 9. November 2011: "Gedenken an Opfer der Schreckensnacht.
Geschichte: Nationalsozialisten zündeten Zentrum des jüdischen
Gemeindelebens an...
Link
zum Artikel - auch als
pdf-Datei eingestellt. |
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August
2012: Neue Publikation zum jüdischen
Altenheim in Varel 1937-1942 |
Artikel von Christoph
Koopmeiners in der "Nordwest-Zeitung" vom 27. Juli 2012: "Publikation.
Spurensuche in jüdischem Altenheim.
Holger Frerichs hat neues Buch veröffentlicht – Bürgermeister erschüttert beim Lesen.
Das jüdische Altenheim stand in der Schüttingstraße. Vor 70 Jahren wurden die letzten 23 Bewohner in Ghettos und Vernichtungslager deportiert..."
Link
zum Artikel |
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Juli
2012: Erinnerung an die Deportation der
Bewohner des Vareler Altenheims |
Artikel von Hans Begerow in der "Nordwest-Zeitung" vom 21. Juli
2012: "Geschichte. Keiner kehrte je nach Varel zurück
Vor 70 Jahren: Deportation der letzten Juden aus Altenheim in Schüttingstraße
Alle Bewohner des Vareler Altenheims wurden deportiert. Sie starben im Ghetto Theresienstadt und im Vernichtungslager Auschwitz..."
Link
zum Artikel |
Besprechung des genannten Buches
von Hartmut Siefken in: Wilhelmshavener Zeitung - Heimat am Meer vom 3.
November 2011 S. 87: "Wie Nazi-Terror über Varels Juden kam.
Holger Frerichs dokumentiert Leiden der Bewohner eines
Altenheims..."
Besprechung eingestellt als pdf-Datei |
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November 2014:
Gedenken an den Novemberpogrom
1938 |
Artikel von Lars
Puchler in der "Nordwest-Zeitung" vom 8. November 2014: "Geschichte. Ein
Rundgang gegen das Vergessen
Auch in Varel brannte am 9. November 1938 die Synagoge. Viele ehemalige
jüdische Geschäfte stehen nicht mehr.
Varel Wenn Menschen zurzeit an den 9. November denken, stellen viele
sofort eine Verbindung zum Mauerfall 1989 her. Doch dieses Datum trug 51
Jahre zuvor eine dunklere Vergangenheit. Deutschlandweit brannten Synagogen
und Juden wurden ermordet oder verfolgt – so auch in Varel. Das
nationalsozialistische Regime hatte zur Reichspogromnacht aufgerufen, um die
jüdische Bevölkerung im gesamten Deutschen Reich auszumerzen. Damit dieses
dunkle Kapitel der deutschen Geschichte nicht in Vergessenheit gerät, lädt
Gästeführer Karl-Heinz Martinß für diesen Sonntag zu einer Führung unter dem
Titel 'Varel zur NS-Zeit – Rundgang zu Stätten von Opfern und Tätern'. Die
historische Tour beginnt um 11 Uhr auf dem Schlossplatz in Varel, dauert
maximal zwei Stunden und kostet drei Euro. Eine Anmeldung ist nicht nötig.
'Auch in Varel hat die Synagoge gebrannt und Menschen wurden systematisch
verfolgt. Sowas passierte auch in unserer Kleinstadt', mahnt Martinß, der
mit diesem Rundgang etwas gegen das Vergessen dieser schrecklichen Zeit tun
möchte. Die Teilnehmer werden mit auf eine Tour genommen, die anhand von
zehn Eckpunkten die verschiedenen Geschichten von jüdischen Familien und
Institutionen während der Pogromnacht erklärt. 'Doch auch die mutigen
Aktionen einiger Weniger, die gegen das Nazi-System aufbegehrten, um der
jüdischen Bevölkerung zu helfen, werden aufgezeigt', erklärt Martinß. Dabei
möchte Martinß den Menschen Orte zeigen, die die Vareler nicht unbedingt mit
der NS-Zeit in Verbindung bringen. So stehen unter anderem die ehemaligen
jüdischen Geschäfte am heutigen Standort von Dieler oder an der
Haferkampstraße – wo heute ein Parkplatz ist – auf der Route. Auch das alte
Rathaus, das ehemalige jüdische Altenheim und das Synagogendenkmal werden
besucht. 'Damals waren viele Vareler auch an den Verfolgungen beteiligt und
wurden nicht dafür zur Rechenschaft gezogen oder mit nur geringen Strafen
belegt', weiß Martinß. Damit sich die Geschichte so nicht noch einmal
wiederholt, weißt der Gästeführer darauf hin, dass es auch weiterhin wichtig
sei, dass dieses Thema aufgearbeitet wird: 'Wir stehen dafür in der
Verantwortung. In Varel wurde in diesem Bereich aber schon eine Menge getan,
da sich auch viele Menschen dafür einsetzen.' Nun gelte es, diese Arbeit
noch weiter zu verbessern, sagt Martinß."
Link zum Artikel |
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November 2015:
Rundgang auf den Spuren der
jüdischen Geschichte |
Artikel von Olaf
Ulrich in der "Nordwest-Zeitung" vom 7. November 2015: "Geschichte.
Stadt-Rundgang gegen das Vergessen
Varel. Als in der Nacht von 9. auf den 10. November 1938 in
Deutschland die Synagogen von den Nationalsozialisten angezündet wurden,
blieb auch die jüdische Gemeinde der damaligen Kleinstadt Varel nicht
verschont. 'Auch hier hat die Synagoge gebrannt, Menschen wurden
systematisch verfolgt', sagt Karl-Heinz Martinß. Damit die Pogromnacht, eine
der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte, nicht in Vergessenheit
gerät, lädt der Gästeführer für diesen Sonntag, 8. November, zu einem
Spaziergang durch die Stadt ein. Los geht es um 11.15 Uhr auf dem
Schlossplatz. Die Teilnahme kostet drei Euro. Über zehn Stationen geht es
bis zum Schlusspunkt an der Osterstraße, wo bis 1938 die Synagoge der
jüdischen Gemeinde gestanden hatte. 'Ich will zeigen, dass auch Varel
Geschichte hat', sagt Martinß. Er führt die Teilnehmer an Orte, die die
Vareler nicht unbedingt mit der NS-Zeit in Verbindung bringen. 'Es geht zu
Häusern, die heute eine ganz andere Nutzung haben, als vor 77 Jahren',
erläutert Martinß. So zum Beispiel das Gebäude an der Schüttingstraße 13, wo
damals das jüdische Altenheim untergebracht war, oder das an der
Drostenstraße 10, wo Vareler Bürger jüdischen Glaubens ein Schuhgeschäft
betrieben hatten. Martinß will außerdem aufzeigen: 'Es gab auch Täter in
Varel'. Deshalb verweist er bei dem Rundgang unter anderem auf das Haus an
der Mühlenstraße, in dem heute Willis Fahrradladen untergebracht ist. 'Dort
wohnte damals ein hoher Funktionär der Nazi-Partei NSDAP.' Die Stadtführung
soll eine Mahnung sein und habe durchaus auch einen aktuellen Bezug.
'Angesichts der Flüchtlingsdiskussion will ich an die Menschenwürde
erinnern', sagt Martinß."
Link zum Artikel |
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Januar
2016: Gedenktafel zur Erinnerung an
das jüdische Altenheim in Varel angebracht |
Anmerkung: Am
Holocaust-Gedenktag, dem 27. Januar 2016 wurde - auf Grund der Initiative
des Arbeitskreises Juden in Varel - auf dem Gelände der Vareler
Schlossplatzschule eine Gedenktafel zur Erinnerung an das Schicksal der
Betreiber und Bewohner des jüdischen Altenheims in Varel
eingeweiht. |
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Bei
der Einweihung der Gedenktafel von links: Bürgermeister Gerd-Christian Wagner, Ralf Splettstößer (Arbeitskreis
"Juden in Varel"), Pastor Tom Oliver Brok (Arbeitskreis), Holger Frerichs (Arbeitskreis), Jehuda Wältermann
(Vorsitzender Jüdische Gemeinde Oldenburg), Hans-Georg Buchtmann (Vorsitzender Heimatverein Varel und Mitglied
im Arbeitskreis), Morten Kollstede (Lothar-Meyer-Gymnasium, Mitglied im Arbeitskreis).
Foto links: Hartmut Peters; Foto rechts: Holger Frerichs. |
Artikel von Traute
Börjes-Meinardus in der
"Nordwest-Zeitung" (lokal) vom 28. Januar 2016
Artikel oben als
pdf-Datei
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Artikel (asg) im
"Friesländer Boten"
vom 30. Januar 2016
Artikel
oben als pdf-Datei
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Zur Geschichte des
jüdischen Altersheimes in Varel siehe auch: https://www.groeschlerhaus.eu/erinnerungsorte/juedisches-altenheim-varel/ |
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Oktober
2016: Erinnerung an den 75. Jahrestag
der Deportation am 22. Oktober 1941 |
Artikel von Holger
Frerichs in der "Nordwest-Zeitung" vom 21. Oktober 2016: "Angeordneter
Abschied ohne Wiederkehr..."
Artikel
eingestellt als pdf-Datei |
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November
2016: Gedenktafel am Haus
Haferkampstraße 10 angebracht |
siehe Fotos und
Presseartikel oben. |
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Juli
2017: Erinnerung an den 75. Jahrestag
der zweiten Deportation (Juli 1942) |
Artikel von Hans
Begerow in der "Nordwest-Zeitung" vom 19. Juli 2017: "Deportationen
waren kein Geheimnis..."
Artikel
eingestellt als pdf-Datei |
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November
2017: Gedenktafel am Haus
Hindenburgstraße 3 angebracht |
siehe Foto und
Presseartikel oben. |
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August 2018:
Eine seltene historische Aufnahme
erinnert an die jüdische Geschichte der Stadt |
Artikel von Holger Frerichs in der "Nordwestzeitung" vom 15. August 2018: "Geschichte.
Ein Foto kehrt zurück nach Varel
Dieses Bild vom Haus an der Drostenstraße 2 fand den Weg aus Brasilien
zurück nach Varel (Sammlung Frerichs)
Varel Eine über 100 Jahre alte und in dieser Qualität eher seltene
historische Aufnahme eines Vareler Gebäudes fand jetzt den Weg zurück von
Südamerika an seinen Entstehungsort.
Das Foto zeigt das Eckhaus Drostenstraße / Schlossplatz in seinem
ursprünglichen Zustand. Das zunächst zweistöckige Wohngebäude mit
Geschäftsräumen im Erdgeschoss war 1874/75 vom Baumeister und Architekten
Menkens errichtet worden. Die Adressbezeichnung für dieses Haus wechselte im
Laufe der Zeit: Schlossplatz 14, dann Schlossplatz 7, zuletzt bis heute
Drostenstraße 2. In der langen Geschichte des Hauses und seiner Bewohner
spiegelt sich auch ein Teil der Geschichte der vernichteten jüdischen
Gemeinde in Varel wider. Zunächst war es 1880 der jüdische Kaufmann Emanuel
Heynemann, der im Eckhaus ein Geschäft für Manufakturen, Tuch- und Modewaren
eröffnete. Er stammte aus Vlotho und hatte die in Varel geborene Mathilde
Cohn geheiratet. Nach einem Vierteljahrhundert verkaufte das Ehepaar
Heynemann das Haus und lebte zuletzt in der Neumühlenstraße. Emanuel
Heynemann starb 1922, Mathilde im Jahr 1931. Beide Eheleute wurden auf dem
jüdischen Friedhof in Varel-Hohenberge bestattet, ihr Grabstein ist bis
heute erhalten. Zwei der drei in Varel geborenen Kinder – der Sohn Leopold
und die Tochter Eliza (Ella) – wurden während der Nazi-Zeit aus Deutschland
vertrieben, ihre Wege führten in die USA und nach Brasilien. Was aus dem
Sohn Moritz wurde, ist bisher noch unbekannt. Die Namenstafel auf dem
Grabstein der Eltern in Hohenberge fiel während der Nazi-Zeit einer
'Metallsammelaktion' zum Opfer. 1954 wurde sie auf Veranlassung des Sohnes
Leopold erneuert. Das Wohn- und Geschäftshaus ging von 1906 bis 1912 in den
Besitz der jüdischen Familie Benjamin und Eva Lewin über, die sich kurz
zuvor in Varel niedergelassen hatte. Aus diesem Zeitraum stammt auch die
Aufnahme, wie aus dem Firmenschild zu ersehen ist. Da im Schaufenster
bereits ein 'Ausverkauf' angekündigt ist, dürfte das genaue Entstehungsdatum
etwa um 1912 sein. Auf dem Bild kann man noch die alte Postadresse
'Schlossplatz 7' lesen. Unter dem Firmennamen 'Gebrüder Lewin' betrieben
Benjamin Lewin und sein Bruder Moses neben dem Kaufhaus in Varel auch eine
Filiale in Delmenhorst. Das Ehepaar Lewin hatte drei Kinder und verließ 1912
Varel, um fortan in Straßburg zu leben. Weitere Einzelheiten über ihren
weiteren Lebensweg und auch das weitere Schicksal ihrer Kinder sind bisher
nicht bekannt. 1912 übernahm ein Angestellter der Lewins, Lesser (Leo)
Neumann, ebenfalls jüdischer Konfession, das Wohn- und Geschäftshaus und
betrieb dort mit Hilfe seiner Ehefrau Rosi, die aus Dornum in Ostfriesland
stammte, ein gut gehendes und beliebtes Schuhfachgeschäft. 1933 begann der
wirtschaftliche Boykott jüdischer Geschäfte und die Verfolgung durch die
Nationalsozialisten. Beim Pogrom im November 1938 demolierten Vareler
SA-Angehörige das Geschäft. Alle Fensterscheiben im Erdgeschoss wurden
zertrümmert, die Einrichtung teils geplündert und teils auf die Straße
geworfen. Noch lange danach konnte man in der Stadt so manche brave Vareler
Bürger mit neuem Schuhwerk bewundern, wie Pastor Rudolf Brahms später
berichtete. Die Nazis sperrten die Eheleute Neumann – wie alle übrigen
Vareler Juden – in jener Nacht ins Polizeigefängnis beim Amtsgericht.
Links:
Rosi und Lesser (Leo) Neumann, von 1912 bis 1938 Inhaber des Schuhkaufhauses
(Foto aus der Sammlung Frerichs).
Die Gestapo verschleppte Leo Neumann weiter in das Konzentrationslager
Sachsenhausen. Nach seiner Entlassung erfolgte die zwangsweise Liquidierung
des Geschäftes und der Zwangsverkauf der Immobilie ('Arisierung') an einen
nichtjüdischen Erwerber, den Vareler Rechtsanwalt Friedrich von Cölln.
Dieser hatte nach 1945 dafür eine 'Ausgleichszahlung' zu leisten. Das
kinderlose Ehepaar Neumann musste Varel verlassen und siedelte zunächst nach
Berlin über. Von dort gelang ihnen 1941 über die Stationen Spanien,
Portugal, Bermudas und Kuba die rechtzeitige Flucht in die USA. Nach 1945
verdrängten die Vareler viele Geschehnisse der NS-Zeit. Die vertriebenen,
deportierten und ermordeten jüdischen Mitbürger gerieten zunächst in
Vergessenheit. Aber auch die vormals ansehnliche Fassade des Gebäudes fiel
durch Umbaumaßnahmen nach 1945 dem zeitgenössischen Geschmack zum Opfer. Auf
die Bewahrung historischer Bausubstanz legte man wenig Wert. Heute
präsentiert sich das Haus in eher tristem Zustand. Bis 1988 war an der zum
Schlossplatz hin gelegenen Seitenwand des Gebäudes noch der Schriftzug
'Kaufhaus Lewin' zu lesen. Eine Vareler Gewerkschaftsinitiative regte
anlässlich des 40. Jahrestages der 'Reichspogromnacht' an, diese Inschrift
als eine der wenigen Spuren der vernichteten jüdischen Gemeinde in Varel zu
erhalten. Der Eigentümer ließ daraufhin aber umgehend die Seitenwand
einrüsten und den Schriftzug entfernen.
Der Arbeitskreis 'Juden in Varel' bemüht sich, Kontakte zu Nachkommen der
ehemaligen jüdischen Vareler Bürger herzustellen. Diese leben zumeist in
Israel und in den USA, aber auch Australien, Brasilien und anderen Ländern.
So kam es auch zum Austausch mit Deborah Alexander in Rio de Janeiro. Sie
ist eine Urenkelin von Emanuel und Mathilde Heynemann. Deren in Varel
geborene Tochter Eliza (Ella) Heynemann hatte den Gelsenkirchener Kaufmann
Jacob Alexander geheiratet und war mit ihrer Familie 1939 nach Brasilien
emigriert. Mit nach Südamerika gelangte dabei auch das Foto des Hauses
Drostenstraße 2, das nun wieder den Weg zurück nach Varel fand."
Link zum Artikel |
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Mai 2019:
Erinnerung an die Flucht des
Ehepaares Leo und Rosi Neumann |
Holger Frerichs
erstellte einen Artikel im "Jeverschen Wochenblatt" vom 14. Mai 2019 über
"Flucht mit dem 'Hollenschiff Nevemar'. Jüdischem Ehepaar Leo und Rosi
Neumann aus Varel gelang noch 1941 die Ausreise in die USA..."
Artikel eingestellt als pdf-Datei |
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November/Dezember 2019:
Erinnerungstafel am Haus Lange
Straße 18 und Buch zur Geschichte
der
Leder- und Treibriemenfabrik Schwabe
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siehe Fotos und
Presseartikel oben. |
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2020/2021:
Presseartikel zur jüdischen
Geschichte in Varel: Schwerpunkte: das Weinberghaus, Graphic Novel, die Geschichte der
Familie Ludwig Frank und Architekt Klees-Wülbern
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- Artikel von
Christopher Hanraets in der "Nordwest-Zeitung" vom 9. März 2020: "Jüdische
Geschichte als Graphic Novel. Comicroman zeigt Schicksal des
Weinberghauses und seiner Bewohner..."
Artikel eingestellt als pdf-Datei.
- Artikel von Katja Lüers in der "Nordwest-Zeitung" vom 22. Oktober 2021: "Vareler
Juden ereilte grausames Schicksal. Deportation. Graphic Novel erzählt
Geschichte der Weinberg-Geschwister - Jahrestag am 22. Oktober..."
Artikel eingestellt als jpg-Datei.
- Artikel von Holger Frerichs in der "Wilhelmshavener Zeitung" vom 20. Juni
2020 (Beilage Nr. 13/20 "Heimat am Meer"): "Vareler Protestant schuf
bedeutendes Bauwerk für deutsches Reform-Judentum. Architekt
Klees-Wülbern beriet beim Wiederaufbau Hamburgs..."
Artikel eingestellt als pdf-Datei.
- Artikel von Holger Frerichs in der "Wilhelmshavener Zeitung" vom 20. Juni
2020 (Beilage Nr. 13/20 "Heimat am Meer"): "Erster Tempel des
Reform-Judentums. Bauwerk europäischer Religionsgeschichte vom Abriss
bedroht..."
Artikel eingestellt als pdf-Datei.
- Artikel von Christopher Hanraets in der "Nordwest-Zeitung" vom 21. August
2020: "Zum Umbau fehlen nur noch 1000 Euro. Arbeitskreis Juden in
Varel bittet um Spende für Umbau des Weinberghauses..."
Artikel eingestellt als pdf-Datei.
- Artikel von Holger Frerichs in der "Wilhelmshavener Zeitung" vom 16.
Januar 2021 (Beilage Nr. 2/2021 "Heimat am Meer"): "Vom Schicksal des
Synagogenvorstehers Ludwig Frank und seiner Familie. Textilhändler
flüchtete aus Varel und entkam doch nicht..."
Artikel eingestellt als pdf-Datei.
- Artikel von Hansjörg Zimmermann in der "Wilhelmshavener Zeitung" vom 16.
Januar 2021 (Belage Nr. 2/2021 "Heimat am Meer"): "Vertrauensleute
linderten die erste Not. Briten beriefen Unbescholtene in Räte und
Landtag..."
Artikel eingestellt als pdf-Datei.
- Artikel von Holger Frerichs in der "Nordwest-Zeitung" vom 20. Januar 2021:
"Sichere Heimat wurde zur tödlichen Falle. Schicksal der jüdischen
Familie Frank aus Varel - In die Niederlande geflüchtet und deportiert..."
Artikel eingestellt als pdf-Datei.
- Artikel in der "Nordwest-Zeitung" vom 18. März 2021: "Weinberghaus wird
saniert. Arbeiten am historischen Gebäude haben begonnen..."
Artikel eingestellt als pdf-Datei.
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Juli 2022:
Erinnerung: 1942-2022 - 80 Jahre
Deportation der Juden aus Varel nach Theresienstadt
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Artikel von Hans
Begerow in "Der Gemeinnützige" (NWZ-online) vom 23. Juli 2022: "1942:
Deportation der letzten Juden.
Nationalsozialismus - Die letzte Unterkunft befand sich in der Vareler
Schüttingstraße 13..."
Artikel eingestellt als pdf-Datei |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Rudolf
Brahms: Die Synagoge in Varel. In: Enno Mayer: Die Synagogen
des Oldenburger Landes. Oldenburg 1988 (Oldenburger Studien Bd. 29). S.
161-195. |
| Rudolf Brahms: Geschichte einer ungeliebten
Minderheit. Die Entwicklung einer jüdischen Gemeinde in Varel von ihren
Anfängen im 17. Jahrhundert bis zu ihrem Untergang in
nationalsozialistischer Zeit. Isensee Verlag Oldenburg 2006.
|
| Herbert Obenaus in Zusammenarbeit mit David Bankier
und Daniel Fraenkel: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden
in Niedersachsen und Bremen. Bd. 2. Göttingen 2005. Zu Varel Beitrag
von Werner Vahlenkamp: S. 1493-1502. |
| Holger
Frerichs: Spurensuche: Das jüdische Altenheim in Varel 1937-1942.
Verlag Hermann Lüers Jever 2012. |
| ders.: Varel unter dem Hakenkreuz. Texte und Dokumente zur
Geschichte Varels 1933 bis 1945. 1. Aufl. April 2007. Verlag Hermann Lüers
Jever. 312 S. viele Abb. ISBN 3-9809226-3. 22 €. |
| ders.: Reise nach Auschwitz ohne Wiederkehr: Auch Familie
Visser aus Varel ermordet. In: Heimat am Meer (Wilhelmshavener Zeitung)
Nr. 3/2018 vom 3. Februar 2018 S. 9-11. Eingestellt
als pdf-Datei.
Inhaltlich identisch ist der Beitrag am 27.1.2018 auch im "Jeverschen
Wochenblatt" und in der "Nordwest-Zeitung"
erschienen. |
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Holger
Frerichs: Geschichte der jüdischen Familie Schwabe-Barlewin aus
Varel. Verlag Hermann Lüers. Jever 2018. 96 S. viele Abb. ISBN
978-3-9819582-0-1. € 13,90.
Weitere Informationen zum Buch (Inhaltsübersicht).
Artikel in der "Wilhelmshavener Zeitung" vom 6. März 2018: "Ein
historisches Haus in Varel seine traurige Geschichte. Historiker Holger
Frerichs stellte seine Dokumentation über die jüdische Familie
Schwabe-Barlewin vor."
Artikel von Christopher Hanraets in der "Nordwest-Zeitung" vom 6. März 2018:
"Sie
erinnern an die Juden von Varel. Holger Frerichs schreibt Buch über Familie
Schwabe-Barlewin". (pdf-Datei).
Artikel von Jaqueline Guthardt im "Jeverschen Wochenblatt" vom 7. März 2018:
"Die Geschichte der "Textil-Schwabes". Holger Frerichs präsentiert neues
Buch zur Aufarbeitung jüdischer Regional-Historie". Derselbe
Artikel im "Friesenboten" vom 10. März 2018.
Artikel/Buchrezension von Hans Begerow in der "Ostfriesenzeitung" vom Mai
2018:
"Wenn Archive Augenzeugen ersetzen. Historiker Holger Frerichs dokumentiert
jüdisches Leben in Varel".
Video-Beitrag auf Youtube:
https://youtu.be/0P5-YeDFA6Q
|
| Holger Frerichs: Die Leder- und Treibriemenfabrik
Schwabe in Varel (1861-1937). Aufstieg und Vertreibung einer jüdischen
Fabrikanten-Familie. Nr. 7 der "Schriften zur Geschichte des
Nationalsozialismus und der Juden im Landkreis Friesland"; hrsg. vom
Jeverländischen Altertums- und Heimatverein e. V., dem Heimatverein Varel e.
V., dem Schlossmuseum Jever und dem GröschlerHaus. Verlag Hermann Lüers,
Ochsenhammsweg 31 H, 26441 Jever, Telefon 04461/2792 + 913790, Fax
04461/913791, E-Mail: Verlag.Lueers@web.de
Format B5, 92 Seiten, über 90 Abbildungen. Preis: 13,90 €. ISBN:
978-3-9819582-4-9. |
|
Holger
Frerichs: "...in der Bevölkerung nicht populär...". Franz Fritsch
(1910-1973), der "Schindler von Bockhorn". Isensee-Verlag Oldenburg 2021.
Nr. 13 der Schriften zur Geschichte des Nationalsozialismus und der Juden im
Landkreis Friesland. ISBN 978-3-7308-1760-5.
Dazu Presseartikel von Sandra Kinkenstein in der "Nordwest-Zeitung" vom
19. März 2021: "Er rettete Juden aus dem Todestransport. Helden. Buch von
Holger Frerichs dreht sich um Franz Fritsch, den 'Schindler von
Bockhorn...'.
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Artikel von Thorsten Soltau in "Friesländer Bote" vom 30. Dezember 2021:
"Debatte um Ehrung für Franz Feritsch endet. Gedenktafel als Teil der Reihe
'Erinnerungsorte in Friesland' soll kommendes Jahr aufgestellt werden..."
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Holger
Frerichs: Die Synagoge und das Pogrom im November 1938 in Varel.
Reihe: Schriften zur Geschcichte des Nationalsozialismus und der Juden im
Landkreis Friesland Nr. 14. Verlag Isensee Nordwest 2022. 40 S. ISBN
978-3-7308-1923-4. € 9,90. Informationen
auf Verlagsseite |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Varel, Oldenburg.
Jews arrived in the late 17th century, under Danish rule. Their number rose to
15 families in 1760 and reached a peak of about 85 Jews in the mid-19th century.
A Jewish cemetery was opened in the mid-18th century and a synagogue was
consecrated in 1848. In June 1933, there were 39 Jews living in Varel. Many left
the city and in November 1938 only 20 remained. On Kristallnacht (9-10
November 1938), the synagogue was almost completely destroyed, many Jewish
businesses were looted, and Jewish men were sent to the Sachsenhausen
concentration camp. Several Jews managed to leave, and six remained in may 1939.
Their number rose to over 30 when elderly Jews from Oldenburg and Ostfriesland
were brought to the city in 1941 and kept in one of the houses there. On 23 July
1942, all the remaining Jews were deported to the Theresienstadt ghetto. Some
who left the city before the outbreak of Worldwar II also perished in the death
camps.
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