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Rhaunen (VG
Rhaunen, Kreis
Birkenfeld)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Rhaunen bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/41. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18.
Jahrhunderts zurück. Seit 1716 werden Juden im Zusammenhang mit den
Zahlungen ihrer Abgaben in der Stadt genannt.
Möglicherweise lebten bereits im Mittelalter Juden am Ort. Wildgraf Johann von
Dhaun erhielt im Jahr 1390 die kaiserliche Genehmigung zur Ansiedlung von 15
Schutzjuden in seinem Territorium.
1716 wird in Rhaunen Jud David genannt, 1722 waren es vier Juden
(beziehungsweise jüdische Familien), die
Schutzgelder und Abgaben zu entrichten hatten.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1808 74 jüdische Einwohner (darunter elf verheiratete Männer und 24
Knaben), 1833 90, 1843 83 (etwa 10 % der Gesamteinwohnerschaft), bis 1880
zwischen 81 und 88, 1895 104 (10,34 % der Gesamteinwohnerschaft), 1903 109 (in
24 Familien).
Um 1810 werden die folgenden 17 jüdischen Familienvorstände in der
Mairie Rhaunen genannt (mit inzwischen neuem Familiennamen): Gabriel Fränkel, Moses Bonum,
Aron Bonum, Lazarus Ermann, David Kebig, Isac Kahn, Eli Levi, Jacob Gärtner,
Leopold Marx, Moises Levi, Jacob Salomon, Leopold Neuschüler, Abraham Levi,
Joseph Levi, Salomon Mayer, Alexander Mayer, Marcus Schuster. Die jüdischen
Familien lebten insbesondere vom Vieh- und Pferdehandel, einige waren als
Metzger tätig; in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eröffneten mehrere
von ihnen Läden und Handlungen am Ort.
1902 wurde von den am Ort lebenden jüdischen Familien eine "Religionsgenossenschaft"
gegründet. Zweck der Zusammenschlusses war die Erlangung der Rechte einer
juristischen Person zur Regelung der Schulunterhaltung sowie zum Erwerb eines
Bauplatzes und der Erbauung einer neuen Synagoge.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische
Schule (im 19. Jahrhundert zeitweise jüdische Konfessionsschule, sonst
Religionsschule), ein rituelles Bad und ein Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. An jüdischen
Lehrern werden u.a. genannt: nach 1825 Lehrer Gabriel Frenkel, um 1857
Lehrer Samter, um 1874 J. Nussbaum, um 1878 Lehrer Haas
(wohnte in Hottenbach); seit 1886 Moritz
May aus Geldersheim (bei Schweinfurt; May war zuvor Lehrer in Laufersweiler
gewesen), um den es nach seiner Anstellung 1886 einen Streit in der Gemeinde
gab, da er liberale Einstellungen vertrat, die der orthodoxen Mehrheit in der
Gemeinde missfielen; um 1892/95 die Lehrer Kottke (aus Köln) und Moses.
Letzter jüdischer Lehrer war seit 1895 Josef Klein (geb. 1873 in Urspringen), der
im Haus Salzengasse 13 lebte (vgl. Foto und Informationen unten). Die Gemeinde
gehörte zum Rabbinatsbezirk in Trier.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde August Ermann
(geb. 3.5.1897 in Rhaunen, gef. 9.6.1917), Josef Ermann (geb. 3.3.1895 in
Rhaunen, gef. 17.6.1916), Max Kahn (geb. 16.2.1895 in Rhaunen, gef. 31.10.1915),
Walter Kahn (geb. 15.2.1897 in Rhaunen, gef. 18.7.1917), Albert Levy (geb.
31.5.1887 in Rhaunen, gef. 7.9.1919).
Um 1924, als zur Gemeinde (weiterhin "Israelitische
Religionsgesellschaft" genannt) etwa 100 Personen gehörten (8,3 % von
insgesamt etwa 1.200 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Jakob Löb,
Leopold Ermann und der bereits genannte Lehrer Josef Klein. Dieser war weiterhin
als Religionslehrer, Kantor
und Schochet der Gemeinde tätig. 1924 erteilte er acht Kindern der Gemeinde den
Religionsunterricht. 1932 waren die Gemeindevorsteher Moritz Frenkel (1. Vors.)
und Lehrer Josef Klein (Schriftführer). Im Schuljahr 1931/32 erteilte Lehrer
Klein noch sechs Kindern der Gemeinde den Religionsunterricht. Inzwischen gehörten zu Rhaunen auch -
nach Auflösung der Gemeinde in Hottenbach
- die noch in Hottenbach (16) und
Stipshausen (14) lebenden jüdischen Personen. An jüdischen Vereinen gab
es u.a. den Israelitischen Frauenverein und den Israelitischen
Männerverein.
Bis nach 1933 gab es in Rhaunen die folgenden jüdischen Familien (die
Kinder der Familien lebten - bei älteren Ehepaaren - oft schon an anderen
Orten; einzelne Söhne hatten bereits den Gewerbebetrieb des Vaters übernommen): Adolf
Hermann (Händler, Bergweg 4) mit Frau Amalie geb. Levy und zwei Kindern; Arthur
Ermann (Viehhändler, Zum Idar 18) mit Frau Frieda geb. Meyer und drei
Kindern; Leopold Ermann (Viehhändler, Schustergasse 9) mit seiner
zweiten Ehefrau Sophie geb. Lion und neun Kindern (die erste Ehefrau, Celestine
geb. Weiß, war bereits im Oktober 1912 in Rhaunen gestorben); Ludwig Ermann (Pferdehändler,
Salzengasse 15) mit Frau Clara Lörsch und fünf Kindern; Josef Eulau
(Zuschneider, Textilkaufhaus, Am Wartenberg 13) mit Frau Ida geb. Neuschüler
und zwei Kindern; Edmund Frenkel (Viehhändler, Im Eck 11) mit Frau Selma
geb. Löb und einem Sohn; Jakob Gärtner (Händler, Im Eck 15) mit Frau Sara
geb. Kahn und drei Töchtern; Leopold Grünewald (Schuhgeschäft, Am
Wartenberg, gest. 1929) mit Frau Johanna geb. Diehl und fünf Töchtern; Isaak
Kahn (Händler, Im Eck 13), Josef Klein (Lehrer, Salzengasse 13) mit
Frau Emma geb. Ermann, Abraham Levy (Metzger und Händler, Am Wartenberg
5) mit Frau Babette geb. Lehmann und fünf Kindern (Sohn Albert ist 1919 an der
Kriegsverletzung gestorben, s.o.); Adolf Levy (Unterdorf 13) mit Frau
Amalie geb. Löb und fünf Kindern; Jakob Levy (Metzger, Am Wartenberg
10) mit Frau Henriette (Jettchen) geb. Meyer und vier Kindern, von denen der
Sohn Max nach dem Tod der Eltern die Metzgerei bis 1939 weiterführte; Hermann
Löb (Metzger, Am Bach 8, heute Otto-Conradt-Straße 5; war von 1913 bis 1919 Ortsvorsteher
in Rhaunen) mit Frau Bertha und drei Kindern; Jakob Löb (Metzger und Gastwirt)
mit Frau Juliane Levi und drei Kindern, von denen Leopold Löb mit Familie bis
1936 in Rhaunen lebte und die Gastwirtschaft und Metzgerei betrieb); Jakob
Marx (Händler, Schustersgasse 11) mit Frau Frieda geb. Ermann und
Tochter.
1933 lebten noch 58 jüdische Personen in Rhaunen. In
den folgenden Jahren ist ein Teil von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert (USA, Schweden, Palästina).
1938 wurden noch 30 jüdische Einwohner gezählt. Beim Novemberpogrom 1938
wurde die Synagoge durch SA-Männer überfallen und schwer demoliert (s.u.);
auch jüdische Häuser/Wohnungen und Gewerbebetriebe wurden überfallen und
die Inneneinrichtungen zerstört. Das Gebäude der Familie Leopold Grünewald (Schuhgeschäft)
wurde geplündert und niedergebrannt. Die letzten 17 jüdischen Einwohner wurden im
Oktober 1941 deportiert.
Von den in Rhaunen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", überarbeitet und ergänzt
durch Reiner Schmitt): Johanna Aron geb. Frenkel (1886), Fanny Baum geb. Ermann
(1874), Rosa Birkenruter geb. Grünewald (1897), Hermine Braun geb. Gärtner (1898), Hildegard Braun (1923), Adolf Ermann
(1871), Alfred Ermann (1891), Arthur Ermann (1890), Frieda Ermann geb. Meyer
(1895), Gerda Ermann (1902), Leo Ermann (1900), Ludwig Ermann (1864), Ludwig Ermann (1884), Margot
Ermann (1928), Sophie Ermann geb. Lion (1880), Flora Frank geb. Kahn (1894), Gustav Frenkel (1880), Jeanette
Frenkel geb. Gutmann (1874), Moritz Frenkel (1875), Regina Frenkel geb. Levy
(1895) Berta Grünewald (1887), Moses Grünewald (1888), Rosa Grünewald (1897),
Edith Haas (1929), Günther Haas (1931), Betty Hayum geb. Levy (1897), Rosa Kahn
(1860), Emma Klein geb. Ermann (1877), Johannetta Kühn geb. Nußbaum (1875), Erna (Ernestine) Levy geb. Kahn
(1898), Hilde Levy (1922), Max Levy (1888), Max Levy (1893), Myrtill
Levy (1920), Sally Levy (1902), Selma Levy geb. Liebmann (1887), Frieda Marx
geb. Ermann (1903), Jacob Marx (1899), Marga Marx (1934), Amalie Neumann geb. Frenkel (1888),
Artella Reinheimer geb. Levy (1891), Markus Reinheimer (1890), Rebekka Rothschild geb. Neuschüller (1865), Gustav Salomon (1886), Regine
Schlamm geb. Kahn (1890), Lucie Spielmann geb. Ermann (1906), Hermine Sundheimer
(1897).
Vgl. zu den Schicksalen der aus Rhaunen deportierten Personen den Artikel von
Hermann Mosel in der
"Rhein-Zeitung" vom 4. September 2013: "15. Oktober 1941: Ein
schlimmer Tag für Rhaunen" - Link
zum Artikel, auch eingestellt als
pdf-Datei.
An der Straßenkreuzung Zum Idar/Am Wartenberg befindet sich seit 1993 eine Gedenkstätte
zur Erinnerung "an das Schicksal unserer jüdischen Mitbürger" (siehe
Fotos unten).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Allgemeine Berichte
Gründung einer "Religionsgenossenschaft" in
Rhaunen (1902)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27.
November
1902: "Trier, 24. November (1902). Eine Entscheidung von
grundsätzlicher Bedeutung traf der hiesige Bezirksausschuss. Die in dem
Hochwaldflecken Rhaunen ansässigen Israeliten haben sich zu einer
Religionsgenossenschaft vereinigt. Als Zweck des Zusammenschlusses besagt
das Statut: 'Der israelitische Verein hat den Zweck, einen Zusammenschluss
der Israeliten hiesigen Ortes herbeizuführen zur Regelung der
Schulunterhaltung, zur Erwerbung eines Bauplatzes und Erbauung einer neuen
Synagoge.' Zur Erlangung der Rechte einer juristischen Person im Sinne des
§ 61 des Bürgerlichen Gesetzbuches beantragte der Vorstand die
Eintragung der Vereinigung in das Vereinsregister beim Amtsgericht
Rhaunen. Dagegen erhob der Landrat zu Bernkastel mit der Begründung
Einspruch, dass eine Eintragung der Religionsgenossenschaft nicht
zulässig sei, weil der Verein einen religiösen Zweck verfolge. Die von
der 'Israelitischen Religionsgenossenschaft' hiergegen erhobene Klage
wurde vom Bezirksausschuss mit der gleichen Begründung
abgewiesen." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 5. Dezember 1902:
Derselbe Bericht wie oben in der Zeitschrift "Der
Israelit". |
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet
1889
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Dezember 1889:
"Die israelitische Gemeinde Rhaunen sucht für sofort einen
seminaristisch gebildeten Lehrer ledigen Standes, welcher als Kantor,
Schächter und Religionslehrer fungieren kann. Gehalt 600 Mark nebst einem
Nebeneinkommen von 150 Mark jährlich. Bewerber mögen sich an den
Vorsteher Hermann Löb in Rhaunen
wenden." |
Artikel von Lehrer Moritz May (1887; seit August 1886
Lehrer in Rhaunen) - ein bayerischer Lehrer in den Mühlen der preußischen
Behörden
Anmerkung: Moritz May stammte aus dem unterfränkischen Geldersheim
bei Schweinfurt.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Februar 1887: "Rhaunen,
14. Februar (1887). Ich erlaube mir, die Spalten Ihres geschätzten
Blattes in einer für dessen Leserkreis interessantes Unikum in etwas
ausgiebiger Weise in Ansprach zu nehmen; und hat dieses Unikum für meine
bayerischen Landesbrüder große Wichtigkeit, es gibt nämlich das das
Thema des Liedes:
Was ist des Deutschen Vaterland? einen eigentümlichen
Aufschluss:
Zur Sache! Ich wurde laut Dekret der Hohen Königlichen Regierung zu
Koblenz nach Einsendung meiner Zeugnisse über Führung und Qualifikation,
unbeanstandet im August 1884 als israelitischer Lehrer, Kantor und
Schächter im Orte Laufersweiler
genehmigt; fungierte hier mit bestem Erfolge laut Zeugnis zwei volle
Jahre. Im August 1886 bezog ich in gleicher Eigenschaft die eine Stunde
entfernt liegende Stelle zu Rhaunen auf dem Hunsrück. Am 13. August 1886
reichte ich meine Zeugnisse mit einem Gesuche an die Hohe Königliche
Regierung zu Trier um Genehmigung beim hiesigen Bürgermeisteramt ein, am
20. Oktober kam eine Verfügung der Königlichen Regierung an, dass in
Folge der Landratlichen Randbemerkung vom 30. September (47 Tage später)
auf Grund des § 71 Abschnitt II des Gesetzes für die Judenschaft vom 23.
Juli 1847 die Genehmigung versagt wird. Das Gesetz lautet:
Dass alle Nichtpreußen als Ausländer betrachtet und als israelitische
Kultusbeamte nicht zugelassen werden. Auf meine sofortige Rekursbeschwerde,
die ich statt direkt an den Königlichen Ober-Präsidenten nach Koblenz zu
machen irrtümlich an das Königliche Preußische Kultusministerium
richtete, dann später auf eine an den Ober-Präsidenten eigens nochmals
gerichtete Beschwerde und Bitte um Aufhebung besagter mir undenkbaren
Verfügung, habe ich auch nicht eine einzige Beantwortung erhalten.
Zweimal wiederholte ich sowohl beim Ober-Präsidenten als auch beim
Kultusminister meine Bitte, aber stets ohne Erfolg, stets das permanente Schweigen.
Endlich, als ich mich um Hilfe an den deutschen Reichskanzler gewendet,
bekam ich einige Tage darauf vom Kultusminister Nachricht, dass die
'Erörterungen noch nicht geschlossen seien. Dieses geschah im Monat
Dezember; seit dieser Zeit habe ich noch weiteres Stillschweigen trotz
wiederholter Anfrage beim Minister und beim Ober-Präsidenten zu
verzeichnen. Heute habe ich mich nochmals an den deutschen Reichskanzler
gewendet um Abhilfe respektive Beschleunigung. Auch habe ich, als Seine
Königliche Hoheit Prinz Luitpold von Bayern in Berlin war, mich an
denselben um Intervention gewendet, aber auch ohne Erfolg und ohne
Antwort. Bezeichnend ist noch, dass in den Regierungsbezirken Koblenz,
Düsseldorf und Wiesbaden überall 'Bayern' als israelitischer Lehrer und
Kultusbeamte angestellt und genehmigt sind. Ich frage nun: was ist des
Deutschen Vaterland nach der Ansicht der Regierung von Trier? Der Artikel
3 der deutschen Reichsverfassung sagt, dass Angehörige der Bundesstaaten
nicht als Ausländer betrachtet werden. Wer gibt mir einen Rat, was zur
Beschleunigung der Sache zu tun wäre? Für eine andere Stelle kann ich
mich nicht melden, weil der Oberpräsident in Koblenz meine Zeugnisse
(/Originale) mir noch nicht returniert hat.
Mein Vertrag ist zwar nach Ansicht des Königlichen Amtsgerichts auf Grund
des § 1184 des Cod.Cop. nicht ungültig, allein die Mitglieder der
israelitischen Religionsgesellschaft hier sind der Ansicht, wenn nicht
gedient wird, brauche man nicht zu zahlen, und haben zum Teil die Berufung
an das Königliche Landgericht Trier ergriffen. Wie es mir nun mit meiner
aus 6 Köpfen bestehenden Familie ohne Einkommen, fern von der Heimat
(nach Ansicht der Regierung zu Trier im fremden Lande), ohne
Existenzmittel zumute sein mag und ist, kann sich kein Mensch denken. Es
ist bezeichnend, dass der hiesige Bürgermeister auf strenge Befolgung der
Verfügung der Königlichen Regierung sieht. Er hat schon, als er
erfahren, dass ich während des Ablesens der heiligen Thora dem Vorleser
Fehler korrigiert, eigens den Polizeisergeanten am Sabbat-Morgen in die
Synagoge gesendet, welcher auch die ganze Dauer des Gottesdienstes dort
blieb. Derselbe hatte den Auftrag, sobald ich dieses Verbrechen nochmals
beginne, das als Kultusbeamtendienst angesehen werde, mich aus der
Synagoge gewaltsamer Weise zu entfernen. Ich habe alles Möglich, was in
meinen Kräften stand, getan, nun bitte ich alle meine Landsleute, alle
Bayern, die einigermaßen etwas
Einfluss |
haben,
für mich einzutreten und zu intervenieren. Herr Wirklicher Geheimer
Medizinalrat Dr. Kristeller, Vorstand des israelitischen Gemeindebundes,
wollte sich nach der mir von Herrn Oberrabbiner Dr. Zuckermandel in Trier
zugegangenen Mitteilung für mich verwenden, mehr weiß ich nicht? Wer
ratet und hilft mir und wer löst mir das Rätsel? Moritz May, Lehrer." |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Über den Albert Kahn (1869-1942), einer der
bedeutendsten Industriearchitekten der Moderne
Albert Kahn ist als Sohn des
jüdischen Lehrer Joseph Kahn und seiner Frau Rosalie 1869 in Rhaunen
gehören. Er hatte einen Bruder Julius. Die Familie wanderte 1880 in die
Vereinigten Staaten aus. Bereits seit 1885 arbeitete er in einem
Architekturbüro in Detroit mit. 1895 gründete er mit Kollegen die Firma Albert
Kahn Associates, seine eigene Firma 1902. In den folgenden Jahrzehnten
hat Albert Kahn mit größtem Erfolg zahlreiche Industrie- und
Verwaltungsbauten wie auch Flughäfen und Marinestützpunkte erstellt
(außer in den USA, Russland, Brasilien, Schweden, Frankreich, China,
Japan und Australien). Allein für die University of Michigan gestaltete
er zwischen 1903 und 1938 etwa 23 Bauwerke. Viele seiner Bauwerke in den
USA stehen heute auf der Liste bedeutender historischer Ort. Albert Kahn
starb 1942 in Detroit, Michigan. |
Links: Wikipedia-Artikel
über Albert Kahn |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war ein Betraum vorhanden. 1730 hatten die Rhaunener Juden
für das Abhalten der Gottesdienste ein "Synagogengeld" in Höhe von
11 Gulden und 9 Petermännern (1 Petermann = 1/2 Silbergroschen) zu bezahlen.
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts liegen keine weiteren Bericht über den
Betraum beziehungsweise die Synagoge vor. 1847 wird in einer Liste der
Synagogen des Regierungsbezirkes Trier eine Synagoge in Rhaunen
genannt.
Seit 1887/88 gab es Bestrebungen, in Rhaunen eine neue Synagoge zu bauen,
was jedoch an den fehlenden finanziellen Mitteln scheiterte. Auch 1898 wurde ein
diesbezüglicher Antrag gestellt mit der Begründung: "Der jetzige Betsaal
entspricht hinsichtlich der Größenverhältnisse sowie auch des sanitären
Zustandes nicht den Anforderungen eines Gotteshauses". Man plante den
Synagogen-Neubau am Ortsausgang nach Weitersbach. Die vom Königlichen
Bauinspektor für den Baukreis Bernkastel, Baurat Hillenkamp gezeichneten Pläne
lagen 1902 vor. Sie sahen ein zweigeschossiges Gebäude zur Aufnahme von
Synagoge und jüdischer Schule vor. Im Blick auf die geplanten Kosten von 27.000
Mark hatte die Gemeinde jedoch nur gut 7.000 Mark zur Verfügung. Die Verhandlungen
mit den Behörden scheiterten endgültig 1907.
Nachdem die alte Synagoge bereits 1901 abgebrochen worden war, wurde ein neuer
Betraum in ein Gebäude verlegt, das damals dem Gemeindemitglied Metzger Löb
gehörte. Der Betsaal befand sich über der Toreinfahrt des ehemaligen wildgräflichen,
später gräflich-salmischen Oberamtshauses in der Otto-Conrad-Straße 5 (heute:
Haus "Wildgräflicher Hof"). In den 1920er-Jahren übernahm die Gemeinde das Haus des in die USA
ausgewanderten Josef Grünewald in der Salzengasse, worin bis 1938 Gottesdienste
abgehalten wurden. Bei diesem Gebäude handelte es sich um ein einstöckiges
Wohngebäude mit einer ausgebauten Dachgaube und dem Giebel zur Straße.
Beim Novemberpogrom 1938
beziehungsweise in Rhaunen einen Tag danach - in der Nacht vom 10. auf den 11.
November 1938 - wurde der
Betraum in der Salzgasse durch SA-Männer überfallen und demoliert. Torarolle,
Gebetbücher und Ritualien wurden auf die Straße geworfen. Da sich neben dem
Gebäude ein Benzinlager befand, wurde es nicht angezündet. Das stark
beschädigte Gebäude wurde wenige Tage später von der Feuerwehr abgebrochen.
An seiner Stelle wurde ein Lagerplatz angelegt (um 1990 Material- und Verladeplatz der
Fa. Rechmann).
Adresse/Standort der Synagoge/der Beträume: der
Standort der 1901 abgebrochenen Synagoge (Betraum) ist unbekannt (Angabe
Landesamt s. Lit. S. 318); Betraum 1901 bis Anfang der 1920er-Jahre: Otto
Conradt-Straße 5 (ehem. Am Bach 8), danach bis November 1938: Salzengasse
(Gebäude abgebrochen, später Lagerplatz der Fa. Rechmann).
Fotos
(Quelle: historische Pläne: Landesamt s.Lit. S. 319 und
Weirich/Stoll S. 33; neuere Fotos von
Otmar Frühauf, Breitenthal; Aufnahmedatum: 12.10.2008 bzw. 14.4.2011)
Die 1902
geplante, aber nicht
gebaute Synagoge in Rhaunen |
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"Ost-Ansicht";
Blick auf den Eingang; rechts
der Vorbau im Bereich des Toraschreines |
"Süd-Ansicht;
auffallend ist, dass die
Gebetsrichtung nach Norden geplant war |
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Längenschnitt |
Grundriss des
Erdgeschosses |
Grundriss
des Ersten Stockes - zwei leicht
erhöhte Frauenbereiche waren in dem
126
qm großen Betsaal geplant |
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Der
Wildgräfliche Hof in Rhaunen, in dem
sich von 1901 bis Anfang der 1920er-Jahre
eine Synagoge (Betraum) befand
(Fotos: Otmar Frühauf, Breitenthal;
Aufnahmedatum: 14.4.2011) |
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Das
Gebäude des "Wildgräflichen Hofes", erbaut um 1750 |
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Blick auf
das Eingangsportal in
den "Wildgräflichen Hof", rechts
die Hinweistafeln; der Betraum
befand sich über der Hofeinfahrt.
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Hinweistafel
zur Geschichte des Hauses;
in der letzten Zeile: "Im Innern haben sich
ein kleiner tonnengewölbter Saal (ehem.
Behelfssynagoge) und einige
Stuckornamente erhalten". Die Postkarte
von 1910 zeigt die Gastwirtschaft und
Metzgerei der jüdischen Familie Löb. |
Tafel
mit ausführlicher Geschichte der
Wildgrafen und des Wildgräflichen Hofes,
u.a. "Danach (sc. ab 1899) betrieb die
angesehene jüdische Familie Löb eine
Metzgerei mit Gasthaus 'Zu den Löwen' bis
1936. Die Familie Löb entging dem Schicksal
der Vernichtungslager durch Verkauf des
Hauses und Ausreise in die USA. Bis 1920
diente der Gemeinschaftsraum über dem
Torbogen als Behelfssynagoge". |
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Synagoge von
Anfang der
1920er-Jahre bis
1938
(Quelle: Weirich/Stoll S. 34). |
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Die ehemalige
Synagoge: helles
Haus mit Gaube links unten |
Foto
in den 1980er-Jahren: Lagerplatz der
Fa. Rechmann in der Salzengasse, das
Grundstück der ehemaligen Synagoge |
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Lehrer Joseph
Klein
(1873-1940) mit Frau Emma geb. Ermann (1877- umgekommen nach
Deportation) |
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Foto
links (Quelle Weirich/Stoll S. 48): Lehrer Joseph Klein (geb. 1873 in Urspringen, Ausbildung an der
Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg bis 1891): seit 1895
Lehrer in Rhaunen; war verheiratet mit Emma geb. Ermann; Lehrer Klein
starb am 10.11.1940; seine Frau wurde am 15.10.1941 über Trier deportiert
und ist umgekommen; auf dem Foto rechts (Quelle: ebd.) das ehemalige Wohnhaus der Familie
Klein in der Salzengasse 13. |
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Gedenkstätte
für die jüdische Gemeinde
(Fotos: Otmar Frühauf, Breitenthal;
Aufnahmen vom 12.10.2008) |
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Anlage mit
Gedenkplatte: "Zum Gedenken an das Schicksal unserer jüdischen
Mitbürger
1933 - 1945. Ortsgemeinde Rhaunen 1993". |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Juni 2011:
Anregung zur Verlegung von
"Stolpersteinen" in Rhaunen |
Artikel in der "Rhein-Zeitung" vom
20. Juni 2011 (Artikel):
"Gegen das Vergessen: Auch in Rhaunen sollen Stolpersteine verlegt werden
Rhaunen - Mehr als sechs Millionen Juden, Hunderttausende Sinti und Roma, mehr als einhunderttausend Kranke und Behinderte, rund zwanzigtausend politisch Verfolgte, etwa siebentausend Homosexuelle,
Tausende Christen, darunter allein eintausendfünfhundert Zeugen Jehovas, mehr als zwei Millionen Zwangsarbeiter und eine unbekannte, weil bis heute nicht systematisch aufgearbeitete Zahl sogenannter Asozialer wurden von den Nazis brutal und planmäßig ermordet.
Seit 15 Jahren macht Gunter Demnig mit dem Projekt Stolpersteine auf das Schicksal der Opfer aufmerksam. Gernot Fritz hat in Rhaunen nun eine Diskussion angestoßen, mit dem Ziel, auch hier mit Stolpersteinen an die Opfer der braunen, menschenverachtenden Ideologie zu erinnern..." |
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Dezember 2011:
Weitere Planungen für die Verlegung von
"Stolpersteinen" in Rhaunen |
Artikel in der "Rhein-Zeitung" vom
27. Dezember 2012 (Artikel):
"Aktion Stolpersteine: 6000 Euro werden benötigt.
Rhaunen. Seit einem halben Jahr gibt es in Rhaunen Bestrebungen, mit
der Verlegung sogenannter Stolpersteine an das Schicksal der Opfer des
Nazi-Terrors zu erinnern. Mit dem bisherigen Verlauf der Aktion und dem
weiteren Vorgehen befasste sich der Arbeitskreis Stolpersteine anlässlich
seiner letzten Zusammenkunft in diesem
Jahr..." |
Ähnlicher Artikel im "Trierischen
Volksfreund" vom 15. Januar 2012 (Artikel).
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September 2012 war
die erste Verlegung von
"Stolpersteinen" in Rhaunen
Zum "Arbeitskreis Stolpersteine" siehe
Info-Seite in der Website der Verbandsgemeinde Rhaunen |
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Februar 2014:
Weitere "Stolpersteine" werden in
Rhaunen verlegt |
Artikel in der "Nahe-Zeitung"
("Rhein-Zeitung") vom 28. Januar 2014: "Rhaunen: 19 weitere Stolpersteine werden im Februar verlegt
Rhaunen - Der Ablauf der Stolpersteinverlegung am Sonntag, 23. Februar, die der Kölner Künstler Gunter Demnig gestaltet, stand im Mittelpunkt des jüngsten Treffens des Arbeitskreises Stolpersteine. Die Planung sieht vor, dass man sich um 12 Uhr mit Demnig im Sitzungssaal der Verbandsgemeindeverwaltung Rhaunen trifft.
Nach einer kurzen Begrüßung werden die noch ausstehenden 19 Stolpersteine an sieben Stellen der Ortsgemeinde verlegt. Mit Blick auf die Erfahrungen bei der ersten Stolpersteinverlegung im September 2012 rechnen die Organisatoren für die Verlegung mit einem Zeitrahmen von rund zwei Stunden. Im Anschluss daran wird der Arbeitskreis im Goldenen Anker ein Resümee seiner bisherigen Arbeit ziehen. Angemessene musikalische Beiträge sollen der Veranstaltung einen würdigen Rahmen verleihen. Abschließend besteht Gelegenheit zum Gespräch und zum Gedankenaustausch. Am Freitag, 21. Februar, zwei Tage vor der Stolpersteinverlegung, zeigt das Simmerner Pro-Winzkino in enger Zusammenarbeit mit dem Förderverein Synagoge Laufersweiler, dem Arbeitskreis Stolpersteine Rhaunen, der evangelischen Kirchengemeinde Hottenbach, der Ortsgemeinde Hottenbach und der Kulturinitiative KaFF um 19 Uhr im Saal Dalheimer in Hottenbach den Dokumentarfilm
'Auf der Suche nach dem letzten Juden in meiner Familie' von Peter Haas und Silvia
Holzinger..."
Link
zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Hilde Weirich/Erich Still: Beiträge zur
Geschichte der Juden in Rhaunen. In: Mitteilungen des Vereins für
Heimatkunde im Landkreis Birkenfeld und der Heimatfreunde Oberstein 65 1991
S. 95-184.
|
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 318-320 (mit weiteren Literaturangaben).
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| Axel Redmer: Staatenlos und vogelfrei. Widerstand,
Verweigerung und Verfolgung von Menschen aus dem Bereich der oberen Nahe
1933 bis 1945. 1. Teil. Die Ausgebürgerten. 132 S. Birkenfeld
1993.
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| Reiner Schmitt: Gedenkbuch - Die Opfer der nationalsozialistischen
Judenverfolgung aus den Orten des Birkenfelder Landes 1933-1945 (Abentheuer,
Baumholder, Birkenfeld, Bosen, Gonnesweiler, Grumbach, Hoppstädten,
Hottenbach, Idar-Oberstein, Nahbollenbach, Niedereisenbach, Oberreidenbach,
Offenbach, Rhaunen, Ruthweiler, Sensweiler, Sien, Sötern, Stipshausen,
Thallichtenberg, Weierbach). 332 S. 2011.
Hinweis: der genannte Beitrag von Reiner Schmitt ist in der
Stadtbibliothek Trier und im Landeshauptarchiv Koblenz zugänglich. Er ist
nicht im Druck erschienen. Über Fernleihe kann die Publikation aus der
Stadtbibliothek Trier ausgeliehen werden. |
| Erik Zimmermann: Die Juden im Raum Rhaunen - Streiflichter aus fünf Jahrhunderten; in Heimatkalender 2013 - 75 Jahre Landkreis Birkenfeld / Beiträge zur Geschichte und Gegenwart des Landes an der oberen Nahe, des Westrichs, des Hoch- und Idarwaldes, herausgegeben von der Kreisverwaltung Birkenfeld,
Birkenfeld 2012. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Rhaunen Rhineland. The Jewish
population was 80-100 (10 % of the total) down through the 19th century. (In the
attached village communities of Stipshausen and Hottenbach, the Jewish
population was 36 and 140, respectively, in 1843 and together 44 in 1925). The
community was under the jurisdiction of the Trier district rabbinate in 1827.
Children studied in local public schools and religious services were apparently
held in rented prayer rooms. A cemetery was opened c. 1885. Jews earned their
livelihoods mostly as livestock and hide dealers, butchers, and petty traders.
Until the Nazi era, satisfactory business and social relations were maintained
with the local population. In 1933, the Jewish population, was 60. With living
conditions deteriorating, most of the young left the town by 1938, emigrating
(to the United States, Sweden, Palestine) or moving to the larger cities of the
Rhineland. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was
vandalized (and razed a few days later) and Jewish homes and stores were
seriously damaged. The last 17 Jews were deported to the concentration camps of
Eastern Europe on 15 October 1941.
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