Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Neumagen (Gemeinde Neumagen-Dhron, Kreis Bernkastel-Wittlich)
Jüdische Geschichte / Synagoge 
 

Übersicht: 

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule    
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen     
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen 
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  
bulletLinks und Literatur   

  

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)   
    
In Neumagen wohnten bereits im Spätmittelalter einzelne Juden. 1474 stand ein jüdischer Einwohner unter dem Schutz des Heinrich Vogt von Hunolstein. Er war in diesem Jahr von dem erzbischöflich-trierischen Hochgerichtsamtmann zu Bernkastel mit mehreren Knechten beraubt und gefangen gesetzt worden. Auch 1553 werden Juden am Ort genannt.   
  
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in die Zeit des 16./17. Jahrhunderts zurück. Der in dieser Zeit bereits vorhandene jüdische Friedhof zwischen Neumagen und Dhron (erstmals 1578 erwähnt) war zentrale Begräbnisstätte für die in der Umgebung bestehenden jüdischen Gemeinden (1660 werden u.a. Beisetzungen aus Piesport und Thalfang genannt). Neumagen spielte offenbar in dieser Zeit für die jüdischen Gemeinden der Umgebung nicht nur auf Grund des Begräbnisplatzes eine zentrale Rolle: noch im 18. Jahrhundert - zwischen 1717 und 1787 - fanden am Ort regelmäßig die "Landjudentage" statt. 1699 gab es vier jüdische Familien in Neumagen.  
  
Im 19. Jahrhundert nahm die Zahl der jüdischen Einwohner zu: von 1808 44 jüdische Einwohner, 1831 64, 1843 75, 1851 101 auf eine Höchstzahl von 109 im Jahr 1857. Danach ging die Zahl durch Aus- und Abwanderung langsam zurück: 1861 86 jüdische Einwohner (darunter 36 Kinder), 1895 55, 1925 44.    
  
Auf Grund des Rückganges der Gemeindegliederzahlen schlossen sich 1890 die beiden Nachbargemeinden Neumagen und Niederemmel zu einer gemeinsamen Synagogengemeinde zusammen (siehe unten Presseartikel von 1890).  
  
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde ein Synagoge (s.u.), eine Religionsschule (seit etwa 1840, ab 1891 jüdische Elementarschule) mit Lehrerwohnung (beides seit 1872 im Gebäude der alten Synagoge in der Bogengasse), ein rituelles Bad und den bereits genannten Friedhof. Für die Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt (1803 wird ein 'Maitre d' école" der jüdischen Gemeinde genannt) der (bis 1891) ein examinierter Religionslehrer war und zugleich als Vorbeter und Schächter tätig war (vgl. Ausschreibung der Stelle von 1872 unten). 1891 wurde die israelitische Religionsschule in eine Elementarschule umgewandelt und - schon zwei Jahre zuvor - ein Elementarlehrer angestellt (vgl. unten Ausschreibung der Stelle von 1889). Von 1889 bis 1924 war als Lehrer Moses Grünewald tätig (siehe Berichte unten).       
     
1909 überstieg die Zahl der jüdischen Einwohner in Niederemmel die Zahl der in Neumagen lebenden Juden. Die Niederemmeler Juden beantragten daher die Bildung einer eigenen Synagogengemeinde. Der Antrag wurde jedoch von Seiten der Behörden abgelehnt. Die gemeinsame Gemeinde wurde jedoch seitdem "Synagogengemeinde Neumagen-Niederemmel" genannt. 
   
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Levy Hirsch (geb. 6.9.1876 in Neumagen, gef. 4.8.1916). Zu den Gefallenen aus Niederemmel siehe dort.   
  
Um 1924, als zur Synagogengemeinde Neumagen-Niederemmel 51 Personen in Neumagen (3,2 % von ca. 1.600 Einwohnern), 62 in Niederemmel, acht in Hetzerath und vier in Nievenich gehörten, waren die Vorsteher der Gemeinde: Abraham Leib (Neumagen), Leopold Hirsch (Neumagen), Rudolf Levy (Niederemmel) und Josef Simon. Der Repräsentanz gehörten an. David Salomon, Dr. Mayer, A. Juda, J. und W. Hirsch, S., G. und M. Leib sowie A. Mendel. Als Lehrer und Kantor war inzwischen Joseph Simon angestellte. Er unterrichtete an der Jüdischen Volksschule Neumagen 10 Kinder. Dazu erhielten an der Religionsschule Niederemmel fünf Kinder von ihm Religionsunterricht. 1932 gehörten zur Synagogengemeinde Neumagen-Niederemmel: 45 Personen in Neumagen (von insgesamt 1.800 Einwohnern), 55 in Niederemmel und 4 in anderen Orten. Gemeindevorsteher waren nun David Salomon (Neumagen, 1. Vors.), Rudolf Levy (Niederemmel, 2. Vors.) und Josef Simon (Schriftführer und Schatzmeister). Der Repräsentanz unter dem Vorsitz von Albert Juda gehörten neun Mitglieder an. Die jüdische Volksschule bestand seit dem 1. Oktober 1931 nicht mehr, da es zu wenige schulpflichtige Kinder in der Gemeinde gab. Den Religionsunterricht besuchten noch zwei jüdische Kinder der Gemeinde. 
  
Nach 1933 ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder (1933: 74 Personen in Neumagen und Niederemmel) auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1938 lebten noch 20 jüdische Personen in Neumagen. Beim Novemberpogrom 1938 drangen SA-Leute in die Wohnungen dieser wenigen noch am Ort lebenden Juden ein und zerschlugen deren Inneneinrichtung. 1941/42 wurden die letzten jüdischen Einwohner aus Neumagen (Emilie und Klara Hirsch - Mutter und Tochter sowie das Ehepaar Abraham und Klara Leib) nach Lodz beziehungsweise Theresienstadt deportiert.  
   
Von den in Neumagen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Paula (Paulina) Abrahamssohn geb. Bonem (1900), Gertrude Bermann geb. Hirsch (1885), Frieda Drucker geb. Bonem (1883), Selma Drucker geb. Bonem (1888), Meyer Ermann (1855), Karoline Frank geb. Hirsch (1872), Mira Grünewald (1898), Delphine Herz geb. Meyer (1897), Frieda Kerbs geb. Bonem (1883), Helene (Leni) Klaber geb. Leib (1906), Abraham Leib (1867), Klara Leib geb. Lion (1875), Ernestine Rosenberg geb. Leib (1875), Luise Rothmayer geb. Hirsch (1886), Selma Stern geb. Leib (1900), Johanna Strasser (1884), Johanna Wirth (1865), Helene Wolf geb. Leib (1875).  
   
   
   
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule  
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1872 / 1889 

Neumagen Israelit 04121872.jpg (48914 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Dezember 1872: "Die israelitische Gemeinde zu Neumagen sucht sofort einen examinierten Lehrer, der zugleich die Kantorstelle (und Schochet - Schächter ist) übernehmen kann. Jährlicher Gehalt 250 Taler, für einen bloßen Religionslehrer 150 bis 170 Taler nebst freier Wohnung. Nebenverdienste ca. 50 Taler als ...-Geld und Schechita (Einnahmen für das Schächten). 
Die hierauf Reflektierenden wollen sich unter Beibringung ihrer Zeugnisse an den unterzeichnenden Vorstand wenden. 
Neumagen a. Mosel, 28. November 1872. Salomon Erman, Vorsteher." 
   
Neumagen Israelit 21021889.jpg (49954 Byte) Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Februar 1889: "Für eine Elementarschule wird ein Vertreter zum sofortigen Anritte gesucht. Monatliches Gehalt 60-65 Mark. Die Gemeinde, die schon längere Zeit um Corporation und öffentliche Schule eingekommen ist, hat sich bereit erklärt, geeigneten Bewerbern, die Vorbeter und Schächter sind, die Stelle mit einem jährlichen Gehalte von 800 Mk. fix zu übertragen. 
Meldungen sind zu richten an Herrmann Leib, Vorstand. Neumagen a.d. Mosel, 18. Februar 1889".

    
Umwandlung der Israelitischen Schule in eine Elementarschule (1891)  

Neumagen Israelit 11051891.jpg (17266 Byte)Meldung in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Mai 1891: "Die israelitische Privatschule in Neumagen an der Mosel wurde durch Verfügung der königlichen Regierung in Trier in eine öffentliche Elementarschule umgewandelt."   

  
Anzeige von Lehrer Grünewald (1901)  
Anmerkung: der Vorname ist verschrieben, statt "A." muss es "M." heißen.
Nach den Recherchen von Wolfgang Appell, Erlangen (Mitteilung vom 10.7.2012) ist Moses Grünewald ca. 1867 in Karbach geboren und am 6.5.1928 in Neumagen gestorben (seine Mutter Amalia geb. ? ist ca. 1827 geboren und am 24.2.1907 in Karbach gestorben). Moses Grünewald war in 1. Ehe verheiratet mit Götta geb. Sichel (geb. ca. 1870 in Kleinheubach, gest. 18.11.1905 in Neumagen), mit der er eine Tochter Maria (Mira) hatte (geb. 7.1.1889 in Neumagen); in 2. Ehe war er verheiratet mit Cerline geb. Grünfeld, über die noch keine weiteren Angaben vorliegen.      

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. August 1901: 
"Suche für meine kleine Familie ein 
Mädchen
, aus gutem streng religiösem Hause zur Stütze meiner Frau. Familienanschluss. Offerten mit Lohnansprüchen an 
A. Grünewald
, Lehrer in Neumagen a. Mosel."   

   
Teuerungszulage für die Lehrer des Ortes - auch für Lehrer Grünewald (1920) 

Neumagen Israelit 29041920.jpg (93552 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. April 1920: "Neumagen a.d. Mosel, 28. März (1920). In der Zeit der Hochflut des Antisemitismuses ist es erfreulich, auch einmal einen Akt von echter Humanität eines christlichen Gemeinderates rühmend veröffentlichen zu können. In Anbetracht der teuren Lebensverhältnisse gewährte der hiesige Gemeinderat den Lehrern des Ortes im Herbste vorigen Jahres eine einmalige Teuerungszulage von 500 Mark und im verflossenen Februar eine nochmalige Teuerungszulage von 2109 Mark. Auf Antrag der Gesamtlehrerschaft des Ortes bewilligte der Gemeinderat einstimmig die beiden Zulagen auch dem Lehrer Grünewald, dem derzeitigen Inhaber der israelitischen Volksschulstelle dahier mit dem Bemerken, die israelitische Gemeinde trag zu allen Kommunallasten bei, sei aber nicht leistungsfähig genug, um ihrem Lehrer die oben erwähnten Zulagen zu zahlen, deshalb halte er es für seine Pflicht, diesem die den christlichen Lehrern bewilligen Teuerungszulagen aus der Kommunalkasse zu gewähren, denn der israelitische Lehrer dürfte vor seinen christlichen Kollegen nicht zurückgesetzt werden. Manche jüdische Gemeinde, die leistungsfähig ist, könnte sich daran ein Beispiel nehmen."   

   
Zum Tod von Lehrer Moses Grünewald (1928)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juli 1928: "Neumagen bei Trier, 1. Juli (1928). Vor kurzem starb hier, allgemein betrauert, Herr Lehrer Moses Grünewald - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen. Er entstammte einer frommen Familie aus Korbach (gemeint: Karbach) in Bayern. Alt und jung schauten zu dem selten frommen und menschenfreundlichen Manne mit Bewunderung und Verehrung empor. 35 Jahre lang oblag er in hiesiger Gemeinde mit vorbildlicher Pflichttreue und heiliger Begeisterung seinem Berufe als jüdischer Volksschullehrer; es war ihm, dem streng gesetzestreuen Manne nicht immer leicht, seinen Standpunkt bei der fast ausschließlich liberalen Gemeinde durchzusetzen. 'Mit Laban habe ich gewohnt und die 613 Gebote habe ich bewahrt' (sc. nach 1. Mose 32,5, nach Auslegung bei Raschi durch Gematria des garti).   
Seine wahre, tiefe Frömmigkeit zeigte sich erst im ganzen Umfange, als ihn eine langwierige Krankheit aus seinem Schaffen riss. Sechs Jahre ertrug er, gestützt durch die liebevolle, aufopfernde Pflege von Frau und Tochter, mit der Dulderkraft eines Hiob die ungemein schmerzvolle Krankheit, die er als Liebesqualen auffasste. Die Beerdigung war ein beredtes Zeugnis dafür, welche Achtung und Liebe diesem wahrhaft edlen Menschen entgegengebracht wurde. Die vier Schulen des Städtchens gingen voraus, es folgten die Geistlichkeit und Vertreter aller Behörden, zuletzt die Bürger aus allen Kreisen der Bevölkerung. Eine Trauerrede hatte sich zwar der Verstorbene in seiner bekannten Bescheidenheit verbeten. Aber die stille Trauer auf dem Angesicht aller Anwesenden zeigte besser als große Trauerreden den Schmerz um den Verlust dieses seltenen Mannes. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."    
Neumagen Friedhof 214.jpg (109893 Byte)Grabstein links (mit Levitenkanne) auf dem jüdischen Friedhof von Neumagen für den Lehrer Moses Grünewald.    

  
  
Berichte aus dem jüdischen Gemeindeleben     
Über die "Judenordnung" des Erzbistums Trier, die 1717 in Neumagen festgesetzt wurde (Artikel von 1933)             

Aus einem längeren Artikel von Adolf Kober über "Eine Kurtrierer 'Jüdisch Ceremonial Verordnung' aus der Wende des 17. und 18. Jahrhunderts' in "Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums" 1933 Heft 2  S. 103: "Die Judenordnung, genannt 'Ceremonial-Verordnung', die hiermit im folgenden veröffentlicht wird, betrifft nicht die Judengemeinde einer einzelnen Stadt, sondern die des Erzbistums Trier. Sie ist in mehreren Judenlandtagen, die zwischen 1691 und 1717 stattfanden, beschlossen und der größere Teil derselben im Jahre 1717 zu Neumagen festgesetzt worden und vermutlich ursprünglich in deutscher Sprache mit hebräischen Schriftzeichen geschrieben. Diese Judenordnung aber wird erst verständlich, wenn wir die Lage der Juden im Erzstift Trier um die Wende des 17. und 18. Jahrhunderts vorher kurz schildern. Es wohnten um 1700 im Ober- und Niedererzstift 160 Familien und außerdem einige Kameraljuden, die ihre Abgaben an den Kurfürsten direkt zahlten - als 'Kameralorte' werden im Jahre 1697 Kruft, Hönningen, Rheinbrohl, im Jahre 1716 außerdem Sayn, Herschbach, Osann, Monzel, Amt S. Maximin, genannt. Die Juden des Erzstifts bildeten einen 'Corpus' und lebten auf Grund der Judenordnung vom 17. Januar 1681, die ihnen der Erzbischof und Kurfürst Johann Hugo gegeben hatte und in deren 20 Paragraphen ihr Verhältnis zur Obrigkeit geregelt war. Sie unterschied sich nicht viel von den Judenordnungen, die vorausgegangen waren, denen vom Jahre 1618, 1624, 1670."      

   
Die jüdischen Gemeindeglieder in Neumagen und Niederemmel bilden eine gemeinsame Synagogengemeinde (1890)

Niederemmel AZJ 14021890.jpg (129112 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung der Judentums" vom 14. Februar 1890: "Trier, 6. Februar (1890). Den vielfachen Klagen, welche aus unserem Regierungsbezirke seit Jahrzehnten in die Öffentlichkeit gedrungen sind, scheint jetzt endlich Abhilfe geschafft werden zu sollen. Mehr als vier Jahrzehnte sind vergangen, seitdem das Gesetz über die Bildung der Synagogengemeinden in Preußen erlassen worden ist, und bis vor sehr kurzer Zeit war im Trierischen nur in drei Kreisen, nämlich Trier, Merzig und Ottweiler, von der Regierung zur Ausführung der gesetzlichen Bestimmungen geschritten worden. Alle übrigen Gemeinden des Bezirks entbehrten der Korporationsrechte und waren hierdurch mancherlei Unannehmlichkeiten und Schikanen der Ortsbehörden ausgesetzt. So ist uns ein Fall noch in frischer Erinnerung, wo ein gestrenger Herr Bürgermeister, als er eine neue Stadt mit den Segnungen seiner Amtsführung zu beglücken begann, flugs in einem Anflug der modernen geistigen Epidemie die jüdische Gemeinschaft des Ortes unter das Vereinsgesetz zu stellen begann und die gottesdienstlichen Versammlungen im Bethaus für anmeldepflichtig erklärte. Wenn auch die Rektifizierung seitens der vorgesetzten Behörde nicht lange auf sich warten ließ, so zeigte doch dieser Fall, zu welchen Konsequenzen der Mangel eines geordneten gesetzlichen Zustandes führen kann und hat zu vielfacher Erneuerung der Gesuche unserer Gemeinde um Verleihung der Gemeinderechte geführt. Ein solches Gesuch der Israeliten in Neumagen ist nunmehr, wie wir hören in zustimmendem Sinne erledigt worden. Die neue Synagogengemeinde wird die Orte Neumagen und Niederemmel umfassen. Hoffentlich haben wir bald von gleichen Erfolgen an anderen Plätzen zu berichten.   

  
  
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde  

Lehrer E. S. Bonnem (aus Neumagen, hoch gelobter Lehrer in Merzig von 1838 von 1846, Artikel zu seinem Tod 1846)

Merzig AZJ 02021846.jpg (142142 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. Februar 1846: "Nachruf. Wenn jedem löblichen Verdienste seine Krone mit Recht geziemet, so darf solche dem ernstlich treu beflissenen Jugendlehrer, dem Urbarmacher des Bodens aller menschlichen Veredlung, dem Pfleger und Bildner des jugendlichen Herzens und Geistes, wenn er reichlich mit Genie begabt, treulich sein Amt versieht, gewiss nicht vorenthalten werden. Gebührender Tribut ist es also, dem an hiesiger israelitischen Schule 8 Jahre lang gestandenen, im Oktober verflossenen Jahres aus derselben geschiedenen, nunmehr in Deutz bei Köln fungierenden, wackeren und geschickten Jugendlehrer, Herrn E. S. Bonnem aus Neumagen an der Mosel, ein im Interesse der Wahrheit gesprochenes, seinen Verdiensten in dem bereits errungenen Bildungsgrad unserer zum Teil erwachsenen, teils aber noch minderreifen Jugend, angemessenes und wohl geziemendes Belobungswort nachzuschicken. – Von seinem strebsamen Eifer für alles Gemeinnützige, Schöne und Gute kann die allgemeine Rührung bei seinem Abschiede und das allseitige Bedauern bei seinem Amtsverlassen den besten Beweis geben. Von seinen vorzüglichen Leistungen im Amte muss die völlige Zufriedenheit seiner Schuloberen, welche seine Schule den anderen in unserer Nähe als Muster anpreisen, das sprechendste Zeugnis liefern. Von seiner eigentümlichen Kunst, sich bei den Schülern Liebe und Achtung zu erwerben, zeigt die große Anhänglichkeit seiner ihm in wahrer Kindesliebe zugetanen Zöglinge, die ihn gar nicht vergessen wollen. Merzig, den 2. Januar 1846. Vom Schulvorstandsmitglied Moses Levy.

     
    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen        
Verlobungsanzeige von Leni Leib und Moritz Klaber (1929)
   

Neumagen Israelit 19121929.jpg (25329 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Dezember 1929: "Statt Karten - Gott sei gepriesen
Leni Leib - Moritz Klaber
- Verlobte. 
Neumagen (Mosel) - Norden (Ostfriesland). Dezember 1929 / Chanukka 5890."

   
   
   
Zur Geschichte der Synagoge             
   
Auf Grund der oben skizzierten Rolle von Neumagen als Mittelpunktgemeinde der Umgebung wird bereits im 16./17. Jahrhundert ein Betsaal vorhanden gewesen sein. Eine Synagoge unbekannten Baujahres wird in Neumagen urkundlich allerdings erst 1828 genannt. Sie stand in der Bogengasse.  
   
Um 1870
war ein Neubau nötig, da die alte Synagoge für die größer gewordene jüdische Gemeinde zu klein war. Zum geplanten Neubau erhielt die jüdische Gemeinde auf Grund eines Gemeinderatsbeschlusses vom Mai 1872 einen Zuschuss in Höhe von 50 Talern, da die Baukosten von den in überwiegend sehr einfachen, teils armseligen Verhältnissen lebenden jüdischen Familien nicht allein aufgebracht werden konnten. Der Neubau wurde noch 1872 unmittelbar neben der alten Synagoge erstellt. Die alte Synagoge wurde zur Schule mit Lehrerwohnung umgebaut.  
  
Bei der Synagoge handelte es sich um ein aus Schieferstein-Mauerwerk erbautes massives Gebäude mit den Maßen: 10,60 m lang, 7,60 m breit, 5,90 m hoch. Die Gewände der Fenster und der Eingangstür waren in Sandstein ausgeführt. Das Innere der Synagoge wurde um 1928 vermutlich durch den Maler Max Lazarus (geb. 1892 in Trier, gest. 1962 in Denver/USA) ausgemalt. Erste gewaltsame Aktionen gegen die Synagoge gab es bereits im Januar 1909, als Unbekannte neun Fensterscheiben einwarfen. Die politische Gemeinde lehnte die Übernahme der Reparaturkosten mit der Begründung ab, dass das Motiv nicht festgestellt werden könnte.  
  
Beim Novemberpogrom 1938 wurde von SA-Leuten die Inneneinrichtung der Synagoge vollständig zerstört, die Torarollen und die Bücher wurden nach den Angaben der Pfarrchronik "entfernt". Ein Artist habe mit den Torarollen das Dach seiner Wohnwagens gedeckt. Im Mai 1939 beschloss die Gemeinde Neumagen, im Synagogengebäude eine Turnhalle einzurichten. Der Plan wurde nicht ausgeführt. Mit Kaufvertrag vom 11. Mai 1940 ging die ehemalige Synagoge mit einem angrenzenden jüdischen Haus sowie der Hof- und Gartenfläche von 1,30 ar für 2.796 RM in den Besitz der bürgerlichen Gemeinde. 
  
Da das Synagogengebäude auch nach 1945 nicht instandgesetzt wurde, war es 1959 in einem baufälligen Zustand. Die Genehmigung zum Abbruch wurde erteilt. Im Juli 1959 wurde das Gebäude fast vollständig abgerissen; Außenmauern in den Neubau eines heute bestehenden Wohnhaus integriert. Dadurch entspricht der Grundriss und die Größe des Hauses an der Bogengasse dem der früheren Synagoge. Das benachbarte ehemalige Bogenhaus, in dem die ehemalige jüdische Schule untergebracht war, wurde 1959 abgebrochen. 

Auf Initiative eines Arbeitskreises, der sich mit der jüdischen Geschichte in Neumagen befasst, wurde im Herbst 2011 eine neue Informationstafel am Gebäude angebracht.  
    
Adresse/Standort der SynagogeBogengasse 3 (ehemaliges Haus Nr. 234) 
   
   
Fotos
(Quelle: Landesamt s.Lit. S. 282-284 bzw. Kulturdatenbank Region Trier; neuere Fotos - auch der Tafel - von Hahn, Aufnahmedatum 17.6.2009)  

Historisches Foto / 
Umbauplan 1939
Neumagen Synagoge 122.jpg (74039 Byte) Neumagen Synagoge 123.jpg (61019 Byte)
  Familienfoto, zufällig vor der 
Synagoge entstanden, aus 
den 1930er-Jahren
Planskizze von 1939 zum Umbau der
 Synagoge in eine Turnhalle durch 
den Architekten Johann Helfen. 
           
 Die Bogengasse - früher und heute    
Neumagen Synagoge 203.jpg (90398 Byte) Neumagen Synagoge 203b.jpg (75390 Byte) Neumagen Synagoge 200.jpg (78467 Byte)
Oben Tafel am Haus der 
ehemaligen Synagoge mit 
Darstellungen und erklärendem Text
   
Blick in die Bogengasse mit 
dem "Bogenhaus" (abgebrochen 1959; 
bis 1932 als jüdische Schule genutzt)
  
Blick in die Bogengasse; im Vordergrund 
der Standort des nicht mehr bestehenden
 "Bogenhauses", links anschließenden
 ehemaliges Synagogengebäude 
     
Darstellungen der 
ehemaligen Synagoge 
  Neumagen Synagoge 203a.jpg (85992 Byte) Neumagen Synagoge 120.jpg (49376 Byte)
  Die Synagoge auf der oben
 abgebildeten Tafel, erbaut 1872, 1938
 geschändet, 1959 zu einem Wohnhaus
 umgebaut 
Die Synagoge - Seitenansicht zur 
Bogengasse 
(Quelle: Heimatmuseum Neumagen)
 
       
Das ehemalige Synagogengebäude im Juni 2009   
Neumagen Synagoge 206.jpg (108187 Byte) Neumagen Synagoge 204.jpg (96386 Byte) Neumagen Synagoge 205.jpg (82625 Byte)
Das ehemalige Synagogengebäude seit dem Umbau zu einem Wohnhaus (1959). Äußerlich erhalten blieb das ehemalige
 Rundbogenfenster am Giebel der Westfassade des Gebäudes Bogengasse 3 (vgl. Darstellungen oben)   
      

      
      
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   

Oktober 2011: Auf den Spuren der jüdischen Geschichte in Neumagen  
Artikel von Ursula Schmieder im "Trierischen Volksfreund" vom 9. Oktober 2011: "Erinnerungen an jüdisches Leben in Neumagen. 
Über Jahrhunderte gab es in Neumagen-Dhron eine jüdische Gemeinde. An ihrer ehemaligen Synagoge mit Schule und Lehrerwohnhaus informiert nun eine Hinweistafel über das jüdische Leben im Ort. 
Link zum Artikel   
 
November 2020: Erinnerung an den Novemberpogrom 1938   
Artikel von Franz-Josef Schmitt im "Trierischen Volksfreund" vom 9. November 2020: "Der späte Pogrom in Neumagen. Die Oberstaatsanwalt Trier klagte im Oktober 1947 sieben Männer, alle Mitglieder der NSDAP und auch der SA, an wegen schweren Hausfriedens- und Landfriedensbruchs und Verbrechen gegen die Menschlichkeit..." 

  
   

Links und Literatur

Links: 

bulletWebsite der Gemeinde Neumagen-Dhron  
bulletSeite bei kultur.landschaft.digital zur ehemaligen Synagoge Neumagen:  https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-274637   
bulletSeite bei kultur.landschaft.digital zum jüdischen Friedhof Neumagen   https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-274636  
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Neumagen-Dhron (interner Link)     

Literatur:  

bulletGermania Judaica III,2 S. 948. 
bulletHarold Hammer-Schenk: Synagogen in Deutschland. Geschichte einer Baugattung im 19. und 20. Jahrhundert. Teil 1. Hamburg 1981 S. 526-527 (Ausmalung der Synagoge 1928).
bulletFranz Botzet: Geschichte der Juden in Neumagen-Dhron und Umgebung. Neumagen-Dhron 1997.
bulletLandesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 282-283 (mit weiteren Literaturangaben).  
bulletWilli Körtels: Die jüdische Schule in der Region Trier. Hrsg. Förderverein Synagoge Könen e.V. 2011. Online zugänglich (pdf-Datei).  
bulletHermann Erschens: Die jüdische Schule in Neumagen. Band 2 der Reihe "Machbarot: Hefte des Emil-Frank-Instituts". 2013. Preis 3.90 €
Link zur Website des Emil-Frank-Institutes   
bullet Dokumentation der Aktivitäten im Rahmen der Aktion "Grenzenlos gedenken" in vier luxemburgischen und vier deutschen Gemeinden zwischen dem 13. und 17. Oktober 2019.
"Grenzenlos gedenken" wird gemeinsam durchgeführt von AG "Grenzenlos gedenken" - Henri Juda (Comité Auschwitz Luxemburg) - Peter Szemere (Jüdiscche Gemeinde Trier) - René Richtscheid (Emil-Frank-Institut Wittlich) - Wolfgang Schmitt-Kölzer (Wittlich) - Matthias Schmitz (Dekanat Schweich-Welschbillig) - Ralf Kotschka (Trier).
Die acht beteiligten Orte waren: Luxemburg - Trier - Ettelbrück - Mondorf - Medernach - Neumagen - Schweich - Wittlich.
Die Dokumentation ist online eingestellt (pdf-Datei, 50 S.)

   
   


 
   
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Neumagen  Rhineland.  Jews are first mentioned in 1351. In 1699, four Jews were living there under letters of protection. A synagogue and Jewish school were in operation by the first quarter of the 19th century. The Jewish population rose to a peak of 109 (including neighboring Niederemmel) in 1857 and then declined steadily. In 1889 a united congregation was formed with Niederemmel, Minheim, Rivenich, Sehlem and Hetzerath and in 1909 Neumagen and Niederemmel became a single community. In 1891, the Jewish school received public school status. The Jewish cemetery was desecrated in 1931. In 1933 the Jewish population of Neumagen-Niederemmel was 74 (total 1.742). Jewish businesses were boycotted in 1933-34 with acompanying anti-Jewish agitation. The cemetery was again vandalized in 1935 and on Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was wrecked. Jewish homes were also destroyed. In 1933-39, 33 Jews left the town, 18 of them to the United States. On 16 October 1941, two local Jews were among those deported from the county to their deaths in the east. The last two Jews were deported to the Minsk ghetto via Trier on 26 February 1942. In all, four local Jews perished in the Holocaust.       
    
    

                   
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge   

     

 

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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020