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Neumagen (Gemeinde
Neumagen-Dhron, Kreis Bernkastel-Wittlich)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Neumagen wohnten bereits im Spätmittelalter einzelne Juden. 1474
stand ein jüdischer Einwohner unter dem Schutz des Heinrich Vogt von Hunolstein.
Er war in diesem Jahr von dem erzbischöflich-trierischen Hochgerichtsamtmann zu
Bernkastel mit mehreren Knechten beraubt und gefangen gesetzt worden. Auch 1553
werden Juden am Ort genannt.
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in die Zeit des 16./17.
Jahrhunderts zurück. Der in dieser Zeit bereits vorhandene jüdische Friedhof
zwischen
Neumagen und Dhron (erstmals 1578 erwähnt) war zentrale Begräbnisstätte
für die in der Umgebung bestehenden jüdischen Gemeinden (1660 werden u.a.
Beisetzungen aus Piesport
und Thalfang
genannt). Neumagen spielte offenbar in dieser Zeit für die jüdischen Gemeinden
der Umgebung nicht nur auf Grund des Begräbnisplatzes eine zentrale Rolle: noch
im 18. Jahrhundert - zwischen 1717 und 1787 - fanden am Ort regelmäßig die
"Landjudentage" statt. 1699 gab es vier jüdische Familien in
Neumagen.
Im 19. Jahrhundert nahm die Zahl der jüdischen Einwohner zu: von 1808 44
jüdische Einwohner, 1831 64, 1843 75, 1851 101 auf eine Höchstzahl von 109
im Jahr 1857. Danach ging die Zahl durch Aus- und Abwanderung langsam zurück:
1861 86 jüdische Einwohner (darunter 36 Kinder), 1895 55, 1925 44.
Auf Grund des Rückganges der Gemeindegliederzahlen schlossen sich 1890 die
beiden Nachbargemeinden Neumagen und Niederemmel
zu einer gemeinsamen Synagogengemeinde zusammen (siehe unten Presseartikel von
1890).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde ein Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule (seit etwa 1840, ab 1891 jüdische Elementarschule) mit
Lehrerwohnung (beides seit 1872 im Gebäude der alten Synagoge in der
Bogengasse), ein rituelles Bad und den bereits genannten Friedhof.
Für die Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer
angestellt (1803 wird ein 'Maitre d' école" der jüdischen Gemeinde
genannt) der (bis 1891) ein examinierter Religionslehrer war und zugleich als
Vorbeter und Schächter tätig war (vgl. Ausschreibung der Stelle von 1872
unten). 1891 wurde die israelitische Religionsschule in eine Elementarschule
umgewandelt und - schon zwei Jahre zuvor - ein Elementarlehrer angestellt (vgl.
unten Ausschreibung der Stelle von 1889). Von 1889 bis 1924 war als Lehrer Moses
Grünewald tätig (siehe Berichte unten).
1909 überstieg die Zahl der jüdischen Einwohner in Niederemmel
die Zahl der in Neumagen lebenden Juden. Die Niederemmeler Juden beantragten
daher die Bildung einer eigenen Synagogengemeinde. Der Antrag wurde jedoch von
Seiten der Behörden abgelehnt. Die gemeinsame Gemeinde wurde jedoch seitdem
"Synagogengemeinde Neumagen-Niederemmel" genannt.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Levy Hirsch (geb.
6.9.1876 in Neumagen, gef. 4.8.1916). Zu den Gefallenen aus Niederemmel
siehe dort.
Um 1924, als zur Synagogengemeinde Neumagen-Niederemmel 51 Personen in
Neumagen (3,2 % von ca. 1.600 Einwohnern), 62 in Niederemmel, acht in Hetzerath
und vier in Nievenich gehörten, waren die Vorsteher der Gemeinde:
Abraham Leib (Neumagen), Leopold Hirsch (Neumagen), Rudolf Levy (Niederemmel)
und Josef Simon. Der Repräsentanz gehörten an. David Salomon, Dr.
Mayer, A. Juda, J. und W. Hirsch, S., G. und M. Leib sowie A. Mendel. Als Lehrer
und Kantor war inzwischen Joseph Simon angestellte. Er unterrichtete an der Jüdischen
Volksschule Neumagen 10 Kinder. Dazu erhielten an der Religionsschule
Niederemmel fünf Kinder von ihm Religionsunterricht. 1932 gehörten zur
Synagogengemeinde Neumagen-Niederemmel: 45 Personen in Neumagen (von insgesamt
1.800 Einwohnern), 55 in Niederemmel und 4 in anderen Orten. Gemeindevorsteher
waren nun David Salomon (Neumagen, 1. Vors.), Rudolf Levy (Niederemmel, 2.
Vors.) und Josef Simon (Schriftführer und Schatzmeister). Der Repräsentanz
unter dem Vorsitz von Albert Juda gehörten neun Mitglieder an. Die jüdische
Volksschule bestand seit dem 1. Oktober 1931 nicht mehr, da es zu wenige
schulpflichtige Kinder in der Gemeinde gab. Den Religionsunterricht besuchten
noch zwei jüdische Kinder der Gemeinde.
Nach 1933 ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder (1933: 74 Personen
in Neumagen und Niederemmel) auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1938 lebten noch 20 jüdische
Personen in Neumagen. Beim Novemberpogrom 1938 drangen SA-Leute in die
Wohnungen dieser wenigen noch am Ort lebenden Juden ein und zerschlugen deren
Inneneinrichtung. 1941/42 wurden die letzten jüdischen Einwohner aus Neumagen
(Emilie und Klara Hirsch - Mutter und Tochter sowie das Ehepaar Abraham und
Klara Leib) nach Lodz beziehungsweise Theresienstadt deportiert.
Von den in Neumagen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Paula (Paulina)
Abrahamssohn geb. Bonem (1900), Gertrude Bermann geb. Hirsch (1885), Frieda
Drucker geb. Bonem (1883), Selma Drucker geb. Bonem (1888), Meyer Ermann (1855),
Karoline Frank geb. Hirsch (1872), Mira Grünewald (1898), Delphine Herz geb.
Meyer (1897), Frieda Kerbs geb. Bonem (1883), Helene (Leni) Klaber geb. Leib
(1906), Abraham Leib (1867), Klara Leib geb. Lion (1875), Ernestine Rosenberg
geb. Leib (1875), Luise Rothmayer geb. Hirsch (1886), Selma Stern geb. Leib
(1900), Johanna Strasser (1884), Johanna Wirth (1865), Helene Wolf geb. Leib
(1875).
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1872 /
1889
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Dezember 1872:
"Die israelitische Gemeinde zu Neumagen sucht sofort einen
examinierten Lehrer, der zugleich die Kantorstelle (und Schochet -
Schächter ist) übernehmen kann. Jährlicher Gehalt 250 Taler, für einen
bloßen Religionslehrer 150 bis 170 Taler nebst freier Wohnung.
Nebenverdienste ca. 50 Taler als ...-Geld und Schechita (Einnahmen
für das Schächten).
Die hierauf Reflektierenden wollen sich unter Beibringung ihrer Zeugnisse
an den unterzeichnenden Vorstand wenden.
Neumagen a. Mosel, 28. November 1872. Salomon Erman,
Vorsteher." |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Februar 1889:
"Für eine Elementarschule wird ein Vertreter zum sofortigen Anritte
gesucht. Monatliches Gehalt 60-65 Mark. Die Gemeinde, die schon längere
Zeit um Corporation und öffentliche Schule eingekommen ist, hat sich
bereit erklärt, geeigneten Bewerbern, die Vorbeter und Schächter sind,
die Stelle mit einem jährlichen Gehalte von 800 Mk. fix zu
übertragen.
Meldungen sind zu richten an Herrmann Leib, Vorstand. Neumagen a.d. Mosel,
18. Februar 1889". |
Umwandlung der Israelitischen Schule in eine
Elementarschule (1891)
Meldung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Mai 1891: "Die
israelitische Privatschule in Neumagen an der Mosel wurde durch
Verfügung der königlichen Regierung in Trier in eine öffentliche
Elementarschule umgewandelt." |
Anzeige von Lehrer Grünewald (1901)
Anmerkung: der Vorname ist verschrieben, statt
"A." muss es "M." heißen.
Nach den Recherchen von Wolfgang Appell, Erlangen (Mitteilung vom 10.7.2012) ist
Moses Grünewald ca. 1867 in Karbach geboren
und am 6.5.1928 in Neumagen gestorben (seine Mutter Amalia geb. ? ist ca. 1827
geboren und am 24.2.1907 in Karbach
gestorben). Moses Grünewald war in 1. Ehe verheiratet mit Götta geb. Sichel
(geb. ca. 1870 in Kleinheubach, gest.
18.11.1905 in Neumagen), mit der er eine Tochter Maria (Mira) hatte (geb.
7.1.1889 in Neumagen); in 2. Ehe war er verheiratet mit Cerline geb. Grünfeld,
über die noch keine weiteren Angaben
vorliegen.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. August 1901:
"Suche für meine kleine Familie ein
Mädchen
, aus gutem streng religiösem Hause zur Stütze meiner Frau.
Familienanschluss. Offerten mit Lohnansprüchen an
A. Grünewald, Lehrer in Neumagen a. Mosel." |
Teuerungszulage für die Lehrer des Ortes - auch für Lehrer Grünewald
(1920)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. April 1920: "Neumagen
a.d. Mosel, 28. März (1920). In der Zeit der Hochflut des
Antisemitismuses ist es erfreulich, auch einmal einen Akt von echter
Humanität eines christlichen Gemeinderates rühmend veröffentlichen zu
können. In Anbetracht der teuren Lebensverhältnisse gewährte der
hiesige Gemeinderat den Lehrern des Ortes im Herbste vorigen Jahres eine
einmalige Teuerungszulage von 500 Mark und im verflossenen Februar eine
nochmalige Teuerungszulage von 2109 Mark. Auf Antrag der
Gesamtlehrerschaft des Ortes bewilligte der Gemeinderat einstimmig die
beiden Zulagen auch dem Lehrer Grünewald, dem derzeitigen Inhaber
der israelitischen Volksschulstelle dahier mit dem Bemerken, die
israelitische Gemeinde trag zu allen Kommunallasten bei, sei aber nicht
leistungsfähig genug, um ihrem Lehrer die oben erwähnten Zulagen zu
zahlen, deshalb halte er es für seine Pflicht, diesem die den
christlichen Lehrern bewilligen Teuerungszulagen aus der Kommunalkasse zu
gewähren, denn der israelitische Lehrer dürfte vor seinen christlichen
Kollegen nicht zurückgesetzt werden. Manche jüdische Gemeinde, die
leistungsfähig ist, könnte sich daran ein Beispiel
nehmen." |
Zum Tod von Lehrer Moses Grünewald (1928)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juli 1928: "Neumagen
bei Trier, 1. Juli (1928). Vor kurzem starb hier, allgemein betrauert,
Herr Lehrer Moses Grünewald - das Andenken an den Gerechten ist zum
Segen. Er entstammte einer frommen Familie aus Korbach (gemeint: Karbach)
in Bayern. Alt und jung schauten zu dem selten frommen und
menschenfreundlichen Manne mit Bewunderung und Verehrung empor. 35 Jahre
lang oblag er in hiesiger Gemeinde mit vorbildlicher Pflichttreue und
heiliger Begeisterung seinem Berufe als jüdischer Volksschullehrer; es
war ihm, dem streng gesetzestreuen Manne nicht immer leicht, seinen Standpunkt
bei der fast ausschließlich liberalen Gemeinde durchzusetzen. 'Mit
Laban habe ich gewohnt und die 613 Gebote habe ich bewahrt' (sc. nach
1. Mose 32,5, nach Auslegung bei Raschi durch Gematria des garti).
Seine wahre, tiefe Frömmigkeit zeigte sich erst im ganzen Umfange, als
ihn eine langwierige Krankheit aus seinem Schaffen riss. Sechs Jahre
ertrug er, gestützt durch die liebevolle, aufopfernde Pflege von Frau und
Tochter, mit der Dulderkraft eines Hiob die ungemein schmerzvolle
Krankheit, die er als Liebesqualen auffasste. Die Beerdigung war
ein beredtes Zeugnis dafür, welche Achtung und Liebe diesem wahrhaft
edlen Menschen entgegengebracht wurde. Die vier Schulen des Städtchens
gingen voraus, es folgten die Geistlichkeit und Vertreter aller Behörden,
zuletzt die Bürger aus allen Kreisen der Bevölkerung. Eine Trauerrede
hatte sich zwar der Verstorbene in seiner bekannten Bescheidenheit
verbeten. Aber die stille Trauer auf dem Angesicht aller Anwesenden zeigte
besser als große Trauerreden den Schmerz um den Verlust dieses seltenen
Mannes. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Grabstein
links (mit Levitenkanne) auf dem jüdischen
Friedhof von Neumagen für den Lehrer Moses
Grünewald. |
Berichte aus dem
jüdischen Gemeindeleben
Über die "Judenordnung" des Erzbistums Trier, die 1717
in Neumagen festgesetzt wurde (Artikel von 1933)
Aus einem
längeren Artikel von Adolf Kober über "Eine Kurtrierer 'Jüdisch Ceremonial
Verordnung' aus der Wende des 17. und 18. Jahrhunderts' in "Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des
Judentums" 1933 Heft 2 S. 103: "Die Judenordnung, genannt 'Ceremonial-Verordnung',
die hiermit im folgenden veröffentlicht wird, betrifft nicht die
Judengemeinde einer einzelnen Stadt, sondern die des Erzbistums Trier. Sie
ist in mehreren Judenlandtagen, die zwischen 1691 und 1717 stattfanden,
beschlossen und der größere Teil derselben im Jahre 1717 zu Neumagen
festgesetzt worden und vermutlich ursprünglich in deutscher Sprache mit
hebräischen Schriftzeichen geschrieben. Diese Judenordnung aber wird erst
verständlich, wenn wir die Lage der Juden im Erzstift Trier um die Wende des
17. und 18. Jahrhunderts vorher kurz schildern. Es wohnten um 1700 im Ober-
und Niedererzstift 160 Familien und außerdem einige Kameraljuden, die ihre
Abgaben an den Kurfürsten direkt zahlten - als 'Kameralorte' werden im Jahre
1697 Kruft,
Hönningen,
Rheinbrohl, im Jahre 1716 außerdem
Sayn,
Herschbach, Osann,
Monzel, Amt S. Maximin,
genannt. Die Juden des Erzstifts bildeten einen 'Corpus' und lebten auf
Grund der Judenordnung vom 17. Januar 1681, die ihnen der Erzbischof und
Kurfürst Johann Hugo gegeben hatte und in deren 20 Paragraphen ihr
Verhältnis zur Obrigkeit geregelt war. Sie unterschied sich nicht viel von
den Judenordnungen, die vorausgegangen waren, denen vom Jahre 1618, 1624,
1670." |
Die jüdischen Gemeindeglieder in Neumagen und Niederemmel
bilden eine gemeinsame Synagogengemeinde (1890)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung der Judentums" vom 14. Februar 1890:
"Trier, 6. Februar (1890). Den vielfachen Klagen, welche aus unserem
Regierungsbezirke seit Jahrzehnten in die Öffentlichkeit gedrungen sind,
scheint jetzt endlich Abhilfe geschafft werden zu sollen. Mehr als vier
Jahrzehnte sind vergangen, seitdem das Gesetz über die Bildung der
Synagogengemeinden in Preußen erlassen worden ist, und bis vor sehr
kurzer Zeit war im Trierischen nur in drei Kreisen, nämlich Trier, Merzig
und Ottweiler, von der Regierung zur Ausführung der gesetzlichen
Bestimmungen geschritten worden. Alle übrigen Gemeinden des Bezirks
entbehrten der Korporationsrechte und waren hierdurch mancherlei
Unannehmlichkeiten und Schikanen der Ortsbehörden ausgesetzt. So ist uns
ein Fall noch in frischer Erinnerung, wo ein gestrenger Herr
Bürgermeister, als er eine neue Stadt mit den Segnungen seiner
Amtsführung zu beglücken begann, flugs in einem Anflug der modernen
geistigen Epidemie die jüdische Gemeinschaft des Ortes unter das
Vereinsgesetz zu stellen begann und die gottesdienstlichen Versammlungen
im Bethaus für anmeldepflichtig erklärte. Wenn auch die Rektifizierung
seitens der vorgesetzten Behörde nicht lange auf sich warten ließ, so
zeigte doch dieser Fall, zu welchen Konsequenzen der Mangel eines
geordneten gesetzlichen Zustandes führen kann und hat zu vielfacher Erneuerung
der Gesuche unserer Gemeinde um Verleihung der Gemeinderechte geführt.
Ein solches Gesuch der Israeliten in Neumagen ist nunmehr, wie wir
hören in zustimmendem Sinne erledigt worden. Die neue
Synagogengemeinde wird die Orte Neumagen und Niederemmel umfassen.
Hoffentlich haben wir bald von gleichen Erfolgen an anderen Plätzen zu
berichten. |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Lehrer E. S. Bonnem (aus Neumagen, hoch gelobter Lehrer in Merzig von 1838 von
1846, Artikel zu seinem Tod 1846)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. Februar 1846:
"Nachruf. Wenn jedem löblichen Verdienste seine Krone mit Recht
geziemet, so darf solche dem ernstlich treu beflissenen Jugendlehrer, dem
Urbarmacher des Bodens aller menschlichen Veredlung, dem Pfleger und
Bildner des jugendlichen Herzens und Geistes, wenn er reichlich mit Genie
begabt, treulich sein Amt versieht, gewiss nicht vorenthalten werden.
Gebührender Tribut ist es also, dem an hiesiger israelitischen Schule 8
Jahre lang gestandenen, im Oktober verflossenen Jahres aus derselben
geschiedenen, nunmehr in Deutz bei Köln fungierenden, wackeren und
geschickten Jugendlehrer, Herrn E. S. Bonnem aus Neumagen an der Mosel,
ein im Interesse der Wahrheit gesprochenes, seinen Verdiensten in dem
bereits errungenen Bildungsgrad unserer zum Teil erwachsenen, teils aber
noch minderreifen Jugend, angemessenes und wohl geziemendes Belobungswort
nachzuschicken. – Von seinem strebsamen Eifer für alles Gemeinnützige,
Schöne und Gute kann die allgemeine Rührung bei seinem Abschiede und das
allseitige Bedauern bei seinem Amtsverlassen den besten Beweis geben. Von
seinen vorzüglichen Leistungen im Amte muss die völlige Zufriedenheit
seiner Schuloberen, welche seine Schule den anderen in unserer Nähe als
Muster anpreisen, das sprechendste Zeugnis liefern. Von seiner
eigentümlichen Kunst, sich bei den Schülern Liebe und Achtung zu
erwerben, zeigt die große Anhänglichkeit seiner ihm in wahrer
Kindesliebe zugetanen Zöglinge, die ihn gar nicht vergessen wollen. Merzig, den 2. Januar 1846. Vom Schulvorstandsmitglied
Moses Levy." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Verlobungsanzeige von Leni Leib und Moritz Klaber (1929)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Dezember 1929:
"Statt Karten - Gott sei gepriesen -
Leni Leib - Moritz Klaber
- Verlobte.
Neumagen (Mosel) - Norden (Ostfriesland). Dezember 1929 / Chanukka 5890." |
Zur Geschichte der Synagoge
Auf Grund der oben skizzierten Rolle von Neumagen als
Mittelpunktgemeinde der Umgebung wird bereits im 16./17. Jahrhundert ein
Betsaal vorhanden gewesen sein. Eine Synagoge unbekannten Baujahres
wird in Neumagen urkundlich allerdings erst 1828 genannt. Sie stand in
der Bogengasse.
Um 1870 war ein Neubau nötig, da die alte Synagoge für die größer
gewordene jüdische Gemeinde zu klein war. Zum geplanten Neubau erhielt die
jüdische Gemeinde auf Grund eines Gemeinderatsbeschlusses vom Mai 1872 einen
Zuschuss in Höhe von 50 Talern, da die Baukosten von den in überwiegend sehr
einfachen, teils armseligen Verhältnissen lebenden jüdischen Familien nicht
allein aufgebracht werden konnten. Der Neubau wurde noch 1872 unmittelbar
neben der alten Synagoge erstellt. Die alte Synagoge wurde zur Schule mit
Lehrerwohnung umgebaut.
Bei der Synagoge handelte es sich um ein aus
Schieferstein-Mauerwerk erbautes massives Gebäude mit den Maßen: 10,60 m lang,
7,60 m breit, 5,90 m hoch. Die Gewände der Fenster und der Eingangstür waren
in Sandstein ausgeführt. Das Innere der Synagoge wurde um 1928
vermutlich durch den Maler Max Lazarus (geb. 1892 in Trier, gest. 1962 in
Denver/USA) ausgemalt. Erste
gewaltsame Aktionen gegen die Synagoge gab es bereits im Januar 1909, als
Unbekannte neun Fensterscheiben einwarfen. Die politische Gemeinde lehnte die
Übernahme der Reparaturkosten mit der Begründung ab, dass das Motiv nicht
festgestellt werden könnte.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde von SA-Leuten die Inneneinrichtung der
Synagoge vollständig zerstört, die Torarollen und die Bücher wurden nach den
Angaben der Pfarrchronik "entfernt". Ein Artist habe mit den
Torarollen das Dach seiner Wohnwagens gedeckt.
Im Mai 1939 beschloss die Gemeinde Neumagen, im Synagogengebäude eine Turnhalle
einzurichten. Der Plan wurde nicht ausgeführt. Mit Kaufvertrag vom 11. Mai 1940
ging die ehemalige Synagoge mit einem angrenzenden jüdischen Haus sowie der
Hof- und Gartenfläche von 1,30 ar für 2.796 RM in den Besitz der bürgerlichen
Gemeinde.
Da das Synagogengebäude auch nach 1945 nicht instandgesetzt wurde, war es
1959 in einem
baufälligen Zustand. Die Genehmigung zum Abbruch wurde erteilt. Im Juli 1959
wurde das Gebäude fast vollständig abgerissen; Außenmauern in den Neubau
eines heute bestehenden Wohnhaus integriert. Dadurch entspricht der Grundriss
und die Größe des Hauses an der Bogengasse dem der früheren Synagoge. Das
benachbarte ehemalige Bogenhaus, in dem die ehemalige jüdische Schule
untergebracht war, wurde 1959 abgebrochen.
Auf Initiative eines Arbeitskreises, der sich mit der jüdischen Geschichte in
Neumagen befasst, wurde im Herbst 2011 eine neue Informationstafel am
Gebäude angebracht.
Adresse/Standort der Synagoge: Bogengasse 3 (ehemaliges Haus Nr.
234)
Fotos
(Quelle: Landesamt s.Lit. S. 282-284 bzw. Kulturdatenbank Region
Trier; neuere Fotos - auch der Tafel - von Hahn, Aufnahmedatum 17.6.2009)
Historisches Foto /
Umbauplan 1939 |
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Familienfoto, zufällig vor
der
Synagoge entstanden, aus
den 1930er-Jahren |
Planskizze von 1939 zum Umbau
der
Synagoge in eine Turnhalle durch
den Architekten Johann Helfen. |
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Die Bogengasse -
früher und heute |
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Oben Tafel am Haus der
ehemaligen Synagoge mit
Darstellungen und erklärendem Text
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Blick in die Bogengasse mit
dem "Bogenhaus" (abgebrochen 1959;
bis 1932 als jüdische Schule
genutzt)
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Blick in die Bogengasse; im
Vordergrund
der Standort des nicht mehr bestehenden
"Bogenhauses", links anschließenden
ehemaliges
Synagogengebäude |
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Darstellungen der
ehemaligen Synagoge |
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Die Synagoge auf der oben
abgebildeten Tafel, erbaut 1872, 1938
geschändet, 1959 zu einem
Wohnhaus
umgebaut |
Die Synagoge - Seitenansicht zur
Bogengasse
(Quelle: Heimatmuseum Neumagen) |
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Das ehemalige
Synagogengebäude im Juni 2009 |
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Das ehemalige
Synagogengebäude seit dem Umbau zu einem Wohnhaus (1959). Äußerlich
erhalten blieb das ehemalige
Rundbogenfenster am Giebel der Westfassade
des Gebäudes Bogengasse 3 (vgl. Darstellungen oben) |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Oktober 2011:
Auf den Spuren der jüdischen Geschichte in
Neumagen |
Artikel von Ursula Schmieder im "Trierischen
Volksfreund" vom 9. Oktober 2011: "Erinnerungen an jüdisches
Leben in Neumagen.
Über Jahrhunderte gab es in Neumagen-Dhron eine jüdische Gemeinde. An
ihrer ehemaligen Synagoge mit Schule und Lehrerwohnhaus informiert nun
eine Hinweistafel über das jüdische Leben im Ort.
Link
zum Artikel |
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November 2020:
Erinnerung an den Novemberpogrom
1938 |
Artikel
von Franz-Josef Schmitt im "Trierischen Volksfreund" vom 9. November 2020:
"Der späte Pogrom in Neumagen. Die Oberstaatsanwalt Trier klagte im
Oktober 1947 sieben Männer, alle Mitglieder der NSDAP und auch der SA, an
wegen schweren Hausfriedens- und Landfriedensbruchs und Verbrechen gegen die
Menschlichkeit..." |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica III,2 S. 948. |
| Harold Hammer-Schenk: Synagogen in Deutschland.
Geschichte einer Baugattung im 19. und 20. Jahrhundert. Teil 1. Hamburg 1981
S. 526-527 (Ausmalung der Synagoge 1928). |
| Franz Botzet: Geschichte der Juden in Neumagen-Dhron
und Umgebung. Neumagen-Dhron 1997. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 282-283 (mit weiteren Literaturangaben).
|
| Willi Körtels: Die jüdische Schule in der Region
Trier. Hrsg. Förderverein Synagoge Könen e.V. 2011. Online
zugänglich (pdf-Datei). |
| Hermann Erschens: Die jüdische Schule
in Neumagen. Band 2 der Reihe "Machbarot: Hefte des
Emil-Frank-Instituts". 2013. Preis 3.90 €
Link zur Website des
Emil-Frank-Institutes |
|
Dokumentation
der Aktivitäten im Rahmen der Aktion "Grenzenlos gedenken" in vier
luxemburgischen und vier deutschen Gemeinden zwischen dem 13. und 17.
Oktober 2019.
"Grenzenlos gedenken" wird gemeinsam durchgeführt von AG "Grenzenlos
gedenken" - Henri Juda (Comité Auschwitz Luxemburg) - Peter Szemere (Jüdiscche
Gemeinde Trier) - René Richtscheid (Emil-Frank-Institut Wittlich) - Wolfgang
Schmitt-Kölzer (Wittlich) - Matthias Schmitz (Dekanat Schweich-Welschbillig)
- Ralf Kotschka (Trier).
Die acht beteiligten Orte waren: Luxemburg - Trier - Ettelbrück - Mondorf -
Medernach - Neumagen - Schweich - Wittlich.
Die
Dokumentation ist online eingestellt (pdf-Datei, 50 S.) |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Neumagen Rhineland.
Jews are first mentioned in 1351. In 1699, four Jews were living there under
letters of protection. A synagogue and Jewish school were in operation by the
first quarter of the 19th century. The Jewish population rose to a peak of 109 (including
neighboring Niederemmel) in 1857 and then declined steadily. In 1889 a united
congregation was formed with Niederemmel, Minheim, Rivenich, Sehlem and
Hetzerath and in 1909 Neumagen and Niederemmel became a single community. In
1891, the Jewish school received public school status. The Jewish cemetery was
desecrated in 1931. In 1933 the Jewish population of Neumagen-Niederemmel was 74
(total 1.742). Jewish businesses were boycotted in 1933-34 with acompanying
anti-Jewish agitation. The cemetery was again vandalized in 1935 and on Kristallnacht
(9-10 November 1938), the synagogue was wrecked. Jewish homes were also
destroyed. In 1933-39, 33 Jews left the town, 18 of them to the United States.
On 16 October 1941, two local Jews were among those deported from the county to
their deaths in the east. The last two Jews were deported to the Minsk ghetto
via Trier on 26 February 1942. In all, four local Jews perished in the
Holocaust.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|