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Poppenlauer (Markt Maßbach, Landkreis Bad Kissingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
(erstellt unter Mitarbeit des im März 2007 verstorbenen Reinhard Klopf,
Maßbach)
In Poppenlauer bestand eine jüdische Gemeinde bis 1941. Ihre
Entstehung geht in die Zeit Mitte des 17. Jahrhunderts zurück. In einem
Gerichtsbuchprotokollbuch des Dorfgerichtes Poppenlauer wird 1700 Jud Seeligman
genannt. 1703 ist "Jud Susman Hochfürstlich Würzburger Schutzjud" in
demselben Buch erwähnt.
In einem Bericht der "Ortscommission" an die
königliche Landesdirektion von 1816 werden 23 jüdische Familien aufgeführt
(vgl. Matrikelliste unten),
darunter 17 Familien mit 99 Personen, die als Schutzjuden galten und 6 Familien
(und Alleinstehende) mit 15 Personen, die "keinen Schutz" hatten. 1837
wurden 120 jüdische Einwohner gezählt (9,6 % von insgesamt 1.250
Einwohnern).
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden in Poppenlauer auf
insgesamt 21 Matrikelstellen (einschließlich Nachträge bis 1826) die
folgenden jüdischen Familienvorstände genannt (mit neuem Familiennamen und
Erwerbszweig): Haium Abraham Oppenheimer (Kramwarenhandel, war
Gemeindevorsteher), Samuel Löw (Schmuser und Schlachter), Feist Isaac Werner
(Schmusen), Israel Kohn Blumengart (Spezerei-, Kram- und Schnitthandel), Maier
Joseph Holländer (Kleiderhandel), Jacob Hirsch (Schmusen und Schlachten),
Koppel Nathan Katzenberger (Warenhandel, Schlachten), Aron Moses Klein
(Warenhandel, Schlachten), Koppel David Ochsemann (Viehhandel), Jacob Salomon
Schuler (Vieh-, Kramwarenhandel, Schlachten), Michael Salomon Schuler (Vieh-,
Kramwarenhandel, Schlachten), Saeckel Maennlein Ehemann (Vieh- und Eisenhandel),
Zipper, Witwe von Haium Heinemann (Alteisenhandel), Jüdle Maier Streit
(Kramhandel, Schmusen, Schlachten), Samuel (Salomon) Abraham Schloßheimer
(Kramhandel, Schmusen), David Löw Leopold ([Aus]schnitthandel), Salomon Wagner
(Kramhandel und Lotto-Kollekteur), Maier Nathan Bussenbaum (Schullehrer), Marcus
Philipp Romberg (Kramhandel, seit 1820), Abraham Friedmann (Ackerbau, Viehzucht,
Produktenhandel, seit 1820), Moses Katzenberger (Feldbau, seit 1822), Abraham
Heinemann (Feldbau), Schela, Witwe von Löb Leopold (Ausschnitthandel), die drei
ledigen Herren (die selbst keinen Schutzbrief hatten): Simon Isack Friedemann
(Rinds- und Kalbshäutehandel, Schmusen), Giel Haium Heilmann (Schmushandel),
Abraham Salomon Gutmann (Knecht).
Bereits in
der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wanderten relativ viele Gemeindeglieder
- durchweg nach Nordamerika - aus (1830 bis 1854: 27 Personen).
Die Zahl der Gemeindeglieder entwickelte sich seit der Mitte des 19.
Jahrhunderts wie
folgt: 1867 97 Personen (6,6 % von insgesamt 1.471), 1880 111 (7,1 % von
insgesamt 1.553), 1900 59 (3,9 % von 1.527), 1910 75 (5,0 % von 1.507).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Isidor (Isi)
Heinemann (geb. 17.9.1890 in Poppenlauer, gef. 9.9.1916), Unteroffizier Siegfried
Reis (geb. 13.12.1897 in Poppenlauer, gef. 19.1.1917) und Max Heinemann (geb.
13.12.1899 in Poppenlauer, gef. 15.7.1918). Ihre Namen stehen auf dem Kriegerdenkmal für
die Gefallenen beider Weltkrieg in der Ortsmitte, zwischen den beiden Kirchen in
der Nähe des Rathauses. Auch auf dem unterhalb dieser Gedenkstätte stehenden Denkmal
für die Teilnehmer der Kriege 1866 und 1870/71 stehen Namen jüdischer
Kriegsteilnehmer (u.a. David Ochsenmann).
An Einrichtungen hatte die Gemeinde neben der Synagoge (s.u.) eine jüdische Schule (bis
1924), danach noch eine Religionsschule. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet
tätig war. Im 20. Jahrhundert werden u.a. genannt: bis 1909 Lehrer Max
Rosenbaum (danach Lehrer in Sulzbürg),
dann Lehrer Abraham Berlinger. Die Toten der Gemeinde
wurden auf dem jüdischen Friedhof in Kleinbardorf, seit 1902/03 in Maßbach
beigesetzt. Die Gemeinde
gehörte zum Rabbinatsbezirk Bad Kissingen.
Mitte der 1920er-Jahre gehörten noch etwa 60 Personen zur jüdischen
Gemeinde in Poppenlauer (etwa 4,3 % der Gesamtbevölkerung von 1.400 Personen).
Dem Synagogenvorstand gehörten damals Isidor Grünbaum, Otto Reis und Sigmund
Klein an. Als Lehrer, Kantor und Schächter war Abraham Berlinger angestellt. Nur
noch zwei Kinder besuchten damals den jüdischen Religionsunterricht (im
Schuljahr 1932/33 waren es wieder vier Kinder, die durch den Religionslehrer aus
Maßbach unterrichtet wurden). Anfang der 1930er-Jahre waren
Gemeindevorsitzende die Herren Isak Wildberg (1. Vorsitzender, gest. 1936, Grab
im jüdischen Friedhof in Maßbach), Moritz Kremer
und Otto Reis. An jüdischen Vereinen bestanden ein Frauenverein (gegr. 1907, 1932
14 Mitglieder, Vorsitzende Eleonore Kremer) sowie der Verein
"Eintracht" (Vorsitzender Adolf Heinemann).
Nach 1933 kamen auch in Poppenlauer nationalsozialistische
Ausschreitungen vor. In der Nacht zum 17. November 1936 wurden die
Fenster des Hauses eine jüdischen Viehhändlers zertrümmert. Dennoch standen
viele Bauern der Umgebung noch längere Zeit in Geschäftsbeziehungen mit den
jüdischen Viehhändlern, im Juni 1937 wurden in einer polizeilichen Erhebung 31
Bauer aus der Umgebung aufgeführt. 1938 waren noch fünf jüdische
Viehhändler und zwei jüdische Läden für Stoffe bzw. Schuhe am Ort, die
jedoch alsbald geschlossen bzw. "arisiert" werden mussten. Bis 1938
hatten 19 der jüdischen Einwohner den Ort verlassen (13 in die USA
ausgewandert, je einer nach Palästina und Argentinien; 4 verzogen in andere
deutsche Orte). Am frühen Morgen des 10. November 1938 kamen 60 SA-Leute
aus Maßbach in zwei Lastwagen und auf Fahrrädern nach Poppenlauer. Gemeinsam
mit Örtlichen SA-Leuten und vielen Ortsbewohnern brachen sie in die Wohnungen
der neun jüdischen Familien ein und zerschlugen Fenster, Möbel und Hausrat.
1942 wurden die letzten 21 jüdischen Ortsbewohner deportiert, davon 14 nach
Izbica bei Lublin, sieben nach Theresienstadt.
Von den in Poppenlauer geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Henriette Cassel geb.
Grünbaum (1865), Lotte Edelstein geb. Reis (1868), Emilie Grumbacher geb.
Grünbaum (1877), Isidor Grünbaum (1871), Sofie Grünebaum geb. Heinemann
(1893), Adolf Heinemann (1876), Albert Heinemann (1897), Amalie (Malchen)
Heinemann geb. Heimann (1882), Arnold Heinemann (1876), Berta Heinemann
(1922), Betti Heinemann (1904), Frieda
Heinemann geb. Kremer (1902), Gerda Heinemann (1911), Heinrich Heinemann (1891),
Hermann Heinemann (1880), Ilse Heinemann (1924), Nathan Heinemann (1901), Sophie Heinemann
(1898), Thekla Heinemann geb. Stern (1891), Johanna Hirsch (1871), Siegfried Hirsch
(1885), Lane Kadisch
geb. Klein (1880), Frieda Klau (1872), Gretel Klein (1899), Rosa Klein geb.
Kremer (1904), Eleonore Kremer geb. Wildberg (1880), Philipp Kremer (1873), Ella Reis (1925), Fanni
Reis geb. Edelstein (ca. 1884), Magda Reis geb. Grünspecht (1891), Otto Reis (1887),
Siegfried Reis (1921), Frieda Rosenfeld geb. Grünebaum (1874), Käthe Schreiber
geb. Reis (1905), Gerd Schüftan (1933), Renate
Ucko ( 1858), Simon Weil (1874), Lina Weingarten geb. Oppenheimer (1868).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Lehrer und Kantor A. Stern: Beitrag zum Chorgesang in der
Synagoge (1860)
Anmerkung: Lehrer A. Stern lobt die aktuellen Bemühungen um den Chorgesang im
Synagogengottesdienst auch kleiner jüdischer Gemeinden und bespricht neuere
Literatur dazu, insbesondere die Chorgesänge in der Liturgischen Zeitschrift von
H. Ehrlich. Gemeint ist: Liturgische Zeitschrift zur Veredelung des
Synagogengesangs mit Berücksichtigung des ganzen Synagogengewesens
(herausgegeben in Gemeinschaft mit vielen israelitischen Gelehrten, Schullehrern
und Kantoren von Hermann Ehrlich, Schullehrer und Kantor in
Berkach in Meiningen. Ersch. 1848-1862.
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 31. Januar 1860: "Poppenlauer
(Unterfranken), 27. Dezember (1859). (Liturgisches.) Der
Synagogenchor soll nicht nur als Lehrmeister der Gemeinde im
antiphonischen Teile der Liturgie, oder selbständig neben Gebet und Predigt
sich notwendig machen, sondern er soll zugleich das betende Gemüt der
Versammlung zur höheren Andacht, zur stärkeren Erbauung gen Himmel führen.
Der Chorgesang soll gleichsam der Ausdruck fühlender Herzen sein; wie eine
Rede die Trägerin des denkenden Geistes ist; denn unser Gefühl selbst beim
Gebet ist nichts anderes, als eine stille innere Musik, oder immerwährende
Schwingungen unserer Lebensnerven, und alles, was uns in den heiligen
Räumen umgibt, was wir darin denken und empfinden, das vermehrt oder
vermindert, stärkt oder schwächt den Grad ihrer Bewegungen, und ein guter,
schöner Chorgesang rührt sie so, dass es ein eigenes Spiel, eine besondere
Mitteilung ist, die alle Beschreibung von Worten übersteigt. Es ist daher
eine wahrhaft erfreuliche Erscheinung unserer Zeit, dass der Chorgesang in
den Synagogen immer mehr Eingang findet, selbst bei den kleinsten Gemeinden
gepflegt und gewürdigt wird, sodass sich allenthalben die guten Früchte
zeigen, wo man |
nur
mit gehörigem Ernste und auf die rechte Weise die Sache betreibt.
Dass aber diese edle Reform selbst bei den kleinsten Landgemeinden mit Segen
angewendet und vom besten Erfolg werden könne, davon hat sich Einsender
dieses im ganzen Herzogtume Meiningen vollkommen überzeugt. Nicht nur
die größte Ordnung und Stille herrscht in allen Synagogen, sondern zugleich
ein geregelter, meist stabil gewordener Chorgesang, und die schon seit 15
Jahren daselbst eingeführte Synagogen-Reform wird von allen Gemeinden
geliebt und gelobt; denn sie verachtet und verwirft nicht das würdige Alte
und Herkömmliche, und verbannt keineswegs das wahr Geschichtliche und
Positive, sondern sucht dasselbe nur in besserer Form und in verjüngter
Weise zu erhalten.
Auch die weibliche Jugend erscheint regelmäßig beim Gottesdienste, aber
nicht in der Absicht, nur mit ihrem Putz zu glänzen, anderen Luxus zu
beobachten, mit der Nachbarin sich zu unterhalten, oder ihre Neugierde in
einer anderen Hinsicht zu befriedigen, sondern sie nimmt am Chorgesange
nicht nur ordentlich teil, sondern auch Gebet, Predigt oder deutsche
Vorlesung nimmt ihre Aufmerksamkeit in Anspruch.
Über Einführung der Synagogenchöre sind uns ausgezeichnete Mittel geboten,
namentlich das erst jüngst erschienene und in diesen Blättern rühmlichst
besprochene Werk, die Tempelgesänge von Weintraub, ferner das kunstreiche
Schir Zion von Sulzer, und die wertvollen Chorgesänge von Cohn und
dergleichen.
Genannte gediegene Werke, wovon jede Ausgabe circa 12 Taler kostet, sind
hauptsächlich nach den örtlich bestehenden größeren Chören und gebildeten
Orchestern bemessen und komponiert, daher für kleinere Chöre, wie sie
gewöhnlich auf dem Lande bestehen und noch eingeführt werden, das Wenigste
davon anwendbar.
Wir machen daher nachdrücklich auf die reichhaltige Sammlung von
Chorgesängen mit Rezitativen in der Liturgischen Zeitschrift von H.
Ehrlich aufmerksam, welche in regelmäßig erscheinenden Heften nicht bloß
Gesänge für größere und kleinere Chöre liefert, sondern zugleich für den
ganzen Umfang des Synagogen-Gesanges schätzenswerte, belehrende
Abhandlungen, sowie praktische Lehrgänge zur Bildung großer und kleiner
Chöre mitteilt. Die Gesänge wagen größtenteils das Gepräge frommer Würde an
sich, verbinden sowohl der Form als dem Inhalte nach, sich aufs Innigste und
Ungekünstelste mit dem |
hebräischen
Texte, und die alten Rhythmen sind bestmöglich beibehalten. Auch ist der
Preis à Heft 3 Gr., oder der Pränumerationspreis von 8 Heften 1 Taler
gegenwärtig so niedrig gestellt, dass die Anschaffung derselben selbst für
den unbemittelsten Berufsgenossen nicht nur leicht und bequem, sondern somit
Jedem eine Sammlung geboten wird, die außer vielen neuen guten Kompositionen
zugleich auch die geeignetsten Auszüge aus allen oben erwähnten und noch
sonst erschienenen Gesangwerken enthält. Bis jetzt ist der I., II. und III.
Band, jeder aus 8 Heften bestehend, und wovon der I. Band alle Sabbatgesänge
des ganzen Jahres in großer Auswahl enthält - dieser kostet blos 1/2 Taler,
- und der II. und III. Band, die Feiertagsgesänge enthaltend, ein
jeder mit 1 Taler zu beziehen, erschienen. Möchte der wackere Herausgeber
auch in den neueren Heften eine gute und reichhaltige Auswahl von
Gottesdienst-Gesängen bringen, und das sehr löbliche Unternehmen von allen
Lehrern, Kantoren und Gemeinden aufs Beste unterstützt werden. wir können
aber nicht umhin, den Herausgeber dennoch auf einige Punkte wohlmeinend
aufmerksam zu machen. Vor allem möchte besonders der I. Band bei einer
späteren Auflage korrekter und eleganter erscheinen, die darin häufig
vorkommenden Druckfehler im Notensatze vermieden und manche eingesandten
Melodien, die nichts weniger als eine Idee von Synagogengesang an sich
tragen, in den späteren Heften fern gehalten werden. Die methodischen
Anleitungen zur richtigen Benutzung der Melodien, sowie besonders der 'praktische
Stufengang zur Gründung und Bildung zweck- und zeitgemäßer Synagogenchöre'
können wir für jeden Lehrer und Vorbester, besonders für alle jüdische
Seminaristen aufs Dringendste empfehlen; denn dadurch, dass derartige
praktische Aufsätze mit den Chorgesängen Hand in Hand gehen, erhält die
Liturgische Zeitschrift einen doppelten Wert. A. Stern, Lehrer und Kantor." |
Lehrer Max Rosenbaum wechselt nach Sulzbürg (1909)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. November 1909: "Sulzbürg, 15.
November. Herr M. Rosenbaum in Poppenlauer wurde von der hiesigen Gemeinde
als Lehrer gewählt." |
Spendensammlung durch Lehrer Abraham Berlinger
(1922)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. November 1922: "Poppenlauer,
17. Oktober (1922). Dass hier auch der alte Zedokogeist
(Wohltätigkeitssinn) noch vorherrscht, zeigte wiederum das letzthin im
Hause des Herrn Lehrer Berlinger stattgefundene Hochanorabbolernen (der
Festtag Hoschana Rabba, an dem das Lernen stattfand, war am
13. Oktober 1922). Es kamen bei nahezu vollzähliger Beteiligung der Gemeindemitglieder
die Tillim (das Hersagen der Psalmen) zur Versteigerung und wurde
die ansehnliche Summe von 4.200 Mark eingenommen, welche verschiedenen
wohltätigen Zwecken zugewendet wurden. Zur Nachahmung bestens
empfohlen." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Heinrich Heinemann (1921)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Dezember 1921:
"Poppenlauer, 24. Dezember (1921). Am 19. Kislew wurde unter
zahlreichem Trauergeleite mit Beteiligung des Kriegervereins das Haupt
einer zahlreichen Familie, Herr Heinrich Heinemann, im Alter von 52 Jahren
zu Grabe getragen. Mit großer Geduld ertrug er die vielen Prüfungen, den
Tod seines Sohnes auf dem Felde der Ehre und die vielen Beschwerden seines
Leidens. In dem Entschlafenen betrauert die ganze Gemeinde ein treues
Mitglied, das stets als echter Jehudi für alle Angelegenheiten eintrat.
Die schwer geprüfte Familie verliert einen fürsorglichen Vater und viele
Arme einen treuen Freund. Am Grabe hob Herr Lehrer Berlinger in rührenden
Worten des Verstorbenen Verdienste hervor. Seine Seele sei eingebunden
in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Berta Heinemann geb. Stern (1922)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Dezember 1922:
"Poppenlauer, 8. Dezember (1922). Am Schabbat Wajeze starb
hier nach nur zehnmonatlicher glücklicher Ehe im Wochenbette Frau Berta
Heinemann geb. Stern, Gattin des Herrn Arnold Heinemann, demselben ein
Töchterlein zurücklassend. Eine Frau von besonderer Herzensgüte und
Freundlichkeit, deren lautere Denkungsart einzig dastehen dürfte, ist mit
ihr dahingegangen. Sie war ihm Gatten eine wahre Gehilfin, den Armen eine
bereitwillige Spenderin, den Ortsbewohnern eine gern gesehene
Gesellschafterin, die allgemein und aufrichtig betrauert wird. Am Grabe
auf dem Friedhofe zu Maßbach
schilderte Herr Lehrer Berlinger, Poppenlauer, die Entschlafene in tief
empfundenen Worten als das Vorbild der Friedensliebe und des häuslichen
Glückes. Herr Lehrer Neustädter, Maßbach, sprach als Freund und
Verehrer des gebeugten und allgemein bedauerten Gatten, Worte des Ernstes
und des Trostes." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Über Rabbiner Abraham Hirsch
Abraham Hirsch (geb. 1839 in Poppenlauer als Sohn
des Metzgers Jeidel Hirsch und der Babette geb. Lion, Studien in Haßfurt
bei Rabbi J. Schüler, in Würzburg bei Rabbi Seligmann Bär Bamberger und in
Berlin bei Rabbi Michael Landsberger mit Ausbildung zum Rabbiner) gest. 1885 in
Burgpreppach) hat in Miltenberg 1864 eine
"Erziehungs- und Unterrichtsanstalt" eröffnet. Diese sollte zu einer
Vorbereitungsschule für die Israelitische Lehrerbildungsanstalt werden. Ein
Grund für die Eröffnung der Schule in Miltenberg war, dass hier Abrahams
älterer Bruder Hirsch Hirsch (geb. 1831 in Poppenlauer) bereits als
Lehrer tätig war. Allerdings starb Hirsch Hirsch bereits am 3. August 1866 in
Miltenberg an der Cholera, die durchziehende preußische Soldaten in der Stadt
hinterlassen hatten. Das führte zum schnellen Ende der Schule in Miltenberg. Im
Oktober 1866 verlegte Abraham Hirsch die Schule nach Mainstockheim. Seit 1875
war Abraham Hirsch als Nachfolger seines Schwiegervaters Rabbiner in
Burgpreppach und eröffnete hier eine Talmud-Tora-Schule, die er erfolgreich bis
zu seinem Tod am 19. November 1885 geleitet hat.
|
Berichte zu Abraham Hirsch auf den Seiten zu
Burgpreppach.
|
Über den aus Poppenlauer
stammenden Lehrer Heinrich Ehrmann (gest. 1931 in Friedberg)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. September 1931:
"Trauerfeier für Lehrer Heinrich Ehrmann - das Gedenken an den
Gerechten ist zum Segen. Friedberg,
17. September (1931). Eine Weihestunde mitten in den 'Tagen der Weihe' war
Mittwochabend in unserer hell beleuchteten und von einer andächtigen
Gemeinde angefüllten Synagoge dem Andenken Lehrer Ehrmanns gewidmet. Auch
Vertreter der Stadt, der Geistlichkeit beider Konfessionen, der
Lehrerschaft sowie auswärtige Delegationen nahmen an der Feier teil. Nach
dem Maariwgebet (Abendgebet) sang Herr Lehrer und Kantor Betmann aus Bad
Nauheim das "der Mensch - wie Gras sind seine Tage"
(Psalm 103,15), worauf der für Friedberg zuständige Provinzialrabbiner
Dr. Sander aus Gießen in einer Gedenkrede ein Bild des Heimgegangenen in
seiner Bedeutung als Lehrer, Gelehrter und Mensch entwarf....
Es folgte eine zweite Gedenkrede des Herrn Lehrer Seelig, Friedberg, der
für den heimgegangenen Kollegen und Amtsvorgänger warme Töne der
Würdigung fand. Er nannte unter anderem all die Vereine und
Wohlfahrtseinrichtungen in Friedberg, die in Ehrmann ihren Freund und
Förderer verlieren.
Herr Ferdinand Krämer als erster Vorsitzender des Kultusvorstandes sprach
dem geistigen und unermüdlichen Führer den Dank der Gemeinde aus. In
besonders warmen und bewegten Worten brachte Herr Dr. Rosenthal zum
Ausdruck, was ihm Ehrmann als Lehrer gewesen ist, wie er es durch seine
Persönlichkeit und sein reiches Wissen verstanden hat, ihn und all seine
Schüler Glauben und Wissen als eine harmonische Einheit begreifen zu
lassen. Danken könne die Gemeinde ihrem Führer nur dadurch, dass sie die
Jugend in seinem Sinne an die Quellen der jüdischen Lehre hinführe. Herr
Leopold sprach den Dank der Mensa Academica aus, für die sich der
Heimgegangene sehr verdient gemacht hat. Herr Lehrer Kaufmann, Schotten,
sprach für den Hessischen Lehrerlandesverein und rühmte dabei, was
Ehrmann als Erster zur Organisierung der jüdischen Lehrer in Hessen getan
hat. Herr Lehrer Hirschberg, Frankfurt am Main überbrachte die letzten
Grüße des Bundes gesetzestreuer Lehrer in Deutschland, dessen Vorstand
der Heimgegangene angehörte, und schilderte dabei an Hand eines Satzes im
Kohelet, wie er dienend das jüdische Erziehungsideal - als
Religionslehrer nur - zur Herrschaft brachte. Herr Emil Rosenthal
überbrachte die Grüße der Nachbargemeinde Bad Nauheim. Zuletzt sprach
Herr Redakteur Schachnowitz, Frankfurt am Main für einen Kreis
Frankfurter Freunde und die Redaktion des Israelit, der Ehrmann als
langjähriger Schriftleiter der Pädagogischen Beilage sehr nahestand. Er
zeichnet die Persönlichkeit und das Wirken Ehrmanns als Schabbat -
im Sinne von Schira (Gesang), Beracha (Segen) und Tefila
(Gebet). Mit einem Gesang des Herrn Lehrer Selig nahm die in ihrer
Schlichtheit äußerst wirkungsvolle Feier ihr harmonisches Ende. Die
Gemeinde hatte sich noch einmal das Bild des Mannes, der sie durch ein
halbes Jahrhundert betreut hat, vor die Seele geführt. Nun gilt es, sein
Andenken in Tat |
und
Handlung, in Gemeinde und Haus, in Ehren zu halten.
Über die Persönlichkeit und den Werdegang Ehrmanns - das Andenken an
den Gerechten ist zum Segen - wird uns zu unserem Nachrufe in
jüngster Nummer aus Lehrerkreisen noch folgendes mitgeteilt.
Herr Heinrich Ehrmann - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - ist
in Poppenlauer (Unterfranken) geboren und von dem seligen Rabbiner
Abraham Hirsch - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - ,
der ebenfalls von Poppenlauer stammt, veranlasst worden, sich dem
Lehrerberufe zu widmen, für den er sich im Seminar zu Würzburg
vorbereitete. Nach besonderer Prüfung wollte er eine Stelle in Westhofen
übernehmen. Auf Zureden von Rabbiner Hirsch trat er jedoch als erster
Lehrer (1874) in die neugegründete Präparandenanstalt 'Talmud Tora' in
Burgpreppach ein, der er seine ganze Kraft widmete. Er unterrichtete
zunächst 2 Klassen und war täglich von früh 7 Uhr bis abends 10 Uhr
für die Anstalt tätig, indem er zu dem Unterricht und der
Beaufsichtigung der Schule noch die Stelle eines Sekretärs ausübte. Er
kannte schon damals keine Rücksicht auf seine eigene Person und arbeitete
sich so herunter, dass der Arzt ihm dringend riet, eine andere Stelle zu
suchen. Dabei nahm er noch seine Mutter und eine Schwester zu sich und
sorgte für sie bis zu ihrem Ableben in rührendster Weise. Seine würdige
Gattin geb. Pfeiffer war eine Tochter des Burgpreppacher Volksschullehrers
Pfeiffer. Von Burgpreppach siedelte er später (1885) nach Friedberg
über. Er nahm regelmäßig am Gomoro-Schiur des seligen Rabbiners Markus
Horowitz teil, lernte aber auch an noch manchen anderen Stellen. Seine
Selbstlosigkeit war ohnegleichen. Der edle Mensch opferte Kraft und Geld,
wo es galt, jemandem zu helfen. Man könnte unzählige Beispiele
erzählen, die zeigen, welch großer Mensch hier betrauert wird. Seine
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
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Einzelpersonen
Verlobungsanzeige für Rosel Grünbaum und Eli Schloss
Sonstiges
Erinnerungen an die Auswanderungen
im 19. Jahrhundert:
Grabstein in New York für Falk Schlossheimer aus Poppenkauer (1809-1894) und
seine Frau Fanny Schlossheimer aus Sulzbach (1817-1885)
Anmerkung: das Grab befindet sich in einem jüdischen Friedhof in NY-Brooklyn;
der Geburtsname von Fanny Schlossheimer wird nicht mitgeteilt.
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Grabstein für
"our beloved Father
Falk Schlossheimer
Born in Poppenlauer, Bavaria
May 22, 1809
Died May 22, 1894" und
"Fanny, beloved Wife of Falk Schlossheimer,
Born in Sulzbach,
Bavaria Oct. 28, 1817,
Died Dezember 10, 1885" |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war ein Betsaal vorhanden. Eine neue Synagoge wurde 1867
eingeweiht. 1928 wurde sie renoviert. Bei den Ausschreitungen am 10.
November
1938 drangen SA-Leute und Ortsbewohner gewaltsam in die Synagoge ein und
zerstörten die Inneneinrichtung und die Ritualien.
Die Synagoge blieb auch nach 1945 erhalten. Im Oktober 1949 fand vor dem
Landgericht Schweinfurt ein Prozess gegen 22 Teilnehmer bei den Ausschreitungen
vom November 1938 statt. 14 erhielten Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu
anderthalb Jahren, acht wurden freigesprochen.
Adresse/Standort der Synagoge: Gehrigsgasse 5.
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmen vom August 2005)
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Die ehemalige
Synagoge in Poppenlauer |
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Andernorts entdeckt |
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Grabstein im jüdischen
Friedhof in Cham für Esther Eisfeld geb. Heinemann
aus Poppenlauer; war verheiratet mit Abraham Eisfeld
aus Poppenlauer; die beiden hatten sieben Kinder. |
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
November
2019:
Die
Verlegung von "Stolpersteinen" in Poppenlauer ist geplant |
Artikel in "inFranken.de"
vom 27. November 2019: "Spendenaktion. 19 neue Stolpersteine
Bundesweit wird mit sogenannten "Stolpersteinen" das Andenken an bei
Deportationen umgekommenen Juden aufrecht erhalten. 70 000 gibt es
inzwischen in ganz Europa, die meisten davon in Deutschland. Auch in
Maßbach sind seit 2012 vor den
Wohnhäusern jüdischer Mitbürger diese mit Messingkappen versehenen
Pflastersteine verlegt worden. Initiiert wurde diese Aktion von der Aktion
"Bürger für Bürger" von Gästeführer Klaus Bub und Gemeinderat Winfried
Streit.
Die beiden möchten nun selbige Aktion auch in Poppenlauer durchführen, wo
Juden um 1800 herum mit etwa 100 Mitbürgern rund zehn Prozent der damaligen
Ortsbevölkerung stellten. 1935 lebten immerhin noch 42 Juden in Poppenlauer.
Lina Heinemann überlebte am Ende als einzige den Holocaust. Den Gemeinderat
ließ Klaus Bub eindrucksvoll in die Geschichte blicken. Von Mai bis November
diesen Jahren lief eine Spendenaktion im Markt Maßbach, die 2289 Euro
einbrachte, und mit der alle 19 Stolpersteine für Poppenlauer finanziert
werden können. Der Bauhof muss lediglich die Ausschachtungen auf den
Gehwegen vor den Anwesen vornehmen. Zuvor sollen aber noch alle jetzigen
Hausbesitzer von der Maßnahme informiert werden. Die Stolpersteine sind ein
Projekt des Künstlers Gunter Demnig. Dabei handelt es sich um kubische
Betonsteine mit einer Kantenlänge von zehn mal zehn Zentimetern, auf deren
Oberseite sich eine individuell beschriftete Messingplatte befindet, die
Hinweis auf die letzten frei gewählten Wohnhäuser der NS-Opfer gibt."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Quellenhinweis:
Literatur:
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in
Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 384-385. |
| Cornelia Binder und Michael (Mike) Mence: Last Traces /
Letzte Spuren von Deutschen jüdischen Glaubens im Landkreis Bad Kissingen.
Schweinfurt 1992. |
| dieselben: Nachbarn der Vergangenheit / Spuren von
Deutschen jüdischen Glaubens im Landkreis Bad Kissingen mit dem Brennpunkt
1800 bis 1945 / Yesteryear's Neighbours. Traces of German Jews in the administrative district of Bad Kissingen focusing on the period
1800-1945. Erschienen 2004. ISBN 3-00-014792-6. Zu beziehen bei den
Autoren/obtainable from: E-Mail.
Info-Blatt
zu dieser Publikation (pdf-Datei). |
| Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche
Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13.
Würzburg 2008. S. 207-208.
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Poppenlauer Lower Franconia. A Jewish community
existed in the mid-18th century. In 1830-54, 27 Jews emigrated overseas. A new
synagogue was dedicated in 1867 and a Jewish public school operated until 1924.
The Jewish population was 111 in 1880 (total 1,553) and 45 in 1933. Nineteen
Jews left Poppenlauer in 1934-38, 15 of them emigrating (13 to the U.S.). On Kristallnacht
(9-10 November 1938), the synagogue and all nine Jewish homes were vandalized.
Six more Jews left for the U.S. in 1941 and of those remaining 14 were deported
to Izbica in the Lublin district (Poland) via Wuerzburg on 25 April 1942 and
seven to the Theresienstadt ghetto on 23 September 1942.
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