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Fulda)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(erstellt unter Mitarbeit von Elisabeth
Sternberg-Siebert)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Hünfeld bestand eine jüdische Gemeinde bis 1939. Ihre Entstehung geht
in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Doch lebten bereits im Mittelalter
vereinzelt jüdische Personen in Hünfeld (seit 1310 Stadtrecht). Sie
unterstanden dem Kloster Fulda. Ein Salman von Hünfeld quittierte 1343
vor dem Gericht zu Frankfurt die Rückzahlung einer Schuld durch Jutta, Tochter
Sannels von Mainz.
1734 werden wieder wenige Juden in der Stadt genannt.
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich im 19. Jahrhundert wie
folgt: 1822 31 jüdische Einwohner (1,7 % von insgesamt 1.800), 1827 42
(2,2 % von 1.833), 1861 32 (1,8 % von 1.793), 1871 60 (3,7 % von 1.630; seit
1868 Zuwanderung mehrerer Familien aus umliegenden Dörfern), 1885 126 (6,9 %
von 1.828), 1895 74 (4,4 % von 1.668; die starke Abwanderung hatte im
Zusammenhang mit den Stadtbränden 1886 und 1888 eingesetzt), 1905 65 (3,3 % von
1.979). Die jüdischen Familien lebten bis zur zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts als kleine Händler, Hausierer usw. in armseligen Verhältnissen.
Anfang der 1880er-Jahre lebten nur fünf der damals 16 jüdischen Familien in
etwas besseren Verhältnissen.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), ein
Gemeindehaus mit Schule und Lehrerwohnung sowie ein rituelles Bad. Die Toten der
Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Burghaun
beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Religionslehrer
(ab 1889: Elementarlehrer) angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig
war. Die jüdischen Kinder Hünfelds hatten gemeinsam mit denen aus Mackenzell
zunächst die 1867 eröffnete jüdische Schule in Burghaun
besucht, in Hünfeld gab es zunächst nur eine Religionsschule (1872-73 für 20
Kinder, 1879-82 für etwa 30 Kinder). In den 1870er-Jahren besuchten die jüdischen
Kinder die katholische Schule. Nachdem diese in den 1880er-Jahren auf Grund der
in dieser Zeit 36 bis 40 schulpflichtigen jüdischen Kinder überfüllt war,
wurde 1889 eine einklassige jüdische Elementarschule eingerichtet. Als
Elementarlehrer unterrichtete von 1889 bis 1904 Lehrer Isidor Lorge. Sein
Nachfolger war Liebmann Braunschweiger. Dieser hatte seit der Zeit um
1900 nur noch wenige Kinder zu unterrichten (1900 8, 1902 4, 1905 3). 1924 wurde
die jüdische Elementarschule aufgelöst, zuletzt waren noch fünf Kinder in der
Schule (an der Religionsschule 12 Kinder). Lehrer Braunschweiger war nach Auflösung
der Elementarschule in den folgenden Jahren weiterhin als Religionslehrer und
Kantor tätig. - Die jüdische Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Fulda.
Innerhalb des Rabbinatsbezirkes wurde für den Kreis Hünfeld ein jüdischer
Kreisvorsteher gewählt.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Vizefeldwebel Adolf
Kaufherr (geb. 10.8.1887 in Hünfeld, gef. 26.9.1918). Außerdem ist gefallen:
Siegmund (Simon) Plaut (geb. 4.3.1877 in Hünfeld, vor 1914 in Fulda wohnhaft,
gef. 29.10.1918).
Um 1924, als noch 63 jüdische Einwohner gezählt wurden (2,5 % von
insgesamt 2.482 Einwohnern), war Vorsteher der Gemeinde Hermann Katz. An
jüdischen Vereinen bestanden der Männerverein (Männer-Chewroh,
1924 unter Leitung von Albert Katz, 16 Mitglieder; 1932 unter Leitung von Isack
Steinberger) und der Frauenverein (Frauen-Chewroh, 1924 unter Leitung von Klara
Katz, 19 Mitglieder; 1932 unter Leitung von Jeanette Tannenbaum). 1932
war Gemeindevorsteher weiterhin Hermann Katz. Im Schuljahr 1931/32 besuchten
neun Kinder den jüdischen Religionsunterricht (weiterhin durch Lehrer
Braunschweiger erteilt, der damals auch als Schatzmeister der Gemeinde genannt
wird).
1933 lebten noch 55 jüdische Personen in Hünfeld (2,0 % von 2.773
Einwohnern). In den folgenden Jahren ist ein Teil
der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der in
Hünfeld besonders starken Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert.
Die im November 1938 noch ortsanwesenden jüdischen Männer wurden nach dem
Novemberpogrom in das KZ Buchenwand verschleppt, wo der 61-jährige Wolf Plaut
am 12. Dezember 1938 ermordet wurde. 1939 waren nur noch zehn jüdische
Personen am Ort. Neun Personen wurden 1941 von Hünfeld aus deportiert und in
Vernichtungslager verschleppt.
Von den in Hünfeld geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Czerne Bienstein geb.
Drokoschunsky (1876), Meier Bienstein (1876), Helene Braunschweiger (1870),
Clara Emanuel geb. Flörsheim (1886), Berta Frank geb. Steinberger (1875), Meta
Meier geb. Strauss (), Ida Nussbaum geb. Mann (1873), Jenny Nussbaum geb. Plaut
(1883), Julius Nussbaum (1869), Max Oppenheim (1892), Max Plaut (1874), Minna
Plaut (1885), Nathan Plaut (1887), Wolf Plaut (1877), Dina Saalberg geb.
Steinberger (1887), Hulda Steinberger geb. Rabenstein (1886), Isaak Steinberger
(1882), Emilie Strauss (1927), Helene Strauss (1874), Josephine Strauss (1871),
Marga Strauss (1928), Natan Strauss (1874), Jakob Weinberg (1881), Manfred
Weinberg (1923), Rosele Weinberg (1907), Samuel (Salli) Weinberg (1906), Frieda
Wertheim geb. Wertheim (1876), Isaak Wertheim (1867), Isaak Würzburger (1900),
Klara Würzburger geb. Weinberg (1908).
Am Rathaus in Hünfeld wurde 1985 eine Gedenktafel zur Erinnerung
an die früheren jüdischen Einwohner angebracht mit der Inschrift: "In
Erinnerung an die ehemaligen jüdischen Mitbürger von Hünfeld, die Opfer der
Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus 1933-1945 geworden sind. Hünfeld im
Jahre 1985. Der Magistrat der Stadt Hünfeld."
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters /Schochet
1884 / 1885 / 1889 / 1903
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Februar 1884:
"Die Stelle eines Religionslehrers, Vorbeters und Schächters in der
israelitischen Gemeinde der an der Bebra-Frankfurter Bahn gelegenen
Kreishauptstadt Hünfeld, ist sofort zu besetzen. Mit dieser Stelle ist
ein jährliches fixes Gehalt von Mark 500 und außerdem für das
Schächten ein garantiertes Einkommen von jährlich Mark 350 verbunden.
Auch steht geräumige Wohnung im Gemeindehause nebst Garten, zunächst
gegen geringe Vergütung zur Verfügung. Bewerber wollen ihre Gesuche
nebst nur beglaubigten Abschriften ihrer Zeugnisse an die unterzeichnete
Stelle richten.
Fulda, 14. Februar 1884. Provinzial-Vorsteheramt der Israeliten. Dr. M.
Cahn, vt. Tannenbaum." |
Offenbar war die Stelle nicht leicht zu
besetzen. Im folgenden Jahr 1885 wurde sie erneut ausgeschrieben, diesmal
mit einem höheren Gehaltsangebot von fixen 600 Mark: |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Juli 1885:
"Die Stelle eines Religionslehrers, Vorbeters und Schächters in der
israelitischen Gemeinde der an der Bebra-Frankfurter Bahn gelegenen
Kreishauptstadt Hünfeld ist sofort zu besetzen. Mit dieser Stelle ist ein
jährliches fixes Gehalt von Mark 600 und außerdem ein für das
Schächter garantiertes Einkommen von jährlich Mark 350 verbunden. Auch
steht geräumige Wohnung im Gemeindehaus nebst Garten, zunächst gegen
geringe Vergütung zur Verfügung. Bewerber haben ihre Gesuche nebst
Zeugnisse, diese in beglaubten Abschriften (nicht in Original) an die
unterzeichnete Stelle zu richten.
Fulda, 22. Juli 1885.
Provinzial-Vorsteheramt der Israeliten. Dr. M. Cahn". |
|
Während die Ausschreibung 1885 noch der
Suche nach einem Religionslehrer galt, wurde nach Genehmigung eines
israelitischen Elementarschule 1889 die Stelle für einen
Elementar-/Volksschullehrer ausgeschrieben. |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. September 1889:
"Die israelitische Elementarlehrer- und Vorbeterstelle in Hünfeld
ist alsbald zu besetzen. Mit derselben ist ein fixer Gehalt von 900 Mark
und freie Wohnung nebst Garten bei derselben verbunden. Die Versehung des
Schächterdienstes bringt ca. 400 Mark jährlich ein. Meldungsgesuche und
Zeugnisse (letztere können vorläufig unbeglaubigte Abschriften sein)
sind an die unterzeichnete Stelle zu richten.
Fulda, 18. September 1889.
Vorsteheramt der Israelit Dr. M. Cahn." |
Auf die Ausschreibung hin bewarb sich
erfolgreich Isidor Lorge aus Borken, der bis zu seiner
Zurruhesetzung Anfang 1904 in Hünfeld tätig war. Ende 1903 erfolgte
daher eine Neuausschreibung: |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. November 1903:
"Die Stelle eines Elementarlehrers und Vorbeters in der
israelitischen Gemeinde Hünfeld ist sofort zu besetzen.
Grundgehalt 1.200 Mark. Einheitssatz der Alterszulage 130 Mark.
Dienstwohnung vorhanden. Die Neben-Einnahmen aus dem Schächterdienst usw.
betragen etwa 300-400 Mark. Meldungen nebst Zeugnissen sind sofort an die
unterzeichnete Behörde zu richten.
Fulda, den 9. November.
Vorsteheramt der Israeliten." |
|
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 20. November 1903:
"Hünfeld. Elementarlehrer und Vorbeter per sofort. Grundgehalt 1.200
Mark, Alterszulage 130 Mark und Dienstwohnung. Meldungen im Vorsteheramt
der Israeliten in Fulda." |
Auf diese Ausschreibung hin bewarb sich
erfolgreich Lehrer Liebmann Braunschweiger, der bis zu seinem Tod
1935 in Hünfeld blieb. |
Lehrer Lorge engagiert sich für eine jüdische Patientin des Landeshospitals Merxhausen
(1900)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Februar 1900: "Niedenstein.
Es dürfte die Leser des ‚Israelit’ interessieren, von einer großen
Mizwah (hier: Erfüllung eines göttlichen Gebotes), die ein wahres Gemilus
chesed schel Emet (wahrhafte Wohltätigkeit) genannt zu werden
verdient, zu erfahren. Ende September 1898 starb im Landeshospital
Merxhausen eine Insassin israelitischer Konfession und wurde, da dieselbe
an einer ansteckenden Krankheit gelitten, die den Transport der Leiche aus
sanitären Gründen unmöglich gemacht, auf dem Anstalts-Friedhof
beerdigt. Auf eifriges Betreiben des Provinzial-Rabbinern, Herr Dr. Cahn
– Fulda und des Herrn Lehrer Lorge – Hünfeld wurde seitens der
Hospital-Verwaltung gestattet, dass, nachdem die sanitären bedenken
geschwunden, die Ausgrabung der Toten vorgenommen und deren Überführung
und Beisetzung auf dem hiesigen israelitischen Friedhofe stattfinden könne.
Heute wurde nun die große Mizwah zur Ausführung gebracht, um die sich
noch Herr Gustav Spiegel – Naumburg bezüglich der eigentlichen Arbeiten
sehr verdient gemacht hat. Die entstandenen Kosten hat Herr Dr. Cahn, da
die Unglückliche kein Vermögen hinterlassen, durch milde Gaben
gutherziger Menschen aufgebracht." |
25-jähriges Ortsjubiläum von Lehrer Liebmann Braunschweiger
(1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Februar 1929:
"Hünfeld, 8. Februar 1929. Lehrer Braunschweiger hier feierte letzte
Woche sein 25jähriges Ortsjubiläum. Vorher war er 14 Jahre in Godesberg
(Rhein) und Erdmannrode tätig. Die Feier zeigte, welche großer Liebe und
Achtung Herr Braunschweiger sich im Kreise seiner Gemeinde und Kollegen
erfreut. Die vielen Geschenke und Blumenspenden legten Zeugnis hierfür
ab. - Beim Sabbatgottesdienst feierte Synagogenältester Katz in einer
längeren Ansprache Herrn Braunschweiger als Lehrer und Führer der
Gemeinde. Am Sonntagnachmittag fand ein Festgottesdienst statt, bei der
Herr Provinzialrabbiner Dr. Cahn - Fulda die Festrede hielt. Lehrer
Oppenheimer - Rhina überbrachte die Grüße und Gratulation der
Israelitischen Lehrerkonferenz Hessens und des Jeschurun; Herr Berlinger -
Burghaun gratulierte im Namen seiner
Gemeinde (der Heimatgemeinde des Jubilars). Ihnen allen dankte Herr
Braunschweiger. Abends fanden theatralische Aufführungen und ein
Festessen statt." |
|
Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung"
vom 1. März 1929: "Hünfeld. (Persönliches).
Lehrer Braunschweiger beging kürzlich sein 25-jähriges Jubiläum im
Dienste der hiesigen Gemeinde, die ihrem Beamten durch Veranstaltung eines
Festgottesdienstes mit später folgendem geselligen Beisammensein de Dank
und die Anerkennung für seine treu geleistete Arbeit zum Ausdruck
brachte. Provinzialrabbiner Dr. Kahn, Fulda,
hielt die Festansprache, auch Gemeindeältester Katz sprach anerkennende
Worte. Ebenso übermittelte ein Vertreter der Israelitischen
Lehrerkonferenz Hessens dem Jubilar die Glückwünsche seiner
Amtsgenossen." |
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung" für Kassel, Kurhessen
und Waldeck"
vom 15. Februar 1929:
Ähnlicher Bericht wie in der Zeitschrift "Der Israelit"
siehe oben. |
Zum Tod des Lehrers Liebmann Braunschweiger (1935)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juli 1935:
"Hünfeld, 25. Juni (1935). Am Rosch Chodesch Siwan
(Monatsanfang Siwan = 2. Juni 1935) trugen wir unseren Lehrer L.
Braunschweiger zu Grabe. Sowohl in Hünfeld als auch in Burghaun,
wo er zur letzten Ruhe kam, hatte sich eine außerordentlich große
Trauergemeinde versammelt. Aber wir, seine Gemeinde sowie seine Familie,
haben den Verlust besonders schmerzlich zu beklagen. Braunschweiger war 34
Jahre Lehrer am hiesigen Ort. Allezeit lebte er in Frieden und
Freundschaft mit der Gemeinde, die in Ehrfurcht zu ihrem geliebten Führer
aufsah; den Kindern war er ein treuer Lehrer. Seine berufliche Tätigkeit
fand jederzeit die Anerkennung der ihm vorgesetzten Behörden. Schon an
Schabbat Chanukka vorigen Jahres erhielt Lehrer Braunschweiger den
Chawer-Titel von Herrn Provinzialrabbiner Dr. Cahn verliehen. Die beiden
Söhne des Verewigten weilen schon seit längerer Zeit in Erez Jisrael (sc.
damaliges Palästina). Infolge des Rosch Chodesch konnten Nachrufe
nicht gehalten werden. - Einfach, still und bescheiden, wie er gelebt
hatte, schied er von uns. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens. S.O.Rh. (sc. Lehrer Oppenheimer, Rhina). |
Verschiedene Mitteilungen
Abschaffung einer veralteten Bestimmung (1894)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. September 1894: Hünfeld, 2.
September (1894). In den Orten des früheren Stifts Fulda besteht noch
folgende Juden-Ordnung in Kraft: ‚Von Gottes Gnaden wir Amandus des
Heiligen Römischen Reichs Fürst und Abt des Stift Fulda pp fügen
hiermit zu wissen: §§ 33. Nachdem denen Juden eine leichte Sache ist,
mehrere christliche Untertanen zur Verbürgung und Expromission deren von
Christen zu fordern habender Schulden zu bewegen, hierunter aber die
zeitliche Wohlfahrt deren sich als Bürger oder Selbstzähler
Darstellenden großen Teils verkürzt werden kann, so wird hiermit überhaupt
verordnet, dass keiner Unserer christlichen Untertanen einige Bürgschaft
oder Expromission einzugehen und über sich zu nehmen ermächtigt sein
solle, es sei dann, dass dessen Frau dazu vor Gericht und anders nicht
ausdrücklich einwillige, ohne dass der von selbiger äußernde
Widerspruch von unseren Beamten durch ihre Gutbefinden ersetzet werden möge.
– Gegeben Fulda, den 29. Juli 1751. Amandus.’ Diese veraltete Verfügung
und Bevormundung wirkt überaus belästigend und benachteiligend auf den
Geschäftsverkehr und um diese einseitige, wohl nur im Fuldaer Land
bestehende Judenordnung zu beseitigen, wird seitens der Stadt Hünfeld an
den Herrn Justizminister eine Eingabe gerichtet werden, um denen Unterstützung
auch die Handelskammer zu Hanau angegangen ist." |
Satirischer Artikel auf den Antisemitismus (1895)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1895. "Hünfeld bei Fulda.
Was Gutes ist an dem Antisemitismus, das muss man ihm trotz Allem doch
lassen. Die zarte Rücksichtnahme auf das jüdische Kapital, die derselbe
hier bekundete, möchten wir allen Judenfeinden im Deutschen Reiche auf
das Wärmste zur Nacheiferung empfehlen. Wurde dahier vor einiger Zeit
eine Zuckerfabrik mit einem Aktienkapital von zwei Millionen begründet.
An Juden wurden Aktien des neuen Unternehmens nicht angegeben und einem
Nachkommen Sems war es selbst bei Aufwendung der größten Mühe nicht möglich,
sich in den Besitz eines solch viel versprechenden Papieres zu setzen. Die
Zuckeraktien-Gesellschaft, deren Leitung vollständig in antisemitischen Händen
lag, ist heute in Konkurs, den Passiven von Mark 2,000,000 stehen nur etwa
Mark 100,000 Aktiva = 5 %
gegenüber. 95 % des arisch teutonischen Geldes ist futsch. So
mögen
untergehen alle
deine
Feinde,
Ewiger (Richter 5,31)." |
Versammlung (Ortsgruppe) des "Centralvereins des
deutschen Staatsbürger jüdischen Glaubens" (1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung" für Kassel, Kurhessen
und Waldeck"
vom 23. Dezember 1927: "Hünfeld. Die am 5. Dezember hier
stattgefundene Versammlung des Centralvereins wies außerordentlich
zahlreiche Teilnahme aus der Gemeinde auf. Ferner waren eine Anzahl Herren
aus Burghaun erschienen. Herr
Syndikus Baer - Frankfurt am Main sprach über 'Das sichtbare und
unsichtbare Hakenkreuz' und schilderte eingehend die Schächtfragen die
nationalsozialistische Propaganda im besetzten Gebiet und unter der Jugend
sowie von antisemitischer Seite getroffenen Vorbereitungen zu den
Reichstagswahlen. Die Herren Tannenbaum und Braunschweiger
beteiligten sich an der Aussprache. Herr Tannenbaum forderte die noch
Außenstehenden auf, nicht zu vergessen, was der C.V. vor wenigen Jahren
gerade für die Gemeinde Hünfeld geleistet hat. Daraufhin meldeten sich
neue Mitglieder an." |
Spendenaufruf
Bitte um Spenden für eine arme jüdische Familie in
Hünfeld (1885)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Mai 1885: "Edle
Glaubensgenossen! Mit verzagtem Herzen wage ich es, bei der jetzt so
anspruchsvollen Zeit die Mildtätigkeit Eurer edlen Herzen wieder einmal
in Anspruch zu nehmen. In dem nahe von hier gelegenen Städtchen Hünfeld
befindet sich die ohnehin sehr arme Familie Jacob Steinberger mit Frau und
fünf Kindern, von welchen das älteste kaum 12 Jahre alt ist, in einer
sehr armseligen Wohnung und leidet Mangel an Allem. Dazu kömmt nun, dass
vorige Woche Herr Steinberger durch einen Sturz von einem Wagen sich am Fuß
derart verletzte, dass er auf lange Zeit hin unfähig ist, seinem Gewerbe
– Makler – nachzugehen. Dies Elend wurde aber damit noch gesteigert,
dass schon am folgenden Tag auch die Frau an Lungenentzündung sehr schwer
erkrankte, wodurch Mann und Frau geradezu hilflos daliegen und die armen
Kinder schreien um Brot; es ist keines da.
Die gerade nicht sehr bemittelte Gemeinde tut ja dabei ihr Möglicher,
aber das reicht noch lange nicht für das Brot der armen Kinder, viel
weniger für Arzt und Apotheke.
'Geben sollst du ihm und lass dich nicht leid sein deinem Herzen, indem
du ihm gibst' (5. Mose 15,10)
Die edlen wohltätigen Spender werden ersucht, ihre Gaben an den
Unterzeichneten anher zu schicken, Burghaun am Lag Baomer (18. Ijjar) 5645
(3. Mai 1885). H. Strauß, Lehrer.
Auch wir sind gern bereit, Gaben entgegenzunehmen und weiterzubefördern." |
Berichte zu einzelnen Personen
aus der Gemeinde
Zum Tod von Betty Katz (1884)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Oktober 1884: "Nekrolog.
Burghaun, 12.
Tischri 5645. Am 1. Oktober verschied als achttägige Wöchnerin die
in unserer Gegend dahier weithin berühmte fromme Frau Betty Katz in dem
noch so jugendlichen Alter von kaum 30 Jahren. Kaum 8 Jahre verheiratet,
erwarb sich dieselbe in dem Städtchen Hünfeld, woselbst sie wohnte,
einen solchen guten Namen bei
Juden und Nichtjuden, wie es selten bei jungen Leuten jetzt zu finden ist.
Noch viel ausgedehnter aber ist ihr guter Name durch die Gerechtigkeit
und Wohltätigkeit, welche diese
stets und zwar immer im Verborgenen ausübte. Nie versagte sie einem
Klagenden ihre Hilfe und ihren beistand. Nach all diesem war sie eine
liebevolle, fromme Mutter ihren pflegebefohlenen Kindern. Möge sie dorten
im Reiche der Seligen den Lohn für ihre guten
Taten erhalten. Ihre Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Wahl von Nathan Nußbaum (Rhina) zum Vorsteher des
Kreises Hünfeld im Rabbinatsbezirk Fulda (1913)
Anmerkung: Der Rabbinatsbezirk Fulda umfasste die Kreise Fulda,
Gersfeld, Hünfeld, Hersfeld, Schmalkalden. In den einzelnen Kreisen wurden von
den jüdischen Gemeinden "Kreisvorsteher" gewählt.
Meldung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 28. November 1913:
"Hünfeld.
An Stelle des von Burghaun verzogenen Kreisvorsteher H. Speier wurde
Nathan Nussbaum in Rhina von den Gemeindeältesten einstimmig zum
Kreisvorsteher gewählt." |
Zum Tod von Sophie Strauß geb. Rothschild (1936)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juni 1936:
"Hünfeld, 29. Mai (1936). Eine wahrhaft fromme Frau hat am
23. Ijar (= 15. Mai 1936) ihre reine Seele ausgehaucht. Frau Sophie
Strauß, die der altjüdischen und vornehmen Familie Rothschild in Schlüchtern
entstammt. Im Sinne ihres eigenen Elternhauses hat sie an der Seite ihres
gleichgesinnten Gatten, den sie vor 16 Jahren verlor, ihre Kinder, 4
Söhne und 3 Töchter - ein Sohn ging leider frühzeitig dahin - zu braven
Jehudim und geachteten Menschen erzogen. Ihre Anspruchslosigkeit,
Bescheidenheit und tiefe Gottesfurcht waren vielen ein Vorbild. Ob es ihre
Tefila (Beten) war, die sie täglich gewissenhaft verrichtete, oder
das -Gebet war, das sie allabendlich sprach, bevor sie ihr müdes Haupt
zur Ruhe legte, all das floss aus ihrer reinen Gottesfurcht. Ebenso
ihre weitgehende Wohltätigkeits-Ausübung, die sich mit einer
inbrünstigen Liebe zum Land Israel schon vor Jahren zu einer
herrlichen Mizwe-Tat (Ausübung eines religiösen Gebotes)
vereinte, indem sie Jahre hindurch von ihrer Heimat aus einen bestimmten
Jehudi im Land Israel sehr reichlich unterstützte. - Jetzt stand
sie einige Wochen vor dem Abschluss ihres 80. Lebensjahres, als Gott
sie zu sich nahm. Am 25. Ijar, Sonntag, fand unter großer Beteiligung in
Burghaun (Kreis Fulda), die Beisetzung statt, bei der Herr Lehrer
Oppenheimer, Rhina, zugleich als Freund
des Hauses warme Worte sprach. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund
des Lebens." |
|
|
Foto links: Sophie
Strauß - vermutlich vor dem Gebäude der Hünfelder Synagoge. Das Foto
wurde von Elisabeth Sternberg-Siebert zur Verfügung gestellt. Nach ihren
Informationen (Mitteilung vom 12.9.2013; teilweise über eine Urenkelin
von Sophie Strauß) hat Sophie Strauß, die mit Julius Strauß verheiratet
war und in der Schloßstraße in Burghaun wohnte (ca. 1907 von
Rothenkirchen), als Witwe die letzte Zeit bei ihren beiden Kindern (Witwe
Ida Kaufherr und Salomon Strauß) in Hünfeld gelebt. Diese betrieben am
Niedertor eine Metzgerei. |
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe
und Privatpersonen
Kolonialwarenhandlung Braunschweiger wirbt
für koscheren gebrannten Kaffee (1887)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. September 1887: "Rein koscherer
gebrannter Kaffee: Ich erlaube mir den geehrten israelitischen Familien
die ergebene Anzeige zu machen, dass ich vom 1. September dieses Jahres an
durch Anschaffung einer vervollkommneten neuen Kaffee-Brenn-Maschine
instand gesetzt bin, einen rein koscher gebrannten Kaffee zu liefern, und
zwar in ½ und ¼ Pfr.-Paketen, das Pfund zu Mark 1.60 bis Mark 1.80, also
in 3 verschiedenen Qualitäten, täglich frisch gebrannt in Portfolie von
5 bis 9 Pfund franco gegen Nachnahme oder vorherige Einsendung des
Betrages nach jeder Station des deutschen Postgebietes. Bei größeren
Quantitäten an Wiederverkäufer entsprechender Rabatt nach Übereinkunft.
Es ist von Seiten so vieler echt jüdischer Hausfrauen Zweifel laut
geworden und die Frage aufgeworfen worden, und das mit Recht: ‚Ist der
gebrannte Kaffee überall richtig koscher?’ Dieser Zweifel und diese
Frage wird hinfällig, wenn die religiösen jüdischen Hausfrauen ihren
Bedarf an gebranntem Kaffee bei mir decken, und wie aus den oben angeführten
preisen zu ersehen ist, trotzdem die edelsten Kaffees brenne und billiger
verkaufe als jede Konkurrenz. Ein Versuch damit ist sicher zufrieden
stellend und für jede Hausfrau lohnend." |
Verlobungsanzeige von Klara Braunschweiger und Arthur
Stern (1930)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. April 1930:
"Klara Braunschweiger - Arthur Stern.
Verlobte.
Hünfeld - Bad
Schwalbach. Nissan 5690 (= März/April 1930) |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst fanden die Gottesdienst in Beträumen
jüdischer Wohnhäuser statt. 1860 war der Betsaal in einem alten, baufällig
geworden Haus. In diesem Jahr wurde ein Synagogenbau genehmigt, doch waren die
Gemeindemitglieder so arm, dass sie die Mittel dafür nicht aufbringen konnten. 1868
baten die Gemeindeältesten Israel Weinberg und Heinemann Plaut den preußischen
König um eine finanzielle Beihilfe zum Bau der Synagoge. Wenig später konnten
eine Synagoge sowie ein Gemeinde-Schulhaus erstellt werden. Beides fiel
allerdings einem Brand am 28. September 1886 zum Opfer:
Brand der Synagoge am 28. September 1886 und Spendensammlung für den
Wiederaufbau 1887
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. März 1887:
"Hünfeld, Datum des Poststempels. Teuerste Glaubensgenossen.
Wohl sind wir uns bewusst, wie so oft die jüdische Wohltätigkeit in
Anspruch genommen wird und wie mannigfach der Ruf um Unterstützung an
Euch herantritt. Aber wann hätten sich die Kinder Israels Grenzen setzen
lassen, um fürder wohltätig zu wirken. Es ist ja bekannt, Israel
Wohltätigkeit kennt keine Grenzen, besonders da nicht, wo es einsieht,
dass Hilfe in Wirklichkeit Not tut.
In dieser hilfsbedürftigen Lage befindet sich unsere Gemeinde.
Am 28. September vorigen Jahres gerade am Vorabend zu Erew Rosch Haschana
(Tag vor dem Neujahrsfest) bei dem ersten großen Brande, der hier
wütete, hat uns das große Unglück getroffen, dass unsere Synagoge,
sowie Gemeinde-Schulhaus ein Raub der Flammen geworden sind. Beide
Gebäude sind bis zum Grunde niedergebrannt und konnten mit knapper Not
und Lebensgefahr nur die heiligen Torarollen gerettet werden.
Teuere Glaubensbrüder und Schwestern! unser Los ist sehr traurig: wir
sind nicht imstande, wenn nicht fremde Hilfe kommt, das Gotteshaus und
Schulhaus wieder aufzubauen. Wir waren stets bemüht, wo sich Not zeigte,
zu helfen, unsere Hände waren stets offen bei jedem allgemeinen Aufruf
und nun sind wir leider in der sehr traurigen Lage, unseren teueren
Glaubensbrüdern die Hand bittend und hilfesuchend entgegenstrecken zu
müssen. Jede Gabe wird dankend angekommen, die Unterzeichneten sind
sämtlich berechtigt und bereit, Gaben in Empfang zu nehmen. Den Empfang
werden wir seinerzeit mit Gottes Hilfe in jüdischen Blättern quittieren.
J. Plaut, Kontrolleur. H. Fürst, Kassierer. M.
Stern, Vorsteher der israelitischen Gemeinde.
Ich bestätige den geschilderten Notstand der israelitischen Gemeinde
Hünfeld und die Dringlichkeit allseitiger Unterstützung zur Ausführung
ihres Werkes.
Fulda, im März 1887. Dr. M. Cahn.
Auch wir sind gern bereit, Gaben entgegenzunehmen und weiterzubefördern.
Die Expedition des 'Israelit'. |
In Anzeigen der Zeitschrift "Der
Israelit" wurde regelmäßig von eingehenden Spenden für den
Wiederaufbau der Synagoge in Hünfeld berichtet: |
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in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Februar 1887:
"Für den Wiederaufbau der abgebrannten Synagoge in Hünfeld. Von
Ungenannten 20 Mark." |
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in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. März 1887: "für
den Synagogenneubau in Hünfeld. Durch Frau Eva Baumblatt in Würzburg
gesammelt bei der Verlobung der Fräulein Sophie Freudenthal von Theilheim
mit J.A. Lock in Mussenhausen 10 Mark. (An den Kultusvorstand zu Hünfeld
eingesandt.). |
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in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Mai 1887: "Für
den Wiederaufbau der abgebrannten Synagoge in Hünfeld. Anonym
5 Mark. Stuttgart. J.M. Levi 5 Mark." |
Nicht bekannt ist, wie weit der Neubau der Synagoge war, als
der verheerende Stadtbrand in Hünfeld am 29. Oktober 1888 den gesamte Stadtkern
zerstörte. Jedenfalls dürfte die Einweihung einer neuen Synagoge dadurch
wesentlich verzögert worden sein.
Aus der Geschichte der schließlich wieder erbauten Synagoge (auch das
Einweihungsdatum konnte noch nicht festgestellt werden) wird in den
überregionalen jüdischen Zeitschriften einmal von einem besonderen Ereignis
berichtet, der Einweihung einer neuen Torarolle 1904:
Einweihung einer Torarolle 1904
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 21.
Oktober 1904: "Fulda. Nur selten liest man in ihrer geschätzten
Zeitschrift einen Bericht über das jüdische Leben berührende Ereignisse
in unserer Stadt und in unserem Rabbinatsbezirke und doch gibt es hin und
wieder Interessantes zu verzeichnen. Am ersten Tage Chol-Hamoed schel
Sukkos (Halbfeiertag von Sukkot) wurde in der Nachbargemeinde Hünfeld durch Herrn
Provinzial-Rabbiner Dr. Cahn hier eine Toraweihe vollzogen. An der Feier
in der Synagoge nahm auch der Königliche Herr Landrat teil." |
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge in
den frühen Morgenstunden des 10. November 1938 niedergebrannt. Die anwesende
Feuerwehr beschränkte ihren Einsatz auf den Schutz der Nachbargebäude.
Das Grundstück der ehemaligen Synagoge ist heute ein privates Grundstück mit
Garage.
Adresse/Standort der Synagoge: Gartenstraße
21 (bei Arnsberg und im Gefolge anderer Publikationen
ist noch Bahnhofstraße
7 angegeben)
Fotos
Synagogenstandort und
Gedenktafel
(Fotos: Hartmut Zimmermann, Hünfeld) |
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Text der
Gedenktafel: "Ehemalige Synagoge - Gartenstraße. Hier stand die
Synagoge der jüdischen Gemeinde von Hünfeld.
In der sogenannten Reichskristallnacht vom 9. zum 10. November 1938 wurde
die Synagoge durch das von den Nationalsozialisten in ganz Deutschland
organisierte Pogrom zerstört.
Heute erinnert eine Gedenktafel in der Rathausstraße (ehemaliges
Judengäßchen) an die jüdischen Mitbürger der Stadt Hünfeld vor dem
Zweiten Weltkrieg. STADT HÜNFELD". |
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Gedenktafel am Rathaus (von
1985)
(Fotos: Hartmut Zimmermann, Hünfeld) |
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Text der
Gedenktafel: "In Erinnerung an die ehemaligen jüdischen Mitbürger
von Hünfeld, die Opfer der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus
geworden sind. 1933-1945. Der Magistrat der Stadt Hünfeld.
1985". |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Juli 2009:
Auch in Hünfeld sollen "Stolpersteine"
verlegt werden |
Artikel in der "Fuldaer Zeitung"
vom 7. Juli 2009 (Artikel):
"Stolpersteine" künftig auch in Hünfeld.
HÜNFELD Künftig sollen auch in Hünfeld so genannte Stolpersteine im Pflaster an die früheren jüdischen Mitbürger der Stadt erinnern.
Die "Stolpersteine" mit einer Metallplatte, die auf eine Idee des Künstlers Gunter Demnig zurückgehen, finden sich inzwischen in über 400 deutschen Städten und Gemeinden. In Osthessen waren sie im vergangenen Jahr in
Lauterbach verlegt worden, vor wenigen Wochen entschlossen sich auch die Gemeindevertreter in
Flieden, die Idee zu verwirklichen...".
Zu den "Stolpersteinen" siehe Informationen über: www.juedspurenhuenfelderland.de/die-opfer-des-holocaust/ |
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Oktober 2009:
Die ersten "Stolpersteine" werden verlegt |
Artikel von Claudia Köhler in der
"Fuldaer Zeitung" vom 19. Oktober 2009 (Artikel): "Pflastersteine sollen an ermordete Juden erinnern
HÜNFELD In Hünfeld werden 14 neue Stolpersteine verlegt, die an die antisemitischen Verbrechen an Juden erinnern sollen..."
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Artikel von Johannes
Heller in der "Fuldaer Zeitung" vom 23. Oktober 2009 (Artikel
mit zahlreichen weiteren Fotos):
"14 "Stolpersteine" erinnern an Hünfelder Juden.
HÜNFELD Er arbeitet beinahe wie am Fließband: der Künstler Gunter Demnig, der mit seiner Idee der Stolpersteine inzwischen in vielen Städten in ganz Europa Spuren hinterlassen hat – und am Freitag auch in Hünfeld Station machte..."
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August 2010:
Die "Stolpersteine" werden
offiziell präsentiert |
Anmerkung: Die Stadt Hünfeld übergab
die im Jahr zuvor verlegten "Stolpersteine" im Rahmen des
Gaalbern-Festes in einer Feierstunde offiziell der Öffentlichkeit. Dies
war eine Besonderheit wegen des Ehrengastes Alfred
Strauss. |
Artikel von Sabrina Mehler in der "Hünfelder Zeitung" vom 22.
August 2010 (Artikel):
"Zuschauer zu Tränen gerührt
HÜNFELD Mehr als 25 000 Stolpersteine erinnern in über 500 Städten in ganz Europa an die Opfer des Nazi-Regimes. Am Sonntag wurden in Hünfeld 14 weitere Stolpersteine offiziell präsentiert.
Die etwa 100 Zuhörer waren sichtlich gerührt, als der gebürtige Hünfelder Alfred Strauss vom Schicksal seiner Familie sprach.
'Wir können das Rad der Geschichte nicht zurückdrehen', sagte Bürgermeister Dr. Eberhard Fennel (CDU) bei der Präsentation der Plaketten in der Töpferstraße. Das grausame Unrecht dürfe jedoch niemals in Vergessenheit geraten, die Steine seien deshalb Mahnung und Aufforderung, niemals wieder einen Holocaust zuzulassen..." |
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Januar 2011:
Eine Publikation über die
"Stolpersteine" in Hünfeld ist erschienen |
Pressemitteilung des Magistrats der Stadt
Hünfeld vom 10. Januar 2011 (Quelle: pressemeldung-hessen.de):
"Hünfeld: Dr. Fennel – Nicht dem Vergessen preisgeben. Stadt Hünfeld stellt kleinen Führer zum Projekt
'Stolpersteine' vor
Hünfeld. Zu dem Projekt 'Stolpersteine', mit dem an die 14 Hünfelder Juden erinnert werden soll, die während der NS-Diktatur ermordet wurden, hat die Stadt Hünfeld jetzt einen kleinen Führer herausgegeben. Wie Bürgermeister Dr. Eberhard Fennel dazu betont, sollen diese Stolpersteine an jüdische Mitbürger erinnern, die durch ihre Ermordung während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft keine Gräber haben.
Der kleine Führer ist kostenlos im Bürgerbüro sowie im I-Punkt am Bahnhof erhältlich.
Der kleine Führer zeigt die Standorte der Wohnhäuser der früheren jüdischen Familien im Stadtgebiet auf, vor denen im Gehweg in Form von kleinen Messingwürfeln
'Stolpersteine' durch den Künstler Gunter Demnig verlegt worden waren. Die Initiative dazu hatte der junge Hünfelder Bastian Nitzschke ergriffen. Unterstützt wurde er dabei von Elisabeth Sternberg-Siebert aus Burghaun, die sich um die Erforschung des jüdischen Lebens im Hünfelder Land große Verdienste erworben hat, berichtet der Bürgermeister.
Der Flyer erinnert auch an die bewegende Gedenkfeier im Rahmen des 700-jährigen Jubiläums der Stadtrechte Hünfeld, mit der die Gedenksteine seinerzeit der Öffentlichkeit übergeben worden waren. Damals sprach der heute in New York lebende gebürtige Hünfelder Jude Alfred Strauss das Totengebet.
Bürgermeister Dr. Fennel, der gemeinsam mit Stadtverordnetenvorsteher Dietmar Weidenbörner damals zu Ehren der Opfer Rosen an den Stolpersteinen niedergelegt hatte, erklärte seinerzeit, dass man das Rad der Geschichte nicht zurückdrehen könne. Niemand könne dieses unbeschreibliche, grausame Unrecht an Millionen jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger in Europa wiedergutmachen.
'Was wir tun können und tun müssen, ist, all dies nicht in Vergessenheit geraten zu lassen – zur Mahnung und zugleich als Auftrag für Generationen, nie mehr einen Holocaust in Deutschland und darüber hinaus
zuzulassen'.
Es sei schmerzvoll, aber wichtig, sich auch dieses Teils der Geschichte zu erinnern. Deshalb würden die Stolpersteine künftig auch bei Stadtführungen in Hünfeld ein Thema sein. Er sei dankbar, dass auch das Konrad-Zuse-Museum mit Stadt- und Kreisgeschichte einen eigenen Ausstellungsbereich dem jüdischen Leben im Hünfelder Land gewidmet habe. Wer diese Ausstellung besuche, werde feststellen, dass mit den Verbrechen in der Nazizeit auch ein Teil des kulturellen und wirtschaftlichen Lebens der Stadt unwiederbringlich ausgelöscht worden sei. Jüdische Mitbürger hätten über Jahrhunderte auch in Hünfeld Verantwortung in der Gesellschaft übernommen, hätten gelebt, gearbeitet, gefeiert und Kinder groß gezogen. Viele freundschaftliche Kontakte hätten christliche und jüdische Hünfelder Bürger miteinander verbunden. Nur aufgrund der religiösen Unterschiede seien die jüdischen Mitbürger in der Zeit des Dritten Reichs schikaniert, entrechtet, in den Tod getrieben und schließlich ermordet worden. Für ihn sei es ein tief beeindruckendes Erlebnis gewesen, dass trotz dieser Geschichte der gebürtige Hünfelder Jude Alfred Strauss aus tiefer Überzeugung bekannt habe, dass Hünfeld nach wie vor bis heute seine Heimatstadt sei." |
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April 2017:
Die "Stolpersteine" werden
gereinigt |
Artikel von Toni Spangenberg in move36.de
vom April 2017: "Hünfelder Leos polieren die Erinnerung an den Holocaust
auf
Die Stolpersteine in Hünfeld sind wieder blitzblank. Dafür haben der Lions
und die Hünfelder Leos gesorgt. Warum? Erfahre hier die Hintergründe zur
außergewöhnlichen Putzaktion.
Die Aktion zeugt vom Respekt gegenüber den deportierten Juden während der
Nazi-Herrschaft. Überall in der Stadt finden sich die jetzt wieder
glänzenden Steine mit den Namen und Deportationsdaten der verfolgten Juden.
Durch sie werden wir auf unserem Weg durch die Stadt tagtäglich an den
Massenmord der Nazis an den Juden erinnert. Seit fast acht Jahren gibt es
die Steine jetzt schon in Hünfeld – insgesamt 14 Stück. Der Erfinder, der
Kölner Bildhauer Gunter Demnig, hat sie persönlich vor die letzten Häuser
der Holocaustopfer gesetzt. Gereinigt wurden sie nie – bis jetzt. Die Lions
und Leos aus Hünfeld haben die Sache übernommen. 'Für ein Objekt, das
auffallen und ins Auge stechen soll, sind die Steine in einem erbärmlichen
Zustand', erklärt Martin Ebert, Vorstand des Lions Club Hünfeld. Mit einem
riesengroßen Aufwand seien sie 2009 eingeweiht worden. Seitdem sei nichts
passiert. Sie verwitterten, wurden schwarz und stumpf.
'Mit der Aktion sollen auch jüngere Menschen für die Geschichte
sensibilisiert werden. Dieses Bewusstsein für das Gedenken muss man bei den
Jüngeren wecken.' Damit bei der Reinigung nichts kaputt geht, hat sich Ebert
vorher mit dem Künstler ausgetauscht. Mit Stahlwolle und Scheuermilch
bewaffnet starteten die sechs Freiwilligen die Aktion. In Zukunft sollen
andere Jugendorganisationen in Hünfeld die Putzaktion fortführen, wie zum
Beispiel die Pfadfinder oder die Jugendfeuerwehr. So würden die
Stolpersteine jedes Jahr aufpoliert. 'In letzter Zeit sind sie einem
überhaupt nicht mehr aufgefallen. Der optische Reiz fehlte durch den Schmutz
einfach.'
Die Ermordeten. Die Stolpersteine verraten, welche jüdische Familie
früher einmal am jeweiligen Ort gewohnt hat. Sie zeigen, wann die Menschen
in Konzentrationslager deportiert und schließlich kaltblütig ermordet
worden. Familie Strauss zum Beispiel überlebte den Holocaust nahezu
komplett. Emelie Strauss erlebte die Wiedervereinigung mit ihren Verwandten
nicht mehr. Die Gestapo verhaftete sie im Mai 1943 in Amsterdam. Emelie
wurde deportiert und in Sobibor von den Nazis ermordet. Mehr über die
tragischen Schicksale der Hünfelder Juden erfährst du auf der Seite 'Auf den
Spuren jüdischen Lebens im Hünfelder Land'."
Link zum Artikel |
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Oktober 2020:
Weitere Putzaktion für die
"Stolpersteine" |
Artikel in der "Fuldaer Zeitung" vom Oktober
2020: "Gespräche mit Passanten. Leo-Club putzt Stolpersteine in Hünfeld
wieder blank
Zum wiederholten Mal hat sich kürzlich der Leo-Club Hünfeld um die Reinigung
der 14 in Hünfeld verlegten Stolpersteine gekümmert, deren
Messingoberflächen im Laufe der Zeit wieder dunkel angelaufen waren und
dadurch kaum noch ins Auge fielen.
Hünfeld - Die Stolpersteine erinnern an jüdische NS-Opfer, die in
Hünfeld gelebt haben, bevor sie deportiert und ermordet wurden. Die
Gedenksteine wurden im Jahr 2010 in den Bürgersteigen vor den ehemaligen
Wohnhäusern der jüdischen Mitbürger an fünf Stellen in der Hünfelder
Innenstadt verlegt.
Leo-Club putzt Stolpersteine in Hünfeld. Ausgerüstet mit Wasser,
Reinigungspaste und Putzschwämmen rückten nun die Leo-Mitglieder Josefine
Hering (Präsidentin), Ellen Schmitt und Moritz Deisenroth, unterstützt von
Dr. Leonhard Hering, dem ehemaligen Präsidenten des Lions-Clubs, der Patina
der Steine zu Leibe und ließen ihre messingfarbene Oberfläche wieder zum
Vorschein kommen. Die Leos kamen dabei auch mit vielen interessierten
Passanten ins Gespräch, die selbst schon eine Reinigung der Stolpersteine
erwogen hatten und die gute Aktion der Leos nachdrücklich lobten.
Stolpersteine zum Gedenken an die NS-Opfer fehlen in Fulda aktuell noch.
(zi)"
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
 | Germania Judaica II,1 S. 372. |
 | Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 403-405. |
 | Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 22-23. |
 | Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 448-449. |
 | Monica Kingreen: Von Hünfeld über Kassel in das Ghetto Riga, in: Jahrbuch 2004, hrsg. Vom Kreisausschuss des Landkreises Kassel, Kassel 2003, S. 134-140. |
 | Elisabeth
Sternberg-Siebert: Jüdisches Leben im Hünfelder Land: Juden in Burghaun.
Verlag Michael Imhof, Petersberg 2008. ISBN 978-3-932526-14-5 (2. erweitere
Auflage). 320 Seiten mit zahlreichen Abbildungen. 22.00 € Weitere
Informationen auf pdf-Datei.
vgl. auch Website
von Elisabeth Sternberg-Siebert (mit Seiten u.a. zu Buchenau, Burghaun,
Hünfeld, Wehrda) . |
 | dies.: Jüdisches Leben im Hünfelder Land - Die Familie
Joseph Strauss in Hünfeld / Jewish Life in the County of Huenfeld - The
Joseph Strauss Family in Huenfeld. Verlag Parzeller. Fulda 2006,
zweisprachig mit zahlreichen Abbildungen. ISBN 978-3-7900-0387-1.
15.80 €
vgl. auch Website von
Elisabeth Sternberg-Siebert mit Seiten zu den jüdischen Familien in
Hünfeld zu Beginn des Jahres 1933.
|
 | Juden in Deutschland
und 1000 Jahre Judentum in Fulda.
hrsg. von Michael Imhof. Zukunft Bildung Region Fulda e. V.
Erschienen im Michael Imhof Verlag
Petersberg 2011.
24 x 30 cm, 440 Seiten, 700 S/W und 200 Farbabbildungen, Hardcover. ISBN 978-3-86568-673-2
(D) 44,00 € CHF 62,90 (A) 45,25 €
Zu Hünfeld Beitrag nach Elisabeth Sternberg-Siebert S. 334-339. |
 | Michael
Imhof: 400 Jahre Juden in der Rhön. Herausgegeben von Zukunft Bildung Region Fulda e. V.
21 x 29 cm, 344 Seiten, 562 Farb- und 59 S/W-Abbildungen, Klappenbroschur. ISBN 978-3-7319-0476-2
(D) 39,95 €, (A) 41,10 €, CHF 45,90.
Erschienen im Michael Imhof-Verlag.
Informationsseite
zur Publikation mit Downloads und "Blick ins Buch"
Seit 400 Jahren waren Juden in den Landstädten und Dörfern der hessischen Rhön urkundlich verbürgt. Ende des Mittelalters und noch zu Beginn der Frühen Neuzeit aus ihren angestammten Wohngebieten vertrieben, fanden viele von ihnen auf den Territorien von Ritterschaften und der Universität Würzburg auch in der Rhön eine neue Bleibe. Erst mit der rechtlichen Gleichstellung der Juden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte für sie ein wirtschaftlicher und sozialer Prozess ein, der den Namen Emanzipation verdient. In den Gemeinden der Rhön wurden sie zu wesentlichen Wegbereitern der Moderne. Dieser Entwicklung stellte sich ein zunehmender Antisemitismus schon in der Kaiserzeit entgegen. Als mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 der Judenhass zum Regierungsprogramm wurde, begann auch für die in der Rhön lebenden Juden eine Zeit der Demütigungen und Verfolgungen mit dem Ziel ihrer Vertreibung und
Vernichtung. |

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Huenfeld
Hesse-Nassau. Established in the 18th century, the community rebuilt its
synagogue after a fire in 1886 and numbered 126 (7 % of the total) in 1885. A
branch of the Jewish War Veterans Association was established in 1925. Twenty
jews were arrested by the Gestapo in 1935 and the community (numbering 55 in
1933) experienced a reign of terror. On Kristallnacht (9-10 November
1938), the synagogue was destroyed. By 1939 only 12 Jews remained, 25 having
emigrated. The last 11 Jews were deported to the Theresienstadt ghetto in
September 1942.

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