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Heppenheim
an der
Bergstraße (Kreis Bergstraße)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Heppenheim an der Bergstraße lebten jüdische Personen bereits im Mittelalter.
Ob es zur Bildung einer Gemeinde mit eigenen Einrichtungen kam, ist nicht
bekannt. Die Stadt gehörte von 1232 bis 1803 zum Erzbistum Mainz, war eine der
neun Städte des Mainzischen Oberstifts, von 1461 bis 1623 an die
Pfalzgrafschaft verpfändet. 1333 ließ ein Jude Jacob von Heppenheim ein
Darlehensgeschäft in die Frankfurter Gerichtsbücher eintragen. 1336
verpflichteten sich die Juden zu Weinheim,
Heppenheim und Bensheim
auf drei Jahre, ihre Wohnsitze nicht ohne Erlaubnis des Erzbischofs zu
verlassen. Bei der Judenverfolgung während der Pestzeit 1348/49 wurde
das jüdische Leben in der Stadt vernichtet. In der 2. Hälfte des
14.Jahrhunderts und im 15. Jahrhundert hört man nur vereinzelt von jüdischen
Personen in Heppenheim. 1429 ließ Erzbischof Konrad III. von Mainz alle
erzstiftischen Juden inhaftieren und ihre Güter konfiszieren. Dies traf auch
die Heppenheimer Juden. Erst Mitte des 16. Jahrhunderts hört man wieder
von zwei Juden in Heppenheim.
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in das 17. Jahrhundert zurück.
1668 werden zwei Juden in der Stadt genannt (Jurisdiktionalbuch des Oberamtes
Starkenburg nennt für dieses Jahr die Juden Judell und Mayer in Heppenheim, die
30 Gulden Schutzgeld im Jahr zu bezahlen hatten). Im Jahr 1700 wurden 10 jüdische Einwohner gezählt.
Im 18. und 19. Jahrhundert nahm die Zahl der jüdischen Einwohner stetig
zu: 1806 56 jüdische Einwohner (1,7 % von insgesamt 3.190 Einwohnern), 1828 77
(2,1 % von 3.654), 1861 119 (2,7 % von 4.625), 1890 148 (2,8 % von 5.293), 1900
111 (1,9 % von 5.779, etwa 40 jüdische Familien), 1910 115 (1,6 % von 7,033).
Demnach ging seit den 1890er-Jahren die Zahl der jüdischen Einwohner in
Heppenheim durch Aus- und Abwanderung wieder deutlich zurück.
Bis Mitte des 19. Jahrhunderts lebten die jüdischen Familien überwiegend vom
Handel mit Vieh und Landesprodukten. In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts
wurden von ihnen mehrere Handlungen und Gewerbebetriebe in der Stadt eröffnet,
die teilweise große Bedeutung für das wirtschaftliche Leben hatten. 1856 gab
es ein Zigarrengeschäft der Gebr. Morgenthau aus Mannheim, nach 1900 bestand
ein größeres Manufakturwarengeschäft mit Bankgeschäft (Wilhelm Wolf
Mainzer), eine jüdische Arztpraxis (Dr. Frank), zwei jüdische Metzger, ein
kleines Spezereiwarengeschäft sowie mehrere Viehhandlungen, Mehl- und
Getreidehandlungen sowie eine Weingroßhandlung.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge, eine
Religionsschule und ein rituelles Bad (Bosengasse 8, Gebäude erhalten siehe
Fotos). Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden auf dem Verbandsfriedhof in Alsbach
beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe
Ausschreibungen der Stelle unten). Die Gemeinde gehörte zum orthodoxen Rabbinat
Darmstadt II.
Im Ersten Weltkrieg beklagte die jüdische Gemeinde den Soldatentod
zweier ihrer Mitglieder: David Frank (geb. 1.11.1894 in Heppenheim, gef.
24.8.1916) und Unteroffizier Friedrich Frank (geb. 18.12.1891 in Heppenheim,
gef. 4.10.1915). Außerdem ist gefallen: Unteroffizier Julius Stern (geb.
4.4.1887 in Heppenheim, vor 1914 in Gelsenkirchen wohnhaft, gef. 23.12.1914).
Um 1925, als in Heppenheim wieder etwa 124 Personen zur jüdischen
Gemeinde gehörten (1,6 % von insgesamt 7.693 Einwohnern), gehörten dem Vorstand
der Gemeinde an: M. Sundheimer, Josef Frank, Alex Goldschmidt. Als Lehrer,
Kantor und Schochet war Nathan Friedmann tätig (insgesamt von vor 1908
bis 1938). Er erteilte auch Religionsunterricht für die damals 20
schulpflichtigen jüdischen Kindern (u.a. in der Oberrealschule in Heppenheim).
Um 1932 ist als Vorsitzender der Gemeinde Dr. Frank eingetragen. Als jüdischer
Verein wird der "Frauenbund" genannt, der im Bereich der
Wohlfahrtspflege engagiert war.
Nach 1933 ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder (1933: 113
Personen) auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen
beziehungsweise ausgewandert. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge
zerstört (s.u.); es kam in der Stadt zu einem gewaltsamen Pogrom: etwa 200 bis
300 Personen zogen in der Pogromnacht zum 10. November 1938 durch die Stadt und
demolierten und plünderten die Wohnungen und Geschäfte der noch in Heppenheim
lebenden jüdischen Familien (Bertold Mainzer, Friedrichstraße; Jakob Mainzer,
Karl David, Markus Hirsch und der Familie Meier-Sundheimer). Im Mai 1939 lebten
noch 37 jüdische Personen in Heppenheim. Zu Beginn der Deportationen starb
Fanny Scotti geb. Belmonte an Suizid. Im September 1942 wurden die letzten jüdischen
Einwohner Heppenheims deportiert.
Von den in Heppenheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"; ergänzt durch einige Namen
vom Denkmal am Synagogenplatz): Mathilde Adler geb. Sundheimer (1879), Leo
Bach (1881), Rosa Bach geb. David (1885), Helmut Baruch (1915) Friederike Bloch
geb. Mayer (1882), Charlotte Blum geb. Mainzer (1875), Louis Bodenheimer (1876),
Stefanie Cahn (1895), Betty Fernheimer geb. Stern (1883), Ernest Fischel (1918),
Sophia Fischer geb. Bär (1872), Henriette (Jettchen, Hedwig) Friedheim geb.
Kanstein (1875), Bertha Fuld geb. Joseph (1877), Bertha Goldschmidt (1869),
Helene Groß geb. Salomon (1856), Selma Herz geb. Salomon (1894), Bertha Hirsch
(1862), David Hirsch (1883), Erna Hirsch (1920), Klara Hirsch (1887), Leo Hirsch
(1887), Selma Hirsch geb. Frank (1896), Philipp Kuhn (1893), Herbert
Lichtenstein (1932), Kurt Lichtenstein (1929), Lina Lichtenstein geb.
Lachenbruch (1899), Moritz Lichtenstein (1894), Bertha Mainzer geb. Morgenthau
(1882), Berthold Mainzer (1877), Jakob Mainzer (1874), Albert Marx (1893), Lucia
Mayer (1903), Mathilde Mayer geb. Simon (1887), Max Mayer (1886), Ernst-Ludwig
Meyer (1917), Helene Meyer geb. Cohen (1879), Franziska Morgenthau (1888),
Hedwig Morgenthau (1882), Julie Morgenthau geb. Klein (1864), Johanna Mathilde
Oberndorf geb. Hirsch (1887), Paula Opper geb. Marx (1890), Rebekka Sander geb.
Mayer (1870), Bertha Schwarz geb. Hirsch (1861), Fanny Scott geb. Belmonte
(1873), Adolf Stern (1878), Jakob Strauss (1906), Erna (Emma) Strauß geb.
Selig (1895), Margot Strauß (1920), Eva Sundheimer (1923), Ida Sundheimer geb.
Rothschild (1885), Ludwig Sundheimer (1919), Maier Sundheimer (1881).
An einige der genannten Personen erinnern auch "Stolpersteine"
in Heppenheim (erste Verlegung am 17. November 2014 für sieben Mitglieder der
Familie Sundheimer in der Lehrstraße 3, siehe Pressebericht unten; weitere
Verlegung November 2015 s.u.).
Achtung: einzelne der oben genannten Personen könnten auch aus Heppenheim
a.d. Wiese stammen!
Auf einem Denkmal auf dem Grundstück der 1938 zerstörten Synagoge
stehen die Namen der von Heppenheim aus deportierten jüdischen Personen (siehe
Foto unten).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1869 / 1871 /
1875 / 1881 / 1904
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
14. April 1869: "Konkurrenzeröffnung.
Die Stelle eines israelitischen Religionslehrers und Vorsängers, mit
welcher gleichzeitig das Schächteramt verbunden, ist erledigt, und soll
mit dem 1. Juli laufenden Jahres anderweitig besetzt werden. Mit dieser Stelle ist
ein fixer Gehalt von 350 Gulden nebst freier Wohnung und circa 150 Gulden
- Akzidenzien verbunden, und es werden Bewerber um dieselbe aufgefordert,
unter Vorlage ihrer Zeugnisse binnen vier Wochen sich zu melden.
Heppenheim, am 1. April 1869. Für den
israelitischen Vorstand: Moses J. Hirsch. B. Hirsch. S.
Bodenheimer." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Dezember 1869: "Konkurrenzeröffnung.
Die Stelle eines israelitischen Religionslehrers und Vorsängers, mit
welcher gleichzeitig das Schächteramt verbunden, ist erledigt, und soll
mit dem 1. Januar 1870 anderweitig besetzt werden. Mit dieser Stelle ist
ein fixer Gehalt von 300 Gulden nebst freier Wohnung und circa 175 Gulden
Akzidenzien verbunden, und es werden Bewerber um dieselbe aufgefordert,
unter Vorlage ihrer Zeugnisse binnen 14 Tagen sich zu melden.
Heppenheim a.d. Bergstraße, den 9. November 1869. Für den
israelitischen Vorstand Moses Löb Hirsch. B. Hirsch." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. November 1871: "Konkurrenzeröffnung.
Die Religionslehrer- und Vorsängerstelle dahier, mit welcher das Schächteramt
verbunden, ist erledigt und kann bis 1. März kommenden Jahres wieder
besetzt werden. Der Gehalt als Lehre rund Vorsänger beträgt jährlich
325 Gulden – nebst Akzidenzien und circa 50 Gulden Nebenverdienst, sowie
freier Wohnung mit Bett und die Gebühren als Schächter werden zu 150
Gulden – angeschlagen.
Konkurrenzfähige Bewerber um diese Stelle wollen sich binnen 4 Wochen
unter Vorlage ihrer Zeugnisse an den unterzeichneten Vorstand wenden.
Heppenheim, am 6. November 1871. Für den israelitischen Vorstand. M.
L.
Hirsch." |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Februar 1875: "Konkurrenzeröffnung.
Die israelitische Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle
dahier, womit ein jährlicher Gehalt von 400 Gulden fix und 250 bis 300
Gulden Nebenakzidenzien nebst 15 Gulden für Anschaffung des
Heizungsmaterials und freie Wohnung verbunden, ist erledigt und soll durch
einen tüchtigen Lehrer bis 1. Januar 1875 wieder besetzt werden. Bewerber
um diese Stelle wollen sich innerhalb 14 Tagen unter Vorlage ihrer
Zeugnisse bei dem unterzeichneten Vorstande melden.
Heppenheim a.d.B., im Dezember 1874. Für den israelitischen Vorstand: B.
Hirsch, Salomon Stern, S. Bodenheimer". |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Juli 1881: "Die hiesige
Stelle eines Vorbeters, Religionslehrers und Schächters ist in Erledigung
gekommen und soll wieder bis zum 20. Oktober 1881 besetzt werden. Fixer
Gehalt 700 Mark, Nebenverdienste 500 Mark. Inländische Bewerber wollen
sich an den Unterzeichneten wenden. Heppenheim, 20. Juli 1881. Der
Vorstand Feist Stern." |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. November 1904: "Die Stelle
eines Religionslehrers, Kantors und Schochets, verbunden mit der
Religionslehrerstelle an der Realschule und mit sicherem Einkommen von
1.600 Mark ist alsbald durch einen seminaristisch gebildeten Lehrer zu
besetzen. Bewerber belieben sich unter Angabe ihres Lebenslaufes und
Beilage ihrer Zeugen an den Unterzeichneten zu wenden.
F. Sundheimer, Heppenheim an der Bergstraße." |
Bericht über das gute Verhältnis zwischen
Christen und Juden in Heppenheim anlässlich der Eheschließung von Lehrer M. Oppenheimer (1891)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Juli 1891: "Heppenheim. In der gegenwärtigen bewegten Zeit, da antisemitische
Heißsporne kein Mittel – und mag es noch so verwerflich sein –
verschmähen, den konfessionellen Frieden zu stören, ist es doppelt
wohltuend, wahrzunehmen, wie rechtlich denkende und rechtlich handelnde Männer
ihren Abscheu gegen der Frevler Streben unverblümt zum Ausdruck bringen.
Ungeachtet der Erfolge, die die weltbeglückenden Reichstagsabgeordneten
Pickenbach und Zimmermann in unserem lieben Hessenlande errungen, hat der
gesunde Sinn der Bewohner unseres Städtchens keinen Schiffbruch erlitten.
Vor einigen Wochen lenkte unser Lehrer, Herr Oppenheimer, sein Schifflein
in den Hafen der Ehe. Von der Hochzeitsreise kommend, wurde ihm schon am
Bahnhofe seitens eines christlichen Kollegen ein herzlicher Willkommengruß
entboten. Freitagabend begab sich der hiesige Gesangverein, der die Elite
unseres Städtchens zu seinen Mitgliedern zählt, in die Wohnung unseres
Herrn Lehrers und brachte dem jungen Ehepaare ein Ständchen. Sichtlich
gerührt, dankte derselbe in schönen, beifällig aufgenommenen Worten und
schloss mit dem Wunsche, dass das harmonische Verhältnis zwischen den
Bekennern verschiedener Konfessionen nicht getrübt werden möge. Diese
Auszeichnung, die unserem wackeren Lehrer erwiesen worden, ist ebenso
ehrend für denselben, als erfreuend für uns." |
Lehrer M. Oppenheimer wirbt für sein Knaben-Pensionat (1892)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. März 1893: "Knaben-Pensionat.
Heppenheim a.d.B. Knaben, welche die hiesige Realschule (einjährige
Berechtigung) besuchen, finden bei mir unter Zusage familiärer Behandlung
und bester Pflege, Aufnahme. Nachhilfe in allen Fächern. Eigenes Haus mit
schönem Garten (in) gesunder Lage. Billige Pensionsbedingungen. Beginn
des neuen Schuljahres 10. April.
M. Oppenheimer, Religionslehrer an der
Großherzoglichen Realschule. Referenzen seitens der Großherzoglichen
Direktion sowie bei Seiner Ehrwürden Herrn Rabbiner Dr. Marx, Darmstadt." |
Fragen des Lehrergehaltes (1893)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. März 1893: "Darmstadt. Betreffs
eines Gesuchs von Israeliten aus Heppenheim und Umgegend um
Gehaltsbewilligung an den israelitischen Religionslehrer für
Religionsunterricht an der Großherzoglichen Realschule
zu Heppenheim an der Bergstraße beantragt der I. Ausschuss: die Kammer
wolle die Großherzogliche Regierung ermächtigen, für den in der
Finanzperiode 1891/94 erteilten oder noch erteilt werdenden
Religionsunterricht eine nach dem Aufwand für den gleichen
Religionsunterricht an den kleinen Realschulen bemessene Vergütung zu gewähren.
Ohne Zweifel wird die II. Kammer dem Beschlusse ihres I. Ausschusses
beitreten." |
Lehrer Nathan Friedmann wirbt für seine Ferienpension (1907 / 1908)
Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 29. Juni 1907:
"Schüler finden angenehmen Ferien-Aufenthalt bei
Lehrer Friedmann, Heppenheim a.d. Bergstraße". |
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Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 4. Juni 1908:
"Schüler finden angenehmen Ferien-Aufenthalt bei
Lehrer Friedmann,
Heppenheim a.d.B." |
Berichte aus dem jüdischen Gemeindeleben
Interkonfessionelle Veranstaltung zum Thema "Ist
der Judenhass berechtigt?" (1930)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung" für Kassel, Kurhessen
und Waldeck"
vom 2. Mai 1930: "In Heppenheim an der Bergstraße hatte
die Ankündigung, die in Form persönlicher Einladungen ergangen war, dass
die Vertreter der drei Konfessionen, Dr. theol. und phil. C.M. Kaufmann
- Frankfurt am Main, Pfarrer Dr. Adolf Wendel - Oberbreidenbach und
Rabbiner Dr. S. Levi - Mainz die Frage 'Ist der Judenhass berechtigt?'
untersuchen würden, am 17. März, wie schon oben erwähnt, einen
Massenbesuch zur Folge, wie ihn das liebliche Städtchen an der
Bergstraße wohl noch niemals bei irgendeinem Anlass zu verzeichnen hatte.
Während Rabbiner Dr. Levi namens unserer Glaubensgemeinschaft in
würdiger Form gegen die Verhetzung protestierte und unter Widerlegung
einzelner Behauptungen über das jüdische Schrifttum und die Rolle der
Juden im Wirtschaftsleben auf die Schädigung des deutschen Namens
überhaupt hinwies, zeigten Dr. Kaufmann für die katholische und Pfarrer
Dr. Wendel für die protestantische Glaubensgemeinschaft, wie aus der
Geschichte, aus der Glaubenslehre der beiden Nachbarreligionen und aus den
allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsgefühls und der Nächstenliebe
der Judenhass niemals die Zustimmung wahrer Christen finden, sondern gar nicht
scharf genug verurteilt werden könne." |
"Eine Messe lesen" für einen verstorbenen
jüdischen Mann? (1931)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Januar 1931:
"(Ein seltener Fall von Nächstenliebe). Aus Heppenheim a.d.B. wird
uns geschrieben: In unserem Städtchen, in dem fast überwiegend
Katholiken wohnen, herrschte immer ein gutes Verhältnis zwischen Juden
und Christen. Allerdings ist auch unsere Gegend vom Antisemitismus nicht
verschont geblieben. Nun ereignete sich in letzter Woche folgender Fall.
Vor wenigen Wochen starb im Ausland der Sohn einer hiesigen jüdischen
Familie. In den letzten Tagen kam eine evangelische Nachbarsfrau, eine
Dame der ersten Kreise, zu dem jüdischen Lehrer und fragte ihn, ob ein
Andersgläubiger 'eine Messe' für einen Juden lesen lassen könne. Da der
Lehrer verstand, dass es sich um einen Schiur (= Toralernstunde)
handelte, bejahte er. Darauf erlegte die Dame einen Betrag und bat, für
den jungen Mann, dem sie weiter keine Ehre erweisen könne, 'eine Messe zu
lesen.'. Es geschah auch - in der Form eines Schiurs mit Lernkaddisch." |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Zum Tod des hundertjährigen Abraham Sundheimer (1914)
Meldung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 13. November 1914:
"Heppenheim
an der Bergstraße. Hier verschied im vollendeten hundertsten Lebensjahre
Abraham Sundheimer". |
Abraham David wird mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet (1916)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 22. September
1916: "Heppenheim. Abraham David, Sohn von Lazarus David,
eines Veterans des Krieges 1870/71, ist mit dem Eisernen Kreuz
ausgezeichnet worden." |
90. Geburtstag von Emanuel Meyerhof (1934)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. September 1934: "Frankfurt
am Main, 9. September (1934). Am 26. September feiert Herr Emanuel
Meyerhof, Heppenheim a.d. Bergstraße, als ältester Bürger in voller
geistiger und körperlicher Frische seinen 90. Geburtstag. (Alles Gute) bis
120 Jahre." |
Weitere Persönlichkeiten
| Martin
Buber (1878 Wien - 1965 Jerusalem), aufgewachsen in Lemberg, Studium
an verschiedenen Orten; lebte von 1916 bis 1938 mit seiner Familie in
Heppenheim (Haus Werlestraße), von wo er die von ihm gegründete
Monatsschrift "Der Jude" herausgab. Seit 1925 Lehrauftrag an der
Universität Frankfurt als Nachfolger von franz Rosenzweig; seit 1930
Honorarprofessor für Religionswissenschaft an der Frankfurter Universität.
1933 Begründer des jüdischen Lehrhauses in Frankfurt. Im Februar 1938 war
er zur Auswanderung gezwungen und emigrierte mit der Familie nach Jerusalem.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde sein Haus geplündert, die 3.000 Bücher
umfassende Bibliothek und das Mobiliar zerstört. Buber erhielt eine
Professur für Sozialphilosophie an der Hebräischen Universität in
Jerusalem. In Heppenheim sind seine wichtigsten Werke geschrieben worden,
u.a. "Ich und Du", 1922 in Leipzig erschienen, seine Bibelübersetzung,
die "Reden über das Judentum" u.a.m. |
| Leopold, Adolf und Heinrich Hirsch (Söhne des um
1840 in Heppenheim geborenen Baruch Hirsch): Gründer des Bankhauses Hirsch
in London. Die Brüder waren zeitlebens eng mit Heppenheim verbunden, kamen
regelmäßig zu Besuch in die Stadt und stifteten große Summen für die
jüdischen und christlichen Bedürftigen in Heppenheim. Die Synagoge in
Heppenheim wurde großenteils von ihnen finanziert (s.u.); an der
Synagogeneinweihung nahmen Leopold und Adolf Hirsch persönlich teil. |
| Ludwig Oberndorf (1888 - 1966), um 1900 im
Vereinsleben in Heppenheim engagiert (Gründer und zeitweise Vorsitzender
des FC Starkenburgia e.V. Heppenheim; in die USA ausgewandert; ab 1914 bei
der New York Staatszeitung und The New York Herald, seit 1947 Chefredakteur
(managing editor). Ehrenbürger der Stadt Heppenheim seit 1963. |
Offener Brief von Martin Buber an Gerhard Kittel
(1933)
Anmerkung: es handelt sich um eine Stellungnahme zur Publikation von Gerhard
Kittel zur "Judenfrage". Zu Gerhard Kittel vgl.
Wikipedia-Artikel: https://de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_Kittel
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Oktober 1933: |
|
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige von Feist Stern (1868)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Februar 1868:
"Für meinen Sohn, welcher drei Jahre lang die höhere Bürgerschule
in Weinheim besucht hat und die besten Zeugnisse besitzt, suche ich eine
Stelle als Lehrling in einem Geschäfte, das an Sabbat- und Festtagen
geschlossen ist.
Feist Stern in Heppenheim a.d.
Bergstraße." |
Anzeigen von E. Meyerhof (1903 / 1920)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Februar 1903: "1-2
Knaben,
welche Ostern die hiesige sehr gut renommierte Realschule
besuchen wollen, erhalten Kost und Logis.
E. Meyerhof, Heppenheim a.d. Bergstraße." |
|
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 16. Januar
1920:
"Für mein Putzgeschäft, Samstags geschlossen, suche
ich eine Volontärin.
Eintritt am 1. oder 15. Februar. Kost und
Wohnung im Hause.
E. Meyerhoff. Heppenheim an der Bergstrasse." |
Sonstiges
Jahresversammlung des Jüdischen Frauenbundes,
Provinzialverband für Hessen und Hessen-Nassau in Heppenheim (1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung" für Kassel, Kurhessen
und Waldeck"
vom 31. Mai 1929:
Der Text wird nicht ausgeschrieben; bei Interesse zum Lesen bitte die
Textabbildungen anklicken. |
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Postkarte
an Frau Dr. Lilienstein bei
Dr. Fritz Frank in Heppenheim (1922)
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller,
Kirchheim / Ries) |
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Die Postkarte wurde versandt am 30. Oktober 1922 von Baden-Baden nach Heppenheim
in die Lorscherstraße an Frau Dr. Lilienstein bei Dr. Fritz Frank. Dr. Fritz Frank war der Hausarzt des ebenfalls in Heppenheim wohnenden Martin
Buber.
Er verordnete diesem u.a. eine Kur in Karlsbad. Dr. Fritz Frank emigrierte 1935 nach
Palästina und ließ sich dort als Allgemeinarzt nieder.
Vgl. Gerhard Wehr: Martin Buber: Leben - Werk - Wirkung. (Online
als Google-Book)
|
Zur Geschichte der Synagoge
Eine erste Synagoge war seit 1791 in einem Haus in der Kleine Bach
3 eingerichtet. Synagogenordnungen sind aus dem Jahr 1859 und 1892 bekannt. Das
Gebäude ist bis zur Gegenwart erhalten (vgl. Fotos unten). Nach Plänen von 2024
soll es mit Hilfe eines Fördervereins und von Spenden saniert und zu einem "Ort
der Begegnung" umgestaltet werden.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts erwies sich bei der steigenden Zahl der jüdischen
Einwohner die Synagoge für zu klein, sodass in den 1890er-Jahren der
Neubau einer Synagoge dringende Notwendigkeit war.
Für den Neubau einiger Synagoge wurde 1896 ein Bauplatz gekauft. Die
Finanzierung war unproblematisch, da die aus Heppenheim stammenden Gebrüder
Hirsch in London, Inhaber eines privaten Bankhauses, die Übernahme der
Baukosten zusagten.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. September 1896:
"Heppenheim
(Bergstraße). die neue Synagoge wird in die neu angelegte Heinrichsstraße
zu stehen kommen. Der hiefür in Aussicht genommene Bauplatz ist bereits
angekauft. Der Bau selbst wird erst im Frühjahr begonnen werden. Das Baukapital
ist ein Geschenk der von hier stammenden Gebrüder Hirsch in London, die in den
letzten Tagen wieder den Armen Heppenheims die Summe von M. 1000 zuwendeten." |
|
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Juli 1897:
"Heppenheim
a.d. B. 9. Juli (1897) Die Herren Gebr. Hirsch aus London, welche letzten
Sonntag wieder ihrer alten Heimat dahier einen Besuch abstatteten, stifteten bei
dieser Gelegenheit dauernd jährlich 500 Mk. zur Verteilung unter die Ortsarmen,
außerdem 3.000 Mk. zur sofortigen Verteilung. Den Bau einer Synagoge haben sie
auf ihre Kosten übernommen. Diese Herren haben den hiesigen Armen schon viele
Tausende gespendet." |
|
Meldung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. April 1900:
"Heppenheim. Die hiesige neuerbaute Synagoge geht ihrer Vollendung
entgegen, doch soll dieselbe erst eingeweiht werden, wenn die Herren
Hirsch aus London, von hier gebürtig, welche viel zum Bau beigesteuert
haben, nach Deutschland kommen werden." |
|
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Mai 1900:
"Berichtigung. Heppenheim a.d.B., 30. April. In ihrem
geschätzten Blatte Nr. 34 vom 26. dieses Monats bringen Sie unter Rubrik
'Vermischtes' eine von hier eingesandte Notiz, in der berichtigend zu
bemerken ist, dass die Herren Hirsch nicht allein viel zum Bau der
Synagoge beigesteuert haben, sondern den ganzen Bau auf ihre alleinige
Kosten herstellen ließen." |
Die Synagoge wurde durch den Architekten Prof. Heinrich Metzendorf (Artikel
in Wikipedia, der "Baumeister der Bergstraße") aus Bensheim geplant und zwischen Frühjahr 1897 und
Herbst 1900 erbaut. Es war der erste Sakralbau dieses Architekten. Wie viele seiner
zuvor gebauten Villen wies die Synagoge ein Türmchen auf. In der Synagoge erfüllte es auch einen praktischen Zweck als Treppenaufgang zu der getrennten Frauenempore.
Auch sonst war die Synagoge errichtet "in Formen, die in
vielen Teilen der Villenarchitekt der Zeit beziehungsweise dem Landhausstil des
Architekten, für den er sonst bekannt geworden war, entsprachen"
(Hammer-Schenk S. 365). "Besonders der Eingangsbereich mit offener Halle,
Treppenturm und dem eigenen Giebeldach folgten diesem Stil, dem auch der Wechsel
im Baumaterial von Bruchstein, Haustein und Putzflächen zuzurechen ist. Diesem
Westteil schloss sich der eigentliche Kultraum mit halbrunder Apsis an"
(ebd.). Die Maße der Synagoge waren: 20 Meter lang, zehn Meter breit, 17 Meter
hoch. In der Synagoge war Platz für 180 Gläubige, davon 80 für Frauen.
Da der Gemeinde damals 111 Mitglieder angehörten, wurde angenommen, dass ein
weiteres Wachstum der Gemeinde erfolgen würde.
Die Einweihung der Synagoge war am 10./11. Oktober 1900. Rabbiner Dr. Marx aus Darmstadt nahm die Einweihung vor, worüber die
Zeitschrift "Der Israelit" berichtete:
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Oktober 1900:
"Heppenheim
(Bergstraße). Am Chol HaMoed (sc. Halbfeiertag während des
Sukkotfestes, nach dem nächsten Bericht am 1. Chol HaMoed, d.h. am
Mittwoch, 10. Oktober 1900)
fand dahier die feierliche Einweihung der prächtigen, neuerbauten Synagoge
durch Rabbiner Dr. Marx - Darmstadt statt. Die meisten Kosten für die Erbauung
der Synagoge leisteten die von hier stammenden und jetzt in London wohnenden
Gebr. Hirsch, die auch persönlich anwesend waren. Von allen Seiten waren Leute
herbeigeströmt, um Zeuge dieser hübschen Feier zu sein. Alles verlief in
herrlichster Ordnung; besonders gefiel uns die Abschiedsrede des Herrn Rabbiner
Dr. Marx, gehalten in der alten Synagoge, sowie der Toast des Herrn Kreisrats
Dr. Göttelmann auf den Großherzog. Wie wir hörten, sollen die Gebr. Hirsch
bei ihrem Weggange jüdische und christliche Arme von Heppenheim reichlich
bedacht haben." |
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. November 1900: "Heppenheim
a.d.B. (Einweihungsfeier). Am ersten Tag Chol jamoed fand
dahier die feierliche Einweihung der neu erbauten Hirsch-Synagoge statt.
Aus Nah und Fern hatten sich zahlreiche Festteilnehmer eingefunden.
Persönlich anwesend waren die Herren Gebr. Hirsch aus London, die von
hier stammen und denen die hiesige Gemeinde den schönen Bau zu verdanken
hat. In edler Betätigung des Willens ihres Vaters Baruch Hirsch seligen
Andenkens haben sie die Kosten zum weitaus größten Teil getragen. Um 1
Uhr versammelte man sich zum letzten Male in der alten Synagoge. Nach dem
Minchahgebet hielt Herr Provinzialrabbiner Dr. Marx - Darmstadt die
Abschiedspredigt, die allgemeinen Beifall fand. Sodann wurden unter den
üblichen Gesängen die Torarollen ausgehoben und in feierlichem Zuge,
umgeben von Girlandenträgerinnen nach der neuen Synagoge getragen. So wie
der Festzug sich nun durch die reich beflaggten Straßen und hohen
Ehrenpforten unter Beteiligung der hiesigen Behörden und Geistlichkeit,
verschiedener Herren Rabbiner und einer großen Zahl Fremder in
ehrwürdiger Pracht dahinbewegte, bot er einen imposanten Anblick.
Vor der Hirsch-Synagoge überreicht die Schlüsselträgerin nach Vortrag
eines Gedichtes den Schlüssel Herrn Architekt Metzendorf. Dieser übergab
den Bau Herrn M. Hirsch - Mannheim, der von den Spendern mit der
Ausführung der Stiftung betraut worden war. Von diesem empfing Herr
Vorstand Mainzer unter reichen Worten des Dankes den Schlüssel, worauf
der Herr Provinzialrabbiner mit den Worten Pis-chu Scheorim
(Öffnet die Tore...) die Pforte öffnete. Nun bot der prachtvolle
Innenraum sich den Einziehenden dar. Der hierauf begonnene
Weihegottesdienst, bei welchem ein vortrefflicher Chor Herrn Kantor Bloch
unterstützte, stimmte zu feierlichster Andacht. Herr Provinzialrabbiner
Dr. Marx - Darmstadt sprach das Gebet für den Landesfürsten und hielt
sodann die Weihepredigt. In längerer Rede stellte er an der Hand der
Namen des Bethauses die Ziele desselben dar und erläuterte seine
Bedeutung. Mit der Verheißung himmlischen Segens für Alle schloss die
meisterhafte Predigt. Am ersten Tage fand ferner in den Sälen des 'Halben
Mond' Festessen und abends Bankett, das in sehr animierter Stimmung
verlief, statt.
Am zweiten Weihetage folgten Festgottesdienst, und mittags gemeinsamer
Spaziergang. Die Hirsch-Synagoge ist in mittelalterlichem Stile erbaut und
liegt malerisch am Fuße des von der Starkenburg gekrönten Schlossberges.
Innen ist sie herrlich ausgestattet und genügt mit elektrischem Licht,
Luftheizung etc. allen modernen Ansprüchen. ch." |
Die Synagoge in Heppenheim blieb im Besitz der Familie Hirsch, nachdem sie
die gesamten Baukosten übernommen hatte. Im Grundbuch wurde als
Eigentümer "Adolf Hirsch in London" eingetragen. In der Stiftungserklärung
hieß es u.a. "um der Liebe zu ihrer Heimat einen ewigen Ausdruck zu
verleihen und zum Andenken an die Eltern...". Die Synagoge sollte nach 50
Jahren - also 1947/50 in den Besitz der jüdischen Gemeinde übergehen. Einzige
Bedingung war, dass die jüdische Gemeinde Heppenheim auch künftig dem
orthodoxen Rabbinat Darmstadt unterstellt sei. Nicht ahnen konnte man,
dass das Gebäude bereits nach 38 Jahren beim Novemberpogrom 1938 zerstört würde. Dabei
wurde die Synagoge durch SA-Leute niedergebrannt. Später
waren jüdische Männer gezwungen, die stehen gebliebenen Außenmauern
abzutragen.
Um die Reste und das Grundstücke der 1938 zerstörten Synagoge gab es in den
vergangenen Jahren immer wieder öffentliche Diskussionen und Konflikte (vgl.
unten die Hinweise auf Presseberichte von 2010). Eine Gedenkstätte ist
vorhanden, doch gab es - bislang nicht erfolgreiche - Bemühungen, das
Synagogengelände insgesamt als Denkmal wiederherzustellen. 2015
übernahm die Stadt Heppenheim das Grundstück von den Vorbesitzern. Im August
2016 übernahm die Bürgerstiftung Heppenheim das Grundstück. 2017
wurden Reste der Heppenheimer Synagoge durch die Bürgerstiftung
ausgegraben (siehe Pressebericht unten).
Adresse/Standort der Synagoge: Ecke
Bensheimer Weg / Starkenburgweg / Herrmannstraße (die Synagoge stand inmitten
des Gartens oberhalb der Mauer an der Gedenkstätte).
Fotos
(Quelle: obere Zeile: Sammlung Hahn; untere Zeile: linkes Foto bei Arnsberg Bilder s.Lit. S. 89;
ein Ausschnitt der Abbildung rechts bei Hammer-Schenk s.Lit. Bd. 2 Abb. 283).
Historische Ansichtskarte
von Heppenheim vor 1938 |
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Auf der Karte ist
die Synagoge ungefähr unterhalb der Starkenburg
zu erkennen; rechts
Ausschnittvergrößerung |
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Ansichten der
ehemaligen
Synagoge |
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Die Synagoge in
Heppenheim: 1900 bis 1938 |
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Neuere Fotos - April
2011
(Fotos: Michael Ohmsen; Quelle:
Fotoseite
von M. Ohmsen zu Heppenheim) |
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Die alte Synagoge
1791-1900
in der Straße "Kleine Bach" 3 |
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Das Gebäude der alten
Synagoge |
Hinweistafel |
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Das Grundstück der
neuen Synagoge 1900-1938 |
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Blick auf die Gedenkstätte |
Gedenktafel mit
Abbildung der 1938 zerstörten Synagoge |
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Denkmal mit den Namen der in
der
NS-Zeit aus Heppenheim deportierten
jüdischen Personen |
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Das rituelle Bad
(Mikwe)
in der Bosengasse 8 |
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Das Gebäude des
rituellen Bades (Mikwe) |
Hinweistafel "Am
Judenbad" |
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Erinnerungen an
Martin Buber |
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Das "Martin-Buber-Haus"
mit der Hinweistafel: "Hier lebte in den Jahren 1916-1938 der große
jüdische Religionsphilosoph
Martin Buber geboren: Wien 8.2.1878 verstorben: Jerusalem 13.6.1965. Vom
Ungeist jener Zeit verfolgt, verließ er
Deutschland im Jahre 1938". |
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Hinweistafel |
Der
"Martin-Buber-Platz" mit einer plastischen Darstellung Bubers;
von diesem Standort
am Graben/Kellereigasse blickt Martin Buber auf das
frühere Wohnhaus |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Februar
2010: Darf das Synagogengrundstück
überbaut werden? |
Artikel (fs) in
"Echo-online" - Bergstraße vom 20. Februar 2010 (Artikel):
"Eigentümer will auf Gedenkstätte bauen
Starkenburgweg: Bauvoranfrage für das Gelände der niedergebrannten Synagoge - Bürgermeister hofft auf Denkmalschutz
HEPPENHEIM. Die kleine Gedenkstätte am Starkenburgweg, die auf den früheren Standort der Synagoge aufmerksam macht und an die vertriebene und ermordete jüdische Gemeinde Heppenheims erinnert, ist in Gefahr..."
Eine kleine Treppe, eine Gedenktafel und ein Bildstock erinnern an das d |
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März
2010: Die Bebauung des
Synagogengrundstückes soll verhindert
werden |
Artikel in "Echo-online" - Bergstraße vom 20. März 2010 (Artikel):
"Initiative will Gedenkstätte retten
Ehemalige Synagoge: Kirchengemeinden, Geschichtsverein und Lokale Agenda wollen Bebauung verhindern.
HEPPENHEIM. Bislang ist noch nicht über eine Bauvoranfrage entschieden, in der es um das Grundstück der ehemaligen Synagoge am Starkenburgweg in Heppenheim geht. Bürgermeister Gerhard Herbert (SPD) hatte in der Bürgerversammlung am 4. März erklärt, dass man in Kontakt mit Bau-, Denkmal- und
Flurbereinigungsbehörden stehe, um 'dem öffentlichen Interesse - bedingt durch die Historie dieses Areals - bei der Entscheidung angemessen Rechnung tragen zu
können'..." |
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April /
Oktober 2013: Ein Verein
"Stolpersteine Heppenheim e.V. - Erinnern für die Zukunft" wird
gegründet und nimmt seine Arbeit auf |
Aus einem Artikel von "zg"
im "Bergsträßer Anzeiger" vom 9. Oktober 2013 (Link
zum Artikel):
"'Stolpersteine': Verein startet Recherche zu jüdischen Mitbürgern.
Auch ein Logo gibt es bereits
Heppenheim. Der im April 2013 neu gegründete Verein "Stolpersteine Heppenheim e.V. - Erinnern für die Zukunft" hat sich mit seinen Mitgliedern und Freunden zur Organisation der anstehenden Recherchearbeiten getroffen. Die Vorsitzende Sabine Fraune nutzte die Gelegenheit, wie es in einer Pressemitteilung heißt, über die bisherigen Ereignisse zu informieren.
Inzwischen 37 Mitglieder. Der Verein hat sich intern organisiert und zählt inzwischen 37 Mitglieder. Schüler und Schülerinnen des Starkenburg-Gymnasiums haben ein Vereinslogo entworfen. In mehreren Sitzungen hat der Vorstand die Weichen für ein zielgerichtetes Arbeiten gestellt. Dabei hat er sich durch den Bensheimer Stolperstein-Experten Peter Kalb und den Heppenheimer Stadtarchivar Harald Jost informieren lassen. Schwerpunkt waren die erforderlichen Recherchearbeiten.
Heppenheim hat mit dem Buch "Geschichte und Geschicke der Heppenheimer Juden" des ehemaligen Bürgermeisters Wilhelm Metzendorf im Vergleich mit anderen Städten und Gemeinden gute Startbedingungen. In diesem 1982 erschienenen Buch sind die in Heppenheim ansässigen jüdischen Familien ausführlich dokumentiert. Inzwischen sind jedoch neue Quellen zugänglich und können für die Recherchen genutzt werden.
Vorstandsmitglied Hermann Müller stellte den Anwesenden eine umfangreiche Liste mit Recherchemöglichkeiten und Aufgabenbereichen vor. Dabei kamen in einer Diskussion weitere Punkte hinzu. Ideen zur Bearbeitung der Akten wurden intensiv ausgetauscht. Verschiedene Teilnehmer übernahmen einzelne Aufgaben. Das Vorstandsmitglied Annett Pielsticker wird die neuen Erkenntnisse zusammenführen.
Der Verein macht deutlich, dass er einerseits viel über die jüdischen Mitbürger erfahren möchte, andererseits aber keine perfekte und langjährige Forschungsarbeit leisten kann. Ziel ist es, mehr zu erfahren und die Ergebnisse umfassend zu dokumentieren.
Erste Ergebnisse am 4. Dezember. Die Recherchearbeiten sind nun angestoßen, schreibt der Verein weiter. In einem Treffen am 4. Dezember sollen erste Ergebnisse vorgestellt und ausgetauscht werden. Wie es in der Gründungsversammlung schon angekündigt wurde, strebt der Verein an, 2014 die ersten Stolpersteine verlegen zu lassen. Dabei soll zuerst an die Familie Sundheimer erinnert werden..." |
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September
2013: Diskussion am Tag des offenen Denkmals über den Umgang mit der
jüdischen Geschichte in Heppenheim |
Vgl. Presse-Artikel vom 4.
September 2013:
Heppenheim und sein schwieriges kulturelles Erbe (veröffentlicht am 04.09.2013 11:43 auf echo-online.de) . |
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November
2014: Die ersten
"Stolpersteine" werden in Heppenheim verlegt |
Vgl. Presseartikel vom 21.
Oktober 2014:
Damit die Erinnerung nicht verloren geht (veröffentlicht am 21.10.2014 00:12 auf echo-online.de)
Anmerkung: In der Lehrstraße 3 wurden insgesamt sieben
"Stolpersteine" zur Erinnerung an die Heppenheimer Familie
Sundheimer verlegt: Die Eltern Maier und Ida Sundheimer sowie ihre beiden
jüngsten Kinder Ludwig und Eva wurden 1942 deportiert und ermordet. Die
drei älteren Töchter Käthchen, Else und Gertrud konnten noch
rechtzeitig emigrieren und haben den Holocaust
überlebt. Links die Texte auf den "Stolpersteinen" in
Heppenheim. |
Weitere Berichte zur Verlegung
der "Stolpersteine":
In der Website der Stadt Heppenheim (mit Fotos): http://www.heppenheim.de/Stolpersteine.3712.0.html
Bergsträßer Anzeiger: http://www.morgenweb.de/region/bergstrasser-anzeiger/heppenheim/sieben-steine-fur-sieben-menschen-1.1979238
Echo online:
'Für uns schließt sich hier ein Kreis' (veröffentlicht am 22.11.2014 00:08 auf echo-online.de)
Ffduseh's Weblog DSE: https://ffduseh.wordpress.com/2014/11/18/impressionen-von-der-stolpersteinverlegung-am-17-11-2014-in-heppenheim
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Kontakt: Den Verein
"Stolpersteine – Erinnern für die Zukunft" gibt es seit
2013 (siehe oben). Die rund 40 Mitglieder freuen sich über weitere
Helfer.
Die Mitgliedschaft kostet zwölf Euro jährlich. Auskunft gibt Vorsitzende
Sabine Fraune unter 06252 73759. |
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November
2015: Verlegung eines Stolpersteines
für Sofie Fischer |
Pressemitteilung der Kreisstadt Heppenheim vom 18. November 2015 (Foto
links von Hansmartin Unger): "Erinnern an Sofie Fischer. Weiterer
'Stolperstein' in Heppenheim.
Zur Erinnerung an Sofie Fischer (1872-1943) wurde am 13. November 2015 ein
'Stolperstein' vor ihrem früheren Wohnhaus in Heppenheim, Darmstädter Straße 20, verlegt. Frau Fischer lebte von 1903 bis 1939 in der Kreisstadt. Wegen ihres jüdischen Glaubens wurde sie 1942 von Frankfurt aus ins KZ Theresienstadt deportiert und dort 1943 Opfer der nationalsozialistischen Mordaktionen.
Zur Verlegung des 'Stolpersteins' waren fünf Nachkommen von Sofie Fischer aus der Schweiz angereist. Bürgermeister Rainer Burelbach empfing die Gäste im Rathaus, wo sie sich in das Goldene Buch der Stadt eintrugen. Das Bild im Anhang zeigt (von links): Bettina Bitterli-Degginger (Urenkelin von Sofie Fischer), Pascal Bitterli (Ururenkel), Hansmartin Unger (Enkel), Marianne Degginger (Enkelin) und Andrea Degginger-Wander (Urenkelin).
Die Verlegung der 'Stolpersteine' geschieht auf Initiative des Vereins Stolpersteine Heppenheim e.V. – Erinnern für die Zukunft. Im November 2014 waren die ersten Steine in Heppenheim verlegt worden; sie erinnern an die Mitglieder der jüdischen Familie Sundheimer." |
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Mai 2017:
Stadtrundgang auf den Spuren der
jüdischen Geschichte |
Artikel von Sigrid Jahn in der
"Lampertheimer Zeitung" vom Mai 2017: "Auf den Spuren Heppenheimer Juden:
Stadtrundgang mit Professor Karl Härter.
HEPPENHEIM - Dieter Schnabel, der stellvertretende Vorsitzende, hatte
bei einem Lichtbildervortrag im 'Marstall' anhand von Postkarten und alten
Schwarz-Weiß-Fotos Zeugnisse jüdischen Lebens in der Stadt Heppenheim
dokumentiert – ein erster Beitrag des Geschichtsvereins im Begleitprogramm
zur Ausstellung 'Legalisierter Raub. Der Fiskus und die Ausplünderung der
Juden in Hessen 1933 bis 1945' im Lorscher Museumszentrum, der auf großes
Interesse gestoßen war. Auch am Sonntag, zur Führung 'Was nach 1945
geblieben ist: Das jüdische Erbe Heppenheims' mit Professor Karl Härter, dem
Vorsitzenden des Vereins, kamen mehr als 50 Teilnehmer vor dem
Martin-Buber-Haus an der Werléstraße zusammen. Ein Treffpunkt, der gleich
ins Thema einführte, denn auch der bekannte Religionsphilosoph, der hier von
1916 bis 1938 mit seiner Familie gelebt hat, wurde 1938 im Pogromjahr der
Nazis gezwungen, die Heimat zu verlassen.
700 Jahre jüdische Kultur und Geschichte. Die Familie verlor bei den
Plünderungen ihr Hab und Gut und musste die zusätzliche Demütigung ertragen,
für die Schäden selbst aufkommen zu sollen; ein Schicksal, das Buber mit all
den anderen jüdischen Bürgern teilen musste, die ihre Häuser und Geschäfte
durch Zwangsverkäufe, Zwangsversteigerungen und Zwangsbesteuerungen
verloren, wobei sich die neuen Nutznießer 'legaler Methoden' – in
Riesenanführungszeichen – bedienten, so Härter. Von den 130 Juden, die
damals in der Stadt zu Hause waren, verloren 24 Frauen und Männer auch noch
ihr Leben. 'Und Heppenheim', sagte Härter, 'verlor damit ein Stück seiner
fast 700 Jahre alten jüdischen Kultur und Geschichte.' Einige wenige Spuren
sind noch zu finden, wie das jüdische Frauenbad, die 'Mikwe', am ehemaligen
Standort des 'Diebsturms' am Stadtbach oder die runden Fenster im Giebel der
alten, 1791 erbauten Synagoge im Haus Kleine Bach Nummer 3, die bis zum
November 1938 mit Davidsternen geschmückt waren. Erhalten ist zudem, auch
nach mehrmaligem Besitzerwechsel, der Synagogenraum im Dachgeschoss, den
Hermann Müller vom Geschichtsverein wenige Wochen zuvor fotografiert hatte.
Auch das Nachbarhaus Kleine Bach 1 war als Haus Goldschmidt jüdisches
Eigentum. Zuvor hatten die Teilnehmer der Führung auf dem Marktplatz das
frühere Haus der Familie von Baruch Hirsch aufgesucht, einem Tuch- und
Weinhändler, der 1885 auswanderte und dessen Söhne die neue Synagoge am
Starkenburgweg – hier endete am Sonntag die Stadtführung – gestiftet hatten.
Die Heppenheimer Synagoge war nach Plänen von dem als 'Baumeister der
Bergstraße' in die Geschichte eingegangenen Architekten Heinrich Metzendorf
errichtet und im Oktober 1900 unter großer Teilnahme der Bevölkerung
eingeweiht worden. Mit der Zerstörung der Synagoge in den Morgenstunden des
10. November 1938 wurde jüdisches Leben in Heppenheim endgültig zerschlagen.
Der Standort des jüdischen Geschäfts, 'an prominenter Stelle am Großen Markt
und direkt am Prozessionsweg gelegen', zeigt für Härter, dass im 19.
Jahrhundert die Juden doch integriert und akzeptiert waren. Auch auf dem
Kleinen Markt, direkt am Standort der Mariensäule, dem traditionellen
Treffpunkt der Pilger nach Walldürn, hätte ein jüdischer Metzger seinem
Gewerbe nachgehen können. Das wertet Härter als Beleg für das frühere
entspannte Zusammenleben der Bürger unterschiedlichen Glaubens in
Heppenheim.
Legal geraubt wurde auch das ehemalige Kaufhaus Mainzer. Am 3. November 1938
an den Landauer Kantinenwirt Heußer für 88 500 Reichsmark verkauft (die
Summe wurde nie ausgezahlt), wurde das Anwesen beim Novemberpogrom
verwüstet, Wertgegenstände, Warenbestand und Vermögen zwei Jahre später
beschlagnahmt. Die Entschädigung, die nach dem Krieg ausgehandelt wurde,
sowie der Erlös des Verkaufs an Peter Metzendorf reichten in den fünfziger
Jahren gerade aus, um die Restschulden abzutragen: 'Das Unrecht hat sich
fortgesetzt.'"
Link zum Artikel |
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August
2017: Die Bürgerstiftung Heppenheim
übernimmt die Verantwortung für das
Synagogengrundstück |
Artikel von Marion Menrath in
"Echo-Online" (Lokalausgabe) vom August 2017: "Kein Gras drüber.
Die Bürgerstiftung Heppenheim übernimmt Verantwortung für das Grundstück der in der Reichspogromnacht zerstörten Synagoge
HEPPENHEIM - Friedlich liegt das Grundstück in der Nachmittagssonne. Die Apfelbäume haben viele Früchte angesetzt, der Hibiskus blüht, Kirschen und Johannisbeeren sind abgeerntet. Trockenmauern unterteilen das steile Gelände in Terrassen. Auf den ersten Blick unterscheidet sich das 3500 Quadratmeter große Gelände der früheren Synagoge an der Ecke Starkenburgweg und Eisenpfad nicht von vielen anderen Gärten am Heppenheimer Schlossberg.
Die nach den Plänen von Heinrich Metzendorf errichtete Synagoge stand einst auf halber Strecke zwischen den Kirchen Sankt Peter und Heilig Geist mit schönem Blick auf die Altstadt. Die exponierte Lage sei ein Zeichen, wie stark integriert und akzeptiert die jüdische Gemeinde gewesen sei, erläutert Professor Karl Härter vom Stiftungsrat der Bürgerstiftung beim Ortstermin auf dem Grundstück. Für die Verbundenheit mit der Heimat spreche der burgenähnliche Stil mit gelbem Sandstein vom Schlossberg, so Härter. Zur feierlichen Einweihung am 10. Oktober 1900 war die ganze Stadt eingeladen. Gestiftet hatten die Synagoge die in London zu Reichtum gekommenen Brüder Leopold, Adolph und Heinrich Hirsch,
'um der Liebe zu ihrer Heimat einen dauernden Ausdruck zu verleihen und zum ehrenden Gedenken an ihre Eltern und Großeltern'.
Keiner ahnte, dass die Synagoge wenige Jahrzehnte später, am 10. November 1938 während der Reichspogromnacht, in einem Akt der Barbarei zerstört werden würde. Nachdem SA-Mitglieder mit einer Sprengung an den stabilen Mauern gescheitert waren, legten sie Feuer im Innenraum. Schließlich wurden jüdische Männer gezwungen, mit eigenen Händen die Reste ihres Gebetshauses abzureißen. Einer sei so verzweifelt gewesen sein, dass er versuchte, sich unter eine einstürzende Mauer zu werfen, schrieb Stadtarchivar Harald Jost in einem Beitrag für diese Zeitung. Schließlich wurden die Männer mit dem herausgebrochenen Davidstern der Synagoge zum Marktplatz getrieben und eingesperrt. Geschäfte jüdischer Bürger wie das Kaufhaus Mainzer wurden ebenso verwüstet wie Privatwohnungen und die Bibliothek des jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber. Dieser war bereits mit seiner Frau Paula nach Palästina ausgereist.
Andere schafften es nicht mehr, zu entkommen. 29 Heppenheimer Juden wurden von den Nazis ermordet. An die Schicksale der Familien Bach, Baruch, Mainzer, Sundheimer und an Sophie Fischer erinnern Stolpersteine.
Nicht als Bürde, sondern als Verpflichtung sieht die vor einem Jahr gegründete Bürgerstiftung Heppenheim die Geschichte, wie Härter sagt. Am 23. August 2016 hat sie das Grundstück von der Stadt übernommen, die es 2015 von den Vorbesitzern erworben hatte.
'Wir wollen das Grundstück aus dem Dornröschenschlaf erwecken und für die Bürger nutzbar
machen', betont Kurt Vettel, stellvertretender Vorsitzender der Bürgerstiftung Heppenheim. Nicht nur ein Gebetshaus, sondern auch ein Ort der Begegnung für die jüdische Gemeinde sei die Synagoge gewesen, sagt Härter. Denkbar seien kleinere Veranstaltungen,
'etwas, was zu dem Ort passt', ergänzt Vorstandsmitglied Dr. Hermann Müller. An historisch-kulturelle Begegnungen auf dem sehr sensiblen Grundstück denkt Härter.
Drei große Arbeitseinsätze mit bis zu 70 Helfern. Wie gewaltig die Aufgabe ist, stellten die Mitglieder der Bürgerstiftung fest, als sie im Januar an die Arbeit gingen. In drei großen Arbeitseinsätzen mit 60 bis 70 Helfern wurde das Grundstück entrümpelt und der Wildwuchs eingedämmt. BUND und Nabu wollen beim Obstbaumschnitt und mit Beweidung helfen.
Nur wenige oberirdische Spuren sind von der Synagoge geblieben: Ein historisches Toilettenhäuschen mit einer alten Holztür, das an die Apsis anschloss, ist heute Teil einer Gartenhütte. Für die Tür existiert noch ein Originalschlüssel. Der Treppenaufgang ist im Verlauf erhalten, doch etliche Stufen sind durch moderne Materialien ersetzt worden. Einige der Trockenmauern sollen aus der damaligen Zeit stammen. Außerdem haben die Vorbesitzer einen großen Sandstein aufbewahrt, der der Schlussstein der Synagoge sein soll. Dann gibt es noch einen vom Starkenburgweg zugänglichen, gut erhaltenen historischen Gewölbekeller. Dieser sei sicher als Vorratsraum genutzt worden, sagt Vettel. Wie Härter erläutert, bestand der Keller aber schon vor der Synagoge. Bis 1900 habe die Stadt dort Petroleum für die Laternen aufbewahrt.
Auf der Suche nach weiteren Resten soll als erster Schritt voraussichtlich im Herbst eine Gartenhütte abgerissen werden, die direkt im Synagogenumfeld steht, so Müller. Manfred Bräuer vom Amt für Bodenmanagement wolle anhand der Baupläne deren Standort ausmessen. Erst dann könne man daran denken, beispielsweise nach Mauern zu graben, ergänzt Vettel. Um keine Fehler zu machen, werde man zuvor die Experten von der Denkmalpflege und von Synagogenvereinen mit ins Boot holen, versichert Härter. Und noch etwas fehlt:
'Erst mal müssen wir dafür sorgen, dass wir das Geld bekommen, das wir ausgeben können', betont Müller."
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zum Artikel |
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November
2017: Reste der Heppenheimer Synagoge
wurden ausgegraben |
Artikel von Marion Menrath in
"Echo-Online" (Lokalausgabe) vom 25. November 2017: "Heppenheim.
Reste der Heppenheimer Synagoge ausgegraben
HEPPENHEIM - Sie sind grau und teilweise rötlich und etwa doppelt so lang wie breit. Unscheinbar sehen die Fliesen des alten Fußbodens der 1938 von den Nazis zerstörten Heppenheimer Synagoge aus. Doch die Entdeckung auf dem Grundstück am Starkenburgweg ist eine kleine Sensation.
'Den hat seit fast 80 Jahren niemand mehr gesehen', sagt Dr. Hermann Müller, Vorstandsmitglied der Bürgerstiftung Heppenheim.
Vier Arbeitseinsätze und bis zu 70 Helfer. Erst 38 Jahre vor der Zerstörung war der Sakralbau des Architekten Heinrich Metzendorf am 10. Oktober 1900 mit einer großen Feier eingeweiht worden. Mittlerweile liegen die Reste schon mehr als doppelt so lange in der Erde, wie die Synagoge bestand. Die im Juli 2016 gegründete Bürgerstiftung ist seit 18. Januar für das Synagogengrundstück verantwortlich. In vier Arbeitseinsätzen haben bis zu 70 Helfer das 3500 Quadratmeter große Grundstück entrümpelt und versucht, die Pflanzen einzudämmen (das ECHO berichtete).
Im Oktober wurde die obere Gartenhütte auf dem terrassierten Gelände abgerissen und dabei der Fund gemacht. Bekannt war, dass die Hütte aus der Neuzeit teilweise auf dem Synagogen-Grundriss stand. In der unteren Gartenhütte ist der Rest eines alten Toilettenhäuschens der Synagoge verbaut – bisher neben Teilen des Treppenaufgangs eines der wenigen oberirdischen Relikte. Von Bauplänen sei bekannt gewesen, dass das Sanitärgebäude in der Fortsetzung der Apsis steht, erläutert Müller. Die nach Osten orientierte Apsis ist ein halbrunder Anhang des Gebetsraums. Daher habe man gewusst, wo man graben müsse, so Müller.
Die Arbeiten waren aufwendig, weil das Grundstück hoch über dem Starkenburgweg liegt. Mit einem auf einem Laster installierten Kran habe die Firma Antes einen Kleinbagger und einen Schaufellader auf das Grundstück gehoben, berichtet Müller. Der Bagger musste sich dann erst einen Weg über die Terrassen nach oben bahnen.
Der Graben, in dem die Fliesen liegen, ist sechs Meter lang und bis zu 1,20 Meter breit. Die Fliesenfläche ist auf wenige Quadratmeter beschränkt. Mittendrin ist ein Schacht zu sehen, der vermutlich zur Heizungsanlage gehörte. Auch Grundmauern und eine Säule sind zu erkennen. Müller deutet auf halbrunde Mauerreste, die die Bürgerstiftung der Apsis zuordnet. Weiter hinten ist das Fundament einer großen Säule zu sehen. Ein Metallkranz dahinter könnte zu einem Versickerungsschacht gehören. Reste einer weiß verputzten Stützwand am Hang stammen dagegen aus der Neuzeit. Bedeckt waren die Relikte von 70 Zentimetern Schutt und Erde. Dazwischen sind verbrannte Holzteile zu erkennen.
Bis auf zwei Zentimeter genau kartiert. Ein Mitarbeiter der Hessenarchäologie, der nicht genannt werden will, hat nun die Lage des Funds mit Hilfe eines sogenannten GPS-Rovers vermessen. Das Gerät logge sich mit einem Handy beim Landesvermessungsamt in Wiesbaden ein. Bis auf zwei Zentimeter genau werden die Relikte kartiert. Doch sobald die Lage sicher dokumentiert sei, müssten die Funde vor dem Winter wieder mit Erde zugedeckt werden:
'Sonst friert alles auf', so der Experte. Mit einem Bauvlies könnten diese zusätzlich geschützt werden. Dann sei es auch einfacher, sie später wiederzufinden.
Wie es weitergeht mit den Schätzen aus der Erde, ist noch unklar. Bei eventuellen weiteren Grabungen will Hessenarchäologie auf alle Fälle dabei sein.
'Das geht nicht mit sieben rüstigen Rentnern', betont der Archäologe. Die Funde müssten dokumentiert werden, zeichnerisch oder fotografisch. Außerdem könnten Fragmente der Inneneinrichtung gefunden werden. Von der 200 Quadratmeter großen Grundfläche der Synagoge wurde schließlich erst ein sehr kleiner Teil freigelegt. Möglich sei aber eine Arbeit unter Aufsicht.
Das nächste Problem der noch jungen Bürgerstiftung: Wie umgehen mit dem Erbe aus der Vergangenheit? Wie könnten die Funde gezeigt, aber gleichzeitig konserviert werden? Ein Schutzbau über den Fliesen wie in archäologischen Parks könnte teuer werden. Und auch sonst ist auf dem riesigen, teilweise verwilderten Grundstück ständig etwas zu tun. Ohne Konzept und eine gesicherte Finanzierung gehe gar nichts, betont Müller."
Link
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März
2018: Vortrag zur Geschichte der
Heppenheimer Synagoge |
Artikel von Sigrid Jahn in
"Echo-online" (Lokalausgabe) vom 23. März 2018: "Heppenheim.
Hermann Müller berichtet über die im November 1938 zerstörte Heppenheimer Synagoge.
HEPPENHEIM - Recherche steht auch bei der Aufarbeitung der Vergangenheit an erster Stelle. Dr. Hermann Müller, ehrenamtlich aktiv beim Verein
'Stolpersteine – Erinnern für die Zukunft' sowie bei der Bürgerstiftung, hat alles verfügbare Material im Stadt- und Kreisarchiv und beim Hessischen Staatsarchiv in Darmstadt genutzt, Zeitungsmeldungen und Inserate studiert, Dokumente transkribiert und dabei auch weniger interessant erscheinende Quellen nicht vernachlässigt. Denn daraus ergeben sich unter Umständen wichtige Rückschlüsse auf das zu rekonstruierende Gesamtbild, wie zahlreiche Zuhörer seines Vortrags
'Die Heppenheimer Synagoge – Auf Spurensuche' am Mittwochabend im Marstall erfahren konnten.
Als Baruch Hirsch II., von 1861 bis 1876 Vorsitzender der jüdischen Gemeinde, als treibende Kraft den Bau eines neuen Gotteshauses initiiert hatte, waren die 150 jüdischen Bürger Heppenheims noch wohlgelitten im gesellschaftlichen Leben der Kleinstadt. Errichtet auf einem
'Filetstück' mitten in der Gemarkung, mit Blick auf den Maiberg und die Pfarrkirche Sankt Peter, hatten Baruch Hirschs Söhne Leopold, Adolf und Heinrich, Bankiers in London und wohnhaft an der vornehmen Adresse 10 Kensington Palace nahe am Hyde Park, es übernommen, auf eigene Kosten eine Synagoge zu bauen,
'um der Liebe zu ihrer Heimat einen dauernden Ausdruck zu verleihen und zum ehrenden Andenken an ihre seligen Eltern und Großeltern'.
Nach der Einweihung des von Wilhelm Metzendorf entworfenen Gebäudes am 10. Oktober 1900 dankte die israelische Religionsgemeinde der Bevölkerung für die
'herzliche Beteiligung an dem Feste' (mit Festkonzert, Ball und feierlichem Einzug unter geschmückten und beflaggten Häusern); 1908 wurde den
'Herren Hirsch in London' sogar für die 'Opferwilligkeit und Anhänglichkeit an ihre
Vaterstadt' auf Beschluss des Stadtvorstandes die Ehrenbürgerschaft verliehen – die Originalurkunde jedoch ist verschollen.
Handfeste Belege kommen zum Vorschein. Wie es weiterging mit der Synagoge, ist bekannt – am 10. November 1938 wurde das Gotteshaus in Brand gesteckt und zu sprengen versucht,
'die Trümmer kamen in der ganzen Umgebung herunter', so Hermann Müller. Seitdem die Bürgerstiftung sich im Vorjahr darangemacht hat, das 3000 Quadratmeter umfassende Areal zu entbuschen und zu entrümpeln, erstreckt sich die Spurensuche auch auf handfeste Belege. Durch die Einsicht alter Inventarlisten konnten zwei Fundstücke aus Messing als Haltestangen für Läufer identifiziert werden, nach dem Abriss einer Hütte kamen Fliesen zum Vorschein, die der Synagoge zugeordnet werden konnten. Landesarchäologen, beauftragt von der Denkmalschutzbehörde, legten ein Rohr frei – möglicherweise der Eingang zu einem Sickerschacht für die Dachentwässerung –, eine weitere Öffnung könnte zu einem Heizungsschacht geführt haben. Ein Firststein, Bruchstücke von Dachziegeln und ein metallener Deckel sind ebenso erhalten wie das Toilettenhäuschen, das auf jeden Fall stehen bleibt.
Was Müller anhand einer Fotografie zudem herausgefunden hat, betrifft den Keller unterhalb des Areals: Da wurde der Eingang versetzt, sodass das Gewölbe wohl nicht zur Synagoge gehörte, sondern zu dem Grundstück, das ein gewisser Leonhard Bund 1930 der jüdischen Gemeinde abgekauft hatte. Und die Spurensuche ist noch nicht beendet:
'Weitere Informationen werden gesucht und gesammelt. Es gibt noch viele offene
Fragen.'"
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November 2018:
Gedenken am Jahrestag des
Novemberpogroms 1938 |
Artikel von Sigrid Jahn in der "Bürstädter
Zeitung" vom November 2018: "Heppenheim erinnert an den Tag der Schande.
Mit einer Gedenkstunde und einer szenischen Lesung ist in Heppenheim an den
Tag erinnert worden, an dem die Synagoge zerstört wurde. Beide
Veranstaltungen stießen auf große Resonanz.
HEPPENHEIM - Es sind 52 Namen, die alljährlich am Abend des 9. November
an der Stelle zu vernehmen sind, an der bis zum 10. November 1938 die
Synagoge stand – zum ehrenden Gedenken an diejenigen Heppenheimer Juden, die
in der Shoah von 1933 bis 1945 umgekommen sind. 52 Schicksale, die niemals
der Vergessenheit anheimfallen sollen, wofür sich seit 2013 auch der Verein
'Stolpersteine – Erinnern für die Zukunft' stark macht. Und die Aktiven
stehen nicht allein: Beim Schweigekreis am Freitagabend auf Einladung der
Kirchengemeinden versammelten sich erneut zahlreiche Bürger am
Starkenburgweg, während die Glocken aller Gotteshäuser 15 Minuten lang
läuteten. Hans Jürgen Basteck, Pfarrer in der evangelischen
Heilig-Geist-Gemeinde, der mit seinen Amtskollegen Thomas Meurer von Sankt
Peter und Matthias Lich von 'Erscheinung des Herrn' die Namen der Opfer
verlesen hatte, rekapitulierte die Geschichte der am 10. Oktober 1900
eingeweihten Synagoge. Nicht einmal ein halbes Jahrhundert sollte sie
Bestand haben. In der Pogromnacht wurde sie gesprengt und in Brand gesetzt,
als auch in Heppenheim der braune Mob durch die Straßen zog.
Rundum überzeugende Darstellung im Marstall. Nach Fürbitten und einem
gemeinsam gebeteten Vaterunser gab es Gelegenheit, einen Blick in den
Gewölbekeller unterhalb des 3000 Quadratmeter großen Grundstücks zu werfen.
Die Bürgerstiftung Heppenheim hat es von der Stadt übernommen, um es zu
einem Ort der Begegnung zu gestalten. Vor dem Schweigekreis hatte der Verein
'Stolpersteine' um Vorsitzende Sabine Fraune unter der Überschrift '80 Jahre
Pogromnacht – zwei Schicksale jüdischer Familien aus Heppenheim 1933 bis
1945' in den Marstall eingeladen, und auch hier blieb kein Platz unbesetzt.
Louisa Bender, Julia Varycheva, Maxim Brückmann und Manuel Schütz, Schüler
des Starkenburg-Gymnasiums und Mitglieder beim neuen Schauspielprojekt
'Cargo', hatten mit Erich Henrich, Leiter des Vorgängerensembles 'LiZi',
eine szenische Lesung einstudiert, die den Zuhörern das Leiden der Familie
Sundheimer sowie von Sofie Fischer eindringlich nahebrachte. Das
biografische Material hatten die Recherchegruppen des Vereins
'Stolpersteine' Henrich und den Gymnasiasten an die Hand gegeben. Die rundum
überzeugende Darstellung oblag den Akteuren, die sich ihrer Aufgabe behutsam
und mit großem Einfühlungsvermögen stellten. Zur Sprache dabei kam auch der
Erlebnisbericht einer Zeitzeugin, Gertrud Frank, die als Nachbarskind neben
Sundheimers, die im Haus Lehrstraße 3 wohnten, aufwuchs und Tag für Tag mit
den fünf Kindern der Familie spielte. Was Frank, die bereits verstorben ist,
in der Pogromnacht erlebt hatten, konnte sie im Gespräch mit den
Rechercheuren noch weitergeben: 'Als die Synagoge brannte, sind wir alle in
den Garten gegangen. Von dort konnten wir rüber schauen. Nebenan waren die
Sundheimers auch im Garten und haben erklärt, was gerade verbrennt. Bei
Sundheimers und bei Selma Hirsch sind sie auch in die Wohnung eingedrungen
und haben alles zusammengeschlagen und alles auf die Straße geschmissen.'
Sophie Fischers furchtgeplagtes Leben in dieser Zeit hat ihre Enkelin
Marianne Degginger, die bei ihren in 'Mischehe' lebenden Eltern in Berlin
dem Holocaust entronnen ist, in zwei Erinnerungsbüchern festgehalten: 'Omi
schrieb von ganz merkwürdigen Dingen. Läden wurden überfallen, die
Einrichtung zerschlagen. Omi war außer sich vor Angst. In Heppenheim wurden
unsere Verwandten bespuckt und alle jüdischen Gebäude und Wohnhäuser
beschmiert.' Sofie Fischer starb 1943 in Theresienstadt; aus der Familie
Sundheimer haben nur die älteren, rechtzeitig emigrierten Töchter Käthe,
Else und Gertrud überlebt. An sie und ihre ermordeten Angehörigen erinnern
seit dem 7. November 2014 sieben Stolpersteine an der Lehrstraße 3. Einen
Stolperstein für Sofie Fischer an der Darmstädter Straße 20 hat ihr
Ururenkel Pascal Bitterli am 13. November 2015 ins Pflaster eingefügt."
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Januar 2019:
Weitere Verlegung von
"Stolpersteinen" ist für März 2019 geplant |
Artikel im "Bergsträßer Anzeiger"
vom 2. Januar 2019: "Spenden erbeten. Verein hat Nachkommen der Familien
Mainzer eingeladen. Neue Stolpersteine in der Fußgängerzone
Heppenheim. Der Verein Stolpersteine Heppenheim plant, in diesem Jahr
weitere Stolpersteine zu verlegen. Diese sollen vor dem Haus Mainzer in der
Fußgängerzone verlegt werden. Aktuell wird das Haus saniert und bald seiner
neuen Bestimmung übergeben. Das Haus erstand 1906/07 als repräsentatives
Geschäfts- und Wohnhaus, erbaut vom jüdischen Kaufmann Wilhelm Mainzer und
seinen Söhnen Jakob und Berthold. Jakob und Berthold Mainzer führten die
Geschäfte und hielten ein breitgefächertes Angebot bereit. Gemeinsam mit
ihren Familien wohnten sie in den oberen Stockwerken des Hauses. Mit dem
Erstarken des Nationalsozialismus wurde es für die Mainzers schließlich
unmöglich, die Geschäfte weiter zu betreiben. Die Kinder von Jakob und
Berthold konnten emigrieren und überlebten den Holocaust. Jakob und Berta
wurden in Auschwitz ermordet. Berthold starb im Gefängnis in Darmstadt an
den Folgen von Misshandlungen während seiner Haft. Seiner Frau Johanna
gelang die Flucht aus Deutschland.
Großes Familientreffen geplant. Zur Geschichte der Familie Mainzer
forschen Mitglieder des Vereins Stolpersteine. Es konnten Kontakte zu den
Nachkommen hergestellt werden. So werden am 26. März über 30 Angehörige aus
USA und Israel nach Heppenheim kommen, um an der Stolpersteinverlegung
teilzunehmen. Gleichzeitig wird der Aufenthalt ein großes Familientreffen
für die Angehörigen sein. Gunter Demnig wird am 26. März um 9 Uhr elf
Stolpersteine verlegen, die an Jakob und Berta Mainzer und die vier Kinder
und an Berthold und Johanna Mainzer und deren drei Kinder erinnern. Noch
sind nicht alle Stolpersteine finanziert. Der Vereinsvorstand hofft auf die
Unterstützung der Bevölkerung. Die Kosten für einen Stolperstein betragen
120 Euro. Um die geplanten Begegnungen durchführen zu können, werden weitere
finanzielle Mittel benötigt. Spenden zur Stolpersteinverlegung können auf
das Konto des Vereins Stolpersteine Heppenheim e.V. IBAN: DE85 5095 1469
0000 0421 92 überwiesen werden. Info:
www.stolpersteine-heppenheim.de"
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Januar 2019:
Vortrag über die Heppenheimer
Synagoge |
Artikel von Bernd Sterzelmaier in
"echo-online.de" vom 17. Januar 2019: "Was von der Heppenheimer Synagoge
übrig blieb
Hermann Müller berichtet über den Stand der Spurensuche. Das Gelände könnte
zum 'Bürgerpark für Kultur und Begegnung' werden.
HEPPENHEIM - Eines der Fotos, mit denen Dr. Hermann Müller seinen
Vortrag über die Heppenheimer Synagoge illustrierte, muss am Morgen des 10.
November 1938 aufgenommen worden sein. Es zeigt eine Rauchsäule über dem
Gotteshaus mit dem Schlossberg im Hintergrund. Von der Synagoge, die Anfang
Oktober 1900 eingeweiht worden war, blieben nur Schutt und Asche. Müller hat
sich wie viele seiner Mitstreiter aus der Bürgerstiftung, dem
Geschichtsverein sowie aus der Stadt- und Laternenführergilde auf
Spurensuche begeben. In seinem Vortrag präsentierte der Heimat- und
Familienforscher die Ergebnisse, die zeigen: Ende des 19. Jahrhunderts lebte
die jüdische Gemeinde friedlich mit ihren christlichen Nachbarn. 'Die Juden
haben dazugehört, es gab keine Differenzen, und es wurde gemeinsam
gefeiert', sagte Müller.
Brüder Hirsch finanzieren Neubau des Gebetshauses. Als die Synagoge
eingeweiht wurde, waren die Häuser mit Fahnen geschmückt. In den Festsälen
des Hotels Halber Mond und des Gasthauses Goldener Anker spielten
Militärkapellen, wie Müller dokumentierte. Die ganze Stadt wusste, wem sie
es zu verdanken hatte, dass die Synagoge in der Altstadt verkauft und das
neue Gotteshaus gebaut werden konnte: Den Brüdern Adolf, Leopold und
Heinrich Hirsch, Mitglieder aus Heppenheims jüdischer Gemeinde. Sie waren
nach London ausgewandert und dort zu Vermögen gekommen. Müllers Vortrag
ordnete die Rolle der Brüder Hirsch in die neuere Heppenheimer
Stadtgeschichte ein. Er erwähnte, dass die Bankiers regelmäßig größere
Summen für die Armen überwiesen. Die Spenden wurden – so hatten sie es
verfügt – 'ohne Unterschied der Konfession' verteilt. Als die Brüder Hirsch
zusagten, den Bau einer neuen Synagoge zu finanzieren, erhielt der
Bergsträßer Jugendstilarchitekt Heinrich Metzendorf den Auftrag zur Planung,
dessen Bruder Georg war Bauleiter. Laut Müller war auch das ein Beleg für
die Heimatverbundenheit der Auswanderer, die fast jährlich zurück an die
Bergstraße reisten und selbst in der Fremde Wert darauf legten, 'deutsche
Bürger' zu sein. Adolf, Leopold und Heinrich Hirsch wurden 1908 zu
Ehrenbürgern ernannt.
Die Synagoge mit der Empore und dem schlicht gestalteten Innenraum prägte
mit der Pfarrkirche Sankt Peter, die 1904 eingeweiht wurde, das Stadtbild.
Zu dem 3400 Quadratmeter großen Gelände gehörten Weinberg, Wiese, Obstbäume
und Garten. 'Dann kam das schreckliche Jahr 1933'. Mit diesen Worten leitete
Müller seine Beschreibung dessen ein, was sich nach der Machtergreifung der
Nationalsozialisten in Heppenheim wie im ganzen Deutschen Reich abspielte.
Die Demütigung und Verfolgung der Juden begann in Heppenheim schon im
Frühjahr 1933, wie ein Bild im Museum unter dem Holocaust-Mahnmal in Berlin
zeigt. In Heppenheim wurde die Friedrich-Ebert- in Adolf-Hitler-Straße
umbenannt. Jüdische Kaufleute mussten ihre Geschäfte schließen, um ihnen die
Existenzgrundlage zu entziehen. 'Das zeigt, welche Macht die Nazis schon
hatten und wie sie diese radikal ausgenutzt haben', sagte Müller. Die
letzten Juden wurden 1942 aus Heppenheim deportiert.
Wie Müller weiter berichtete, hatten die Brandstifter in der Pogromnacht das
Gestühl der Synagoge auf einen Haufen geworfen, mit Benzin übergossen und
angezündet.
Das Synagogengelände blieb bis Anfang der fünfziger Jahre ein Trümmerhaufen,
bis Nachbarn aufräumten und das Gelände pflegten. Die Spuren der Familie
Hirsch verlieren sich laut Müller während des Zweiten Weltkriegs. Rechtlich
blieben sie bis in die achtziger Jahre die Grundstücksbesitzer, wie
Professor Karl Härter ergänzte, der Vorsitzende des Geschichtsvereins. Vor
wenigen Jahren kam das Gelände in den Besitz der Stadt mit der Auflage, es
der Bürgerstiftung zu übertragen, was 2016 geschah. Müller beschrieb, was
bisher gefunden oder freigelegt wurde: Messingstangen, mit denen die
Teppichläufer auf dem Boden der Synagoge fixiert waren, der Schlussstein aus
einem Giebel, ein Heizungsschacht, Fliesen, verkohltes Holz, Bruchstücke von
Dachziegeln, und das Toilettenhäuschen, das rechts von der Apsis stand. Zur
Überraschung der bis zu 70 ehrenamtlichen Helfer fanden sie bei den
Aufräumarbeiten auch den Zugang zu einem 16 Quadratmeter großen
Gewölbekeller. Dieses Gemäuer war Teil der Synagoge und ist laut Müller so
gut erhalten, dass es als Veranstaltungs- und Ausstellungsraum genutzt
werden könnte. Die Mitglieder der Bürgerstiftung hoffen, das Gelände in
einen 'Bürgerpark für Kultur und Begegnung' verwandeln zu können. Dort
könnte die Geschichte der Synagoge sowie die Erinnerungen an die jüdischen
Bürger und die Architekten Metzendorf gepflegt werden."
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November 2019:
Gedenkveranstaltung zur Erinnerung
an den Novemberpogrom 1938 |
Artikel in der "Lampertheimer
Zeitung" vom 6. November 2019: "Jüdische Zeitreise mit Dany Bober. Verein
'Stolpersteine Heppenheim' lädt zu Gedenkveranstaltung am 9. November ein.
HEPPENHEIM - (red). Seit einigen Jahren lädt der Verein 'Stolpersteine
Heppenheim – Erinnern für die Zukunft' mit Partnern zu einer
Gedenkveranstaltung am 9. November ein. Während der Reichspogromnacht vom 9.
auf den 10. November 1938 wurden in ganz Deutschland Synagogen verwüstet und
niedergebrannt. Zudem hatte die jüdische Bevölkerung unter den damit
verbundenen Ausschreitungen zu leiden. Es gab Tote und Deportationen in
Konzentrationslager. Zur Erinnerung an die jüdische Bevölkerung Heppenheims,
ihr Leid während der Nazi-Diktatur und die Zerstörung ihrer Synagoge am
Starkenburgweg wird in diesem Jahr der Wiesbadener jüdische Künstler Dany
Bober nicht nur sein Programm 'Eine jüdische Zeitreise' im Marstall
darbieten, sondern auch beim anschließenden Schweigekreis an den
Gedenksteinen im Starkenburgweg das jüdische Totengebet anstimmen.
Am Samstag, 9. November, beginnt sein Programm 'Eine jüdische Zeitreise mit
Dany Bober' um 19 Uhr im Marstall. Mit Liedern, Berichten und jüdischen
Weisheiten lässt Bober die Vielfalt der jüdischen Kultur lebendig werden.
Zwischen den Liedern erzählt er die Geschichte, die den Rahmen zu seinen
Liedern bildet. Sein Programm umfasst einen Zeitraum von fast 3000 Jahren.
Es reicht von Neuvertonungen der Psalmen aus der Zeit der Könige David und
Salomon, dem babylonischen Exil, der hellenistisch-römischen Zeit zum
deutschen Judentum und den jiddischen Volksweisen Osteuropas. Prosa und
Gedichte aus der Zeit des 'Frankfurter Vormärzes' Anfang des 19.
Jahrhunderts runden das Feature liebevoll-ironisch ab. Bobers Eltern konnten
in der Nazi-Zeit nach Palästina fliehen, wo er kurz nach der Staatsgründung
1948 in Israel geboren wurde. 1956 kehrten seine Eltern mit ihm in die
Geburtsstadt seines Vaters nach Frankfurt zurück. Seit 1976 lebt Dany Bober
in Wiesbaden. Die Veranstaltung im Marstall kostet keinen Eintritt. Der
Verein 'Stolpersteine Heppenheim' freut sich jedoch über Spenden. Nach dem
etwa eineinhalbstündigen Programm ist Gelegenheit zum Gang an die
Gedenktafeln unterhalb der zerstörten Hirsch-Synagoge am Starkenburgweg, wo
die Kirchengemeinden und Pfarreien Heppenheims um 21 Uhr zum Schweigekreis
einladen. Mit dem jüdischen Totengebet, dem Vorlesen der jüdischen Namen auf
dem Gedenkstein und dem Lied Shalom Chaverim endet die Veranstaltung."
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Dezember 2019:
Beiträge zur jüdischen Geschichte
im 52. Jahrgang der Bergsträßer Geschichtsblätter |
Artikel von Oliver Lohmann in "echo-online.de"
vom 2. Dezember 2019 (nur teilweise zitiert): "Geschichtsblätter mit
Heppenheimer Kaufhaus Mainzer auf der Titelseite
Der 52. Band der Bergsträßer Geschichtsblätter ist erschienen.
Heppenheim spielt hierin eine große Rolle: Es wird berichtet über die
Familie Mainzer und die Hirsch-Synagoge.
HEPPENHEIM - Passend zur Sanierung und neuen Nutzung des
Metzendorf-Hauses ziert eine Zeichnung des Kaufhauses Mainzer die Titelseite
der 'Geschichtsblätter für den Kreis Bergstraße'. Dieser 52. Band der
Geschichtsblätter-Reihe ist folgerichtig im ehemaligen Kaufhaus in der
Friedrichstraße der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Mehrere Dutzend
Menschen kamen zur Präsentation des 52. Bandes der Geschichtsblätter.
Herausgegeben werden die Bücher von der Arbeitsgemeinschaft der Geschichts-
und Heimatvereine. ...
DAS BUCH. Der Band 52 der Geschichtsblätter ist im Buchhandel für 18 Euro
erhältlich. ISSN: 0720-1044. Das Buch hat fast 320 Seiten und enthält viele
Dokumente und Fotos...
Professor Karl Härter fasste für die Zuhörer die wichtigsten Erkenntnisse
aus seinen Recherchen über die Familie Mainzer zusammen. Für die
Geschichtsblätter hat er den ausführlichsten Text mit dem Titel 'Die
jüdische Familie Mainzer in Heppenheim zwischen wirtschaftlichem Aufstieg
und nationalsozialistischer Verfolgung' beigetragen. Die Familie Mainzer
stehe exemplarisch für viele andere jüdische Menschen in Hessen und
Deutschland. Vier von ihnen seien vom NS-Regime ermordet worden, zwölf
konnten flüchten und überlebten.
Thilo Figaj erläuterte den Zuhörern, was es auf dem inzwischen restaurierten
Gemälde 'Prospect von dem Meliboco und dessen Gegend' vom Darmstädter
Hofmaler Johann Tobias Sonntag von 1747 alles zu entdecken gibt. Unter
anderem ein Osttor in der Lorscher Klostermauer. Darüber schreibt Figaj im
neuen Band der Geschichtsblätter. Im Buch geht es außerdem um die
schottische Familie Duff in Bensheim, regionale Literaturgeschichte, die
ehemalige Heppenheimer Synagoge, aber auch Infos über das
'Gaunerunwesen' in der Zent Abtsteinach und vieles mehr." |
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Dezember 2019:
Über den Gewölbekeller unter dem
Synagogengrundstück und Planungen für die Zukunft
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Artikel von Hermann Müller in der
"Bürstädter Zeitung" vom 10. Dezember 2019: "Echo hilft: Neue Ideen für
Heppenheimer Gewölbekeller
Zu dem Bürgerpark in Heppenheim gehört auch ein alter Gewölbekeller: Aus dem
einstigen Lagerraum am Starkenburgweg könnte ein Ort für Konzerte oder
Lesungen werden.
HEPPENHEIM - Mit der laufenden "Echo hilft!"-Aktion soll in Heppenheim
das Projekt eines Bürgerparks der Bürgerstiftung Heppenheim gefördert und
damit 'eine Vision auf historischem Grund' realisiert werden. Der Bürgerpark
soll auf einem Anwesen entstehen, auf dem bis zur Zerstörung durch die Nazis
1938 die Hirsch-Synagoge stand. Zu dem Anwesen gehört auch ein alter
Gewölbekeller, der seine eigene Geschichte hat und in den Planungen der
Bürgerstiftung für vielfältige Verwendungen vorgesehen ist. 1929 kaufte die
jüdische Gemeinde von Leonhard Bund das angrenzende, nordwestlich am
Starkenburgweg gelegene Grundstück für 1000 Reichsmark hinzu. Unter diesem
Grundstück befindet sich noch heute ein gut erhaltener Gewölbekeller. Dieser
stammt aus der Zeit vor der Erbauung der Synagoge und hat nichts mit der
1900 fertig gestellten Synagoge zu tun. Vor dem Jahr 1900 erfolgte die
Straßenbeleuchtung in Heppenheim mit Petroleumlampen. Das Petroleum dafür
wurde in diesem Gewölbekeller am Starkenburgweg gelagert. Mit der
Fertigstellung eines Elektrizitätswerks in Heppenheim im Jahr 1899 begann
die Einführung der elektrischen Straßenbeleuchtung ab Januar 1900 - und der
Keller verlor seine Aufgabe als Petroleumlager. In der Zeit, in der die
jüdische Gemeinde den Gewölbekeller besaß, wurde er als Lagerraum genutzt,
unter anderem für das kühle Lagern von Lebensmitteln und Getränken, aber
auch von Reserveziegeln für die Synagoge. Diese über 100 Jahre alten
Dachziegeln stammen nicht nur aus dem Heppenheimer Tonwerk, sondern auch aus
Ziegelfabriken in Speyer, Eisenberg und Worms und sind heute noch in
größerer Zahl vorhanden. Nach 1947 wurde das Grundstück mit dem
Gewölbekeller von der Familie Saul erworben, die dann in den 1980er Jahren
Eigentümer des gesamten Synagogengrundstücks wurde. Beim Bau der
Gedenkstätte für die Synagoge und die jüdischen Opfer des
Nationalsozialismus wurde am Starkenburgweg 1965 der Zugang zu dem
Gewölbekeller etwas nach links verlegt. Der Gewölbekeller hatte früher einen
Durchgang zu einem weiteren Kellerraum, der unter dem Nachbargrundstück lag
und zugeschüttet wurde. Dieser Durchgang wurde dann auf Fenstergröße
verkleinert. Heute erinnert noch eine Fensterumrahmung an die ursprüngliche
Situation. Im Mai dieses Jahres war der Gewölbekeller ein Teil des
Aufgabenpakets für die 72-Stunden-Aktion der katholischen Jugend. Die Gruppe
der Pfarrei Erscheinung des Herrn hat sehr fleißig und in großartiger Weise
den Keller entrümpelt, Schutt abgefahren, die Wände gesäubert und einen
neuen Bodenbelag eingebracht. Der stellvertretende Vorsitzende der
Bürgerstiftung, Kurt Vettel, hat anschließend noch eigenhändig ein
Treppengeländer gezimmert und eine Lampe aufgehängt. Damit ist der
Gewölbekeller nach über 80 Jahren wieder zugänglich und kann in Regie der
Bürgerstiftung für kleine Veranstaltungen wie etwa Ausstellungen, Lesungen
oder Konzerte genutzt werden. Dabei gibt es zum Beispiel bei der Beleuchtung
noch weitere Arbeiten, die im Rahmen des Gesamtprojektes Bürgerpark
abgearbeitet werden müssen. "
Link zum Artikel |
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Dezember 2019:
Auf dem Synagogengrundstück soll
ein "Bürgerpark" entstehen |
Artikel in der "Lampertheimer
Zeitung" vom Dezember 2019: " Kurt Vettel von der Bürgerstiftung spricht
über den geplanten Bürgerpark in Heppenheim
Auf dem Gelände der ehemaligen Synagoge in Heppenheim soll mit den Gelder
von 'Echo hilft!' ein Bürgerpark entstehen. Der Zweite Vorsitzende sagt:
'Jeder Euro zählt.'
HEPPENHEIM - Kurt Vettel und seine Frau Jana gehören zu den
Gründungsstiftern der Bürgerstiftung Heppenheim. In der
Gründungsveranstaltung wurde er durch das Stiftungsforum – alle Stifter, die
zusammen das notwendige Gründungsguthaben von 50 000 Euro zugestiftet haben
– zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.
Herr Vettel, wie sind Sie bei der Bürgerstiftung gelandet? Im Vorfeld
zur Stiftungsgründung wurden einige Informationsveranstaltungen
veranstaltet. Zusammen mit meinem Freund Werner Krauß haben wir eine davon
besucht. Dort sprach Marie-Luise Stoll-Stephan vom Verband der
Bürgerstiftungen in Deutschland. Sie charakterisierte in ihrem Vortrag die
Stiftungsform Bürgerstiftung als gemeinnützige von den Bürgern einer Stadt
getragene Stiftung, deren Merkmale politische Unabhängigkeit und
organisatorische Selbständigkeit sind. Das hat mich beeindruckt.
Warum engagieren Sie sich dort? Ich habe in meinem Leben viel Musik
(Tanzmusik-Bigband) gemacht und war beruflich in IT-Projekten weltweit
unterwegs. Ich bin in keiner politischen Partei oder in einem Verein
engagiert, arbeite aber gerne mit Menschen zusammen und habe Spaß daran,
Projekte zu entwickeln und voranzubringen. Soziales und Gemeinschaft liegen
mir am Herzen. Da ist die Bürgerstiftung Heppenheim genau der richtige
Platz, um mich für die Bürger und meine Heimatstadt einzusetzen.
Was macht die Stiftung alles? Projekte, die dem Wohle der Bürger von
Heppenheim dienen und nicht im Aufgabengebiet einer Behörde oder
Stadtverwaltung liegen. Ein breiter Fächer von Möglichkeiten, an denen jeder
Heppenheimer partizipieren kann und individuell wie sein Fingerabdruck
seinen Beitrag leisten kann. Die Bürgerstiftung soll keine Konkurrenz zu den
Kultur-, Sport- und Hilfsvereinen darstellen. Wir kooperieren und
unterstützen gerne gemäß unserer Satzungsinhalte.
Wie hoch ist das Stiftungskapital? 160 000 Euro. Das Stiftungskapital
darf aber nicht verbraucht werden, nur Zinsgewinne dürfen im operativen
Budget ausgegeben werden.
Was beim aktuellen Niedrigzins schwer sein dürfte. Richtig. Nur die
Spenden und Zustiftungen des einzelnen Bürgers bilden das Stiftungskapital.
Was natürlich erst nach und nach wächst und nicht von vornherein zur
Verfügung steht. Vermögende Bürger können auch größere Beträge in die
Stiftung oder eine Testamentsstiftung einbringen und dabei den
Verwendungszweck mit bestimmen.
Die Bürgerstiftung hat es sich zur Aufgabe gemacht, dem Gelände der
ehemaligen Synagoge neues Leben einzuhauchen. Das Grundstück am
Starkenburgweg wurde der Bürgerstiftung zugestiftet. Mit dem Auftrag, im
Rahmen der Denkmalpflege das Gelände zu verwalten, zu pflegen und unter
Berücksichtigung des historischen Hintergrundes zu entwickeln.
Das könnte mit den Geldern aus 'Echo hilft!' schneller gehen als gedacht,
oder? Das war eine sehr schöne Überraschung und bedeutet eine große
Hilfe für die Stiftung. Bisher haben wir den Pflegeauftrag fast
ausschließlich mit Zeitstiftern, also ehrenamtlichen Helfern, geleistet. Wir
hoffen, dass wir mit dem Geld Arbeiten angehen können, die nachhaltig unser
Projekt nach vorne bringen – sodass wir bald die ersten Bereiche für die
Bürger zur Verfügung stellen können. Ohne finanzielle Mittel einzusetzen,
kommt man leider nicht über die Ziellinie. Aber der Weg ist noch weit, die
Bürgerstiftung erst 36 Monate alt und hat noch viel Platz für neue Stifter
und Spender.
Was wird mit dem gespendeten Geld konkret gemacht? Ich könnte jetzt
50 Themen aufzählen. Es geht darum, den Bürgerpark in den nächsten Jahren zu
entwickeln. Was genau geplant ist, ist auf unserer Homepage nachzulesen.
In dem Bürgerpark sollen sich Generationen treffen. Warum ist das aus
Ihrer Sicht wichtig? In unserer Stadt fehlt ein zentraler Platz, der von
Jung und Alt genutzt werden kann und leicht zu erreichen ist. 'Wir treffen
uns heute Mittag auf dem Bürgerplatz' – so könnte eine Verabredung
ausgesprochen werden. Ob von einer Jugend- oder der
Senioren-Gymnastikgruppe. Auch ist es denkbar, dass der Chef eines
Unternehmens seine Mitarbeiter bei schönem Wetter zu einem Offsite-Meeting
auf den Bürgerplatz einlädt, um das neue Projekt in einer anderen Umgebung
zu besprechen.
Warum ist es so wichtig, dass das geschichtsträchtige Gelände einer neuen
Bestimmung zugeführt wird? Wir haben bewusst den Projektnamen
'Bürgerpark' gewählt. Von dem alten Synagogengebäude sind heute keine
baulichen Reste und Spuren mehr erhalten. Wir werden selbstverständlich an
der Stelle, wo diese stand, daran erinnern und den historischen Bereich
entsprechend würdigen und gestalten.
Die Sparkassenstiftung hat angekündigt, jeden Euro im Dezember zu
verdoppeln. Wir freuen uns sehr, dass wir zum 20. Jubiläum der
Sparkassenstiftung so stark unterstützt werden. Und wir würden uns freuen,
wenn der Anreiz der Verdopplung jedes gespendeten Euros noch mal starke
Wirkung auf die Spendenbereitschaft hat. Jeder Euro zählt.
Das Interview führte Matthias Rebsch."
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Dezember 2019:
Schülerinnen und Schüler der
Martin-Buber-Schule beschäftigen sich mit der Geschichte der Synagoge in
Heppenheim |
Artikel von Matthias Rebsch in
"Echo-online" (lokal: Bergsträßer Echo) vom 23. Dezember 2019: "Echo
hilft: Schüler über KZ-Besuch und Synagoge in Heppenheim
Schüler der Martin-Buber Schule haben kürzlich ein KZ besucht. Nun erfuhren
sie, dass auch in Heppenheim großes Unrecht geschehen ist.
KREIS BERGSTRASSE - Sein ganzes Leben hat sich Joshua gefragt, was dort
oben auf dem Grundstück wohl sein mag. Der 16-Jährige wohnt in der Nähe des
Starkenburgwegs und geht fast täglich am Gelände der ehemaligen Heppenheimer
Synagoge vorbei. Nun hatte er die Möglichkeit, mit seiner Schulklasse den
historischen Boden zu betreten. Möglich gemacht hat das die Bürgerstiftung
und das große Interesse der Schüler an der deutschen Vergangenheit. Die 10bR
und 10cR der Martin-Buber-Schule beschäftigen sich seit der neunten Klasse
in den Fächern Deutsch und Geschichte intensiv mit der Zeit des
Nationalsozialismus, der Judenverfolgung und dem Widerstand. Deshalb stießen
die Schüler mit ihrem Wunsch, eine historische Gedenkstätte zu besuchen, bei
ihren Lehrern Silke Michel, Timo Kolb und Cäcilia Korte auf offene Ohren.
Eigentlich sah der Plan vor, das ehemalige Konzentrationslager in Osthofen
zu besuchen. Ein Konzentrationslager der Größenordnung Dachau erschien den
Lehrern aber nachdrücklicher - also ging es dorthin.
'Was wir gehört haben, ist wirklich passiert.' Der Ausflug verfehlte
seine Wirkung nicht: Alleine das Schild 'Arbeit macht frei' am Eingang der
Stätte löste bei den Schülern ein bedrückendes Gefühl aus, wie sie erzählen.
Einige vermieden es, durch das Tor zu laufen. 'Wir haben erfahren, wie die
Juden dort gefoltert und ermordet wurden', sagte Emre (16). Und die 17 Jahre
alte Lea ergänzte: 'Was wir gehört haben, ist wirklich passiert.' Dass sich
die Verbrechen nicht nur in weit entfernten Städten, sondern auch vor ihrer
Haustür abgespielt hatten, verdeutlichte ein Besuch auf dem Gelände der
ehemalige Synagoge im Heppenheimer Starkenburgweg. Dort will die
Bürgerstiftung mit der Unterstützung von 'Echo hilft!' einen Bürgerpark
errichten. Schulklassen, so der Plan, sollen dort zum Outdoor-Unterricht auf
historischem Boden zusammenkommen.
Zeitzeugen gibt es nicht mehr viele. Geschichtslehrer Timo Kolb kann
sich durchaus vorstellen, hier Unterricht zu geben. Weil die Zeitzeugen
langsam wegbrechen, sei es wichtig, solche Plätze zu erhalten. 'Wer die
Bundesrepublik Deutschland verstehen will, muss deren Geschichte verstehen',
sagte er.
Einen Vorgeschmack, wie der neue Bürgerpark einmal genutzt werden könnte,
bekamen die Schüler in der letzten Woche vor den Ferien. Dort warteten der
stellvertretende Vorsitzende der Bürgerstiftung, Kurt Vettel, und Historiker
Hermann Müller, um den Klassen ein Teil Heppenheimer Vergangenheit zu zeigen
- und Joshua durfte endlich mal das Gelände, das 80 Jahre brach gelegen
hatte, betreten. 'Die Synagoge wurde radikal zerstört', erzählte Hermann
Müller. Nachdem Feuer und Sprengstoff nicht alles habe beseitigen können,
wurde die jüdische Bevölkerung gezwungen, das Gotteshaus zu zerstören.
'Junge Leute wurden schikaniert und als Ungeziefer bezeichnet', schilderte
Müller. 'Sie durften nicht mehr zur Schule und ins in Schwimmbad gehen.'
Müller zeigte die Gedenktafel am Eingang und erinnerte an die 23 ermordeten
Mitbürger. Eines Nachts seien sie abgeholt worden. 'Darunter waren
83-jährige Frauen, die ihr ganzes Leben friedlich in Heppenheim verbracht
haben', verdeutlichte er. Ob die Bevölkerung etwas mitbekommen habe, wollte
Lehrerin Silke Michel wissen. An diesem Abend seien die Deportationen
kurzfristig durchgeführt worden. 'Keiner wusste, wohin sie kommen', so
Müller. 'Manche sind bis heute verschwunden.' Mit Vettel und Müller
besichtigten die Schüler die Stelle, an der die Synagoge einmal gestanden
hatte. Dieser Teil des angedachten Bürgerparks soll historisch belassen
werden. Im Gewölbekeller reflektierten die Schüler anschließend das Erlebte.
Emre empfand es als wichtig, 'dass wir an diese Zeit erinnert werden'.
Mitschülerin Lea forderte dazu auf, 'auch mal den Mund aufzumachen', wenn
etwas falsch laufe. In diesem Zusammenhang erinnerte Mehmet an die Uiguren
in China, 'die wegen ihres Glaubens unterdrückt werden'. Seine Generation
trage an den Verbrechen keine Schuld, sagte Leon (16), 'aber die
Verantwortung, dass so etwas nicht mehr passiert'."
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Über den
Verein
"Stolpersteine - Erinnern für die Zukunft" in
Heppenheim |
Der Verein 'Stolpersteine' um Sabine Fraune erhält seit April 2013
die Erinnerung wach an die jüdischen Opfer des NS-Regimes und pflegt den Kontakt zu Kindern und Kindeskindern, die über die ganze Welt verstreut zu Hause sind.
'Die Angehörigen sollen Heppenheim als einen Ort empfinden, dem die Wertschätzung ihrer Vorfahren am Herzen
liegt', sagte die Vorsitzende, der neu (2018) im Vorstand Kassenwartin Christiane Wüstner und Beisitzerin Annette Spencer zur Seite stehen.
Recherchegruppen gehen zudem den Schicksalen der Familien nach, um weitere
'Stolpersteine' verlegen zu können. Schon terminiert ist im März 2019 eine Aktion in der Fußgängerzone zum Gedenken an die Familie Mainzer; die Geschicke der Familie Hirsch, Kaufleute und Händler, die seit 1730 fünf Generationen lang in Heppenheim zu Hause waren, verfolgt Hermann Müller:
'Mindestens sechs Stolpersteine sind schon geplant.'
Infos gibt es auch der Website www.stolpersteine-heppenheim.de
. (jn). |
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Hinweis auf eine Neubegründung im
Juli 2020:
"Förderverein Kulturdenkmal
Alte Synagoge Heppenheim e.V., Heppenheim (Bergstraße)
bzw. "Initiativkreis Kulturdenkmal Synagoge Kleine Bach Heppenheim e.V."
Anmerkung: "Ein kürzlich gegründeter Förderverein will die ursprüngliche
Gestalt des Kulturdenkmals wiederherstellen und es als Veranstaltungsort
nutzen. Das Gebäude gehört noch der Stadt. " |
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Juli 2020:
Streit um die Alte Synagoge
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Artikel von Christopher Frank und
Jürgen Reinhardt im "Bergsträßer Anzeiger" vom 25. Juli 2020: "Heppenheim.
Erinnerungskultur - Geschichtsverein kritisiert fehlende Transparenz bei
Gesprächen zwischen Stadt und Initiativkreis / Bürgermeister Burelbach
widerspricht. Alte Synagoge wird zum Zankapfel.
Heppenheim. Das geschichtsträchtige jüdische Leben in der Kreisstadt
soll nicht in Vergessenheit geraten. Aus diesem Grund fördern gleich mehrere
Vereine und Organisationen die hiesige Erinnerungskultur. Zu ihnen gehören
der im Martin-Buber-Haus ansässige Internationale Rat der Christen und
Juden, der Geschichtsverein und die Bürgerstiftung, die sich um das Gelände
und die Überreste der neuen Synagoge am Starkenburgweg kümmert –
'insbesondere auch im Hinblick auf eine Gedenkstätte in dem geplanten
Bürgerpark', wie der Vorsitzende des Geschichtsvereins, Professor Karl
Härter, mitteilt.
Sanierung geplant. Bereichert wird dieser Kreis seit Kurzem durch den
'Initiativkreis Kulturdenkmal Synagoge Kleine Bach Heppenheim'. Laut
Absichtserklärung zwischen der Stadt und besagtem Initiativkreis soll die
1791 erbaute erste Heppenheimer Synagoge, ein Fachwerkhaus am Eingang zur
Kleinen Bach, 'als Lern- und Erfahrungsort der Geschichte des Judentums in
Südhessen und zur Dokumentation und Förderung von Bildung und Erziehung im
Blick auf kulturgeschichtliche Beziehungen im Laufe der Geschichte'
hergerichtet werden. Aktuell prüft der Magistrat laut Bürgermeister Rainer
Burelbach (CDU), ob das Haus, für das die Stadt 76 900 Euro gezahlt hat, an
den Initiativkreis übereignet werden kann – eine Privatinitiative, hinter
der Staatssekretär a.D. Joachim-Felix Leonhard (Alsbach-Hähnlein), Thilo
Figaj (Lorsch) und Martin Metzendorf, Sohn des früheren Bürgermeisters
Wilhelm Metzendorf, stehen. Metzendorf ist zum Vorsitzenden eines
Fördervereins gewählt worden, dem ein knappes Dutzend Bürger angehören –
darunter auch Altbürgermeister Gerhard Herbert, in Personalunion
Vorsitzender der Altstadtfreunde. Die Gemeinnützigkeit wird angestrebt, das
ursprüngliche Ziel, eine Stiftung zu gründen, könnte noch umgesetzt werden.
Nicht involviert in die Gründung des Fördervereins war der Geschichtsverein,
der sich laut Härter vielmehr in der Bürgerstiftung engagiere. Zwar
begrüßten er und der Geschichtsverein, 'dass die alte Synagoge ebenfalls
erhalten wird, und sich ihr ein Initiativkreis widmet'. Doch habe dieser
bislang keinen Kontakt zu den anderen Vereinen, die sich seit vielen Jahren
um die jüdische Geschichte Heppenheims kümmern, aufgenommen, kritisiert
Härter. Zugleich moniert er die fehlende Transparenz bei der städtischen
'Vorgehensweise in Sachen Alte Synagoge'. Diesem Vorwurf tritt Bürgermeister
Burelbach entschieden entgegen: Der Magistrat habe das Anwesen bereits im
Februar 2018 erworben – auf Anregung des damals noch lose organisierten
Initiativkreises. Dessen Mitglieder hätten Kontakt mit den Erben der Alten
Synagoge gehabt und seien nach einer Begehung an die Stadt herangetreten.
Dem Magistrat sei bei der Kaufentscheidung wichtig gewesen, dass das
geschichtsträchtige Haus nicht 'in fremde Hände kommt', betont der
Rathauschef. Die Ideen des Initiativkreises sowie die Expertise und die
weitreichenden Kontakte der federführenden Personen hätten das Gremium
überzeugt. Anfang Dezember 2019 habe Leonhard schließlich angeregt, 'die
Stadt möge als Stifterin das Grundstück und Gebäude in Höhe des Kaufpreises
als Kapital in die künftige Stiftung einbringen.' Dies werde derzeit noch
geprüft. Grundsätzlich wolle die Stadt das Haus, welches sich 'in einem
katastrophalen Zustand befindet', schlicht in guten Händen wissen,
wiederholt Burelbach. Und dies sei bei Leonhard, Figaj und Metzendorf der
Fall. Einen Affront anderen Institutionen gegenüber sieht er in dieser
Handhabe nicht: 'Jeder hat die Möglichkeit, Kontakt mit dem Initiativkreis
aufzunehmen. Die Altstadtfreunde sind ja auch dabei, das gleiche Recht
dürfte beispielsweise dem Geschichtsverein zustehen.'"
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica Bd. II,1 S. 354; III,1 S. 544. |
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 247-351. |
| ders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder -
Dokumente. S. 89. |
| Thea Altaras: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 108-110 (ausführlich zum
rituellen Bad in Heppenheim) |
| Harold Hammer-Schenk: Synagogen in Deutschland. Geschichte
einer Baugattung im 19. und 20. Jahrhundert. Teil I S. 365-366.471.478. Teil II Abb.
283. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 18-21. |
| Wilhelm Metzendorf: Geschichte und Geschicke der
Heppenheimer Juden. Hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft der Geschichts- und
Heimatvereine im Kreis Bergstrasse. 423 S. Lorsch 1982. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 183-187. |
| Harald E. Jost: Die jüdische Gemeinde Heppenheim
und ihr prominentestes Mitglied Martin Buber. In: Aschkenas - Zeitschrift
für Geschichte und Kultur der Juden. Bd. 12 2002. Heft 1 S. 141-154. |
| Martin Buber Kompakt. Themenheft der
Martin-Buber-Schule Groß-Gerau. Nr. 1/September 2002. Erschien gleichzeitig
als KOMPASS 5. Jahr / Nr. 3 / September 2002. Online
zugänglich (pdf-Datei). |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Heppenheim
an der Bergstrasse Hesse. Annihilated during the Black Death
persecutions of 1348-49, the community was reestablished around 1700 and at its
height, in 1890, numbering 148 (3 % of the total). Since Jews had contributed
their share to the town's development, many Christians joined in the
celebrations when a new synagogue was opened in 1900. Members of the wealthy
Hirsch family paid all the costs, with one proviso - that the community remain
affiliated with the Orthodox rabbinate of Darmstadt - and Liberal Jews
subsequently honored this agreement. After Worldwar I, a branch of the Central
Union (C.V.) organized Jewish social and cultural activity as well as the fight
against antisemitism. Martin Buber, the religious philosopher and Zionist leader,
lived there for over 20 years (1916-1938). On Kristallnacht (9-10
November 1938), Nazis burned to synagogue to the ground; Jews were paraded
through town carrying loads of debris from their house of worship; and 3.000
volumes from Martin Buber's library were also destroyed. Of the 113 Jews who
lived there after 1933, 87 (chiefly young people) emigrated while the remainder
(mostly old or sick) perished in the Holocaust. After Worldwar II, Buber's
former home became the headquarter of the International Council of Christians
and Jews (1979).
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