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Friedhöfe in den Landkreisen Fulda und Gießen"
Steinbach (Gemeinde
Fernwald, Kreis Gießen)
Jüdischer Friedhof
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Siehe Seite zur Synagoge in Steinbach (interner
Link)
Zur Geschichte des Friedhofes
Die Toten der jüdischen Gemeinde Steinbach wurden bis 1884 auf dem Friedhof
in Großen-Linden beigesetzt. Im April 1884 kaufte die Steinbacher
Israelitische Religionsgemeinde zwei Äcker "Am Weingarten" und legte
hier einen eigenen Friedhof an. Der erste Beigesetzte war vermutlich der am 3.
August 1885 verstorbene Mayer Katz II. Sein Grab liegt wahrscheinlich an der
Stelle, an der sich seit 1988 der Gedenkstein befindet. Die letzte auf dem
Friedhof Beigesetzte war Elisa Löwenberg geb. Kahn, Gottschalk Löwenbergs
Witwe, die am 17. April 1931 verstorben ist. Nach dem Sterberegister wurden auf
dem Friedhof insgesamt 20 Erwachsene und sechs Kinder beigesetzt.
Spätestens seit 1908 (vielleicht bereits seit 1884) war der Friedhof mit einer
Bruchsteinmauer umgeben. 1889 wurde ein kleines Gerätehaus (Totenhaus)
errichtet. Der Zugang zum Friedhof erfolgte durch ein zweiflügeliges,
schmiedeeisernes Tor auf der Seite zur Straße "Am Weingarten"
(früher "Albacher Weg").
Nach Auflösung der jüdischen Gemeinde 1919 ging der Friedhof in den
Besitz der Israelitischen Religionsgemeinde Gießen über. Nach 1945 kam
er in den Besitz des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Hessen.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde der Friedhof durch SA-Leute, vermutlich
mit Unterstützung durch Angehörige der Hitlerjugend, zerstört. Das
Gerätehaus wurde angezündet, die Grabsteine umgestoßen und zerschlagen. Ein
Teil der Grabsteine wurde in der Folgezeit entfernt und wohl für die Fundamente
damaliger Steinbacher Neubauten verwendet; mindestens acht Grabsteine sind nicht
mehr vorhanden. 1940/41 ließ der damalige Ortslehrer von seinen Schülern den
Friedhof umgraben und Maulbeerbäume pflanzen.
1945 musste der Friedhof auf Anweisung des amerikanischen Militärs -
soweit möglich - wieder hergestellt werden. Zunächst wurde er nur mit Gras
eingesät; die Grabsteinfragmente wurden auf einen Haufen gelegt. In der
Folgezeit ist der Friedhof wieder verwahrlost. 1963 wurde der nicht
gelegte Teil des Friedhofes zu einer Grünanlage mit Kinderspielplatz
umgestaltet. Der belegte Teil des Friedhofes wurde als Gedenkstätte
hergerichtet. Mehrfach wurde nach 1945 (erstmals 1947) die Errichtung eines Gedenksteines
angeregt, doch erst 1988 umgesetzt. Der Stein wurde am 9. November
1988 eingeweiht. Er trägt die Inschrift: "Zur Erinnerung an die 50.
Wiederkehr der Reichskristallnacht und den Leidensweg jüdischer Bürger, die
durch unmenschlichen Rassenhass verfolgt oder in den Tod getrieben wurden.
Fernwald, den 9./10. November 1988" (siehe Fotos unten).
Erhalten sind auf dem Friedhof die Reste von einem Kindergrabstein und von 12
Grabsteinen von Erwachsenen, ein nicht zuzuordnendes Bruchstück und drei
Bekrönungen von Grabsteinen. Es fehlen die Grabsteine für Betty Katz
(gest. 18.9.1885; Kind), Nathan Löwenberg (gest. 8.10.1886, Kind), Oskar Katz
(gest. 27.11.1886, Kind), Louis Katz (gest. 1.9.1887), David Katz II (gest.
6.2.1888), Albert Katz (gest. 31.3.1888, Kind), Bertha Neustädter geb. Katz
(gest. 4.5.1892, nicht sicher in Steinbach beigesetzt), Karoline Katz geb.
Kirschmann (gest. 11.1.1893), Sophie Katz (gest. 6.12.1894, Kind), Feist Katz II
(gest. 28.4.1899), Regina Katz geb. Hecht (gest. 3.6.1906), Winne Katz (gest.
4.7.1918), Gottschalk Löwenberg (gest. 21.2.1922), David Katz (gest.
10.11.1922), Elise Löwenberg geb. Kahn (gest.
17.4.1931).
Lage des Friedhofes
In der Ortsmitte von Steinbach an der Straße "Am
Weingarten"/Ecke Goethestraße
Link zu den Google-Maps
Fotos
(Fotos: Stefan Haas, Aufnahmen vom November 2014; die bei den
Steinen angegebenen Nummern [Stb-xx] beziehen sich auf die Dokumentation von
Hanno Müller und Friedrich Damrath 2010², Abschnitt 6.3.1: S. 95-100
"Erhaltene Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof in Steinbach")
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Gesamtansichten
des in der NS-Zeit zerstörten Friedhofes mit den am Rande
aufgestellten
Grabsteinen bzw. Grabsteinfragmenten |
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Der am 9.
November 1988 eingeweihte Gedenkstein mit der Inschrift: "Zur
Erinnerung an die 50.Wiederkehr der Reichskristallnacht und den Leidensweg
jüdischer Bürger,
die durch unmenschlichen Rassenhass verfolgt oder in den Tod getrieben
wurden. Fernwald, den 9./10. November 1988." |
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Grabstein für Fanny
Katz
(25.9.1847-22.12.1928; Stb-13) |
Fragmente
des Grabsteines (links deutsche Inschrift, rechts auf dem Kopf stehende
hebräische Inschrift für Bettchen Katz geb. Metzger (24.5.1826-9.8.1886;
Stb-02) |
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Grabstein für Benzion
Katz
(28.8.1843-30.1.1914, Stb-12) |
Grabstein für
Feist
Katz (rechts unterer Teil)
(14.4.1816- 16.2.1892, Stb-05) |
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Grabsteinfragment
(obere Bekrönung) |
Grabsteinfragment
(obere Bekrönung) |
Grabstein für Ella Mirjam
Katz geb. Metzger
(24.8.1821-1.4.1 1888, Stb-04) |
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Grabstein für Mayer
Katz
(22.8.1920-3.8.1885, Stb-01) |
Auf dem Kopf
stehender Grabstein für Hannchen Katz geb. Rosenberg
(30.12.1882 - 29.1.1907, Stb-10) |
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Grabsteinfragment für
Friedericke Katz
geb. Herzog (18.2.1845-5.10.1908, Stb-08) |
Grabsteinfragment
für Johannette Kaufmann
(28.2.1871-11.12-1911, Stb-11) |
Grabsteinfragment für
Löb Katz
(18.6.1814-26.1.1887; Stb-03) |
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Grabsteinfragment mit der
Schlussformel (Abk.):
"Seine/ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens" |
Grabstein für Betty
Katz
(12.12.1890-21.10.1893, Stb-06) |
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Presseartikel zum Friedhof
Dezember 2014:
Der Friedhof soll neu gestaltet werden
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Artikel in der "Gießener
Allgemeinen" vom 17. Dezember 2014: "Jüdischer Friedhof in Steinbach soll schöner werden
Fernwald (us). Man muss schon genau hinschauen, um den jüdischen Friedhof in Steinbach als solchen zu erkennen. Auf den ersten Blick mutet das Gelände an der Ecke Zum Weingarten/Goethestraße wie eine eher triste Grünanlage an..."
Link
zum Artikel |
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August 2018:
Auf dem Friedhof ist einiges zu
verbessern |
Artikel von Eva Pfeiffer im "Gießener
Anzeiger" vom 2. August 2018: "Auf dem jüdischen Friedhof in Steinbach
stehen Grabsteine auf dem Kopf
Auch wer weiß, wonach er sucht, kann ihn leicht übersehen. Denn der jüdische
Friedhof in Steinbach ist alles andere als auffällig.
STEINBACH - Auch wer weiß, wonach er sucht, kann ihn leicht übersehen.
Denn der jüdische Friedhof in Steinbach ist alles andere als auffällig. Das
Gelände an der Ecke Zum Weingarten/Goethestraße wirkt eher wie eine etwas
schmucklose Grünanlage, als eine ewige Ruhestätte. Schaut man sich auf dem
Gelände um, entdeckt man eine Reihe alter Grabsteine und Grabsteinfragmente,
angelehnt an die Friedhofsmauer und mit Metallhalterungen verschraubt. Die
meisten Steine sind nur noch bruchstückhaft vorhanden - ein Resultat der
Reichspogromnacht 1938, bei der auch der Friedhof in Steinbach zerstört
wurde. Ende 2014 bemängelte die Fernwalder Grünen-Fraktion den Zustand des
Friedhofs und forderte den Gemeindevorstand auf, hier Abhilfe zu schaffen.
Getan hat sich seitdem wenig. Noch immer steht ein Teil der Grabsteine auf
dem Kopf, darunter der für die am 9. August 1886 verstorbene Bettchen Katz.
Doch der Gemeinde Fernwald sind weitgehend die Hände gebunden. Denn der
Friedhof befindet sich im Besitz des Landesverbands der jüdischen Gemeinden
Hessen - wie der Großteil der rund 350 jüdischen Friedhöfe im Bundesland.
'Es liegt nicht in unserer Hand', betont Fernwalds Bürgermeister Stefan
Bechthold im Gespräch mit dem Anzeiger. Der Kommune obliege lediglich die
Pflege, wie das Rasenmähen, was regelmäßig getan werde. 'An den Gräbern
selbst darf nichts gemacht werden.' Für die Pflege erhalten Kommunen von
Bund und Land eine Pauschale in Höhe von 60 Cent pro Quadratmeter
Friedhofsfläche. Fallen Reparaturarbeiten an, werden diese zusätzlich
bezahlt. 'Auf die Kommune kommen keine Kosten zu', sagt Dr. Klaus Werner.
Der Historiker betreut für den Landesverband ehrenamtlich die Friedhöfe.
Zusammen mit Bürgermeister Bechthold und einem Steinmetz habe er den
Steinbacher Friedhof im April 2013 besichtigt. Dabei habe man auch
festgehalten, dass der Friedhof verschlossen werden solle. Denn eigentlich
sind jüdische Friedhöfe nicht öffentlich zugänglich. In Steinbach ist die
Mauer jedoch an einer Seite offen. Wieso das Gelände noch nicht geschlossen
wurde, müsse man prüfen, so Werner. Die Regierungspräsidien verwalten die
finanziellen Mittel für die Erhaltung und Instandsetzung der jüdischen
Friedhöfe. Mitarbeiter der Landkreise besichtigen zudem in der Regel einmal
jährlich die Ruhestätten. Hierbei soll für jeden Friedhof ein
Besichtigungsprotokoll erstellt werden, um den Zustand zu dokumentieren und
etwaige Mängel bei Gras- und Strauchschnitt sowie eventuell notwendige
Instandsetzungsarbeiten zu erfassen. Dass man Blumenschmuck in Steinbach
vergeblich sucht, hat übrigens nichts mit mangelnder Pflege zu tun. Blumen
sind in der jüdischen Tradition unüblich, stattdessen legen Besucher kleine
Steine auf dem Grabstein ab. Der Brauch geht auf die Zeit zurück, als Juden
auf der Flucht aus Ägypten durch die Wüste zogen und ihre Toten mit Steinen
bedeckten. 'So wurde der Leichnam vor Tieren geschützt', weiß der
Historiker. SA-Leute zerstörten im November 1938 den Friedhof und
zerschlugen die Grabsteine. Einige von ihnen fehlen bis heute - offenbar
wurden sie für die Fundamente Steinbacher Neubauten verwendet. Das stellte
Hanno Müller, der seit Jahrzehnten die Geschichte der jüdischen Bevölkerung
Gießens und der umliegenden Städte und Gemeinden erforscht, in seinem Buch
'Juden in Steinbach' fest. Nach dem Krieg wurden die verbliebenen Steine an
der Mauer aufgereiht.
Gedenktafel überprüfen. Seit 1988 erinnert eine Gedenktafel in der
Ecke des unter Denkmalschutz stehenden Friedhofes an die Novemberpogrome und
den Rassenhass der Nationalsozialisten. Auf der Plakette ist jedoch noch von
'Reichskristallnacht' die Rede - ohne Anführungszeichen oder einordnende
Erläuterungen, dass im November vor 80 Jahren weit mehr als nur 'Kristall'
zu Bruch ging. Eigentlich, so Werner, ergänze man alte Gedenktafeln im
Nachhinein. Bürgermeister Bechthold kündigte an, zu überprüfen, ob die
Plakette angepasst werden soll."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
 | Hanno Müller: Juden in Steinbach. Fernwald
1988. |
 | ders.: Juden in den Landämtern Gießen und Hüttenberg
1809-1822. In: Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins 92 2007 S.
271-283. |
 | ders.
und Friedrich Damrath: Juden in
Steinbach. Fernwald-Steinbach 2008. Zweite verbesserte Auflage
2010. |

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