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Kirchheim an der Weinstraße (VG Grünstadt-Land, Landkreis Bad
Dürkheim)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Kirchheim an der Weinstraße (früher: Kirchheim
an der Eck) bestand eine jüdische Gemeinde bis vor 1940. Ihre Entstehung geht
in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Doch lebten bereits im 16.
Jahrhundert Juden am Ort. In den Leininger Akten befindet sich eine Notiz von
1597, aus der hervorgeht, dass das rituelle Bad in Klein-Karlbach u.a. von den
Juden in Kirchheim benutzt wurde.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1804 wurden 55 jüdische Einwohner
gezählt. 1848 waren 22 jüdische Familien mit zusammen 93 Personen am Ort. Danach ging die Zahl der jüdischen Einwohner durch Aus- und Abwanderung
zurück: 1871 70 (bei einer Gesamteinwohnerschaft von 903 Personen), 1875 58 Personen, 1900
wieder angestiegen auf 69.
An Einrichtungen waren vorhanden: eine Synagoge (s.u.) mit
Religionsschule und Lehrerwohnung, ein rituelles Bad sowie ein Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Religionslehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schächter tätig war (siehe
Ausschreibung der Stelle unten von 1889). Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat
Frankenthal.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde:
Sanitäts-Unteroffizier Ernst Kohlmann (geb. 27.6.1892 in Kirchheim, gef.
29.3.1916), Robert Kohlmann (geb. Mai 1885 in Kirchheim, gef. 5.3.1918) und
Ludwig Levi (geb. 19.3.1879 in Kirchheim, gef. 8.8.1916). Ihre Namen stehen auf
dem Gefallenendenkmal der Gemeinde (siehe Fotos unten).
Um 1925 wurden noch 35 jüdische Einwohner gezählt (etwa 3,2 % von
insgesamt etwa 1.100 Einwohnern). Damals waren die jüdischen Gemeindevorsteher
die Herren Sch. Kohlmann III und Bernhard Simon sowie ein Herr Nagel. Religionsunterricht an
öffentlichen Schulen erhielten damals 10 Kinder. Zur Kirchheimer Gemeinde
gehörten inzwischen auch die in Weisenheim am Berg (1925 9
Pers., Zuteilung nach Kirchheim 1909), Kleinkarlbach (2 Pers.)
und Großkarlbach (10 Pers., Zuteilung nach Kirchheim bereits 1879) lebenden jüdischen Einwohner. Um 1932 waren die
Gemeindevorsteher die Herren Jacob Kohlmann (1. Vors.), Fritz Kohlmann und Adolf
Stein (letzterer aus Großkarlbach).
Nach 1933 ging die Zahl der jüdischen Einwohner auf Grund der Folgen des
wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien zurück: 1936 noch 33
jüdische Einwohner, 1938 27. Die letzten drei jüdischen Einwohner wurden im
Oktober 1940 nach Gurs deportiert, nur eine Person überlebte in Kirchheim.
Von den in Kirchheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Rosalie (Rosa) Holstein
(1892), Paula Kehr geb. Kohlmann (1892), Alfons Kohlmann (1879), Bernhard
Kohlmann (1884), Berta Kohlmann (1879), Heinrich Albert Kohlmann (1878), Julius
Kohlmann (1885), Karl Kohlmann (1884), Karoline Kohlmann geb. Beitmann (1864),
Ludwig Kohlmann (1877), Paula Kohlmann (1899), Paula Johanette Kohlmann geb.
Stein (1889), Trude Johanette Kohlmann (1928), Barbara Levi geb. Levy (1882, Foto
des Grabsteines in Gurs siehe unten),
Frieda Levi (1910), Werner Levi (1923), Elias L. Oppenheimer (1886), Sigmund
Siegel (1878), Auguste (Caroline) Stein geb. Kohlmann (1891, "Stolperstein"
in Großkarlbach), Helene Wertheimer
geb. Kohlmann (1888).
Aus der Geschichte
der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle der jüdischen Lehrer, Vorbeters
und Schochet (1889)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. September 1889:
"Vakante Religionslehrer-Stelle.
Die hiesige Religionslehrer-Stelle,
mit welcher der Schächterdienst verbunden ist, soll wieder besetzt
werden. Geeignete Bewerber wollen ihre Gesuche nebst Zeugnissen alsbald an
den Unterzeichneten einsenden. Die Gehaltsbezüge für Erteilung des
Religions-Unterrichtes bestehen je nach Übereinkunft in Mark 300-400 bei
freier Wohnung; der Schächterdienst ca. 250, die Kasualien ca. Mark
50.
Kirchheim a. Eck (Pfalz) im August 1889.
Der Synagogen-Vorstand: gez. J.
Kohlmann II." |
Zu einzelnen
Personen aus der jüdischen Gemeinde
Erinnerung an die Deportation in das
südfranzösische Internierungslager Gurs im Oktober
1940: Grabstein für Barbara Levi geb.Levy in Gurs
Grabstein im Friedhof des ehemaligen Internierungslagers Gurs für
Barbara Levi geb. Levy,
geb. am 10. März 1882 in Karlsberg / Schlesien, später wohnhaft in
Kirchheim a. Eck,
am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert, wo sie am 28. Oktober 1942
umgekommen ist.
(Foto: Bernhard Kukatzki) |
Zur Geschichte des Betsaal/der Synagoge
Zunächst war vermutlich ein Betsaal vorhanden. 1790 kaufte die
Gemeinde ein Grundstück mit Scheune in der Hintergasse. Bis 1798 konnte
eine Synagoge eingerichtet werden, vermutlich durch den Umbau der Scheune oder
durch einen Neubau. Auf dem benachbarten Grundstück befand sich ein Wohnhaus
mit der Lehrerwohnung. 1881 war die Synagoge allerdings so baufällig
geworden, dass man den Bau einer neuen Synagoge mit Schulsaal und Lehrerwohnung beschloss.
Der Frankenthaler Bezirksbauschaffner Lehner zeichnete die Pläne. Allerdings verzögerte sich der Neubau aus finanziellen Gründen. 1884-1890
erfolgte in Etappen die Fertigstellung des Gebäudes, das in neuromanischem Stil
erbaut wurde.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge geschändet, das Gebäude
blieb bestehen. 1939 kam es in den Besitz der bürgerlichen Gemeinde. 1945
erfolgte die Rückübertragung an die Jüdische Kultusgemeinde der Rheinpfalz,
die es in den 1960er-Jahren jedoch verkauft. Um 1970 wurde das Gebäude
zu einem Wohnhaus umgebaut, wobei insbesondere eine Zwischendecke in den Betsaal
eingezogen wurde. Die Fenster wurden umgebaut, doch ist das Gebäude noch immer
deutlich als Haus mit einer besonderen Geschichte erkennbar (Rundbogenfries,
Lisenengliederung an der Straßenfront sowie Risalit an der Ostfassade). Eine Gedenk- oder
Hinweistafel ist nicht angebracht.
Adresse/Standort der Synagoge: Hintergasse 29 .
Fotos / Darstellungen
(Fotos: schwarzweiße Fotos in "Synagogen in Rheinland-Pfalz" s.
Lit. S. 207-208; farbig: Hahn, Aufnahmedatum 6.11.2005)
Historische Ansichtskarten von
Kirchheim
mit Synagoge |
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Kirchheim mit der
Synagoge um 1900 |
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Kirchheim mit der
Synagoge (die Karte wurde 1928 verschickt) |
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Die ehemalige Synagoge vor dem
Umbau zum Wohnhaus |
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Blick auf die
ehemalige
Synagoge |
Das Eingangsportal, darüber
Inschrift aus Psalm 100,4 |
Blick auf den Bereich des
ehemaligen
Toraschreines bzw. dessen Apsis |
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Das
Synagogengebäude im Herbst 2005 |
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Das Gebäude der
ehemaligen Synagoge im Herbst 2005 |
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Das Synagogengebäude im
Januar 2014
(Fotos: Michael Ohmsen, vgl. Fotoseiten
von M. Ohmsen zu Kirchheim (Weinstraße)) |
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Ehemalige jüdische
Häuser
(Fotos: Michael Ohmsen, wie oben) |
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In der Mitte ehemalige
jüdische Metzgerei |
Ehemaliges jüdisches
Haus von 1787 |
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Kriegerdenkmal
1870/71
(Fotos: Michael Ohmsen, wie oben) |
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Auf dem
Kriegerdenkmal werden u.a. Abr. Kohlmann, Jul. Kohlmann und
Leop. Kohlmann als Kriegsteilnehmer genannt. |
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Gefallenendenkmal
1914/18 |
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Das Denkmal bei
der
protestantischen Andreaskirche |
Auf dem Denkmal
sind die Namen der jüdischen Gemeindeglieder Ernst Kohlmann,
Robert Kohlmann und Ludwig Levi zu lesen. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Otmar Weber: Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter
besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südpfalz. Hg. von der
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz in Landau. 2005.
S. 95. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 206-208 (mit weiteren Literaturangaben). |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Kirchheim
a.d. Eck Palatinate. A Jewish community of 25 families existed at the
outset of the 19th century, maintaining a prayer house and a cemetery. In 1848,
it numbered 22 families (93 Jews) with trade as the primary livelihood. The
Jewish population dropped to 70 (total 903) in 1871. A religious teacher was
employed in 1830, teaching children from neighboring communities as well. A
synagogue was erected c. 1885 and a women's society was started in 1900. In
1928, the Jewish cemetery was
desecrated. In 1932, the community included eight Jews from Grosskarlbach,
eight from Weisenheim a. B., and two from Kleinkarlbach. In the Nazi era, the
local Jewish population dropped from 22 in mid-1933 to 14 in May 1939. The
synagogue was seriously damaged on Kristallnacht (9-10 November 1938),
and sold off to the local authorities in 1939. The few Jews who remained were
deported to the Gurs concentration camp in October 1940. At least 12 perished
in the Holocaust. During the war, the synagogue was desecrated and the tombstones
used to build pig sties.
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