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"Synagogen im Kreis Bad Dürkheim"
Großkarlbach (VG
Grünstadt-Land, Kreis Bad Dürkheim)
Jüdische Geschichte
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Großkarlbach bestand eine kleine jüdische
Gemeinde (ohne Anerkennung als selbständige Synagogengemeinde) während des 19.
Jahrhunderts. Die in Großkarlbach lebenden jüdischen Familien bildeten
zeitweise mit den in Bissersheim lebenden
Juden eine gemeinsame Kultusgemeinde, bis diese aufgelöst und 1879 der Gemeinde
in Kirchheim an der Eck (heute
Kirchheim an der Weinstraße) zugeordnet wurde.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie
folgt: 1808 8 jüdische Einwohner (0,9 % der Gesamteinwohnerschaft), 1825
16 (1,6 %), 1867 50. Nach einer Liste von 1809/10
waren damals die beiden jüdischen Familien von Marcus Wolf und David Wolf am
Ort.
Um 1865/85 waren am Ort insbesondere die Familien Feiss, Stein und Strauss; seit
1912 kam durch Heirat von Josef Hecht nach Großkarlbach auch die Familie Hecht
in den Ort. Um 1900 lebten 13 jüdische (von insgesamt 785) Einwohner am Ort.
An Einrichtungen war eine Betstube vorhanden (s.u.). Die Toten der
Gemeinde wurde auf dem jüdischen Friedhof in
Heuchelheim beigesetzt. Die Gemeinde
gehörte zum Bezirksrabbinat Frankenthal.
Die um 1925 10 jüdischen Einwohner gehörten der jüdischen Gemeinde in Kirchheim
am Eck (heute Kirchheim an der Weinstraße) an. 1932 wurden noch acht
jüdische Einwohner in zwei Familien am Ort gezählt. Damals war Adolf Stein aus Großkarlbach
Mitglied des Gemeindevorstandes der jüdischen Gemeinde in
Kirchheim. Adolf Stein
(geb. 1883 in Großkarlbach, seit 1911 mit Auguste geb. Kohlmann aus
Kirchheim verheiratet, Sohn
Kurt Jonas geb. 1912) handelte mit Vieh, Futtermittel und Getreide (Haus und
Geschäft in
der Hauptstraße). Von der anderen jüdischen Familie am Ort handelte der
Familienvorsteher Josef Hecht mit Manufakturwaren (Josef Hecht geb.
1878 in Quirnbach, seit 1912 mit Mathilde
geb. Simon aus Großkarlbach verheiratet, die 1924 starb; gemeinsame Kinder:
Tochter Alice geb. 1913, Hilde geb. 1915 [lernte 1930 bis 1933 Damenschneiderin
in Frankfurt], Else geb. 1920; 1926 Heirat mit Frieda
geb. Schwalm aus Treysa; das Geschäft von
Josef Hecht war in der Hauptstraße 42).
Nach 1933 trafen die jüdischen Einwohner in Großkarlbach wie anderswo die
nationalsozialistisch angeordneten Restriktionen. Das Geschäft von Josef
Hecht lief seit 1933 immer schlechter. Im Oktober 1934 verkaufte er sein
Haus in Großkarlbach und verzog nach Mannheim. Seine Tochter Hilde arbeitete
dort als
Hausangestellte, u.a. im israelitischen Krankenhaus der Stadt; sie ist 1939 nach London
emigriert. Tochter Else fand Anstellungen in privaten jüdischen Haushalten.
Tochter Alice starb 1936, ihr Vater Josef Hecht bereits 1938. Familie Stein
war in Großkarlbach geblieben, sie wurde am Ort zunehmend isoliert, das Geschäft
boykottiert und im Sommer 1938 zwangsweise geschlossen. Der Sohn
Kurt Jonas Stein emigrierte 1937 in die USA. Die Eltern wollten auch emigrieren
und standen auf der Liste für Visumsantragsteller. Beim Novemberpogrom 1938
wurde das Haus der Familie Stein überfallen und demoliert, Josef Stein wurde
schwer misshandelt und in das KZ Dachau verschleppt. Seine Frau Auguste flüchtete
mit ihrem Sohn nach Ludwigshafen, dann
Mannheim. 1940 wurden Auguste und Adolf Stein sowie Frieda Hecht und ihre
Stieftochter Else in das südfranzösische Internierungslager Gurs deportiert.
Von den in Großkarlbach geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Marcus Feiss (1863), Else
Therese Hecht (1920), Frieda Hecht geb. Schwalm (1884), Johanette Koch geb. Stein (1885), Karoline Kohlmann geb.
Beitmann (1864), Paula Johannette Kohlmann geb. Stein (1889), Lina Pfeiffer geb.
Stein (1881), Adolf Stein (1883), Auguste Caroline Stein geb. Kohlmann (1891), Eduard Stein (1884), Moritz Strauss
(1866).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
In jüdischen Periodika des 19./20.
Jahrhunderts wurden noch keine Berichte zur jüdischen Geschichte in
Großkarlbach gefunden. |
Zur Geschichte der Betstube
1815 wird vom Vorhandensein einer jüdischen Betstube am Ort
berichtet. Vielleicht war diese noch dieselbe Betstube, die 1880 Isaak Schmidt
unentgeltlich als Wohnzimmer benutzen konnte. Damals war vom Bezirksamt Frankenthal
und von Rabbiner Dr. Salvendi der Verkauf dieser Betstube durch die jüdische
Gemeinde von Kirchheim angeregt worden. Da sich allerdings großer Widerstand
ergeben hatte, unterblieb der Verkauf. Weitere Informationen liegen nicht
vor.
Adresse/Standort der Betstube: unbekannt
Fotos
Es
liegen - außer den Fotos zum Denkmal 1870/71 - noch keine Fotos / Abbildungen zur
jüdischen Geschichte in Großkarlbach vor; über Hinweise oder Zusendungen freut sich
der
Webmaster der "Alemannia Judaica"; Adresse siehe
Eingangsseite. |
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Denkmal für
die
Kriegsteilnehmer 1870/71
(Fotos: Michael Ohmsen, März 2012) |
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Auf
der Tafel findet sich der Name von "Abraham Straus", der
vermutlich
der jüdischen Familie Straus angehörte |
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Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
November 2008:
Woche der Begegnung zur Erinnerung
an den Novemberpogrom 1938 mit einer Verlegung von "Stolpersteinen"
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Artikel
in der "Rheinpfalz" vom 28. Oktober 2008:
"Mehr als eine kurze Gedenkfeier.
Großkarlbach: Mit der Pogromnacht erreichte die Judenverfolgung vor 70
Jahren einen ersten Höhepunkt. Auch zwei Familien aus dem Dorf sind in
Auschwitz gestorben. Mit einer Woche der Begegnung wird an ihr Schicksal
erinnert..."
Zum Lesen des Artikel bitte Textabbildung anklicken
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Artikel
in der "Rheinpfalz" vom 4. November 2008: "'Jud Stein wie ein Stück Vieh
weggebracht.
Hintergrund: In den Gaskammern von Auschwitz sind sie ums Leben gekommen:
die jüdischen Bürger Auguste und Adolf Stein, Frieda und Else Hecht. An sie
und ihre Familien, die bis zur Zeit des Nationalsozialismus im Dorf gelebt
hatten, wird mit den 'Stolpersteinen' erinnert. Die Denkmäler werden heute
vor den ehemaligen Wohnhäusern in der Hauptstraße verlegt..."
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken |
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November 2018:
Ökumenischer Gottesdienst zum 80. Jahrestag des Novemberpogroms 1938
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Artikel von vom 23. November 2018: "Nicht
vergessen, was damals geschah. Erinnerung um der Zukunft willen –
Ökumenischer Gottesdienst in Großkarlbach
Am 9. November 2018 hat sich zum 80. Mal der Tag gejährt, an dem in
Deutschland Synagogen in Brand gesteckt, jüdische Geschäfte und Wohnungen
verwüstet wurden und Menschen verhöhnt, schikaniert, geschlagen und
umgebracht wurden. Wir gedenken, um die Opfer zu ehren. Wir gedenken, weil
dies hilft, Wunden zu heilen. Und wir gedenken, weil wir nie wieder zulassen
wollen, dass in unserem Land Menschen anderen Glaubens oder anderer Herkunft
verfolgt und misshandelt werden. Gemeinsam mit jungen Menschen, die sich bei
den Großkarlbacher Pfadfindern treffen, Pfarrer M. Tiator und Pfr.in Evi
Heck war die Stunde der Erinnerung in der katholischen Jakobus-Kirche in
Großkarlbach. Im Gottesdienst wurde an die Lebensdaten und -schicksale der
Großkarlbacher jüdischen Glaubens erinnert, die bis 1938 im Dorf gelebt
haben. Die 'Stolpersteine', die in Großkarlbach verlegt wurden, sollen
Anstoß geben, nicht zu vergessen, was damals geschah und Ansporn sein
mitzuwirken, dass so etwas nicht wieder geschieht."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Alfred Hans Kuby (Hrsg.): Pfälzisches Judentum
gestern und heute. Beiträge zur Regionalgeschichte des 19. und 20.
Jahrhunderts. 1992. |
| Otmar Weber: Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter
besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südpfalz. Hg. von der
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz in Landau. 2005.
S. 78. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 117 (mit weiteren Literaturangaben). |
| Jürgen Klüpfel mit Unterstützung von Hans
Schlüter, Paul Theobald und Rudolf Walther: Großkarlbacher
Juden unter dem Nationalsozialismus. In: Vielfalt tut gut. Großkarlbacher
Woche der Begegnung 2008. Hrsg. vom Sieben Mühlen Kunst- und Kulturverein
Großkarlbach e.V. S. 48-69.
Online eingestellt (pdf-Datei).
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n.e.
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