Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Iphofen (Kreis Kitzingen)
Jüdische Geschichte 

Übersicht: 

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte zur jüdischen Geschichte     
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur   

Hinweis: vor der Kreisreform 1973 gehörte Iphofen zum ehemaligen Kreis Scheinfeld und damit zu Mittelfranken.   
  
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde          
   
In Iphofen gab es im Mittelalter eine jüdische Gemeinde. 1293 wird der Jude Michelmann genannt, der von Bischof Mangold von Würzburg bei der Erhebung Iphofens zur Stadt zum Aufseher (procurator et dispensator) beim Bau der Stadt ernannt wurde. Er hatte das Recht, in Iphofen zu wohnen und wurde für vier Jahre von allen Steuern und Abgaben an das Bistum befreit. Im Gefolge Michelmanns zogen einige jüdische Personen/Familien in die Stadt. Das entstehende jüdische Gemeindeleben wurde allerdings bereits am 24. Juni 1298 zerstört, als im Zusammenhang mit der "Rintfleisch"-Verfolgung 25 jüdische Personen in der Stadt, die zehn verschiedenen Familien angehörten, ermordet wurden.   
   
Einige Jahre nach der Verfolgung von 1298 ließen sich wieder einige jüdische Personen nieder. 1332 wird Jakob von Hammelburg, wohnhaft in Iphofen genannt. 1336 waren die in der Stadt lebenden jüdischen Familien allerdings bereits von einer weiteren Verfolgung betroffen ("Armleder-Verfolgung"). 1338 wird Pinher von Iphofen in Nürnberg genannt, der möglicherweise bei dieser Verfolgung aus der Stadt geflohen ist. 
  
Auch während der Pestzeit 1348/49 kam es zu einer Verfolgung in der Stadt.    
  
1386 wird nach der Verfolgung in der Pestzeit erstmals wieder ein jüdischer Einwohner genannt, der vermutlich aus Buchen zugezogen war ("Eysack jud von Bucheim, gesezzen zu Ipfhouen"). Um 1430 lebten drei Juden (Feydel und seine Söhne Ysack und Jecklein) in der Stadt. 1407 wird in Bamberg, 1414 in Rothenburg jeweils ein aus Iphofen stammender Jude genannt. Mitte des 15. Jahrhunderts werden neben Feydel zahlreiche weitere Juden genannt: Abraham, Eberlein, Gumplein, Henne, Joseph, Kallman und Moses sowie Sanderman und Jacob aus Mainbernheim, Meyer aus Dornheim, Kauffmann und Selikmann aus Kitzingen, Ysack Gansmann aus Kitzingen u.a.m.  Der jüdische Wohnbereich war in der "Judengasse", vielleicht identisch mit der heutigen "Oberen Gasse". Jüdische Wohnhäuser gab es damals jedoch auch im Bereich der Pfarrgasse.     
1429 überließ der Würzburger Bischof Johann II. von Brunn seinem ehemaligen Kammermeister ein Haus in Iphofen, das "ein judenschul ist gewest". Wann diese Judenschule (Synagoge) in Benutzung war, ist jedoch nicht bekannt.
 
In der Mitte des 16. Jahrhunderts lebten gleichfalls Juden in der Stadt (um 1555 u.a. Juden Maier, Koppel). 1565 wurden die Juden aus dem Gebieten des Bistums Würzburg ausgewiesen. Allerdings wurde in der Folgezeit das Verbot der Niederlassung im Bistum nicht immer streng eingehalten. 1623 lebten im Alt Iphofen fünf Schutzjuden. Matthäus Merian schreibt 1648 in seiner "Topographia Franconiae" über Iphofen: "Es solle viele Juden da geben". Weitere Niederlassungen gab es in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts: 1671 Jud Schlomp, 1673 Juden Ebraham und Eli. Als er vier jüdische Familien waren, eine davon mit sechs Söhnen, wurde die Einrichtung eines Betsaales geplant, was jedoch zum scharfen Protest vieler Katholiken führte. 1686 wurden die Juden wiederum ausgewiesen.               
  
Im 19. Jahrhundert wird erstmals 1883 ein jüdischer Einwohner genannt: Dr. Eugen Lax wurde vom Magistrat an das städtische Krankenhaus berufen (siehe Bericht unten). Über weitere Niederlassungen jüdischer Personen / Familien im 19./20. Jahrhundert liegen keine Mitteilungen vor.   
   
Von den in Iphofen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): In den beiden Listen werden keine Personen aus Iphofen genannt.     
    
    
    
Berichte zur jüdischen Geschichte   
 
Berichte zu einzelnen Personen     
Über den Arzt Dr. Eugen Lax, seit 1883 in Iphofen 

Iphofen Jeschurun AG Dez 1883 S859.jpg (36697 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Jeschurun" vom Dezember 1883 S. 859: "Iphofen (Bayern), 28. November (1883). Seit der Austreibung der Juden im Jahre 1291 aus Iphofen (sc. vermutlich Verfolgung 1298 gemeint) haben daselbst bis auf den heutigen Tag sich keine Juden niedergelassen. Erst jetzt machte wieder den Anfang der vom hiesigen Magistrat ans städtische Krankenhaus berufene Dr. med. Eugen Lax aus Schöllkrippen."    
Hinweis: 1883 scheint vergessen gewesen zu sein, dass es bis zur zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts immer wieder Juden in der Stadt gegeben hat.

  
  
Spuren des Antijudaismus  
 
In der "Wallfahrtskirche zum Heiligen Blut" (auch "Blutskirche", "Kirche zum Heiligen Grab" oder "Gräbenkirche" genannt) ist ein Beispiel des jahrhundertelang weit verbreiteten kirchlichen Antijudaismus. An Stelle eines früheren jüdischen Hauses, in dem sich nach einer von dem Schlettstädter Dominikanerprior Rudolf ("Historiae memorabiles", eine Abschrift aus dem Jahr 1550 ist erhalten) überlieferten Mirakelgeschichte drei Hostien auf Grund wundersamer Erscheinungen fanden, entstand spätestens seit 1329 eine Kapelle ("sanquinis et corporis Christi"), die zu einem Mittelpunkt der Iphöfer Wallfahrt wurde. Die ältere Hostienlegende verband sich - vermutlich jedoch erst im 17. Jahrhundert - mit anderen Legenden zu einer Hostienfrevel-Beschuldigung (Mirakelbuch des Pfarrer Johannes Stumpf ab 1671). Auch Berichte über Wunderheilungen durch die angeblich verletzten Iphöfer Hostien kamen dazu.     
  
Die Kapelle "zum Heiligen Blut" wurde im 17. Jahrhundert wesentlich vergrößert (1605-1615 und 1682), um Platz für die damals steigende Zahl der Wallfahrer zu schaffen. Im 18. Jahrhundert wurden von den Päpsten Innocenz XIII. und Benedikt XIV. Ablassbriefe für die Kirche zum Hl. Blut ausgestellt. Ende des 19. Jahrhunderts erfolgte eine Erneuerung im neugotischen Stil, nachdem ein Brand 1889 den 1777 neu erbauten Kirchturm zerstört hatte. An den Seiten der neu geschaffenen Tumba im Zentrum der Kirche wurden Blechbilder mit der Darstellung der angeblichen Hostienschändung angebracht. 
   
Erst im 20. Jahrhundert ging die Wallfahrt zurück, vor allem nach dem 2. Vatikanischen Konzil. Eine letzte Außen- und Innensanierung erfolgte 1980 bis 1985. Damals wurde die bis dahin zentrale Tumba in der nördliche Seitenkapelle aufgestellt. Die antisemitischen Darstellungen wurden gegen die Außenmauer der Kirche gerichtet, um sie möglichst wenigen Kirchenbesuchern zu zeigen. An dem 1984 Hauptaltar findet sich ein zwischen den vier Stützen im Fußboden eingelassenes, in Bronze gegossenes Spinnennetz mit einer Hostie. Hier wird immer noch die Stelle markiert, an der sich die Senkgrube des Judenhauses befunden haben soll. 
 
Kritische Anmerkung: Bis zur Gegenwart ist die Wallfahrtskirche "zum Heiligen Blut" Ziel von Wallfahrern. Obwohl die Verlogenheit der Hostienschändungsgeschichten inzwischen in unzähligen Beiträgen und Darstellungen nachgewiesen ist, hält der "Volksglaube" teilweise immer noch an ihnen fest. In einem Bericht über einen Ausflug einer evangelischen (!) Kirchengemeinde 2007 ist zu lesen: "Am Dienstag, 11. September 2007 unternahmen wir unseren Jahresausflug nach Iphofen in Unterfranken... Nach diesem kurzen Aufenthalt besuchten wir die Hl. Blutkirche, die ihren Namen von einem Blutwunder herleitet, das Juden im 14. Jahrhundert infolge eines Hostienfrevels verursachten" (Quelle: frühere Website der Evangelisch-lutherischen Erlöser-Kirchengemeinde in Nürnberg www.erloeser.net, Bericht).         
   
   
   
Fotos

 Zur jüdischen Geschichte in Iphofen liegen noch keine Fotos vor.   
     
Aktuelle Fotos zur Wallfahrtskirche "zum Heiligen Blut" werden noch erstellt 
(obige Fotos vorläufig aus der Website der Stadt Iphofen) 
 Der Altar in der Wallfahrtskirche "zum Heiligen Blut"
mit dem Spinnennetz (siehe oben; Foto: Jürgen Hanke) 

    
      

Links und Literatur

Links: 

bulletWebsite der Stadt Iphofen    

Literatur:  

bulletGermania Judaica II,1 S. 377-378; III,1 S. 584-585.  
bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1992² S. 77-78. 
bulletHarald Schwillus: Hostienfrevellegende und Judenverfolgung in Iphofen. Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte der Kirche zum hl. Blut im Gräbenviertel. In: Würzburger Diözesangeschichtsblätter Bd. 58 1996 S. 109-140.   
bulletJosef Endres: Hl. Blut in Iphofen. Mit einer Edition des Mirakelbuchs. Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte. Reihe XIII Bd. 49. Stegaurach 2007. 

    
      

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 15. Oktober 2013