Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Bad Münster am Stein - Ebernburg (Kreis Bad Kreuznach) 
Jüdische Geschichte 

Übersicht:  

bulletZur Geschichte der jüdischen Einwohner  
bulletBerichte zur jüdischen Geschichte in Bad Münster    
bulletFotos / Darstellungen    
bulletLinks und Literatur   

     

Zur Geschichte der jüdischen Einwohner       
    
In Bad Münster gab es zu keiner Zeit eine jüdische Gemeinde, jedoch lebten im 19./20. Jahrhundert einzelne jüdische Familien am Ort. Dazu bestanden die koscher geführten Hotels von Salomon Strauss und Familie Levy (1903). Nach der Anzeige von 1904 stand das Hotel Levy unter Aufsicht des Rabbiners von Bingen, nach der Anzeige von 1929 das Hotel Strauss unter der Aufsicht des Rabbiners aus Bad Kreuznach. In diesem war auch ein Betsaal eingerichtet (siehe in der Anzeige von 1929: "Minjan im Haus"). 
  
Am Ort gab es auch einen jüdischen Friedhof an der Ringstraße (derzeit verwildertes Grundstück unterhalb des Stegfelsens). Er wurde Anfang des 19. Jahrhunderts angelegt, 1939 zwangsveräußert und 1944 zerstört. Das Grundstück ist heute ein Weinberg in Privatbesitz. Drei erhalten gebliebene Grabsteine befinden sich auf dem jüdischen Friedhof in Bad Kreuznach neben der Totenhalle an der westlichen Begrenzungsmauer. Die Aufstellung einer Gedenktafel am Friedhofsgrundstück ist 2024 geplant (siehe Pressebericht unten).      
 
Auch im Ortsteil Ebernburg lebten zeitweise einige jüdische Familien (darunter: Familie Schubach in der Burgstr. 13, Josef und Regina Gottlieb in der Burgstr. 4, Familien Gottlieb und Heymann in der Turmstr. 8). Die in Ebernburg verstorbenen jüdischen Personen wurden in Altenbamberg beigesetzt. Zur Geschichte der Ebernburger jüdischen Familien vgl. unten Presseartikel zur Stolperstein-Verlegung 2024.      

   
Von den in Bad Münster geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Adolf Baum (1870), Frieda Götz geb. Strauss (1890), Karoline Vogel (1922).           
   
A
nmerkung: Hinweis auf die "Liste der 1933 beziehungsweise danach in Bad Münster wohnhaften Juden" (pdf-Datei der an den International Tracing Service von der Gemeindeverwaltung der Gemeinde Bad Münster am Stein am 20.3.1962 mitgeteilten Liste mit 13 Namen aus Bad Münster am Stein:
Familie Müller (Hauptstraße 47; konnte 1934 nach Palästina emigrieren): Dr. Ernst Müller (Arzt, 1891), Lizzie Müller geb. Strauß (1905), Ernst Herbert Emanuel Müller (1928; hieß später Maor, war mit Liesel geb. Wisbrun verheiratet, zwei Kinder: Roni und Gad). 
Familie Koch (Kreuznacher Straße 5): Ludwig Koch (Reisender, 1910), Irma Koch geb. Gottlieb (1905).
Familie Götz (Hauptstraße 18; 1934 nach Paris emigriert): Richard Götz (Kaufmann, 1886), Frieda Götz geb. Strauss (1890), Gertrud Götz (Hotelpraktikantin, 1915), Kurt-Rolf Götz (1921).   
Familie Baum (Hauptstraße 39): Adolf Baum (Reisender in Kurzwaren, 1870), Lydia Baum geb. Simon (1877), Else Baum (1914), Marianne Baum (Hausgehilfin, 1910).
     
    
   
 
Berichte zur jüdischen Geschichte in Bad Münster       
      
Aus der mittelalterlichen Geschichte (?)    
 
Münster in einer Judensteuerliste von 1309 (Artikel von 1909)  
Anmerkung: In dem Artikel wird "Münster" auf "Münster am Stein" gedeutet. In Germania Judaica gibt es allerdings keinen entsprechenden Artikel zu Münster am Stein, in dem diese Deutung aufgenommen wird.    

Artikel in "Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums" 1909 Heft 6 Seite 701: "An dieser Stelle seien auch die übrigen Judensteuern des Speyergaus, soweit sie uns in den Aufzeichnungen der Reichseinkünfte aus jenem Gebiet vom Jahr 1309 erhalten sind, erwähnt: Rockenhausen = 5 Pfr. (ebd. S. 246 Z. 16); Leiningen und Bockenheim = 7 Pfd. (ebd. Z. 17), Anweiler = 4 Pfd. (ebd. Z. 23), Deidesheim = 9 Pfd. (ebd. Z. 37), Dürkheim = 8 Pfd. (ebd. S. 247 Z. 9), Lauterburg = 9 Pfd. (ebd. Z. 17), Selz = 6 Pfd. (ebd. Z. 18), Münster (das heutige Münster am Stein) = 5 Pfd. (ebd. Z. 24)."    

   
Anzeigen      
  
Anzeigen der jüdischen Hotels von Salomon Strauss und Familie Levy (1903)  

Anzeigen im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 24. April 1903: 
"Bad Münster am Stein. Privat-Hotel Salomon Strauss. Restauration, Pension, Solbäder im Hause. 
Große luftige Zimmer, schattiger Garten sowie neu erbauter kühler Speisesaal. Streng koschere Küche, zivile Preise.
Elektrische Beleuchtung in allen Räumen.   
    
Hotel Levy, Münster am Stein. Einzig jüdisches Hotel am Platze.  
Streng rituell. Prachtvolle Lage, 28 Zimmer, Bäder, zivile Preise."   

    
Rabbiner Dr. Neuwirth (Bingen) sucht nach Bad Münster am Stein einen Aufseher und Schächter (1904)
    

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. April 1904: "Aufseher und Schochet
Für ein Hotel in Münster am Stein für 15. Mai bis 15. September gesucht, bei freier Pension, 60 Mark monatlich. Bewerber wollen sich melden bei 
Dr. Neuwirth, Bingen
."    

  
Anzeige des Hotels Levy (1904)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. April 1904: "Hôtel Levy, Bad Münster am Stein. 
Einzig jüdisches Hotel am Platze. Unter Aufsicht Seiner Ehrwürden Herr Rabbiner Dr. Neuwirth, Bingen. 
Der Neuzeit entsprechend eingerichtet. - 28 Zimmer. - Bäder. - Pension. Elektrisches Licht. Telephon 483."       

  
Anzeige des Hotels Strauss (1929)  

Bad Muenster Israelit 10051929.gif (71222 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Mai 1929: "Hotel Strauss. 
Aufsicht Rabbiner Dr. Jakobs - Bad Kreuznach.   
Bad Münster am Stein - Die Perle des Nahetals
.  
Tel. 987. Mäßige Preise - Minjan im Haus."   

   
Reisebrief aus Bad Münster am Stein (1930)   

Bad Muenster Israelit 21081930.gif (146669 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. August 1930: "Reisebrief aus Bad Münster am Stein. Verregnete Ferien sind nicht angenehm, mancher bleibt zu Hause, weil er keine 'Zeit' hat, manchem gefällt dieser 'Sommer' nicht. Doch, sobald die Sonne einmal 'lächelt', wird abgedampft, aber nicht zu Wasser, sondern in knapp 2 Stunden bringt uns der Eilzug nach dem idyllisch gelegenen, von Burgen und Felsen umringten und ins Nahetal eingebetteten Bad Münster am Stein. Einen kleinen 'Garten Eden' konnte man diese 'Perle' des Nahetales nennen. Was besonders auffällt, ist die herzliche Art des Umganges und der Zuvorkommenheit vom Kurdirektor bis zu seinem letzten Beamten. Man fühlt sich so recht wohl hier und hat das Empfinden, ein gern gesehener Gast bei der biederen Bevölkerung zu sein. Aber von Radium und Solbädern allein kann man nicht gesunden, die im Kurgarten vorhandenen großen Gradierwerke sorgen auch für den richtigen Hunger und diesen stillt in bester Weise das einzige unter Aufsicht gestellte und vorzüglich geleitete jüdische Hotel Strauß.   
Eine einzig große Familie fühlen sich alle anwesenden Gäste im jüdischen Hotel, und das Herz ging mir so richtig auf, als am Freitag Abend gar ein Frankfurter Gast 'Heimatklänge' als Chasan (Vorbeter) ertönen ließ. Auch in religiöser Beziehung entbehrt der selbst 'Verwöhnte' nichts von seinen Gepflogenheiten. Der junge, äußerst liebenswürdige jüdische Badearzt steht jedem Gast mit Rat und Tat zur Seite. Leider ist unsere Kurzeit bald um, die 'eiserne Pflicht' legt 'Fesseln' um unsere freie Zeit, die schönen Sommerferien."   

          
Adresse/Standort des ehemaligen Hotels Strauß                   
   
   
Fotos   

 Historische Ansichtskarte des Hôtel Levy, 
Bad Münster a. St. 
 Bad Muenster Hotel Levy PK.jpg (23082 Byte)  

   
   
    
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   

August 2023: In Bad Münster und Ebernburg sollen "Stolpersteine" verlegt und am Grundstück des jüdischen Friedhofes in Bad Münster soll ein Gedenkstein aufgestellt werden
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung" (Bad Kreuznach) vom August 2023: "22 Stolpersteine für Bad Münster am Stein und Ebernburg
Ausgelöschtes jüdisches Leben in den beiden Stadtteilen soll wieder sichtbar werden. Zukünftig soll eine Gedenktafel auf den jüdischen Friedhof unterhalb des Stegfelsens hinweisen.
Bad Kreuznach.
Die Power-Point-Präsentation im Café Vielfalt fasst das Ergebnis einer intensiven, wissenschaftlichen Recherche nüchtern zusammen: In beiden Stadtteilen Bad Münster am Stein und Ebernburg wurden unter Nazi-Herrschaft 22 Menschen Opfer von Verdrängung, Gewalt und Tod. Der Ortsbeirat Bad Münster am Stein-Ebernburg will seiner ehemaligen Bürger und Bürgerinnen - Väter, Mütter und Kinder jüdischen Glaubens - nun ein Andenken schaffen: 22 Stolpersteine sollen vor den ehemaligen Wohnhäusern der Familien verlegt werden, mit Inschrift des Namens, der Geburt - und Todesdaten, Hinweisen zu Flucht, Misshandlung oder Deportation.
Dieser Wunsch ist eingebettet in das Stolperstein-Projekt des Künstlers Gunter Demnig, auf dessen Initiative seit 2000 bis heute weltweit mehr als 100.000 Stolpersteine verlegt wurden. Mit dem Stolperstein-Projekt will Gunter Demnig entmenschlichtes jüdisches Leben, das von den Nazis systematisch zur Nummer degradiert wurde, wieder sichtbar machen, nämlich dort, wo der letzte selbst gewählte Wohnort der zu gedenkenden Person vermerkt wurde. Demnig reist meist selbst an, um die Steine mit Messingplakette mit den eigenen Händen ins Pflaster zu verlegen. So unter anderem bereits geschehen in Langenlonsheim und Bad Kreuznach."  
Link zum Artikel  
 
Mai  2024: In Ebernburg werden "Stolpersteine" verlegt   
Pressemitteilung der Stadt Bad Kreuznach - von Hansjörg Rehbein vom 2. Mai 2024: "Schubach-Nachfahren reisen aus den USA an
Sieben Stolpersteine für jüdische Opfer des Nationalsozialismus in Ebernburg

Für die Ebernburger Opfer des Nationalsozialismus Laura, Gustav, Pauline, Robert und Inge Schubach, sowie für Josef und Regina Gottlieb werden am Mittwoch, 8. Mai, 11 Uhr, Stolpersteine verlegt. Die Familie Schubach lebte vor ihrer Flucht in die USA 1938/39 in der Burgstraße 13 (Amtshof). Dort ist auch die Feierstunde. Als Ehrengäste werden Laura Jaffe (Tochter von Robert Schubach) und Lisa Hinegardner (Tochter von Inge Schubach) anreisen. Darüber freut sich Oberbürgermeister Emanuel Letz besonders. 'Das zeigt wie bedeutsam das Gedenken an unsere ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgerinnen." Der OB bedankt sich bei der IGS Sophie-Sondhelm, die im Vorfeld der Stolpersteinverlegung per E-Mail Kontakt mit den Schubach-Nachfahren aufgenommen hat. Nach der Begrüßung durch Oberbürgermeister Emanuel Letz und Ortsvorsteherin Bettina Mackeprang werden Schülerinnen und Schüler der Integrierten Gesamtschule Sophie Sondhelm (IGS) vor dem Haus Burgstraße 13 die fünf Stolpersteine für die Familie Schubach verlegen und die Feier mit einem szenischen Spiel mitgestalten. Im Anschluss werden die beiden Stolpersteine für Josef und Regina Gottlieb in der der Burgstraße 4 verlegt. Nachdem die Stolpersteine verlegt sind, wird der Kantor der Jüdischen Gemeinde, Alexander Zakharenko, das Gebet 'El Male Rachamim' sprechen. 
Nach der Reichspogromnacht am 9./10. November 1938 deportierten die Nazis Gustav Schubachs Vater in das KZ Dachau. 1939 konnte mit seiner Familie (Ehefrau Pauline und den Kindern Robert und Inge) in die USA fliehen. Ein Jahr zuvor war seine Mutter Laura in die Vereinigten Staaten emigriert. Robert Schubach, damals fünf Jahre alt, besuchte 73 Jahre später (2013) mit seiner Familie das Elternhaus in der Burgstraße 13. Herzlich empfangen und betreut wurde er von Stefan Köhl, dem aktuellen Besitzer des Hauses (Amtshof), das die Schubachs 1937 an Wilhelm und Anna Gattung verkauften, und bis zu ihrer Emigration noch bewohnten. Stefan Köhl war es auch, der für die FDP im Ortsbeirat Bad Münster am Stein-Ebernburg die Verlegung von fünf Stolpersteinen in der Burgstraße 13 beantragte. Die IGS Sophie Sondhelm, die sich bei den vorherigen Stolpersteinverlegungen sehr stark engagierte, übernahm wieder die Recherchearbeiten. Dafür versorgten und betreuten Stadtarchivarin Franziska Blum-Gabelmann und Karl-Ernst Laubenstein (Außenstelle Stadtarchiv in Bad Münster) die Schülerinnen und Schüler, die mit deren Lehrerinnen Tina Engelberger und Angelina Braun sich im Stadtarchiv auf Spurensuche begaben. Das Stadtarchiv ist seit vielen Jahren eine wichtige Anlaufstelle für Schulen, die sich Projekten der Stadtgeschichte widmen. Weiteres Material steuerte Stefan Köhl bei, u.a. ein Interview, das er 2013 mit Robert Schubach, der im November 2020 starb, führte. Robert Schubach schenkte im Jahr 2015 die Aufzeichnungen dem United States Holocaust-Museum in Washington.
Josef Gottlieb musste mit seiner Frau Regina nach der Reichpogromnacht am 9./10. November 1938 von der Burgstraße 4 in die sogenannten 'Judenhäuser' erst in der Mühlenstraße und dann in die Hochstraße nach Bad Kreuznach ziehen. Er starb 'gedemütigt und entrechtet', so der Text auf seinem Stolperstein, am 29. Januar 1939. Regina Gottlieb konnte 1941 in die USA fliehen.
Die Stolpersteinverlegung wird über private Spenden und über eine Förderung durch die Stiftung Rheingrafenstein – Max und Hertha Kuna - finanziert.
Noch für dieses Jahr ist eine weitere Stolpersteinverlegung geplant. In der Turmstraße 8 wohnten Johanna, Emil Gottlieb und Irmina Koch geb. Gottlieb, Jacob, Hedwig, Flora Margot und Rose Irmgard Heymann, jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger, Opfer der Nationalsozialisten."
Link zum Artikel  

      
      


 
Links und Literatur

Links:   

bulletWebsite der Verbandsgemeinde und Kurstadt Bad Münster am Stein - Ebernburg  

Literatur:                
  

                   
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Stand: 30. Juni 2020