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Tholey (Kreis
St. Wendel)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Tholey konnten sich Juden seit der 1. Hälfte des 17.
Jahrhunderts niederlassen. Von einer ersten jüdischen Familie am Ort wird
aus dem Jahr 1729 berichtet (Josef und Sara Isaak mit Sohn Josef). 1749 kam die
Familie Josef Can in die Stadt. Er war wie Josef Isaak von Beruf Metzger. 1787
konnten sich zehn jüdische Händlerfamilien aus der Pfalz ansiedeln. 1790
wurden 41 jüdische Einwohner gezählt (etwa 7 % von insgesamt etwa 600
Einwohnern).
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die Zahl der Juden
am Ort weiter zu: 1843 waren von den 952 Einwohnern Tholeys 88 jüdischen Glaubens
(fast 10 % der Gesamtbevölkerung, 15 Familien). Zwanzig Jahre später umfasste
die jüdische Gemeinde in Tholey bis zu 30
Familien. Noch in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der
jüdischen Gemeindeglieder durch Aus- und Abwanderung zurück (1895 noch 91
jüdische Einwohner). Ursache der
Auswanderung war u.a. die Einführung des Freihandels 1872, was zu einem Verfall
der Preise landwirtschaftlicher Produkte führte. 1893 wurde eine
jüdische Gemeinde mit Korporationsrechten gebildet.
An Einrichtungen der jüdischen
Gemeinde bestanden außer der Synagoge mit Mikwe eine jüdische Schule. Dies war
spätestens seit 1841 als
Privatschule eingerichtet, in der ein Elementarlehrer unterrichtete (vgl. unten
Meldung von 1841. Auch 1856 erfolgte eine Ausschreibung der Lehrerstelle für
einen Elementar- und Religionslehrer. Offiziell fand die Schule als
"öffentliche Elementarschule" jedoch erst 1876 Anerkennung. Auch ein Friedhof
war vorhanden.
1886 konnte ein eigenes Schulgebäude mit Lehrerwohnung eröffnet werden
(Trierer Straße 32). Unter den ersten Lehrern waren Lehrer German Sender (1875/1882/1890
genannt, vgl. Bericht unten; gest. 1895 in Tholey und auf dem jüdischen
Friedhof beigesetzt) und Emanuel Alexander aus Illingen. Sein
Nachfolger war von 1901 bis 1916 der Rabbiner und Lehrer Willy Jonas. Die
Elementarschule
bestand bis 1916 (danach noch Religionsschule); das Schulgebäude wurde 1936 verkauft.
Im Ersten Weltkrieg ist aus der jüdischen Gemeinde Tholey gefallen: Albert
Kahn (geb. 24.9.1881 in Tholey, gef. 21.6.1918). Außerdem ist der Sohn des Lehrers German Sender - Gottfried
Sender - gefallen (geb. 1882 in Tholey, gef. 13.6.1915; siehe unten: Bericht
und das Buch über ihn). An ihn erinnert im jüdischen
Friedhof Tholey eine Inschrift auf dem Grabstein für seinen Vater: "In
memoriam Gottfried Sender - Seminarlehrer - 1882-1915".
1925 gehörten zur jüdischen Gemeinde noch 50
Personen, d.h. 3,7 % von insgesamt ca. 1.360 Einwohnern. Damals war Vorsteher
der jüdischen Gemeinde Manuel Joseph. Vorbeter und Lehrer war Salomon Haber. Er
unterrichtete in Religion die damals sechs schulpflichtigen jüdischen Kinder. 1932 war
Vorsteher Jakob Lion. Lehrer Haber unterrichtete nur noch drei Kinder.
Nach der Angliederung des Saargebietes an das Deutsche Reich 1935 wurden noch 41
jüdische Einwohner in Tholey gezählt, doch wanderten wenig später die
meisten von Ihnen aus.
Von den in Tholey geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", ergänzt durch Angaben bei Landau s. Lit.):
Brünette Aach geb. Sender (1887), Eva Abraham
geb. Bähr (1876), Albert Bähr (1882), Julius Bähr (1874), Emma Bermann geb. Loeb (1864), Frederike Bermann geb. Markus (1913), Julius Bermann
(1900), Manfred Bermann (1935), Melinka Friedemann geb. Jakob (1887), Rosa Götz
geb. Hirsch (1891), Adolf Hanau (1872), Bertha Herrmann geb. Großbauch (1873
oder 1878), Erna Herrmann (1882), Bertha Isaak geb. Katz (1870), Emma Isaak (1866), Fanny
Isaak (1858), Josef Isaak (1883), Martha Isaak (1884), Moses Isaak (1860),
Rosalie Jontofsohn geb. Isaak (1887), Moses Joseph (1860), Emilie Kahn geb. Katz
(1886), Jeanne Kahn (1890), Veronika Katz geb. Isaak (1898), Irma Kayem (1900),
Elise Kronenberger geb. Isaak (1892), Klara Leib geb. Lion (1875), Rosa Littfack
geb. Loeb (1872), Emil Loeb (1900), Helene Schu geb. Isaak (1898), Martha Stern geb. Isaak (1884),
Frieda Ullmann geb. Herrmann (1894), Jenny Voss geb. Isaak (1876), Johanna Weil
geb. Jakob (1884).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet
1856
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. Februar 1856:
"Ein geprüfter Lehrer, der den Elementar- und Religionsunterricht zu
erteilen und die Kantorstelle zu versehen hat, findet hier sofort eine Stelle
mit einem jährlichen Gehalte von 150 Thalern. Nebeneinkünfte
ungefähr 30 Thaler. Bewerber wollen ihre Zeugnisse franco an den
Unterzeichneten senden.
Tholey, Regierungsbezirk Trier, den 20. Januar
1856. Der Vorstand Jacob Baehr." |
Meldung zur jüdischen Elementarschule (1841)
Mitteilung
in den "Israelitischen Annalen" vom 26. März 1841: "Auch
in Tolei, wo 15 Familien wohnen, ist ein Lehrer des Elementarfaches
tätig." |
Prüfungen der israelitischen Schule in Tholey (1882)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. November
1882: "Tholey (Regierungsbezirk Trier), 2. November (1882). Am
Dienstag, den 31. vorigen Monats inspizierte der Herr
Regierungs-Präsident Nasse von Trier, in Begleitung des Königlichen
Landrats Herrn Freiherr von Richthofen, des Königlichen
Kreisschulinspektors Herrn Dr. Tyßka (beide von Ottweiler) und des
hiesigen Bürgermeisters Herrn Clemens, die einklassige israelitische
Schule dahier. Nachdem der Herr Präsident selbst die Schüler in vier
verschiedenen Elementarfächern geprüft, sprach er sich sehr anerkennend
über deren Leistungen, sowie über die Ordnung und Reinlichkeit der
Schule aus und ermunterte sodann die Schulkinder, 33 an der Zahl, ihrem
Lehrer durch Fleiß und gute Führung stets Freude zu machen. - Mit dem
Herrn Präsidenten über die nicht beneidenswerten allgemeinen
Anstellungsverhältnisse der jüdischen Lehrer des Bezirks zu sprechen,
war Einsender dieses - in Anwesenheit der Schuljugend - nicht möglich. Es
muss dies - wie folgt - auf dem schriftlichen Wege geschehen. Nach
gemeinsamer Vorbesprechung gelegentlich der großen amtlichen
Seminarkonferenz zu Ottweiler am 28.
August dieses Jahres nämlich sammeln die israelitischen Lehrer Nußbaum -
Trier, Scheuer - Saarwellingen
und Sender - Tholey augenblicklich umfassend statistisches Material aller
israelitischen Schulstellen des Regierungsbezirkes Trier, um auf Grund
desselben in einer Kollektiv-Eingabe die Emanzipierung der Schulen
respektive deren Lehrer von Königlicher Regierung demnächst zu erbitten.
Zu diesem Zwecke findet nächste Weihnachten zu Trier eine Versammlung
aller jüdischen Lehrer des Bezirks statt und werden hoffentlich alle
betreffenden Kollegen - in ihrem eigenen Interesse - gemäß
Einladungskarte pünktlich erscheinen.
Möge es uns vergönnt sein, bald einen guten Erfolg berichten zu können:
Ihr lieben Herrn Kollegen im weiteren Vaterlande, geht hin und tut
desgleichen! Lasset der Regierung in dieser hochwichtigen Angelegenheit
keine Ruhe; unser gerechtes Streben wird endlich mit unserer völligen
Gleichstellung belohnt werden. Dies gebe Gott! G. Sender." |
Berichte aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben
Feier von Simchat Tora in der Gemeinde (1890)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 16. Oktober 1890: "Tholey, 8. Oktober (1890). Das war
gestern, am Tage der Gesetzesfreude, für unsere kleinen und großen
Knaben eine Seelenlust! Sie wurden, obschon sie zum Teil noch nicht
konfirmiert, wie alljährlich am Schlusse der Vorlesung von und mit mir
zur Tora aufgerufen, um an der heiligen Bundesrolle Israel's Gott, den
Einig-Einzigen, öffentlich und feierlich zu bekennen. Es ist dieser
altherkömmliche synagogale Gebrauch, sofern er in würdiger Weise
erfolgt, eine hochreligiöse Handlung und, wenn ich so sagen darf, vom
pädagogischen Standpunkte aus ein wahrhaft praktischer und nachwirkender Religionsunterricht,
dessen Beibehaltung und regelmäßige Handhabung ich jedem Jugendlehrer
und religiösen Führer nur anraten, ja von Herzen empfehlen kann. Mit
dieser jungen Schar laut und deutlich die Vor- und Nachbenediktionen (die
ihnen natürlich rechtzeitig erklärt werden müssen) an der heiligen Tora
zu sprechen, wozu die versammelten Väter und Mütter, Groß und Klein,
ihr Baruch schemo (Gelobt sei Gottes Name!) und Amen sagen, ist für alle
Beteiligten eine Freude und eine Ehre zugleich. Nach Verlesung der
Schriftstelle, und nachdem ich ihnen den herkömmlichen Segen (Mischeberach)
erteilt, sing 'Alles, was Odem hat' den erhebenden Choral (bekannt unter
dem Namen 'Hagbaha' von Dr. M.M. Haarbleicher nach Melodie Nr. 18 in Dr.
Ludwig Philippson's Israelitischem Gesangbuch): 'Dies ist die Tora, dies
das Wort, das Gott uns hat gegeben, dass wir's bewahren fort und fort, und
tragen durch das Leben.' Alsdann begeben sich alle Knaben hocherfreut wieder
an ihre Sitze an beiden Seiten des Altars. Nach Beendigung des
Gottesdienstes segnen auch die Väter und Müller ihre Stammhalter und
erfreuen sie noch mit dem, was der Herbst Köstliches bietet. Ich bin
überzeugt, diese Jugendeindrücke verfliegen nicht leicht! Viele 'unter
uns' aber sind - und das ist bedenklich - gegen alles Althergebrachte.
Leider äfft man mitunter lieber die Bräuche Andersgläubiger nach, die
dem Judentum fremd und mit demselben in keinen Einklang zu bringen sind,
und daher mehr schaden, als nützen. Wer aber Lust und Liebe 'an dem Erbe
der Versammlung Jakobs', wer wahre Anhänglichkeit an unsere
altehrwürdige Religion und ihre tiefen ethischen Gebräuche hat, der
suche in unserer modesüchtigen Zeit - gleichwie es unsere hochgebildeten
und hochangesehenen Glaubensbrüder in England noch tun, die alten
Bräuche zu schützen und, wenn auch geistig, zu durchdringen. Dann
können uns - dessen bin ich sicher - alle unsere Feinde nichts anhaben.
Lasset uns festhalten an der ererbten Gottesfahne, dann werden wir stark
sein! German Sender, Lehrer und
Kantor." |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Über Gottfried Sender, den im Ersten Weltkrieg
gefallenen Sohn von Lehrer German Sender, ist ein Buch erschienen und wird in
jüdischen Gemeinden Deutschlands referiert (1931)
Anmerkung: Das von Meier Spanier herausgegebene Buch "Leutnant Sender.
Blätter der Erinnerung für seine Freunde. Aus seinen Feldpostbriefen
zusammengestellt" erschien in 3. Auflage Hamburg 1916. Es ist online
einsehbar über das Internet Archiv der Calfornia Digital Library https://archive.org/details/leutnantsenderbl00send
sowie über die Digitalisierten Sammlungen der Staatsbibliothek Berlin http://digital.staatsbibliothek-berlin.de/werkansicht/?PPN=PPN734550693.
Gottfried Sender ist am 18. März 1882 in Tholey
als Sohn des Lehrers German Sender und seiner Frau Pauline geb. Wolf geboren.
Er war vor Kriegsbeginn Lehrer der Lehrerbildungsanstalt in Berlin.
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck"
vom 20. März 1931: Borken. In der hiesigen Ortsgruppe
des Reichsbundes Jüdischer Frontsoldaten am 14. März sprach Lehrer Katz
über 'Leutnant Sender'. Sender, Rheinländer von Geburt, Schüler
des Münster'schen Lehrerseminars, und Hörer der dortigen Universität, zog
als Lehrer der Lehrerbildungsanstalt in Berlin in den Krieg. In seiner
Heldenlaufbahn, die er schon im Juni 1915 mit dem Heldentode beendigte,
rückte er schnell vom Gefreiten zum Leutnant und Offizierstellvertreter,
geschmückt mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse und dem Eisernen Kreuz II.
Klasse, empor. An Hand der von Dr. Spanier - Berlin herausgegebenen
Feldpostbriefe Senders weckte der Vortragende alte Kriegserinnerungen bei
den Kriegsteilnehmern, und auch die zahlreich anwesenden Damen durchlebten
im Geiste die sorgenvollen Stunden eines Frontsoldaten. Der Vortrag
bewies, dass nicht nur recht wertvolles Blut der jüdischen Gemeinschaft
geflossen, sondern auch, dass die Juden ihre Pflicht voll und ganz im
Weltkrieg erfüllt haben." |
Gottfried Sender
(geb. 1882 in Tholey, gefallen 1915)
stand im Mitteilpunkt des
Vortrages von Lehrer Katz in Borken. |
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Erinnerung an Walter Sender
(1885-1961)
Anmerkung: in der Umgebung von St. Wendel gibt es mehrere "Orte gegen
das Vergessen", die an die Geschichte jüdischer Personen im St. Wendeler
Land erinnern sollen. Die Plätze tragen die Namen von Personen, die Opfer der
Verfolgung geworden sind. Der Platz vor dem jüdischen
Friedhof in Tholey ist nach Walter Sender
benannt.
Eine Gedenktafel am
jüdischen Friedhof erinnert an Walter Sender |
Aus
der Inschrift der Gedenktafel: "Walter-Sender-Platz. Der am
10. Mai 1885 in Tholey geborene Walter Sender arbeitete nach dem Ende des
1. Weltkrieges als Rechtsanwalt und begann seine politische Tätigkeit als
Sozialdemokrat. Bereits 1925 warnte er vor dem Nationalsozialismus. Nach
der Saarabstimmung am 13. Januar 1935 flüchtete er mit seiner Frau und
den beiden Kindern nach Frankreich. Bis zum Kriegsausbruch konnte er in
Paris arbeiten. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen versteckte er
sich in den Bergen Südfrankreichs. Nur so konnte er als Jude der
Verfolgung durch deutsche und französische Faschisten entgehen. Dr.
Walter Sender ließ nach 1945 einen Gedenkstein für die Ermordeten der
Synagogengemeinde Tholey errichten. Er starb am 29. August 1961 in Luzern."
(Foto der Gedenktafel von Stefan Haas) |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen
Anzeige von Simon Baehr (1890)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Mai 1890:
"Tüchtiger Bäckergeselle sucht Stellung. Offerten an
Simon Baehr, Tholey." |
Zur Geschichte der Synagoge
Im 18. Jahrhundert
besuchten die jüdischen Einwohner von Tholey die Gottesdienste in Saarwellingen,
das gleichfalls unter lothringischer Verwaltung stand. 1837/38 hatte sich
in Tholey eine eigene Gemeinde mit einem Betsaal (in örtlichen Akten
"Judenkirche", im Texte zur Einweihung "alte Synagoge"
genannt) gebildet.
Um 1860 bestand der Wunsch zum Bau einer Synagoge. 1863 wurde eine
Kollekte zur Sammlung von Geldern genehmigt, die vor allem in den jüdischen
Gemeinden des Rheinlandes durchgeführt wurde. Noch im selben Jahr konnte der
Bau des Synagoge verwirklicht und die Synagoge am 4. Dezember 1863 durch
Bezirksrabbiner Kahn aus Trier eingeweiht werden, worüber in der jüdischen
Presse mehrere Artikel erschienen:
Bericht zur Synagogeneinweihung in der "Allgemeinen Zeitung des
Judentums":
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 19. Januar 1864: "Trier,
im Dezember (1863). In unserem Regierungsbezirk wurde am 4. dieses Monats eine
neue Synagoge in Tholey und am Sabbat-Chanukka eine Torarolle in Merzig, welche
der dortige Gesangverein gewidmet, feierlichst eingeweiht. Beide
gottesdienstliche Festlichkeiten machten auf alle Anwesende, unter denen auch
die Spitzen der Behörden, tiefen Eindruck und wurden durch gediegene Predigten
des Oberrabbiners Kahn gehoben und verherrlicht". |
Ausführlicher Bericht zur Synagogeneinweihung in der Zeitschrift
"Ben Chananja"
Artikel
in der Zeitschrift "Ben Chananja" vom 3. Januar 1864: "Tholey,
9. Dezember (1864). Am 4. laufenden Monats fand in erhebendster Weise die
feierliche Einweihung der neu erbauten Synagoge hierselbst statt. Da die
Hauptmomente der Feier auch in weiteren Kreisen Verbreitung verdienen, so
mögen dieselben nachstehend mitgeteilt werden. Die Feier begann, vom
herrlichsten Wetter begünstigt, um halb 1 Uhr mit einem Festzuge aus der
alten nach der neuen Synagoge. Unter Anwesenheit des Landrats Herrn von
Schlechtendal, des Bürgermeisters Herrn Merten, der Honoratioren und
Bürger des hiesigen Ortes, sowie der in großer Anzahl eingetroffenen
fremden Glaubensgenossen entwickelte sich das Fest auf die schönste
Weise. Durch die dicht mit Zuschauern gefüllten Straßen, an den mit
Fahnen geschmückten Häusern entlang, bewegte sich der Zug unter den
Klängen der Musik in bester Ordnung nach dem schön gelegenen neuen
Gotteshause. Hier angelangt, überreichte der Herr Oberrabbiner, nachdem
von einem Mädchen ein passendes Gedicht vorgetragen worden, den
Schlüssel zur neuen Synagoge dem Herrn Landrat mit einer kleinen
Ansprache, worauf letzterer einige herzliche Worte erwiderte und die
Pforten des Gotteshauses erschloss. Den Glanzpunkt der Feier bildete
ohnstreitig die von dem würdigen Herrn Oberrabbiner Kahn aus Trier
gehaltene gediegene und gehaltvolle Festrede, welche die zahlreiche
Versammlung mit großer Aufmerksamkeit entgegen nahm. Der Redner
behandelte das Thema über die wesentliche Bestimmung Israels und den
Einfluss, den der israelitische Gottesdienst auf die Erfüllung dieser
Mission ausgeübt hat, und legte dabei den Text 1. Buch Mose Kap. 32, Vers
22 und folgende (Kampf des Engels mit Jakob) zugrunde. Er schilderte die
Aufgabe Israels als Gotteskämpfer 1) für den Glauben an den einzigen
Gott, 2) für Recht und Gerechtigkeit, Humanität und Menschenliebe, und
3) gegen alle Anfeindungen von Außen. Aus der an innerem Gehalte so
reichen Rede ist hauptsächlich hervorzuheben der Gedanke, der in dem
dritten Teile derselben durchgeführt wurde, dass nämlich, nachdem den
Juden bereits die Morgenröte einer besseren Zeit angebrochen war, sie
noch immer Hemmnisse, falsche Beschuldigungen und Anfechtungen aller Art
zu erleiden hatten, welche sie mit den Waffen des Geistes indessen so
siegreich bekämpften, dass ihre Feinde, gleich Jakobs Gegner in der
Bibel, ihre Bewunderer geworden sind und es aufgaben, den Bestrebungen
zugunsten der Juden entgegen zu treten, sodass auch ihnen, gleich Jakob,
die Sonne der Gleichberechtigung aufgegangen ist. Zur gehobenen Stimmung
trug nicht wenig ein hübscher Chorgesang bei, und verließen gewiss alle
die heiligen Räume mit innigster Befriedigung. Der Verlauf des Festes am
anderen Tage entsprach denn auch in allen Stücken der Hauptfeier, und
glaubt Referent annehmen zu dürfen, dass dasselbe noch lange in den
Herzen aller Anwesenden eine wohltuende Erinnerung bleiben wird." |
Die Synagoge in Tholey war gottesdienstliches Zentrum der jüdischen Gemeinde
in Tholey bis in die 1930er-Jahre.
Auf Grund der nach 1935 verstärkten Abwanderung eines großen Teiles der
Gemeindeglieder wurde die Synagoge 1937 geschlossen und für 3.800
Goldmark verkauft. Der neue Besitzer wollte auf dem Synagogengrundstück ein
Wohnhaus erbauen und begann mit dem Abbruch der Synagoge. Doch konnte der Plan
nicht ausgeführt werden, sodass 1939 die politische Gemeinde das
Ruinengrundstück für 7.300 Reichsmark erwarb.
Vgl. die Zusammenstellung zum Verkauf der Synagoge Tholey von Roland Geiger: http://www.hfrg.de/index.php?id=671
1948 beschloss der Gemeinderat
Tholeys, die immer noch stehende Synagogenruine an zwei nach Tholey
zurückgekehrte frühere jüdische Gemeindeglieder zu verkaufen. Diese
verkauften ihrerseits am 9. Oktober 1950 das Ruinengrundstück an
Privatleute, die schließlich in den folgenden Jahren auf den Grundmauern der
Synagoge ein Wohnhaus errichteten.
Adresse/Standort der Synagoge: abgerückt von der Trierer Straße im Bereich Trierer Straße 49
(früher Hauptstraße).
Fotos
Historische Fotos
sind nicht bekannt. Hinweise bitte an den Webmaster von "Alemannia
Judaica",
Adresse siehe Eingangsseite |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
 | Bodo Bost: Die Juden in Tholey. In: Michael Landau
(Hrsg.): Damit es nicht vergessen wird. Beiträge zur Geschichte der
Synagogengemeinden des Kreises St. Wendel. 1988 S. 65-83. |
 | Eva Tigmann: "Was geschah am 9. November
1938?" - Eine Dokumentation über die Verbrechen an der jüdischen
Bevölkerung im Saarland im November 1938. Eine Veröffentlichung des
Adolf-Bender-Zentrums St. Wendel. 1998. S. 41-45. |
 | Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 463-464 (mit weiteren Literaturangaben). |
 | Edgar Schwer: Den jüdischen Gefallenen des
Saarlandes 1914-1918 zum Gedenken. In: Saarländische Familienkunde Band
12/4. Jahrgang XLVIII 2015 S. 559-600. Online
zugänglich: eingestellt als pdf-Datei. |

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Tholey, Saar. A Jewish butcher is
mentioned in 1729. A hundred years later, the Jewish population was 23, growing
to 91 (total 1,173) by 1895. By the Nazi era, the Jewish population dropped to
41. The community maintained a synagogue from 1864, a cemetery (probably from
the 18th century) and an elementary school which operated from 1874 to 1916.
Most Jews left under the Nazis. The last four were deported to the Gurs
concentration camp on 22 October 1940. The synagogue and school building were
sold in 1927.

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