Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Rothenkirchen (Marktgemeinde Burghaun, Kreis Fulda)
Jüdische Geschichte / Synagoge 
(die Seite wurde erstellt unter Mitarbeit von Elisabeth Sternberg-Siebert, Website mit Seite zu Rothenkirchen

Übersicht:  

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
   
In Rothenkirchen bestand eine kleine jüdische Gemeinde bis um 1920. Ihre Entstehung geht mindestens in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. 1708 wird in einer Urkunde der "Schutzjude" Löser genannt. Um 1774 gab es vermutlich drei jüdische Familien am Ort (damals entrichteten Aron, Baruch und Samuel die zu bezahlenden Schutz- und Neujahrsgelder). 

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1835 wurden 83 jüdische Einwohner gezählt, 1861 89, 1875 64. Danach ging die Zahl durch Aus- und Abwanderung schnell zurück. 1887 war die Gemeinde "nach Wegzug mehrerer Hauptfamilien bis auf etliche 7 bis 8 Haushaltungen reduziert" (vgl. Aufruf der Gemeinde unten aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. August 1887). Damals war Vorsteher der Gemeinde Baruch Nussbaum. Die jüdischen Familienvorstände waren als Vieh-, Waren- und Kleinhändler tätig, doch gab es (genannt um 1830) auch jüdische Buchbinder und einen Schuhmacher.  
  
1905 waren noch 40 jüdische Personen am Ort.  
 
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge s.u., eine jüdische Schule und ein rituelles Bad. Im 19. Jahrhundert hatte die Gemeinde zeitweise eine jüdische Elementarschule: 1842 wurde diese Schule von 14 Kindern besucht; 1879 konnte der "israelitische Volksschullehrer" Levi Neumark sein 25-jähriges Ortsjubiläum feiern (siehe Bericht unten). Das rituelle Bad befand sich in einem kleinen Fachwerkhaus (am Ort "Badloch" genannt; das Gebäude wurde 1954 abgebrochen). Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Burghaun beigesetzt.   
  
1906 berichtete der Kreisvorsteher der israelitischen Gemeinden im Kreis Hünfeld, dass die Synagogengemeinde Rothenkirchen nur noch aus zwei Mitgliedern bestehen würde. Er beantragte die Auflösung der Gemeinde. Diese erfolgte vermutlich kurze Zeit später; die noch in Rothenkirchen lebenden jüdischen Personen der Gemeinde in Burghaun zugeteilt. Die jüdischen Kinder der Gemeinde wurden von dem dortigen Lehrer unterrichtet (1915 von Lehrer Strauß berichtet, siehe unten).
         
Von den in Rothenkirchen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", hier teilweise unter "Rothkirchen"): Rickchen Bauer geb. Strauss (1886), Jette (Jettchen) Blumenthal geb. Fürst (1863), Karoline Kaiser geb. Fürst (1864), Bertha Levi geb. Stern (1860), Fanny Löwenstein geb. Nussbaum (1885), Johanna Lomnitzer (1869), Aron Nussbaum (1863), Selma Sander geb. Stern (1894), Carolina (Lina) Stern geb. Strauss (1888), Lisette Stern geb. Nussbaum (1865), Abraham Strauss (1884), Markus Strauss (1882), Nathan Strauss (1874).      
   
   
 
  
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde               
    
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
25-jähriges Ortsjubiläum von Lehrer Levi Neumark (1879)   

Rothenkirchen Israelit 21051879.jpg (82281 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Mai 1879: "Aus dem Regierungsbezirk Kassel. Am 1. Mai dieses Jahres waren es 25 Jahre, dass der israelitische Volksschullehrer Levi Neumark seine Stelle in Rothenkirchen Kreis Hünfeld angetreten hat, Da derselbe kein Freund von öffentlichen Ehrenbezeugungen ist und deshalb diesen Tag wie jeden andern vorübergehen lassen wollte, so war er umso mehr und freudiger überrascht, als ihm am erwähnten Tag vom israelitischen Vorsteheramte zu Fulda ein schöner Ruhesessel - begleitet von einem Glückwunsch- und Anerkennungsschreiben in Anbetracht der überaus erfolgreichen Leistungen in seiner Schule - verehrt wurde, - Neumark ist ein in jeder Hinsicht, sowohl in den jüdischen als auch in den profanen Disziplinen praktischer Lehrer und ein im Rabbinischen und in der jüdischen Literatur bewanderter Gelehrter. Möge es ihm gestattet sein, noch recht lange bei steter Gesundheit im Weinberge Gottes fortarbeiten zu können." 

   
Lehrer Strauß aus Burghaun unterrichtet auch in Rothenkirchen (1915)      

Artikel in "Neue jüdische Presse / Frankfurter Israelitisches Familienblatt" vom 10. Dezember 1915: "Fulda. Der in letzter Nummer erwähnte Fall der zeitweiligen Auflösung der israelitischen Schulstelle zu Wehrda steht nicht vereinzelt da, sondern bildet im Bezirk Fulda die Regel.
Auch die Stelle zu Mansbach hat dasselbe Schicksal ereilt, und hat der Lehrer Stein die evangelische Schule in Oberbreitenbach übernommen, während seine Schüler der Ortsschule überwiesen sind und von ihm nur noch in Religion unterrichtet werden. Genauso ist es in Tann, wo auch Lehrer Hecht wandern muss, während in Burghaun Lehrer Strauß außer an seiner Schule an der Ortsschule unterrichtet und auch nach Rothenkirchen muss. Dieser Herr verrichtet, da er außerdem Religionsunterricht in Eiterfeld und Hünfeld und die Schechita für den ganzen Bezirk hat, eine kaum zu bewältigende Arbeit."    

 
    
Aus dem jüdischen Gemeindeleben 
Aufruf zur Unterstützung einer armen Braut (1887)  

Burghaun Rothenkirchen Israelit 04081887.jpg (119948 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. August 1887: "Wohltätige, edle Glaubensgenossen! In hiesiger Synagogen-Gemeinde, welche durch Wegzug mehrerer Hauptfamilien bis auf etliche 7-8 Haushaltungen reduziert ist, befindet sich auch eine sehr brave, fromme Familie, aber in sehr dürftigen Verhältnissen; diese hat eine heiratsfähige Tochter, welche schon längerer Zeit Braut ist, und die Hochzeit sollte in Kürze im Monat Elul stattfinden. Jedoch fehlen noch einige Hundert Mark an der versprochenen Mitgabe, die ohnehin nicht groß ist. Ich erlaube mir daher den Hilferuf an Euch ergehen zu lassen. Edle Glaubensgenossen! Öffnet auch diesmal Herz und Hand, wo es gilt diese große Weisung (Mizwa) zur Bräutigamssuche (Hachnassat Kalla) in Ausübung zu bringen und helfet, hier einem braven frommen Mädchen sein Lebensglück zu begründen, damit es nun bald an das Ziel seines Vorhabens gelangen kann. 
Diese Angelegenheit wird durch den Herrn, Dein Gott gesegnet. 
Gaben wolle man senden an Baruch Nussbaum, Synagogen-Ältester. Rotenkirchen (Kreis Hünfeld, Regierungsbezirk Kassel), 
17. Tammus 5647 = 9. Juli 1887). 
Auch wir sind bereit, Gaben entgegenzunehmen und weiterzubefördern. Die Expedition des 'Israelit'."

        
Ergebnis der Spendensammlung für die arme Braut 

Rotenkirchen Israelit 08091887.jpg (74015 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. September 1887: "Bei Unterzeichnetem sind für die arme Braut dahier eingegangen: von H. Frank aus Mühlfeld bei Mellrichstadt 10 M., C.B. in Strelno (heute: Strzelno, Polen), von einer Bade-Gesellschaft aus Baden-Baden 10 Mark, von einem Brautpaare A. und M. aus Regensburg 54 Mark, M. Kahn aus Adelsheim 2 Mark, H. Levy aus Windecken 4 Mark, durch Rabbiner Dr. Koreff in Hanau: M. Neuhaus aus Salmünster und von einem Ungenannten allda 8 Mark, von einem Badegast aus Salzschlirf (Rosenthal aus New York; 5 Mark, von einem Ungenannten aus Gelnhausen 10 Mark. 
Baruch Nußbaum, Synagogenvorstand aus Rotenkirchen bei Hünfeld (Regierungsbezirk Kassel). 
Indem ich andurch den richtigen Empfang obiger Summen bescheinige, sage zugleich namens der Braut den edlen Gebern meinen herzlichsten Dank mit der Bitte um weitere Berücksichtigung."      

   
   
   

Zur Geschichte der Synagoge
   
   
Eine Synagoge unbekannten Baujahres war in der Ortsmitte vorhanden. Es handelte sich um einen Lehmfachwerkbau. 
  
Nach Auflösung der Gemeinde wurde das Synagogengebäude verkauft und 1908 zu einem bis heute bestehenden Wohnhaus umgebaut. 
   
   
Adresse/Standort der Synagoge:    Brunnenstraße  
   
   
Fotos:  

Das Gebäude der ehemalige Synagoge
(alle Fotos aus der Sammlung von Elisabeth Sternberg-Siebert)
  
Rothenkirchen Synagoge 178.jpg (204159 Byte) Rothenkirchen Synagoge 179.jpg (104749 Byte) Rothenkirchen Synagoge 180.jpg (86936 Byte)
Festzug durch die Brunnenstraße vorbei 
an der ehemaligen Synagoge (links) 
Die ehemalige Synagoge - vermutlich 
in den 1920er-Jahren
Das Gebäude der 
ehemaligen Synagoge (2009)
     
     
Rechts: das Gebäude der 
ehemaligen Mikwe, 1954 abgebrochen
 
(Foto aus der Sammlung 
Herbert Jacob, Rothenkirchen) 
Rothenkirchen Mikwe 290.jpg (65538 Byte)   
      
     

        

    
Links und Literatur

Links: 

bulletWebsite der Marktgemeinde Burghaun  
bulletWebportal HS 010.jpg (66495 Byte)Webportal "Vor dem Holocaust" - Fotos zum jüdischen Alltagsleben in Hessen mit Fotos zur jüdischen Geschichte in Rothenkirchen  

Quellen

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Rothenkirchen 
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs (innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar: 
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41              
Zu Rothenkirchen sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,746   Geburtsregister der Juden von Rothenkirchen  1824 - 1887    https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4101096     
HHStAW 365,748   Sterberegister der Juden von Rothenkirchen  1825 - 1874   https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3271676        
HHStAW 365,747   Trauregister der Juden von Rothenkirchen  1833 - 1886   https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v290099       

Literatur:         

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I, S. 104-105 unter "Burghaun". 
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 393-394 (Artikel Burghaun). 
bulletBurghaun Lit 01.jpg (13757 Byte)Elisabeth Sternberg-Siebert: Jüdisches Leben im Hünfelder Land: Juden in Burghaun.  Verlag Michael Imhof, Petersberg 2008. ISBN 978-3-932526-14-5 (2. erweitere Auflage). 320 Seiten mit zahlr. Abb.   Weitere Informationen auf pdf-Datei.  
vgl. auch Website von Elisabeth Sternberg-Siebert.   Seite zur jüdischen Geschichte in Rothenkirchen  
bulletFulda Lit 140.jpg (118420 Byte)Juden in Deutschland und 1000 Jahre Judentum in Fulda
hrsg. von Michael Imhof.  Zukunft Bildung Region Fulda e. V. 
Erschienen im Michael Imhof Verlag Petersberg 2011.  
24 x 30 cm, 440 Seiten, 700 S/W und 200 Farbabbildungen, Hardcover. ISBN 978-3-86568-673-2 
(D) 44,00 €   CHF 62,90  (A) 45,25 €   
Zu Rothenkirchen Beitrag nach Elisabeth Sternberg-Siebert S. 352-353.      
      
       

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020