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Laubach mit
Ruppertsburg (Kreis
Gießen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In dem bis Anfang des 19. Jahrhunderts unter Herrschaft der
Herren von Solms-Laubach stehenden Laubach bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17./18. Jahrhunderts
zurück. Um 1710 lebten zwei jüdische Familien in der Stadt, 1760 waren es
bereits sechs Familien.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1816 77 jüdische Einwohner, 1828 112 (6,0 % von insgesamt 1.871
Einwohnern), 1861 115 (5,4 % von 2.129), 1880 65 (3,5 % von 1.950), 1900 57 (3,1
% von 1.828), 1910 50. Zur jüdischen Gemeinde gehörten auch die in Ruppertsburg
lebenden jüdischen Einwohner (1830 11 jüdische Einwohner, 1924 4, 1932 die
beiden jüdischen Familien Stein und Wallenstein, zuletzt nur Familie
Wallenstein).
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische
Schule, ein rituelles Bad (s.u.) und ein Friedhof.
Nach 1823 gab es kurze Zeit eine Israelitische Elementarschule, die aber auf
Betreiben der Behörden bald ihren Betrieb einstellen musste; danach gab es
noch eine Religionsschule. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war
ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war.
Unter den Lehrern und Vorsängern waren Ezechiel Juda (Vorsänger um 1810),
Salomon Adler (Vorsänger um 1814), David Isaac (Vorsänger vor 1818), Simon
Hildesheimer (Lehrer ab 1829), N.N. Stern (Lehrer um 1832), Henle Bacharach
(Vorsänger 1818 bis 1838), Kaufmann Goldschmidt (Vorsänger um 1840 / 45), Wolf
Bacharach (Vorbeter), David Heinemann (Lehrer um 1851/53), Seligmann Steinberger
(Lehrer um 1857), Salomon Aschenbrand (aus Sontra; Lehrer um 1862). In
besonderer Erinnerung blieb Lehrer Emanuel Zodick, der von 1885 bis nach
1933 in der Gemeinde als Lehrer tätig war. Die jüdische Gemeinde gehörte zum
orthodoxen Provinzialrabbinat Oberhessen mit Sitz in
Gießen.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Siegmund Bravmann
(geb. 19.6.1885 in Unteraltertheim, gef 28.8.1914),
Max Juda (geb. 25.5.1894 in Burgsolms, gef. 27.5.1915) und Hermann Strauß (geb.
31.12.1896 in Laubach, gef. 24.12.1917).
Um 1924, als noch 41 jüdische Personen in Laubach lebten (2,2 % von
insgesamt 1.851 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Jos. Strauß, M.
Wallenstein und Max Katz. Als Lehrer war weiterhin der bereits
genannte Emanuel Zodick tätig. Er erteilte damals fünf Kinder aus der
jüdischen Gemeinde den Religionsunterricht. 1932 war Gemeindevorsteher
Markus Stein. Auch im Schuljahr 1931/32 erhielten fünf Kinder durch Lehrer
Zodick ihren Religionsunterricht.
1933 lebten noch 35 jüdische Personen in Laubach (1,9 % von insgesamt
1.838 Einwohnern, in acht Familien). In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Acht Personen konnten in
die USA emigrieren, eine Person nach Südamerika, drei nach Holland; von den
übrigen sind mindestens zehn Personen nach Frankfurt und sieben in andere Orte
Deutschlands verzogen. Beim Novemberpogrom 1938 überfielen SA-Männer
und Angehörige der Hitlerjugend, angeführt von einem der SA angehörigen
Lehrer, die jüdischen Häuser und zerschlugen die Inneneinrichtungen
(überfallen wurden die Wohnungen der Familien Mendelsohn, Wallenstein,
Kaufmann, Meyer, Katz und Zodick). Auch die Synagoge wurde geschändet und der
Innenraum zerstört (s.u.). Die Männer der Gemeinde wurden in das KZ Buchenwald
verschleppt. 1939 wurden noch acht jüdische Einwohner gezählt. Die letzten
vier wurden 1942 aus Laubach deportiert (Ehepaare Strauß und Heynemann); aus
Ruppertsburg sind gleichfalls vier Personen deportiert worden (Familie
Wallenstein).
Hinweis: eingestellt sind die 1962 von den Bürgermeisterämtern für den
International Tracing Service (Internationaler Suchdienst) in Arolsen erstellten
Listen der aus den Orten deportierten (beziehungsweise auch emigrierten)
jüdischen Personen: Liste
aus Laubach (pdf-Datei mit elf Familien/Personen) und
Liste aus
Rupertsburg (pdf-Datei mit vier Namen).
Von den in Laubach geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Simon Arnstein
(1889), Berta Chambré (1890), Hedwig Dreifuss geb. Levy (1878), Hulda Heynemann
geb. Haas (1879), Ludwig Heynemann (1903), Sally (Salli) Heynemann (1879),
Henriette Katz geb. Arnstein (1869), Hugo Katz
(1882, siehe Kennkarte unten), Mayer (Maier, Meyer, Meier) Katz (1873),
Franziska (Fanny) Kaufmann geb. Bär (1860), Frieda Kuttner geb. Stern (1888), Helene Strauß geb. Katz (1886), Josef
(Joseph) Strauß (1884), Adolf Zodick (1886), Emilie Zodick (1889), Frieda Zodick geb.
Hahn (1889), Siegmund Zodick (1893).
Von den in Ruppertsburg geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Alexander Baum (1877),
Kathinka (Katinka) Baum geb. Wallenstein (1885), Sophie Baum (1910), Hilde Rothschild
geb. Stein (1893), Artur Wallenstein (1898), Bertha
Wallenstein (1866), Olga Wallenstein geb. Wallenstein (1860), Samuel Wallenstein
(1858).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Lehrers/Vorbeters/Schochet 1884 /
1885
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. September 1884:
"Wir suchen für unsere Gemeinde einen Religionslehrer, welcher
zugleich als Vorbeter und Schächter fungieren kann, bei einem
Jahresgehalt von Mark 600 und freier Wohnung, und sehen Bewerbungen, denen
alsbald Zeugnisse beizufügen sind, entgegen. Der Vorstand der
israelitischen Gemeinde Laubach in Oberhessen. L. Heynemann." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Juni 1885:
"Bei der hiesigen israelitischen Gemeinde ist die Stelle eines
Religionslehrers, welcher zugleich als Vorbeter und Schächter fungieren
kann, sofort zu besetzen mit einem Jahresgehalte von Mark 600, freier
Wohnung und das Schächten bringt circa Mark 200 ein. Wir sehen Bewerbungen,
denen alsbald Zeugnisse beizufügen sind, entgegen.
Der Vorstand der israelitischen Gemeinde Laubach in
Oberhessen." |
Auf die Ausschreibung von 1885 bewarb sich
erfolgreich Emanuel Zodick, der 1910 in der Gemeinde sein 25jähriges
Ortsjubiläum feiern konnte und bis nach 1933 in der Gemeinde
blieb, s.u.. |
Zum 25jährigen Ortsjubiläum des Lehrers Emanuel Zodick (1910)
Anmerkung: Emanuel Zodick ist am 20. Dezember 1858 in Eberstadt
bei Darmstadt geboren als Sohn des Handelsmannes Abraham Zodick und seiner
Frau Ester geb. Samuel. Emanuel Zodick war verheiratet mit Josephine geb.
Westerfeld (geb. 4. Mai 1861 in Stockstadt,
gest. 5. Juni 1936 in Laubach), mit der er drei Kinder hatte: Adolf/Alfred
(geb. 1861), Ester/Emilie (geb. 1889, ermordet nach Deportation 1942), Siegmund
(geb. 1893, war 1923 Religionslehrer in Montabaur,
ermordet nach Deportation nach Riga 1941). Beim Novemberpogrom 1938 wurde
Emanuel Zodick zusammen mit sechs anderen Laubacher Juden in das KZ Buchenwald
verbracht und nach einigen Wochen Haft entlassen. Im August 1942 wurde er von
Frankfurt in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Von hier aus kam er in das
Vernichtungslager Treblinka, wo er ermordet wurde.
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 9. September
1910: "Laubach (Oberhessen). Ein freudiges Ereignis feierte
unsere kleine Gemeinde: das 25-jährige Jubiläum ihres geliebten
geistigen Führers, des Herrn Emanuel Zodick. 25 Jahre einer kleinen
Gemeinde treu zu bleiben, ist bei einem befähigten Menschen - und das ist
Herr Zodick - gerade in unserer Zeit eine Seltenheit, und deshalb hatte
unsere Gemeinde besonderen Anlass, diesen Tag zu einem festlichen zu
gestalten. Und so geschah es auch. Der erste Vorsteher hielt beim
Morgengottesdienste eine Ansprache und behändigt dem Jubilar ein
wertvolles Ehrengeschenk. Den ganzen Tag über wurde das Haus des Jubilars
von Gratulanten nicht leer, unter denen sich auch viele Christen, unter
anderem Deputationen des Gesang- und des Turnvereins,
befanden." |
Lehrer Emanuel Zodick ist 40 Jahre in der
Gemeinde (1925)
Anmerkung: Im Artikel steht "Lauterbach", sicher verschrieben für
"Laubach", da sich das Ortsjubiläum von Lehrer Emanuel Zodick auf
Laubach bezieht.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Juli 1925: "Lauterbach
(Hessen), 6. Juli (1925). Am kommenden Schabbat Nachamu begeht Herr Lehrer
Emanuel Zodick das 40-jährige Ortsjubiläum in seiner Gemeinde. Leid und
Freud hat er in dieser Zeit mit jedermann seiner Gemeinde geteilt. Möge
es ihm vergönnt sein, bis zu seinem 100. Geburtstag weiter in
voller Geistesfrische und (Gottes)furcht zum Wohle seine
Mitmenschen zu wirken." |
Aus dem jüdischen
Gemeindeleben
Bericht aus der Zeit des aufkommenden Antisemitismus
(1890)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. September 1890:
"Aus Oberhessen, 26. August (1890). In einem Städtchen, das in
antisemitischer Beziehung eine gewisse Berühmtheit erlangt hat, in
Laubach - wurden kürzlich in ein und derselben Verhandlung des
Schöffengerichts ein Händler jüdischer und ein Händler christlicher
Konfession wegen Betrug im Viehhandel verurteilt. Der Jude erhielt 2
Wochen, der christliche Händler aber 3 Wochen Gefängnis. Für Herrn Dr.
Böckel war das ein Anlass, um die '*notorische Schlechtigkeit' der
Semiten nachzuweisen. Sein 'Reichsherold' trat denn auch den Fall recht
breit, natürlich den von dem Juden; die Verurteilung des christlichen
Betrügers wurde gänzlich totgeschwiegen. Man sieht, es sind recht
'ehrliche' Waffen, mit welchen diese Ehrenmänner à la Böckel, Stöcker
und Konsorten kämpfen." |
Wieseck und Laubach sind dem hessischen Gemeindeverband beigetreten und andere
Mitteilungen (1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 3. Juni 1927: "Gießen. Bei
der letzten Sitzung des Oberrates des hessischen Gemeindeverbandes in
Mainz wurde mitgeteilt, dass die in der Umgebung Gießens liegenden
Gemeinden Wieseck und Laubach (statt:
Lanbach) dem Verband beigetreten sind. Weiter wurde Herr Rabbiner
Dr. Sander beauftragt, die in Verfall geratenen geschlossenen
Friedhöfe Oberhessens zu besichtigen und nötigenfalls, soweit es
möglich ist, für Abhilfe zu sorgen. Außerdem wurden die Mittel zur
Besoldung einer Köchin bewilligt, die an einer noch zu errichtenden
Koscherküche in den Universitätskliniken angestellt werden soll. Da hier
aus ganz Hessen jüdische Patienten zusammenkommen, ist eine koschere
Verpflegung unbedingt nötig. Dementsprechend trat man an das Landesamt
für das Bildungswesen in Darmstadt heran, bei dem die Entscheidung
liegt." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum 90. Geburtstag von Maier Strauß (1895)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. März 1895: "Laubach
(Oberhessen), 10. März (1895). In vollster körperlicher und geistiger
Rüstigkeit feiert übermorgen Herr Maier Strauß den neunzigsten
Geburtstag, nachdem es ihm bereits vor mehreren Jahren vergönnt war, das
seltene Fest der goldenen Hochzeit zu feiern. Der Jubilar geht täglich
seinem Geschäfte nach und macht, oft mit schweren Paketen geladen, größere
Touren nach umliegenden Orten zu Fuß. Mögen ihm noch viele Jahre in
gleicher Rüstigkeit an der Seite seiner Gattin beschieden
sein." |
Kennkarte
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarte
des in Laubach
geborenen Hugo Katz |
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Kennkarte (Erbach 1939)
für Hugo Katz (geb. 3. Februar 1882 in Laubach), Kaufmann,
wohnhaft seit 1920 in
Michelstadt, zuletzt in Mainz, am
25. März 1942 deportiert ab Mainz - Darmstadt in das Ghetto Piaski,
umgekommen
Zur Geschichte von ihm, seiner Familie und vor allem der Tochter Doris
siehe Beiträge von Brigitte Diersch:
u.a. 'Und dann war sie weg...' Das kurze Leben
der Doris Katz, siehe Literaturangaben mit Links unten) |
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Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war vermutlich ein Betraum in einem der jüdischen
Häuser vorhanden. 1780 wurde eine Synagoge erbaut. Ende des 19. Jahrhunderts
wurde die alte Synagoge umgebaut oder einer neuer Bau erstellt. Danach gab es 48
Plätze für die Männer und 30 Plätze für die Frauen auf der
Empore.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge
durch HJ-Mitglieder unter Anleitung von Erwachsenen geschändet. Bücher und
Ritualien wurden auf den Leichenwagen der jüdische Gemeinde geladen. Dieser
wurde auf die Helle (= Laubacher Festplatz) transportiert und dort angezündet.
Das Synagogengebäude blieb zwar erhalten, jedoch wurde es wenig später
abgebrochen. Die Abbruchkosten wurden mit dem Erwerb des Geländes
"ausgeglichen". Am Standort der Synagoge wurde ein Transformatorenhaus
gebaut.
An dem auf dem Grundstück der abgebrochenen Synagoge erstellten Transformatorenhaus wurde
1978 eine Erinnerungstafel
angebracht. Der Text der Inschrift lautet: "An dieser Stelle stand bis zur
Reichskristallnacht im November 1938 die Laubacher Synagoge. Möge es uns
Mahnung und Verpflichtung sein, dass niemand mehr wegen seines Geschlechtes,
seiner Abstammung, seiner Rasse, seine Heimat und Herkunft, seines Glaubens
benachteiligt oder verfolgt wird!"
Zur Geschichte des rituellen
Bades
Eine besondere Geschichte hat das rituelle Bad beziehungsweise das Badehaus der
jüdischen Gemeinde. Es wurde 1811 vor der alten Schloss- beziehungsweise
Stadtmauer erstellt und ist auf einem Stahlstich von 1840/50 (Ansicht des
Laubacher Grafenschlosses von der Parkseite) im Vordergrund erkennbar (siehe
unten). Um 1890 wurde es von der jüdischen Gemeinde nicht mehr benutzt. 1898/99
bot Graf Friedrich zu Solms für das Häuschen 600.- Mark, es sollte abgerissen
werden, was jedoch die jüdische Gemeinde ablehnte. Sechs Jahre nach dem Tod von
Graf Friedrich kaufte Hof-Apotheker Roßbach 1906 das Badehaus, ließ es
abreißen und im Garten hinter der Hof-Apotheke in der Stiftstraße wieder
aufstellen. Hier fand es dann als Gartenhäuschen, weiter auch als Hühnerhaus,
eine neue Verwendung. Es ist bis zur Gegenwart erhalten.
Adresse/Standort der Synagoge: Untere
Lippe 25 / Ecke Baumkircher Straße
Fotos
Es sind noch keine
Fotos zur Synagogengeschichte in Laubach vorhanden; über Hinweise
und
Zusendungen freut sich der Webmaster der "Alemannia Judaica";
Adresse siehe Eingangsseite. |
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Das jüdische
Badehaus
(Quelle: Altaras s.Lit. 1994 und 2007) |
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Stahlstich von E.
William (1850/50):
Blick zum Grafenschloss in Laubach;
im Vordergrund das
jüdische Badehaus |
Das Badehäuschen
im Garten an der Rückseite der Hof-Apotheke (Fotos vom Februar 1990) |
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Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne
Berichte
Arbeitskreis
"Spurensicherung" und "Erinnerungsprojekt zur NS-Zeit"
Laubach |
Ein Arbeitskreis "Spurensicherung"
und das "Erinnerungsprojekt zur NS-Zeit" sind Bestandteil des
Schulprogramms der Friedrich-Magnus-Gesamtschule Laubach in Kooperation
mit dem Laubach-Kolleg und dem Verein zur Förderung der Friedensarbeit in
Grünberg, Laubach, Mücke und Umgebung e.V. Projektorientiert erarbeiten
in jedem Schuljahr Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 9 und 10 im
Arbeitskreis "Spurensicherung" neben dem normalen
Geschichtsunterricht Orte und Ereignisse der NS-Zeit in Laubach und der
Region. |
Informationen zu diesem Projekt
auf einer Seite
der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung |
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November 2009:
Gedenktag zum Novemberpogrom 1938 |
Artikel im "Gießener Anzeiger"
vom 21. Oktober 2009 (Artikel):
"Gedenken am "unaufdringlichen Mahnmal"
LAUBACH. Schweigemarsch von der Helle zum einstigen Standort der Laubacher Synagoge findet diesmal am 10. November statt
(kr). Es sind terminliche Gründe, wegen derer die Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht diesmal nicht am 9. November, sondern am 10. stattfindet. Dadurch ist das Gedenken aber ausnahmsweise exakt am Jahrestag der Verbrennung von Kultgegenständen und Inventar der Synagoge, die an der Ecke Lippe/Baumkircher Straße stand. Roland Wilhelm erzählte es vor zwei Jahren den Konfirmanden, die den Weg vom ehemaligen Standplatz der Synagoge zur Helle mit Pfeilen markierten: Die Laubacher Nationalsozialisten hatten es 1938 nicht geschafft, die angeblich spontane, in Wahrheit aber reichsweit gelenkte Aktion rechtzeitig zu
"organisieren"..." |
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November 2018:
In Laubach sollen "Stolpersteine" verlegt werden |
Artikel im "Gießener Anzeiger" vom 14.
November 2018: "Stolpersteine sollen in Laubach verlegt werden
LAUBACH - (kjg). In Laubach und im Stadtteil Ruppertsburg sollen nach
dem Willen der Stadtverordneten Stolpersteine zum Gedenken an die während
der Nazizeit verschleppten und getöteten Juden vor ihrem letzten Zuhause
verlegt werden. In ihrer jüngsten Sitzung stimmten die Stadtverordneten dem
von allen Fraktionen eingebrachten Antrag einstimmig zu. In der Begründung
des Antrages heißt es: 'Mit den Stolpersteinen sollen die Namen
zurückgebracht und an jedes einzelne Schicksal erinnert werden.' Die Kosten
von etwa 5000 Euro können aus Mitteln des Bundesprogramms 'Demokratie leben'
bereitgestellt werden. An der Aktion sollen die Friedenskooperative
Grünberg-Laubach sowie die Friedrich-Magnus-Gesamtschule und das Laubach
Kolleg beteiligt werden..."
Link zum Artikel |
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Juni 2019:
Verlegung von 12 "Stolpersteinen"
in Laubach |
Artikel in der "Oberhessischen Zeitung" vom
23. Juni 2019: "Zur Erinnerung an die Opfer: Laubach ehrt jüdische
Familien
Mit der Verlegung von "Stolpersteinen" wurde in Laubach an die unter der
Naziherrschaft im Dritten Reich umgekommenen jüdischen Mitbürger erinnert.
LAUBACH - Zahlreiche Persönlichkeiten und Bürger haben sich am
Freitagmorgen auf dem Laubacher Marktplatz eingefunden, um der Verlegung von
'Stolpersteinen' beizuwohnen. Damit soll an die unter der Naziherrschaft im
Dritten Reich umgekommenen jüdischen Mitbürger erinnert werden. Angefertigt
und verlegt wurden die mit den Namen der Opfer versehenen 'Stolpersteine'
vom Künstler Gunter Demnig. Das von ihm 1992 gestartete Projekt ist mit fast
70 000 Steinen (Stand August 2018) in 1265 deutschen Kommunen und in 24
Staaten Europas das mittlerweile größte dezentrale Mahnmal der Welt.
Am 9. November 1938, der Reichspogromnacht, wurden in Laubach jüdische
Geschäfte zerstört, die Synagoge in der 'Lippe' geschändet und deren
Gottesdienstutensilien auf die 'Helle' gebracht und dort verbrannt. Alle
Männer jüdischen Glaubens kamen kurzzeitig in Haft. Am 14. September 1942
wurde der 84-jährige Samuel Wallenstein aus Ruppertsburg zusammen mit seiner
Tochter Kathinka Baum und Schwiegersohn Alexander Baum über Darmstadt nach
Theresienstadt deportiert. Samuel Wallenstein starb dort am 21. Februar 1943
und Alexander Baum fast einen Monat später am 25. Juli. Die 58-jährige
Kathinka Baum kam am 16. Mai 1944 nach Auschwitz, wo sie zu Tode kam.
Ebenfalls am 14. September 1942 verhaftete man die Eheleute Joseph und
Helene Strauß, die am Marktplatz wohnten. Noch heute kann sich Margarete
Roeschen daran erinnern. Auch Sally und Hortense Heynemann, geb. Haas, aus
der Friedrichstraße wurden an jenem Tag inhaftiert. Zusammen mit der
gehbehinderten Sophie Baum, die Tochter von Kathinka und Alexander, wurden
sie am 30. September 1942 von Darmstadt aus nach Polen deportiert und in
Treblinka ermordet.
Während sich der Künstler mit dem Verlegen der zehn mal zehn mal zehn
Zentimeter großen messingfarbenen Stolpersteine an die Arbeit machte,
ergriff als erster Stadtverordnetenvorsteher Joachim Kühn das Wort. Dies sei
ein bedeutsamer Tag in der jüngeren Geschichte von Laubach. Mit Blick auf
die rund 100 Teilnehmer der Gedenkfeier meinte er, dass sich überall
Menschen zusammenfänden, um das damalige Unrechtsregime zu verurteilen und
für eine demokratische Grundordnung einzutreten. Mit dem Verlegen der
'Stolpersteine' werde ein sichtbares Zeichen des Mahnens und Erinnerns an
die jüdischen Mitbürger gesetzt. Die Stadtverordnetenversammlung hatte im
Oktober 2018 den Vorschlag der Friedenskooperative Grünberg-Laubach-Mücke
aufgenommen, und einstimmig den Beschluss gefasst, 'Stolpersteine' vor den
letzten selbst gewählten Wohnhäusern der Opfer des NS Regimes verlegen zu
lassen.
Man erinnerte an diesem Tag an die Familien Heynemann, Strauß und
Wallenstein, zwölf von insgesamt 34 jüdischen Mitbürgern, die in Laubach
heimisch waren. Sie hatten Freunde und Bekannte, waren eingebunden in das
Leben am Ort, bis über sie die von Hass geleiteten Erfüllungsgehilfen des
Dritten Reiches hereinbrachen.
In den beiden kommenden Jahren sollen andere jüdische Familien in Laubach
mit 'Stolpersteinen' geehrt werden. In diesem Zusammenhang erinnerte Kühn
auch den kürzlich ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke.
Die Spur des Mörders führe allem Anschein nach in die rechtsradikale Szene.
Kühn bat darum, Zivilcourage zu zeigen und sich den abstrusen Gedanken und
Argumenten zu widersetzen. 'Unsere 70-jährige Demokratie ist es wert,
standhaft zu sein und für die Werte und Normen unserer Gesellschaftsordnung
einzutreten', betonte Kühn. In Vertretung von Bürgermeister Peter Klug
sprach Stadträtin Isolde Hanak ein Grußwort und betonte, dass Demokratie
mehr denn je wieder gelebt werden müsse. Sie sprach allen Anwesenden ihren
Dank aus, die damit einen überzeugenden Beitrag leisteten. Die Vorsitzende
der Friedenskooperative, Janina Gerschlauer, sagte, dass man nicht unbedingt
mit den Füßen auf die 'Stolpersteine' treten müsse, um sich der Bedeutung
des Tages bewusst zu werden. Sie frage sich, wo die jüdischen Mitbürger in
Laubach ihre Spuren hinterlassen haben, wie sie im gesellschaftlichen Leben
standen, bis sie auf die Lastwagen gebracht und abtransportiert wurden, ohne
zu wissen, ob sie die Heimat je wiedersehen würden. Pfarrerin Anke Stöppler
von der evangelischen Kirchengemeinde Laubach sprach in der Hoffnung
Segensworte, dass die Mörder damals nicht Recht behalten haben und auch
heute nicht Recht behalten werden. Stöppler zitierte Shalom Ben-Chorin,
geboren am 20. Juli 1913 in München als Fritz Rosenthal und gestorben am 7.
Mai 1999 in Jerusalem, der sich vor allem für den christlich-jüdischen
Dialog, gegen Antijudaismus und Antisemitismus und für die Möglichkeit einer
Theologie nach Auschwitz einsetzte: 'Freunde, dass der Mandelzweig wieder
blüht und treibt, ist das nicht ein Fingerzeig, dass die Liebe bleibt? Dass
das Leben nicht verging, so viel Blut auch schreit, achtet dieses nicht
gering in der trübsten Zeit.' Musikalisch umrahmt wurde die Verlegung von
Peter Ehm an der Klarinette."
Link zum Artikel |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 478-479. |
| Kein Abschnitt bei Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 zu Laubach. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 70 (zum
"Judenbad" in Laubach). |
| dies.: Neuausgabe der genannten Bücher. 2007.
S. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 41-43. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 219-220. |
| David Cohen / Helge Braunroth (Red.): Die
Laubacher Juden - Aufsätze, Dokumente, Skizzen. Ein Beitrag wider das
Vergessen der Friedenskooperative Laubach - Freiensen - Gonterskirchen -
Grünberg - Mücke zum 50. Jahrestag der 'Reichskristallnacht'. Hrsg.
Friedenkooperative. 2. Auflage Gießen 1988. |
| Helge Braunroth / David Cohen / Christoph Geist
u.a. (Red.): '...bis alles in Scherben fällt'. - Ein Antikriegsbuch der
Friedenskooperative Grünberg - Laubach - Mücke. Gießen
1990. |
| Werner Becker: Das Judenbad in Laubach. In:
Laubacher Hefte 7. Hrsg. Heimatkundlicher Arbeitskreis Laubach e.V.. Laubach
o.J. |
| Friedrich Damrath: Der jüdische Friedhof in
Laubach. In: Laubacher Hefte 7. Hrsg. Heimatkundlicher Arbeitskreis Laubach
e.V. Laubach o.J. |
| Hanno
Müller unter Mitarbeit von Friedrich Damrath (2015
gestorben), Monica Kingreen und Walter Müller: Juden in
Laubach und Ruppertsburg.
Hrsg. von der Ernst-Ludwig Chambré-Stiftung in Lich. Lich 2015. 228 S.
zahlr. Abb. ISBN 978-3-87707-979-9.
Zu beziehen über den Verfasser Hanno Müller Röntgenstraße 29
D-35463 Fernwald E-Mail
hanno.mueller[et]fambu-oberhessen.de http://www.fambu-oberhessen.de/.
Das Buch enthält Familienbücher für die bis 1942 in Laubach und Ruppertsburg lebenden Einwohner jüdischen Glaubens. Die seit ca. 1800 in diesen Orten lebenden jüdischen Familien wurden nach verschiedenen Quellen, darunter war auch die verdienstvolle Arbeit des früheren Laubacher Bürgermeisters Friedrich Desch, rekonstruiert und miteinander verbunden. Eingearbeitet wurden auch Erwähnungen von Personen aus Laubach und Ruppertsburg in anderen früher veröffentlichten jüdischen Familienbüchern. Ein Anhang enthält Abschriften wichtiger Archivalien wie der Liste der 1809 angenommenen neuen Familiennamen, der Musterliste der Juden von 1818, die ausführliche Schilderung einer Auseinandersetzung zwischen einem jüdischen Viehhändler und einem SA-Mann und ihren Folgen, einem Ehevertrag aus dem Jahre 1844 und zahlreiche Abbildungen.
Friedrich Damrath, ihm wurde das Buch gewidmet, war früher als Lehrer in Laubach tätig. Er bearbeitete ausführlich die Grabsteine des Jüdischen Friedhofs Laubach und übersetzte deren hebräische Inschriften. Alle Grabsteine sind in dem Buch abgebildet. Monica Kingreen beschäftigt sich in einem längeren bebilderten Aufsatz mit dem Schicksal der Laubacher und Ruppertsburger Holocaustopfer. Abgebildet sind auch zwei Briefe von Lucie Abt geb. Heynemann und Ilse Strauß aus dem Besitz von Walter Müller. Es schließen sich ca. 30 Fotos von Personen an, die in früher veröffentlichten Familienbüchern erwähnt wurden, deren Fotos aber erst später bei Nachforschungen im Internet oder von Nachfahren aus den USA gefunden wurden. Ausführliche Register beschließen das Buch.
The book contents the reconstructed families oft he jews in Laubach and the jews in
Ruppertsburg. |
| Brigitte Diersch:
'Und dann
war sie weg...'. Das kurze Leben der Doris Katz. In: "gelurt". Jahrbuch für
Kultur und Geschichte 2010. Hg. von Kreisarchiv des Odenwaldkreises. Erbach
2009. S. 197-217. Online zugänglich: https://archive.is/LmKf4
Hinweis: Der Beitrag erschien auch als erweiterter Sonderdruck: "...wir
schaufeln ein Grab in den Lüften..." Das kurze Leben der Doris Katz
(2. November 1924 - 5. März 1943) Hessen - Holland - Sobibór. Erbach 2010
70 S. (siehe Abbildung links). dies.: Doris Katz und ihre Familie auf der Flucht vor dem Holocaust, In: "gelurt".
Odenwälder Jahrbuch für Kultur und Geschichte 2020. Erbach/Odenwald 2019 S.
39-52.
Online zugänglich (pdf-Datei).
Anmerkung: der Vater von Doris Katz, Hugo Katz, ist in Laubach geboren.
English: Brigitte Diersch: Doris Katz and her Family
between November-Pogrom 1938 and Emigration or Deportation. Translation into
English by the autor. December 2019. Supplement to: Das kurze Leben der
Doris Katz. Erbach 2010.
Eingestellt als
pdf-Datei. Vgl. auch
https://www.dokin.nl/deceased_children/doris-katz-born-2-nov-1924/.
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Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Laubach
- Ruppertsburg Hesse. The community, dating from the early 18th
century, numbered 115 (5 % of the total) in 1861, but dwindled to 50 in 1910 und
35 in 1933. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was
vandalized and most of the remaining Jews then left; eight were deported in
1942.
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