Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Kreuzlingen (Kanton Thurgau, CH) 
Jüdische Geschichte  /  Betsaal

  

Übersicht:

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
-   Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde   
Zur Geschichte der Synagoge   
Fotos / Darstellungen   
Links und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
   

In Kreuzlingen lebten seit ca. 1890 wenige jüdische Familien. Dazu gründeten einige in Konstanz wohnende jüdische Gewerbetreibende mehrere Fabrikations- und Handelsbetriebe in der schweizerischen Nachbarstadt (u.a. Mechanische Strumpfwarenfabrik, später Mechanische Strickwarenfabrik Pius Wieler Söhne AG, Korsettenfabrik Gebr. Heinrich und Sigmund Schwarz; En-Gros-Firma J. & M. Lion; Eisengroßhandlung Gebr. Spiegel; Eisenwaren usw. Max Schriesheimer, Schuhhaus Haberer; mehrere Manufakturwarenhandlungen, Darmgroßhandlungen usw.). Weitere Familien aus dem Aargau und aus Konstanz zogen nach Kreuzlingen während und nach dem Ersten Weltkrieg zu. Die in Kreuzlingen lebenden jüdischen Personen waren in der Folgezeit überwiegend Mitglieder der Israelitischen Gemeinde in Konstanz, wo auch die Gottesdienst besucht wurden. Die Kinder der jüdischen Familien erhielten den Religionsunterricht gleichfalls in Konstanz.  
   
Eine jüdische Gemeinde in Kreuzlingen besteht erst seit 1939. Sie entstand mit der Zunahme jüdischer Einwohner in der Stadt nach 1933 durch die Emigration einiger deutscher, insbesondere Konstanzer Juden. 1936 wurde zunächst eine "Jüdische Friedhofs-Gemeinschaft" im Blick auf die Anlage eines jüdischen Friedhofes in Kreuzlingen gebildet. Die "Israelitische Gemeinde Kreuzlingen" (seit 1965 "Jüdische Gemeinde Kreuzlingen") wurde am 23. August 1939 gegründet. Im Frühjahr 1938 wurden in 43 Haushaltungen Kreuzlingens 91 jüdische Erwachsene mit 17 Kindern bzw. Jugendlichen gezählt. 1939 stieg die Zahl der jüdischen Einwohner auf etwa 130 Personen.     
  
An Einrichtungen gab es fortan einen Betsaal (s.u.), eine Religionsschule und einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde kam regelmäßig ein Rabbiner beziehungsweise ein jüdischer Lehrer / Kantor einer auswärtigen Gemeinde (Winterthur, Zürich) nach Kreuzlingen. Nach 1939 war zunächst Rabbiner Dr. Lothar Rothschild aus St. Gallen für Kreuzlingen zuständig. Er übernahm auch den Religionsunterricht der jüdischen Kinder in Kreuzlingen. 
 
Erster Präsident der Israelitischen Gemeinde Kreuzlingens war von 1939 bis 1941 Albert Schwab, gefolgt 1941 bis 1952 von Robert Wieler.       
 
In der Zeit des Zweiten Weltkrieges - nach der Deportation der badischen Juden im Oktober 1940 - organisierte die Israelitische Gemeinde Kreuzlingen Kreuzlingen eine großartige materielle und moralische Unterstützungsaktion für die Deportierten
.
  
  
Von den in Kreuzlingen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen ist in der NS-Zeit umgekommen (Angabe nach den Listen des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Bertha (Bertel) Cohn (geb. 1893 in Kreuzlingen, wohnhaft in Konstanz, 1940 nach Gurs deportiert, August 1942 in das KZ Auschwitz). Anfang Februar 1945 kamen in einem Sondertransport aus dem KZ Theresienstadt 1200 jüdische Personen über Kreuzlingen in die Schweiz; drei Personen starben in Kreuzlingen und wurden auf dem Friedhof der Gemeinde beigesetzt.   
 
In den Jahrzehnten nach Ende des Zweiten Weltkrieges bestand die jüdische Gemeinde in Kreuzlingen fort. Es gab mehrere jüdische Vereine in der Gemeinde wie den Wohltätigkeits- und Bestattungsverein Chevra Kadischa, den Frauenverein, eine jüdische Jugendgruppe (Mitglied der jüdischen Jugendorganisation Hanoar Haboneh) und eine Ortsgruppe der WIZO. Die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder nahm jedoch - vor allem durch die Überalterung der Gemeinde und durch Wegzug in größere Städte - ständig ab. Um 1970 gehörten noch etwa 50 Personen zur jüdischen Gemeinde Kreuzlingen.   
  
Präsident der Jüdischen Gemeinde Kreuzlingen war von 1952 bis 1976 Herbert Dreifuss.    
 
Die Gottesdienste im Betsaal der Gemeinde wurden ehrenamtlich geleitet. Zu den Hohen Feiertagen wurde ein Vorbeter (Chasan) aus einer anderen Gemeinde engagiert. Nach den Gottesdiensten traf man sich zu Kidduschim und geselligen Zusammenkünften, teilweise in privaten jüdischen Häusern, seit den 1990er-Jahren einige Zeit in einem oberen Nebenzimmer des Restaurants "Bären" in Kreuzlingen.  
  
Im Herbst 1968 flüchteten einige jüdische Familien aus der damaligen Tschechoslowakei nach dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die Schweiz; mehrere ließen sich in Kreuzlingen nieder.  
  
1989 konnte das 50-jährige Bestehen der Jüdischen Gemeinde Kreuzlingen gefeiert werden; damals zählte die Gemeinde noch 17 Mitglieder. 2009 wurde das 70-jährige Bestehen gefeiert. Letzteres stand jedoch unter dem Vorzeichen einer bereits teilweisen Auflösung der Gemeinde, nachdem im September 2009 der Betsaal aufgegeben werden musste (siehe unten). 
 
Seit 2009 teilten sich das Präsidium der kleinen Gemeinde Dr. Rolf Hilb und Prof. Erhard Roy Wiehn. Zum Jahresende 2015 bzw. zum 1. Januar 2016 wurde die jüdische Gemeinde Kreuzlingen aufgelöst.              
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde     
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde   
 
Spende zum Synagogenbau in Horb von Fabrikant Hermann Schwarz (1927)      

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Mai 1927:  "Horb am Neckar. Der aus Horb stammende Fabrikant Hermann Schwarz in Kreuzlingen (Schweiz) hat seine Anhänglichkeit und Gebefreudigkeit von Neuem wieder bewiesen, indem er zum Synagogenbau die reiche Gabe von 300 Mark gestiftet hat. Schwarz hat besonders in der Kriegszeit der hiesigen Armen häufig gedacht und wiederholt große Schenkungen an die hiesige Stadtgemeinde gelangen lassen, wofür ihm die Stadtgemeinde öffentlich den Dank ausgesprochen hat. Seine Stiftung als 1. Gabe zum bevorstehenden Synagogenbau hat bei allen Israeliten hier große Freude wachgerufen, wofür ihm die ganze Gemeinde den herzlichsten Dank ausspricht. Möchten auch andere aus dem Schoße der Gemeinde hervorgegangene Glaubensbrüder diesem edlen Beispiel nachahmen."     
 
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Juni 1927: "Horb. Die hochherzige Spende des Herrn Fabrikanten Hermann Schwarz von Kreuzlingen (Schweiz) zum Synagogenbau-Fonds beträgt (nicht 300 Mark wie in voriger Nummer zu lesen, sondern) 500 Mark. Möge das schöne Vorbild bald Nachahmer finden."          

   
   

   
Weitere Berichte 

April 2012: Zum Tod von Robert Wieler  
Robert Wieler (geb. 12. November 1912, gest. 8. April 2012) war Mitbegründer der jüdischen Gemeinde in Kreuzlingen. Seine Vorfahren stammten aus Randegg. Er ist als Jugendlicher mit seinen Eltern 1923 von Konstanz nach Kreuzlingen gezogen. Sein Vater betrieb in Kreuzlingen eine Strickwarenfabrik, die später gemeinsam von seinem Sohn Robert und dessen Cousin Ernst Wieler und seiner Frau übernommen wurde ("Strickwarenfabrik Pius Wieler Söhne"). Robert Wieler und seine Familie setzten sich in der NS-Zeit und danach für zahlreiche über die Grenze in die Schweiz geflüchtete Menschen ein. Nach der Zwangsauflösung der jüdischen Gemeinde Konstanz war er Mitbegründer der jüdischen Gemeinde in Kreuzlingen (vgl. oben) und war über zehn Jahr Präsident der Gemeinde. Ende der 1970er-Jahre verzog die Familie nach Israel. Robert Wieler verstarb im April 2012 in Jerusalem.       
Dazu: Artikel von René Hornung im "Südkurier" vom 19. April 2012: "Ein Jahrhundert miterlebt und mitgeprägt
Robert Wieler, Mitbegründer der jüdischen Gemeinde in Kreuzlingen, ist im Alter von 99 Jahren in Jerusalem gestorben..."  
Link zum Artikel   
Vgl. auch den Artikel von Michael Lünstroth im "Südkurier" vom 30. Dezember 2006: "Konstanz - Jerusalem - Konstanz." 
Der Artikel berichtet von einem Buch, das Robert Wieler 1938 aus der Jüdischen Jugendbibliothek Konstanz ausgeliehen hatte, die wenig später von der Gestapo beschlagnahmt wurde.  
Link zum Artikel    
 
Januar 2016: Die jüdische Gemeinde wird aufgelöst    
Artikel von Peter Bollag in der "Jüdischen Allgemeinen" vom 7. Januar 2016: "Der letzte Beter macht das Licht aus. Kleinstgemeinde Kreuzlingen schließt zum Jahresanfang ihre Pforten..."  
Link zum Artikel       

   
   
   
Zur Geschichte der Synagoge      
   
Seit 1934 wurden regelmäßige Gottesdienste sowie Bar-Mizwa- und Jahrzeitfeiern in jüdischen Privatwohnungen in Kreuzlingen abgehalten. Nach dem Anschlag auf die Konstanzer Synagoge 1936 und der Zerstörung der Synagoge beim Novemberpogrom 1938 wurden zunehmend Gottesdienste in Kreuzlingen abgehalten. An den Hohen Feiertagen 1938 hielt Rabbiner Dr. Lothar Rothschild aus Basel (ehem. Saarbrücken, später St. Gallen) die Gottesdienste im Betlokal der Pfingstmission in der Brückenstraße. Ein Jahr später - im September 1939 - konnten die Gottesdienste zu den Hohen Feiertagen bereits im neuen Betsaal in der Kreuzlinger Hafenstraße abgehalten werden. 
 
Der Betsaal war einfach eingerichtet. Er hatte acht Sitzreihen mit je fünf Plätzen links und vier Sitzreihen mit je vier Plätzen rechts, zusammen 56 Plätze. Hinter den Bankreihen waren Stühle und Stehplätze für etwa 14 Personen. Insgesamt gab es Platz für etwa 70 Personen. Der Toraschrein, ein hoher, massiver, brauner Schrank enthielt drei Torarollen, zwei davon mit alten Kronen und Toraschilden. Diese stammte aus der 1938 zerstörten Synagoge von Wangen am Untersee.     
  
Nach 1989 wurden von der Gemeinde noch vierteljährliche Schabbat-Gottesdienste abgehalten sowie ein Sederabend und Gottesdienste zu den Hohen Feiertagen. Die Gottesdienste wurden geleitet: 1983 bis 1990 von Rabbiner Harry Jacobi, von 1990 bis 1994 von Rabbiner Dr. Israel Aharon Ben Yosef, bis 1997 (auch auch wieder im Herbst 2009) von Avner Asraf (Uster), von 1996 bis Ende 2009 von Rabbiner Dr. h.c. Tovia Ben-Chorin (St. Gallen).  
  
Der Betsaal in der Hafenstraße war genau 70 Jahre lang Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens in der Stadt. Nach dem starken Rückgang der jüdischen Einwohner in der Stadt wurde der Betsaal nach den Hohen Feiertagen im September 2009 aufgegeben. Der Toraschmuck wurde dem Jüdischen Museum Basel überreicht; zwei Torarollen wurden an liberale jüdische Gemeinden als Dauerleihgaben gegeben (Communauté Israélite Libérale de Genève und Jüdische Liberale Gemeinde Or Chadasch Zürich), die dritte Torarolle und weiteres Inventar des Betsaales kamen als Dauerleihgabe in das Museum des "Vereins für jüdische Geschichte Gailingen e.V.".   
    
Gottesdienste der noch bis Ende 2015 bestehenden Jüdischen Gemeinde in Kreuzlingen sowie religiöse und gesellige Zusammenkünfte wurden nach Auflösung des Betsaales nach Bedarf in anderen Räumen abgehalten. 
    
    
Adresse/Standort der Synagoge Hafenstraße 42   
    
    
Fotos    
(Quelle: Erhard Roy Wiehn (Hrsg.) s. Lit. S. 13-14, hinteres Umschlagbild; alle Fotos von Rolf Hilb)     

Kreuzlingen Betsaal 023.jpg (126991 Byte) Kreuzlingen Betsaal 021.jpg (92051 Byte) Kreuzlingen Betsaal 020.jpg (72672 Byte)
Blick in den Betsaal, links der
Toraschrein, in der Mitte das Vorlesepult  
Blick zum 
Toraschrein  
Die zuletzt drei Torarollen
mit silbernen Toraschmuck  
     
    Kreuzlingen Betsaal 022.jpg (95545 Byte)    
   Gottesdienst mit Rabbiner 
Dr. h.c. Tovia Ben Chorin 2009  
  

   
    

Links und Literatur   

Links:

Website der politischen Gemeinde Kreuzlingen     
Zur Seite über den jüdischen Friedhof in Kreuzlingen (interner Link) 
Das Archiv der Jüdischen Gemeinde Kreuzlingen befindet sich im Archiv für Zeitgeschichte der ETH Zürich (Zeitgenössische Technische Hochschule Zürich)    

Literatur:            

Kreuzlingen Lit 012.jpg (44734 Byte)Erhard Roy Wiehn (Hg.): Jüdische Gemeinde Kreuzlingen. 70 Jahre. Geschichte, Erinnerungen, Dokumente 1939-2009. Hartung-Gorre Verlag Konstanz. 2009.  
Vorstellung des Buches auf einer Seite des Hartung-Gorre-Verlages   
Monica Rüthers: factsheet zur jüdischen Geschichte in Kreuzlingen. 2009. Online zugänglich (pdf-Datei).
Fritz Barth: Geheimverhandlungen kurz vor Kriegsende in Wildbad im Schwarzwald (zum Transport von Juden aus KZ-Lagern in die Schweiz Anfang 1945).: online zugänglich.   
KN Lit HugoSchriesheimer 010.jpg (15764 Byte)Marie-Elisabeth Rehn: Hugo Schriesheimer. Ein jüdisches Leben von Konstanz durch das KZ Dachau, das französische Internierungslager Gurs, das Schweizer Asyl und die USA nach Kreuzlingen. 1908-1989. Konstanz (Hartung-Gorre Verlag) 2011. 
130 S. ISBN 978-3-86628-373-2  18,50 € - 24,00 CHF.    Nähere Informationen.
Gregor Spuhler: Gerettet - zerbrochen. Das Leben des jüdischen Flüchtlings Rolf Merzbacher zwischen Verfolgung, Psychiatrie und Wiedergutmachung. Chronos-Verlag. Zürich 2011. 229 S. SFr. 34.-
Dazu Presseartikel/Buchbesprechung von Urs Hafner in der "Neuen Zürcher Zeitung" vom 5. August 2011 über die Geschichte des nach Kreuzlingen geflüchteten Rolf (Rudolf) Merzbacher
"'Gerettet und doch zerbrochen' Das Schicksal des jüdischen Flüchtlings Rolf Merzbacher. In der Schweiz fand der junge Rolf Merzbacher Zuflucht vor den Nazis, erkrankte aber psychisch schwer. Gregor Spuhler verknüpft seine behutsame Biografie des jüdischen Flüchtlings mit Fragen der Ausländerpolitik und Wiedergutmachung..."  
Link zum Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung - auch eingestellt als pdf-Datei
Bodensee Lit 140.jpg (89625 Byte)Helmut Fidler: Jüdisches Leben am Bodensee. Verlag Huber Frauenfeld - Stuttgart - Wien 2011. 320 S. zahlreiche Abbildungen. Verlag: www.verlaghuber.ch mit Infoseite zum Buch. ISBN 978-3-7193-1392-0.  29,90 €   39,90 CHF  
Wenn aus Fremden Nachbarn werden. Zwei Generationen nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Ende des Holocaust geht Helmut Fidler einen ungewöhnlichen Weg, um achthundert Jahre jüdische Geschichte in der Bodenseeregion zu beschreiben. Er sucht die Orte auf, an denen jüdisches Leben heute noch sichtbar, nach-erlebbar und begreifbar ist, erzählt von Personen, die hier gelebt haben, und von Ereignissen, die in Erinnerung geblieben sind.       
Kreuzlingen Lit 201601.jpg (15336 Byte)Erhard Roy Wiehn (Hg.): Die bittere Not begreifen. Deutsch-jüdische Deportiertenpost aus südfranzösischen Internierungslagern im Kontext der Hilfsaktion der Jüdischen Gemeinde Kreuzlingen Thurgau/Schweiz rund 75 Jahre danach zur Erinnerung 1940–1945. Vorwort von Margot Wicki-Schwarzschild. Transkription Birgit Arnold. 1. Aufl. 2016. 264 Seiten.. € 24,80. ISBN 978-3-86628-571-2
Aus dem Vorwort von Erhard Roy Wiehn (Herausgeber): Im vorliegenden Sammelband Die bittere Not begreifen publizieren wir 30 Dokumente der Jüdischen Gemeinde Kreuzlingen (Thurgau/Schweiz) und des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes, vor allem aber Briefe und Postkarten (insgesamt ca. 190) aus dem Camp de Gurs (110), aus Noé (23), Pontacq (17), Récébédou (14), Rivesaltes (7), Les Milles (5) und aus sonstigen Orten (14) an die Jüdische Gemeinde Kreuzlingen 
Eine Besonderheit sind die 47 Briefe von Rosa Schriesheimer an ihren Sohn Hugo Schriesheimer, der im Oktober 1942 in die Schweiz gelangen konnte. Diese Sammlung ist nicht vollständig, weil nach meiner ersten Verarbeitung von Deportiertenpost in Oktoberdeportation 1940 ein Teil der Sammlung der Jüdischen Gemeinde Kreuzlingen vermutlich nach Yad Vashem (Jerusalem) gegeben wurde. Aber auch die hier abgedruckte Post sagt genug über den grausamen Leidensweg der Menschen von Konstanz nach und durch Gurs und andere Deportiertenlager und für viele weiter nach Auschwitz. Die Briefe geben einen Einblick in die Notlage der Deportierten, zeugen aber auch von ihrer Dankbarkeit für materiellen und seelischen Beistand seitens der Jüdischen Gemeinde Kreuzlingen. Die erstaunlich schnell angelaufene und mehr als vier Jahre durchgehaltene Hilfsaktion der Jüdischen Gemeinde Kreuzlingen in Verbindung mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund in Form von Lebensmitteln und Geldspenden – zumal unter den damaligen schwierigen politischen und wirtschaftlichen Bedingungen in der Schweiz wie in ganz Europa – erwuchs nicht nur aus guter alter jüdischer Tradition, sondern hing auch damit zusammen, dass jüdische Familien in Kreuzlingen bis ca. 1938 Mitglieder der Israelitischen Gemeinde Konstanz waren, und überdies gab es enge verwandtschaftliche Verbindungen. Die Jüdische Gemeinde Kreuzlingen wurde nach der Zerstörung der Konstanzer Synagoge am 9./10. November 1938 anno 1939 gegründet, der jüdische Friedhof der Gemeinde in Kreuzlingen-Bernrain war bereits 1937 bezugsfertig, da keine Schweizer Juden mehr auf dem jüdischen Friedhof in Konstanz beerdigt werden wollten. Nachdem sich die Jüdische Gemeinde Kreuzlingen nach dem biologischen Lauf der Dinge aus Mitgliedermangel 2016 auflöste, bleiben (neben einigen Erinnerungsstücken im Jüdischen Museum Gailingen am Hochrhein) der jüdische Friedhof Bernrain und unsere Publikationen als Denkmale für ihre 77-jährige Existenz in schweren wie in guten Zeiten.   

        
          

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 28. August 2016