Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Kolbsheim (Dep. Bas-Rhin, Alsace, Unterelsass) 
Jüdische Geschichte  /  Synagogue / Synagoge

  

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer, Kantoren und der Schule  
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde 
Sonstiges  
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde       
    
In Kolbsheim bestand eine jüdische Gemeinde bis in die 1930er-Jahre und nochmals wenige Jahre nach 1945. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. 
  
1784
wurden elf jüdische Familien mit zusammen 59 Personen gezählt.  

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1807 65 jüdische Einwohner, 1846 106, 1861 124, 1870 139, 1897 114 (in 25 Familien), 1910 90.   

An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (israelitische Elementarschule/Volksschule) und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof in Rosenwiller / Rosenweiler beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben in der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zeitweise auch als Vorbeter und Schochet tätig war. Doch gab es längere Zeit auch sowohl einen jüdischen Lehrer wie auch einen Kantor in der Gemeinde. Als Lehrer wird um 1888/96 Herr Dreyfuß genannt; später Isidor Spitzer, 1911 bis 1913 Lehrer Ullmann (vgl. Artikel unten). Die israelitische Volksschule wurde 1897 von 21 Kindern besucht, 1913 noch von acht. Als Kantor wird um 1888/89 ein Herr Wahl genannt, um 1897 ein Herr Löb. Zur Ausschreibung der Stelle im Dezember 1913 siehe unten. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinat Mutzig, seit 1915 zum Rabbinat Obernai.  
 
An jüdischen Vereinen gab es (Verzeichnis von 1905) einen Wohltätigkeitsverein, 1905 unter Leitung von E. Wolff.      
 
Gemeindevorsteher war um 1892/97 A. Cahn, um 1913 Moses Kahn.  
   
1936 lebten noch 44 jüdische Personen in Kolbsheim. Diejenigen, die in den folgenden Jahren nicht den Ort verlassen haben, wurden unter der deutschen Besatzung 1940 nach Südfrankreich deportiert.   
  
Von den in Kolbsheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Anna Bloch geb. Kahn (1892), Justine Bloch geb. Kahn (1858), Gunther Boettigheimer (1898), Selma Boettigheimer (1890), Laura Heymann geb. Guggenheim (1895), Abraham Kahn (1895), Berthe Kahn geb. Wolff (1889), René Kahn (1893), Suzanne Kahn geb. Löwenstein (), Elise Olff (1888), Berthe Olff geb. Levy (1888), Isidore Spitzer (), Roland Spitzer (1939).      
  
Nach 1945 kehrte einige der überlebenden jüdischen Einwohner nach Kolbsheim zurück. 1953 wurden 31 jüdische Einwohner gezählt.   
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und Kantoren sowie der jüdischen Schule  

Lehrer Ullmann wechselt von Kolbsheim nach Niederbronn (1913)      

Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 12. Dezember 1913: "Kolbsheim. Nächste Woche verlässt uns unser Lehrer Herr Ullman, um seine neue Stelle in Niederbronn anzutreten. Der Weggang dieses Herrn, der während der zwei Jahre seines hiesigen Wirkens sich allgemeine Beliebtheit erworben hat, wird sehr bedauert, umso mehr als kein Ersatz vorhanden ist. Die Schule - sie zählt noch acht Schüler - wird vorläufig mit der katholischen Schule verbunden."     

 
Ausschreibung der Stelle des Kantors (1913)    

Anzeige in "Das jüdische Blatt" vom 12. Dezember 1913: "Die Kantorstelle
in Kolbsheim (Unter-Elsass) ist sofort zu besetzen. Gehalt 800 Mark. Nebenverdienst etwa 400 Mark. sich zu wenden an den Vorstand Herrn
Moses Kahn."
   

    
Zum Tod des Oberkantors der Israelitischen Gemeinde in Colmar L. Metzger, zuvor (vor 1883) Kantor in Kolbsheim, Sulz und Benfeld (1913)  

Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 31. Januar 1913: "Colmar. Soeben geht uns die traurige Kunde vom Ableben des Oberkantors der Israelitischen Gemeinde in Colmar, Herrn L. Metzger zu. Derselbe hat ein Alter von 64 Jahren erreicht. In ihm verliert die Gemeinde einen tüchtigen pflichttreuen Beamten. 30 Jahre lang hat er mit seiner prachtvollen Tenorstimme den Gottesdienst verschönt, und stets dazu beigetragen, dass der Besuch der Synagoge ein reger geblieben ist. Aber auch als Mensch hat sich der Verblichene die Sympathie seiner Mitbürger erworben, ohne Unterschied des Konfession, durch sein stets zugängliches, entgegenkommendes Wesen, besonders den Armen gegenüber, für welche er immer ein williges Herz und offenes Ohr hatte. Im Elsaß-Lothringischen Kantorenverband begleitete der Verstorbene die Stelle eines zweiten Vorsitzenden. An den früheren Stellen seiner Wirksamkeit Kolbsheim, Sulz, Benfeld hat der Verblichene ein ehrendes Andenken hinterlassen. Der tief betrübten Familie entbieten wir unser tief gefühltes Beileid."   
 
Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 7. Februar 1913: "Colmar. Die Beerdigung des Herrn Oberkantor Metzger, über dessen Hinscheiden Sie bereits berichteten, gestaltete sich zu einer erhebenden Sympathiekundgebung, die einen vollgültigen Beweis erbrachte für die Beliebtheit, die er in den weitesten Kreisen genoss. Ein unabsehbares Trauergefolge, wie wir es hier noch nie gesehen, gab ihm das letzte Geleit. Nicht nur waren fast sämtliche Kantoren des Ober-Elsaß und viele aus Unter-Elsaß, so aus Straßburg, Benfeld, Bischweiler, Schlettstadt, Müttersholz, erschienen, sondern auch viele Israeliten aus der näheren und weiteren Umgebung. Dass die hiesige Gemeinde vollzählig sich beteiligte, braucht nicht hervorgehoben zu werden. Sechs Kantoren trugen die Bahre vom Sterbehause in die Synagoge, die übrigen, eine recht stattliche Zahl, gingen dem Zuge voran. Die Trauerfeier in der Synagoge war würdig und äußerst eindrucksvoll. Sie wurde eingeleitet durch einen Psalm, mit Innigkeit und Rührung gesungen von Herrn Oberkantor Heymann - Straßburg. Nachdem auch Herr Kantor Levy mit wohltönender Stimme einen Trauergesang zum Vortrag gebracht, hielt Herr Oberrabbiner Weil die Trauerrede, in der er mit lebhaften Worten die Vorzüge des Herrn Metzger, sein Wirken in der Gemeinde und seiner Familie, schilderte und dem Schmerze der Gemeinde bewegten Ausdruck verlieh. Nach einem Schlussgesang des Herrn Heymann war die Feier in der Synagoge beendet, und der Zug setzte sich wieder in Bewegung nach dem Friedhof. Dort ergriffen nacheinander das Wort: Herr Konsistorialpräsident L. Manheimer im Namen des Konsistoriums, Herr Paul Wurmser als Vorsteher der Gemeinde, Herr Oberkantor Heymann als persönlicher Freund und im Namen des Kantorenverbands und zuletzt Herr L. Wormser als ehemaliger Vorsteher und als Mitglied des Konsistoriums. Alle Redner feierten übereinstimmend die Menschenfreundlichkeit und den mildtätigen Sinn des Dahingeschiedenen, dessen mitfühlendes Herz nie versagte, wo es galt, Not zu lindern und der Armut beizustehen. Er lässt hier eine fühlbare Lücke zurück. Sein Andenken bleibt unvergesslich."   

    
Die Kantorstelle wurde mit Herrn Halpern besetzt (1914)  

Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 30. Januar 1914: "Kolbsheim. Nach längerer Vakanz wurde die hiesige Kantorenstelle wieder besetzt. Herrn Halpern wurde die Stelle übertragen."      

   
Kantor Halpern wechselt nach Finstingen (1914) 
Anmerkung: bei Finstingen handelt es sich um Fénétrange, das zu Lothringen gehörte (heute Département Moselle in der Region Grand Est). Vgl.  http://judaisme.sdv.fr/synagog/moselle/fenetran.htm   

Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 24. April 1914: "Kolbsheim. Der hiesige Kantor Herr Halpern, ist nach Finstingen ernannt worden und hat an den Halbfeiertagen seine neue Stelle angetreten. "     

 
 
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde  
Zum Tod von Witwe L. Kahn (1914)  

Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 30. Januar 1914: "Kolbsheim. Eine biedere Frau, Witwe L. Kahn, die ein Alter von 74 Jahren erreicht hatte, wurde vorige Woche am Mittwoch zu Grabe getragen, tief betrauert von den Söhnen und Töchtern, wie von der ganzen Gemeinde. Dr. Bloch, Oberehnheim, gab der allgemeinen Trauer um die Verschiedene in herzlichen Worten Ausdruck."    

   
   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben  
Neueinteilung der Rabbinatsbezirke (1915)    

Artikel in "Die jüdische Presse" vom 25. Juni 1915: "Straßburg im Elsass. Das Gesetzblatt für Elsass-Lothringen veröffentlicht eine kaiserliche Verordnung, nach der das Rabbinat Mutzig aufgehoben und die Bezirke der drei Rabbinate Barr, Fegersheim, Oberehnheim neu umgrenzt werden. Barr umfasst die Kantone Barr und Weiler und die Orte Burgheim, Walf und Zellweiler vom Kanton Oberehnheim; Fegersheim die Kantone Erstein, Benfeld und Geispolsheim ohne Düppigheim, Düttlenheim, Enzheim, Holzheim, Lingolsheim; Oberehnheim die Kantone Rosheim, Molsheim, Schirmeck, Saales, den Rest des Kantons Oberehnheim und die Orte die Düppigheim, Düttelnheim, Enzheim, Hangenbieten und Kolbsheim aus den Kantonen Geispolsheim und Schiltigheim."      

   
    
Sonstiges        
Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert: Grabstein in New York für Caroline Recht aus Kolbsheim (gest. 1884)       
Anmerkung: das Grab befindet sich in einem jüdischen Friedhof in NY-Brooklyn; der Geburtsname von Caroline Recht wird nicht mitgeteilt, daher ist unklar, aus welcher Kolbsheimer Familie sie stammt.      

Kolbsheim New York Salem 1673.jpg (95851 Byte)   Kolbsheim New York Salem 1673a.jpg (70486 Byte)Grabstein für "Caroline Recht
Native of Kolbsheim, Elsace. 
Died Nov. 19th 1884, 
Aged 95 years."  

 
  
  
Zur Geschichte der Synagoge              
    
Eine aus dem 17. Jahrhundert stammende Synagoge wurde 1843 umgebaut. Sie wurde 1909 renoviert. 
 
Nach 1945 wurde das Gebäude renoviert, doch einige Jahre später als Synagoge wieder aufgegeben und im Jahr 1963 verkauft. Es wurde als Lagerraum verwendet, bis es 1988/89 in ein Wohnhaus umgebaut wurde (nach Plänen der Architektin und Historikerin [Kunst- und Architekturgeschichte] Dr. Christiane Ruebrecht, Strasbourg) . 
  
  
Adresse/Standort der Synagoge:    10 rue de la Liberté         
   
   
Fotos   
(Quelle: Rothè/Warschawski s.Lit. S. 89)  

Die Synagoge in Kolbsheim 
in den 1960er-Jahren (?)
Kolbsheim Synagogue 120.jpg (94596 Byte) Kolbsheim Synagogue 122.jpg (64352 Byte)
  Außenansicht  Innenansicht - Blick von der Frauenempore
 zum Bereich des Torascheines 
  
         
Portalinschrift  Kolbsheim Synagogue 121.jpg (63250 Byte)
   Portalinschrift aus 1. Mose 28,17: "Dies ist ein Gotteshaus und 
hier ist das Tor zum Himmel" 
     
       
Die ehemalige Synagoge - 
zu einem Wohnhaus umgebaut  
(2012) 
Kolbsheim Synagogue 170.jpg (204021 Byte) 
   Das Foto wurde von Dr. Christiane Ruebrecht zur Verfügung gestellt, die als Architektin
 und Historikerin (Kunst- und Architekturgeschichte) für den Umbau verantwortlich war. 
Das Foto in höherer Auflösung
     

   
   

Links und Literatur

Links:

bulletWebsite der politischen Gemeinde Kolbsheim  
bulletFranzösische Informationsseite zur Synagoge in Kolbsheim  

Literatur:  

bullet

Alsace Lit 010.jpg (67412 Byte)Michel Rothé / Max Warschawski: Les Synagogues d'Alsace et leur Histoire. Ed. 'Chalom Bisamme' Jerusalem 1992. S. 40.89.   

    
      n.e.           

                   
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Stand: 30. Juni 2020