Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Holzheim mit Grüningen (Stadt Pohlheim, Kreis Gießen)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer 
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen    
bullet Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte      
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)          
    
In Holzheim (mit Grüningen) bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17./18. Jahrhunderts zurück. Bereits 1640 werden jüdische Personen am Ort genannt. Holzheim und Grüningen gehörten bis 1806 zum Fürstentum Solms-Braunfels.     
  
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: in Holzheim 1836 27 jüdische Einwohner, 1852 42, 1861 39 (3,3 % von insgesamt 1.179 Einwohnern), 1871 53, 1880 32 (4,4 % von 1.186), 1900 31 (2,8 % von 1.107), 1910 37 (3,2 % von 1.163). In Grüningen 1830 8, 1905 23, 1910: 15, 1925 9, 1932 10 jüdische Einwohner. 1838 gab es acht jüdische Gewerbetreibende in Holzheim: vier Viehhändler und vier Hausierer. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert eröffneten mehrere der jüdischen Familien Handlungen und Läden am Ort.    
  
Eine offizielle Gründung der jüdischen Gemeinde erfolgte im Jahr 1836
  
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule, ein rituelles Bad und (auf Gemarkung Grüningen) ein Friedhof. In der Mitte des 19. Jahrhunderts hatte die Gemeinde möglicherweise einen jüdischen Lehrer, der auch als Vorbeter und Schochet tätig war. Spätestens seit Ende des 19. Jahrhunderts übernahmen auswärtige Lehrer den Religionsunterricht der jüdischen Kinder. Die Gemeinde gehörte zum liberalen Provinzialrabbinat in Gießen.    
 
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Albert Weinberg.    
 
Um 1924, als zur Gemeinde 26 Personen in etwa 12 Familien gehörten (2,2 % von insgesamt 1.190 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Moses Weinberg, Ferdinand Hess (Grüningen) und Mayer Lindheimer. Als Vorbeter und Schochet war David Meyer in der Gemeinde tätig (auch noch 1932). Damals erhielt ein jüdische Kind der jüdischen Gemeinde, das eine höhere Schule in Gießen besuchte, Religionsunterricht durch Lehrer Josef Marx aus Gießen. 1932 waren die Gemeindevorsteher weiterhin Moses Weinberg (1. Vors.), Mayer Lindheimer (2. Vors.) und Ferdinand Hess aus Grüningen (3. Vors.).      

1933 lebten noch 19 jüdische Personen in Holzheim, 11 in Grüningen. In den folgenden Jahren ist ein Teil von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert (vier Personen in die USA, eine nach Belgien; zwei Berlin sind 1935 nach Berlin gezogen, zwei 1939-40 nach Mainz). 1939/40 wurden noch 13 jüdische Einwohner in Holzheim gezählt, von denen 1942 elf deportiert wurden (vier davon in das Ghetto Theresienstadt). Von den in Grüningen lebenden elf jüdischen Personen sind zwei in die USA emigriert, je eine Abmeldung gab es nach Bad Nauheim (Altersheim) und nach Pohl-Göns; sieben Personen verzogen nach Frankfurt.     
  
Von den in Holzheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Gertrud Bamberger (1910), Isaak Bamberger (1880), Meier Bamberger (1878), Rosalie Bamberger geb. Weinberg (1881), Mathilde Daniel geb. Grünebaum (1876), Rosa Frohwein geb. Bamberger (1880), Leopold Goldschmidt (1881), Mathilde Goldschmidt geb. Grünebaum (1871), Abraham Grünebaum (1873), Abraham Grünebaum (1876), Bertha Grünebaum (1874), Lily Herz geb. Weinberg (1891), Mayer Katz (1873), Rosa Katz geb. Bamberger (1882), Adolf Lindheimer (1879), Friedrich Lindheimer (1908), Jettchen Lindheimer geb. Hammerschlag (1883), Ludwig Lindheimer (1910), Mayer (Meier) Lindheimer (1877), Rosa Lindheimer (1911), Veitel Lindheimer (1940), Betty Rosenthal geb. Katz (1870).        
   
Aus Grüningen sind umgekommen: Markus Engel (1877), Selma Engel geb. Sommer (1880), Siegmund Engel (1873), Adolf Hess (1867), Emma Scheuer geb. Engel (1866), Eliona Simon geb. Engel (1865), Meta Wallenstein geb. Engel (1905).  
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
      
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  

Zur Anstellung eines gemeinsamen Wanderlehrers mit Sitz in Wieseck schließen sich mehrere jüdische Gemeinden zusammen (1904)      

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. April 1904: "Gießen, 21. April (1904). Als Ergebnis des Eintretens der hessischen Regierung für Anstellung nur seminaristisch gebildeter Religionslehrer in den israelitischen Gemeinden ist eine Vereinigung der jüdischen Kultusgemeinden von Wieseck, Großen-Linden (statt Gießen-Linden), Langgöns, Leihgestern, Holzheim, Grüningen und Watzenborn-Steinberg (statt -Steinbach) zustande gekommen, um einen Wanderlehrer mit dem Sitze in Wieseck anzustellen, zu dessen Gehalt die Regierung vorerst einen kleinen Zuschuss leistet. Wenn die Einrichtung sich bewährt, ist die feste Anstellung des Lehrers in Aussicht genommen. Man hört, dass auch in den anderen oberhessischen Kreisen Verhandlungen schweben, die die Frage der israelitischen Religionslehrer in gleicher Weise regeln sollen."       

    
    
Aus dem jüdischen Gemeindeleben  
Vorstandwahl der israelitischen Gemeinde Grüningen und Holzheim (1922)   

Holzheim Israelit 23021922.jpg (37944 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Februar 1922: "Grüningen, 10. Februar. Bei der Vorstandswahl der israelitischen Gemeinde Grüningen und Holzheim wurden die seitherigen Vorstandsmitglieder Moses Weinberg, Kaufmann in Holzheim und Meier Lindheimer, Viehhändler in Holzheim, sowie als neues Vorstandsmitglied Kaufmann Ferdinand Heß, Grüningen gewählt."

       
       
 
     
Zur Geschichte der Synagoge  
       
     
Zunächst war vermutlich ein Betraum in einem der jüdischen Häuser vorhanden. Dabei handelte es sich um eine Privatsynagoge im Haus des Moses Weinberg (beziehungsweise seines Schwiegervaters) im Gebäude Hauptstraße 50 (Eckhaus an der heutigen Turnstraße), wo in der rechten Gebäudehälfte, die als Betsaal eingerichtet war, Gottesdienste abgehalten wurden. In der linken Gebäudeseite lebte der Hausbesitzer.  
    
Nach der Gründung der israelitischen Gemeinde in Holzheim (mit Grüningen), kaufte die jüdische Gemeinde 1854 ein bestehendes Gebäude und richtete darin eine Synagoge ein. Das Gebäude hatte 33 Plätze für Männer, 12 für Frauen.    
   
Beim Novemberpogrom 1938 sollte die Synagoge angezündet werden. Auf Grund der Aufforderungen des Nachbarn, der um seine danebenliegende Scheune fürchtete, wurde jedoch davon abgesehen. Die vom damaligen Bürgermeister sichergestellten Bücher kamen in das Gemeindearchiv des Ortes. Das Synagogengebäude kam in Privatbesitz.
   
1963 ließ der Besitzer, ein Landwirt, das Gebäude wegen angeblicher Baufälligkeit abreißen. Nur ein Stück der gemauerten Einfriedung blieb erhalten. Auf einem Teil des Synagogengrundstückes wurde ein Gebäude erstellt, das als Werkstatt und Waschküche benutzt wurde.      
    
Eine Gedenktafel für die ehemalige Synagoge wurde 2003 angebracht.     
     
     
Adresse/Standort der Synagoge   Im Noll 3 (frühere Anschrift: Schulstraße 3)      
     
    
     
Fotos   
(Quelle: Altaras 1988 S. 82 und 2007 S. 201) 

Das Synagogengebäude 1958 Holzheim Synagoge 110.jpg (72501 Byte)     
    "Judenschule am Noll" (Foto von 1958; Archiv K.H. Jung, Pohlheim)      
         
Standort des Synagogengebäudes 
nach seinem Abbruch
(Foto vom Mai 1985)
Holzheim Synagoge 120.jpg (78707 Byte)     
   Blick auf den Hof, wo die ehemalige Synagoge bis 1963 stand;
 im Vordergrund ein Stück der alten Einfriedung.
   
          
Grundstück des Synagogengebäudes 
im Juni 2002  
Holzheim Synagoge 111.jpg (75395 Byte)  
     

  
  

Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  

Januar 2019: In Grüningen und Holzheim sollen "Stolpersteine" verlegt werden  
Artikel von M. Bender im "Gießener Anzeiger" vom 8. Januar 2019: Innerhalb des Artikels: "Denkmalschutz lässt Holzheimer im Regen stehen. Der Wetterschutz an der Bushaltestelle scheitert am Einspruch des Denkmalschutzes.
HOLZHEIM - ...      Eine dreiköpfige Abordnung der 'Initiative Stolpersteine e.V.' war zur Sitzung des Ortsbeirates erschienen. Die Eheleute Simone und Tim van Slobbe (Vorsitzende Stolpersteine Pohlheim), berichteten über das Anliegen, mit der an deportierte und zumeist ermordete jüdische Mitbürger in der Zeit des Dritten Reichs erinnert werden soll. Es würden weitere Personen gesucht, die finanzielle 'Steinpatenschaften' übernehmen, wobei die Kosten für einen Gedenkstein auf etwa 120 Euro veranschlagt würden. Die geschichtlichen Recherchen für Grüningen hätten dort einen Bedarf von elf Steinen ergeben; für Holzheim werde derzeit geprüft, ob statt bisher zwölf auch ein 13. Stein angebracht sei. Der Ortsbeirat wurde gebeten, das Anliegen des Vereins zu unterstützen..."  
Link zum Artikel  
 
April 2019: In Grüningen wurden "Stolpersteine" verlegt    
Anmerkung: die Verlegung war am 10. April 2019.  
Artikel in "mittelhessen.de" vom 11. April 2019: "Gunter Demnig verlegt in Langsdorf, Hungen und Grüningen 32 'Stolpersteine'
'Die 'Stolpersteine' sollen uns an das erinnern, was die Menschheit kann, aber nicht darf, und die guten Menschen bei ihrem Tun unterstützen', sagte eine Nachfahrin jüdischer Nazi-Opfer. 32 'Stolpersteine' wurden in Hungen, Langsdorf und Grüningen verlegt.
Langsdorf/Hungen/Grüningen
(hek/ger). 'Die ',Stolpersteine' sollen uns an das erinnern, was die Menschheit kann, aber nicht darf, und die guten Menschen bei ihrem Tun unterstützen.' Yael Chalfan fasste bei der Verlegung von 'Stolpersteinen' in Hungen für ihre Großeltern und ihren Vater die Bedeutung dieser Art der Erinnerung in einfachen Worten zusammen. Insgesamt 32 der im Boden eingelassenen Steine mit den Messingtafeln mit biografischen Daten verlegte der Künstler Gunter Demnig am Mittwoch in Langsdorf, Hungen und Grüningen.
In Langsdorf wurde dabei zum ersten Mal im Licher Stadtgebiet ein solcher 'Schritt in der Erinnerungskultur an das jüdische Leben', wie es Bürgermeister Bernd Klein beschrieb, gemacht. Dieser sei umso wichtiger, da mit dem zeitlichen Abstand zu den schrecklichen Geschehnissen der NS-Zeit 'deren Bedrohlichkeit zu schwinden drohe. Deswegen müssen wir Sorge tragen, dass so etwas nie wieder passiert', betonte Klein bei der Gedenkveranstaltung in der Straße 'Im Himmerich'. Dort hatte die Familie von Max und Bertha Oppenheimer ihre letzte selbst gewählte Wohnung in Deutschland. In der Nacht vom 30. Juni auf den 1. Juli 1934 wurden sie in ihrem Haus von einem in Hungen stationierten SS-Sturm mit Dolchen und Schusswaffen überfallen und schwer misshandelt. Max Oppenheimer wurde bei dem Überfall so schwer verletzt, dass er zwei Tage später im Krankenhaus in Gießen verstarb. Seine Witwe Bertha und ihre vier Kinder Zilly, Siegfried, Hugo und Gerhard verließen Langsdorf Ende 1935. Bis 1933 hatten sie dort in guter Nachbarschaft gelebt. Nach einer Station in Kulmbach gelang ihnen die Flucht in die USA. 'Enkel und Urenkel von ihnen leben noch dort, aber es ist bisher leider kein Kontakt zustande gekommen', erklärte Ursula Jack, die die 'Stolperstein'-Verlegung in Langsdorf maßgeblich vorangetrieben hat. Dass sie erst jetzt zustande kam, lag daran, dass der frühere Bewohner des Hauses sich gegen 'Stolpersteine' vor dem Gebäude ausgesprochen hatte.

DIE NEUVERLEGTEN STOLPERSTEINE.
Grüningen
Vor dem Haus 'Langgönser Straße 1':
Adolf Hess, geboren 1867, 1942 ins KZ Theresienstadt deportiert, im Vernichtungslager Treblinka ermordet
Vor dem Haus 'Taunusstraße 33'
Markus Engel, geboren 1877, 1941 in das Ghetto nach Minsk deportiert, Todesdatum unbekannt
Selma Engel, geboren 1880, 1941 in das Ghetto nach Minsk deportiert, Todesdatum unbekannt
Meta Wallenstein, geboren 1905, 1941 in das Ghetto nach Minsk deportiert, Todesdatum unbekannt
David Wallenstein, geboren 1899, 1941 in das Ghetto nach Minsk deportiert, Todesdatum unbekannt
Friedel Wallenstein, geboren 1931, 1941 in das Ghetto nach Minsk deportiert, Todesdatum unbekannt
Vor dem Haus 'Untergasse 4'
David Engel, geboren 1863, gestorben 1940 in Bad Nauheim
Paula Grünbaum, geboren 1895, 1939 in die USA geflüchtet
Abraham Grünbaum, in die USA geflüchtet
Heinz Grünbaum, geboren 1924, 1939 in die USA geflüchtet
Bella Goldschmidt, geboren 1899, 1942 in das Ghetto Izbica verschleppt, Todesdatum unbekannt.
 
Mit Gedanken der Langsdorfer Konfirmanden, in welcher Welt sie zukünftig leben wollen - einer friedlichen Welt ohne Rassismus und Diskriminierung - endete die Gedenkveranstaltung rund um die Verlegung in Langsdorf.
In Hungen verlegte Gunter Demnig im Anschluss 15 'Stolpersteine' vor drei Gebäuden, von denen Bürgermeister Rainer Wengorsch hofft, dass Passanten im übertragenen Sinne darüber stolpern und zum Nachdenken angeregt werden, 'wenn sie einen Blick auf das Haus werfen und an die erinnert werden, die fehlen, denen ihr Leben genommen wurde'. Und an die Nachfahren der mit einem 'Stolperstein' Bedachten, die aus Israel, Kanada und Südafrika extra für die Verlegung angereist waren, drückte er die Hoffnung aus: 'Mögen die 'Stolpersteine' einen kleinen Beitrag zur Versöhnung leisten.'
Elf 'Stolpersteine' erinnern jetzt im Pohlheimer Stadtteil Grüningen an damalige Nachbarn, Freunde und Bekannte. Der Erste davon wurde in der Langgönser Straße 1 ins Pflaster eingelassen. Nur Hammer, Meißel und Kelle mit entsprechendem Zement benötigt Demnig in ruhiger Arbeit zur Verlegung. Kurze Zeit später strahlte im Glanz der Sonne das Messingschild vor dem früheren Zuhause und erinnert an den 1867 geborenen Grüninger Adolf Hess.
Zahlreiche Bürger, darunter Bürgermeister Udo Schöffmann, würdigten in Stille den Moment der Verlegung. 2009 wurden in einer vom verstorbenen Frank Pötter initiierten Aktion 20 'Stolpersteine' in Watzenborn-Steinberg verlegt. Heute tragen unter anderem Tim und Simone van Slobbe die 'Stolperstein'-Initiative in Pohlheim. Am Abend wurde in einer Andacht mit Pfarrer Matthias Bubel und dem Chor 'Laudate' der ehemaligen Mitbürger gedacht und bei einem Rundgang durch Grüningen an den 'Stolpersteinen' Halt gemacht."
Link zum Artikel 
Vgl. Artikel von Stefan Schaal in der "Gießener Allgemeinen" vom 9. April 2019: "Nach Initiative von Frank Pötter. Demnig verlegt heute Stolpersteine in Grüningen..."  
Link zum Artikel  
 
August 2020: Erinnerungen an die jüdische Geschichte Holzheims sollen wach werden   
Artikel von Stefan Schaal in der "Gießener Allgemeinen" vom August 2020: "Wo einst die Synagogen standen.  
Zwei jüdische Gebetshäuser gab es einst in Holzheim. Heute weist nichts mehr im Dorf darauf hin. Pfarrer Matthias Bubel will das ändern und gleichzeitig weitere historische Orte, die im Dorf zunehmend in Vergessenheit geraten, in Erinnerung rufen. Er sucht Mitstreiter. Übrigbleibsel der alten Scheune sind noch zu erkennen, der hölzerne Giebel ist unverändert. Direkt vor dem früheren Scheunengebäude, das zu einem Wohnhaus umgebaut wurde, klafft allerdings eine Lücke. Eine Lücke, die nur ältere Holzheimer erkennen - oder Dorfbewohner, die sich mit der Geschichte ihres Orts befassen. Wo heute Autos parken, stand bis in die 60er Jahre hinein ein kleines, einstöckiges Fachwerkhaus: eine Synagoge. 'Wir brauchen Orte der Erinnerung', sagt Matthias Bubel, während er vor der Fläche steht, auf der das jüdische Gebetshaus einst beheimatet war. Er fügt hinzu: 'Damit wir uns diesem Teil der Geschichte stellen können.' Der 51 Jahre alte evangelische Pfarrer hat ein Buch aufgeschlagen, in dem die Synagoge in der früheren Schulstraße, die heute Im Noll heißt, abgebildet ist. '33 Männer und 12 Frauen haben in der Synagoge Platz gefunden', erzählt er. Auch eine Schule für jüdische Kinder habe sich in dem Gebäude befunden. 1963 wurde das Haus wegen Baufälligkeit abgerissen. Der Holzheimer Pfarrer engagiert sich dafür, die Erinnerung an Orte in seinem Dorf wach zu rufen. Dass zwei frühere Synagogen in Holzheim allmählich aus dem Gedächtnis der Dorfbewohner verschwinden, sei traurig und dürfe man nicht hinnehmen. Vor zwei Jahren hat Bubel in einer Gedenkstunde zur Reichspogromnacht auch auf die beiden einstigen jüdischen Gebetshäuser aufmerksam gemacht. 'Einige Ältere sind danach auf mich zugekommen und haben von ihren Erinnerungen erzählt.' Dass das Gebäude der Synagoge in der alten Schulstraße den Nationalsozialismus überstand, war allein der Tatsache zu verdanken, dass das Gebetshaus mitten im eng bebauten Dorf stand. Die Synagoge wurde in der Pogromnacht im November 1938 nicht in Brand gesteckt, nachdem Anwohner die Befürchtung geäußert hatten, dass das Feuer auf den benachbarten Stall und weitere Gebäude übergreifen könnte. Bubel spaziert mit Albert Mehl vom Kirchenvorstand seiner Gemeinde durch den Dorfkern Holzheims. Bubel ist ein Zugereister, erst 2015 kam er aus Ulrichstein im Vogelsberg als Pfarrer nach Pohlheim. In der Geschichte Holzheims allerdings kennt er sich mittlerweile bestens aus. 'Als Pfarrer habe ich viel mit älteren Menschen zu tun, die mir häufig aus ihrer Kindheit erzählen', erklärt er. Nahe des Haingrabens hält Bubel an. 'Wusstest du, dass es an dieser Stelle mal zwei Bäche gab?', fragt der Pfarrer Mehl, der in Holzheim geboren ist und sein ganzes bisheriges Leben in dem Dorf verbracht hat. Mehl schüttelt den Kopf. Und Bubel erzählt. 'Hier war die Treppebach. Da wurden im Herbst die Kartoffelsäcke gewaschen.' Und weiter hinten sei 'die Wäschebach' geflossen. 'Die Dorfkinder sind dort zum Schwimmen hineingesprungen.' Von beiden Bächen ist heute nichts mehr zu sehen. 'Historische Orte drohen in Vergessenheit zu geraten', sagt der Pfarrer. 'Das ist leider in vielen Dörfern so.' Es gehe auch darum, Verbindungen zu den Eltern und Großeltern der heutigen Dorfbewohner zu knüpfen. 'Und damit auch die Bedeutung von Orten für die Gegenwart und die Zukunft zu würdigen.' Mit Blick auf die früheren Synagogen im Dorf stehe man derweil gleichzeitig in der Verantwortung. Es gelte, auch das traditionsreiche jüdische Leben in Holzheim wieder in das Heute und Jetzt zu holen. Holzheim war seit dem 19. Jahrhundert von jüdischem Leben geprägt. Viehhändler, Kaufmänner und Schuhmacher jüdischen Glaubens lebten in dem Dorf. In der Hauptstraße war im Eckhaus an der heutigen Turngasse eine weitere Synagoge untergebracht. Im linken Teil des heute noch stehenden Hauses hatte ein Gewürzhändler seinen Laden, in der rechten Hälfte war ein Betsaal eingerichtet. Die Shoa bedeutete das Ende der 1836 gegründeten jüdischen Gemeinde in dem Dorf, 1942 wurden zwölf jüdische Holzheimer deportiert. Bubel sucht Ehrenamtliche, die helfen, das Gedächtnis an das jüdische Leben in Holzheim neu zu wecken. 'Wir wollen unter anderem vor den früheren Synagogen Stolpersteine anbringen', sagt er. Planungen gibt es dafür bereits seit vergangenem Jahr. Gleichzeitig schlägt Bubel vor, weitere historische Orte in Holzheim wieder in Erinnerung zu rufen. 'Die vielen Schulen zum Beispiel, die es in Holzheim bisher gegeben hat.' Der Pfarrer schlägt vor, Schilder und Zeittafeln an Häusern anzubringen. 'Möglich wären auch QR-Codes, um dann mit dem Handy weitere Informationen zur Geschichte der Orte abrufen zu können. Für einen Moment hält er inne. Vielleicht sei das Ziel zu hoch gegriffen, sagt er. 'Aber man wird ja noch träumen dürfen.'"   
Link zum Artikel  

    
     

 
Links und Literatur

Links:   

bulletWebsite der Stadt Pohlheim   

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 387-388 und auch Bd. I S. 235 (innerhalb des Abschnittes zu Gambach).  
bulletThea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 S. 82.  
bulletdies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 
bulletdies.: Neubearbeitung der beiden Bücher. 20078 S. 99.104.
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S.46-47.  
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 170-171.  
bulletKarl Heinrich Jung: Die Holzheimer Juden. Manuskript, teilweise veröffentlicht in "Hessische Heimat" = Wochenendausgabe Gießener Allgemeine Zeitung. 1988 Nr. 12/4 S. 45.  
bulletPohlheim Lit 120.jpg (81504 Byte) Hanno Müller (unter Mitarbeit von Monica Kingreen): Juden in Pohlheim  -  Garbenteich 1789-1945, Grüningen 1763-1942, Holzheim 1784-1942, Watzenborn-Steinberg 1758-1942. Hrsg. von der Ernst-Ludwig-Chambré-Stiftung Lich. Lich 2015. 208 S. 226 Abb. Zu beziehen über den Autor Hanno Müller Tel. 06404-5768. Website  http://www.fambu-oberhessen.de/    
Vgl.  Artikel in der Giessener Allgemeinen vom 24.3.2015

      
        


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Holzheim  Hesse.  Jews lived there from 1640 and the community gained official status in 1836. It numbered 52 (4 % of the total) in 1880, but thereafter declined. In the late 19th century the most extreme antisemitic party won 90 % of local votes. Six of the 19 Jews who remained after 1933 managed to emigrate; 11 were deported in 1942.    
    
     

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020