Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Halsdorf mit Wohra (Gemeinde Wohratal, Kreis Marburg-Biedenkopf) 
und mit Josbach und Ernsthausen (Stadt Rauschenberg, Kreis Marburg-Biedenkopf)
sowie Wolferode (Stadtallendorf)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Jüdische Gewerbebetriebe: die Mazzenfabrik Steinfeld in Josbach  
Kennkarte aus der NS-Zeit    
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  
bulletLinks und Literatur     

   
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
(english version
   
In Halsdorf bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/40. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Halsdorf war bereits Mitte des 18. Jahrhunderts Mittelpunkt der auch in den umliegenden Orten wie Josbach und Wohra lebenden jüdischen Personen. 1744 gab es vier jüdische Familien in Halsdorf, jeweils eine Familie in Wohra und Josbach. Auch in den Orten Ernsthausen und Wolferode gab im 18./19. Jahrhundert einzelne jüdische Familien, die zur Gemeinde in Halsdorf gehörten.   

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: in Halsdorf: 1835 31 jüdische Einwohner, 1861 40 (6,6 % von insgesamt 607 Einwohnern), 1871 51 (10,6 % von 481), 1885 36 (4,8 % von 464), 1895 29 (6,4 % von 453), 1910 38 (7,5 % von 505); in Wohra 1835 11, 1861 44, 1905 49, in Josbach 1835 12, 1861 38, 1905 44. Die jüdischen Familien lebten überwiegend vom Viehhandel; einige hatten dazu Landwirtschaft. In Josbach gab es als Besonderheit die Mazzenfabrik der Familie Steinfeld, die weit über die Grenzen Hessens bekannt und geschätzt war (siehe Berichte/Anzeigen unten).      
  
1893
gehörten zur jüdischen Gemeinde Halsdorf insgesamt 123 Personen. In der ganzen zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es immer wieder Bestrebungen von Seiten der in Wohra und auch Josbach lebenden jüdischen Familien, eigene - von Halsdorf unabhängige - Gemeinden zu bilden, was jedoch behördlicherseits nicht genehmigt wurde.    

An Einrichtungen bestanden in Halsdorf eine Synagoge (s.u.), eine Israelitische Elementarschule (vor 1856 bis etwa 1926) beziehungsweise Religionsschule, ein rituelles Bad sowie ein Friedhof. Auch in Wohra und Josbach gab es je einen Betraum beziehungsweise eine Synagoge. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Als Lehrer sind bekannt: Elias Abraham Stern (ab 1843 bis 1848), Michael Fackenheim (1848/49; geb. 1828 in Lispenhausen; war nach Halsdorf Lehrer in Dillich), David Kohlhagen (aus Höringhausen (ab 1849), Levi Elsässer (um 1853/54), Samuel Wallach (um 1855/61), Moritz (Moses) Marcus (vor 1867 bis 1874, dann in Neustadt), Manasse Blumenthal (von 1869 bis 1871 Lehrer in Büdingen, 1871 bis 1875 in Hungen, 1875 bis 1878 Merzhausen, in Halsdorf ab 1878 bis 1912), Kaufmann Levi (geb. 1880 in Frielendorf, von 1912 bis 1939 in Halsdorf). Die Israelitische Elementarschule hatte 1876 51 Schüler (in drei Abteilungen), um 1900 zwischen 30 und 33, 1912 18, 1926 nur noch 9. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Oberhessen mit Sitz in Marburg.  
 
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: aus Halsdorf Berthold Katten (geb. 15.12.1893 in Halsdorf, gest. 19.5.1915 in Gefangenschaft) und Mendel Katten (geb. 5.4.1893 in Halsdorf, gef. 11.8.1914), aus Josbach Gefreiter Isidor Steinfeld (geb. 20.8.1888 in Josbach, geb. 30.6.1916), Levi Steinfeld (geb. 20.12.1888 in Josbach, gef. 25.9.1915) und Salli Steinfeld (geb. 20.6.1895 in Josbach, gef. 31.5.1916). 
 
Um 1924, als zur Gemeinde 42 jüdische Einwohner in Halsdorf (7 % von insgesamt etwa 600 Einwohner), dazu 43 in Wohra und 31 in Josbach gehörten, war Gemeindevorsteher M. Kadden I. Als Lehrer, Kantor und Schochet war der bereits genannte Lehrer Kaufmann Levi tätig. Er erteilte an der jüdischen Volksschule acht Kindern den Unterricht, dazu erhielten von ihm 10 Kinder Religionsunterricht. 1932 war 1. Vorsitzender der Gemeinde Meier Kadden II, Schriftführer M. Rosenfeld. Lehrer, Kantor und Schochet war weiterhin Herr Levi. An Halsdorf wurden 38, in Wohra 36, in Josbach 25 Gemeindeglieder gezählt. Im Schuljahr 1931/32 erhielten zehn Kinder Religionsunterricht. 
  
1933 lebten noch 37 jüdische Personen in Halsdorf (6,5 % von 568), etwa 35 in Wohra und etwa 25 in Josbach. In den folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert (insbesondere in die USA). 1939 lebten in Halsdorf noch 10 jüdische Personen (1,8 % von 549), gleichfalls noch mehrere in Wohra und Josbach. Der letzte Vorsitzende der Gemeinde Meier Katten II konnte noch 1940 nach den USA emigrieren und ist in Kalifornien verstorben. 
  
Von den in Halsdorf geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Hermann Paul Blumenthal (1902), Isidor Blumenthal (1885), Bettchen Kadden (1876), Abraham Katten (1876), Flora Katten geb. Appel (1885), Sara Katten geb. Kadden (1858), Siegfried Siegmund Katten (1908), Simon Arthur Katten (1912), Denny Levi (1914), Johanna Löwenstein geb. Katten (1896), Bertl Rosenfeld (1929), Herrmann Rosenfeld (1923), Selma Rosenfeld geb. Stern (1898), Julie Stern geb. Kadden (1869), Amalie Weiler geb. Blumenthal (1879).   
    
Aus Wohra sind umgekommen: siehe Seite zu Wohra.      
    
Aus Josbach sind umgekommen: Selma Blum geb. Steinfeld (1892), Settchen Blumenthal geb. Katten (1855), Minna Hony geb. Katten (1884), Sara Isaak geb. Kadden (1866), Bertha Isenberg geb. Katten (1861), Flora Isenberg geb. Katten (1891), Bertha Kadden geb. Isenberg (1895), Edith Kadden (1926), Emil (Elias) Kadden (1880), Hermann Kadden (1886), Herz Kadden (1886), Meda Kadden (1891), Gustel Lesser (1878), Regina Plaut geb. Katten (1866), Rosa Therese Schuster geb. Steinfeld (1891), Irma Jettchen Steinfeld (1923), Paula Steinfeld geb. Katten (1890). 
Zu Josbach vgl. den Beitrag von Michael Dorhs: "Wir hatten nicht einmal die Chance, 'Auf Wiedersehen' zu sagen...". Zum Schicksal der jüdischen Familien aus Josbach 1933-1945. Beitrag im Februar 2018 eingestellt als pdf-Datei.  
 
Keine aus Ernsthausen stammenden Personen werden in den Listen genannt. 
Aus Wolferode ist umgekommen: Daniel Oppenheim (geb. 1865, wohnhaft später in Hamburg). 
  
Hinweis: Ein Gedenkstein für die ermordeten Mitglieder der jüdischen Gemeinden Wohra und Halsdorf steht am Gebäude der Gemeindeverwaltung Wohratal in Wohra, Halsdorfer Straße 56 (siehe Fotos unten).  
     
     
     
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer    

Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1876  

Schweinsberg Israelit 10011877.jpg (77668 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Januar 1877: "Die Erledigung der nachverzeichneten israelitischen Lehrer- und Vorsängerstellen im Kreise Kirchhain, Regierungsbezirk Kassel, als: 
1) zu Halsdorf, kompetenzmäßiges Diensteinkommen 870 Mark.  
2) Holzhausen, kompetenzmäßiges Diensteinkommen 915 Mark.  
3) Schweinsberg, kompetenzmäßiges Diensteinkommen 870 Mark, wird hierdurch mit dem Bemerken veröffentlicht, dass geeignete Bewerber um die eine oder andere Stelle ihre mit den erforderlichen Prüfungs- und Führungszeugnisse zu versehende Meldungsgesuche innerhalb sechs Wochen bei unterfertiger Behörde einreichen mögen. Marburg, den 27. Dezember 1876. Königliches israelitisches Vorsteheramt. Dr. Munk."  

     
Lehrer Manasse Blumenthal tritt in den Ruhestand (1912) 

Halsdorf FrfIsrFambl 03051912.jpg (10400 Byte)Meldung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 3. Mai 1912: "Halsdorf (Kreis Kirchhain). Lehrer Blumenthal tritt am 1. Juli in den Ruhestand und zieht nach Marburg."

     
Lehrer Manasse Blumenthal tritt in den Ruhestand - sein Nachfolger wird Lehrer Kaufmann Levi (1912)       

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 9. August 1912: "Die Lehrerstelle in Halsdorf ist von Königlicher Regierung Herrn Levi, bisher in Lingen, übvertragen worden. Herr M. Blumenthal, der hier 32 Jahre segensreich gewirkt hat, ist in den Ruhestand getreten und hat seinen Wohnsitz nach Marburg verlegt."      

 
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde 
S. Oppenheim berichtet über seinen im Krieg 1870/71 verwundeten Sohn Leopold (1871) 
Nach A. Schneider s. Lit. S. 234-235 war die Familie Oppenheim im 19. Jahrhundert die einzige jüdische Familie in Ernsthausen. Der in der Anzeige genannte S. Oppenheim war Süßkind Oppenheim (1819-1890), verheiratet mit Keile geb. Wachenheimer (aus Rauischholzhausen, 1822-1888). Die beiden hatten zehn Kinder. Der genannte Leopold Oppenheim ist am 2. Mai 1840 in Ernsthausen geboren. Er starb am 25. Mai 1873, vermutlich auf Grund der in der Anzeige beschriebenen schweren Verletzungen im Krieg.     

Ernsthausen Israelit 30081871.jpg (90854 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. August 1871: "Öffentliche Danksagung. Mein Sohn, Leopold Oppenheim, Füsselier des 83er hessischen Infanterie-Regiments, welcher am 8. Oktober vorigen Jahres in der Schlacht von Orleans durch einen Schuss in die Brust verwundet worden war, lag 4 Monate lang im Hospital in Bad Homburg. Während dieser Zeit nahm sich Herr Rabbiner fromm seiner väterlich an, besuchte ihn oft und veranlasste andere edle Glaubensgenossen, dass sie ihm täglich Koscherkost brachten und ihm in allen Beziehungen Unterstützung gewährten. Ich fühle mich daher veranlasst, Herrn Rabbiner Fromm und den andern edlen Wohltätern hiermit meinen herzlichsten Dank öffentlich auszusprechen. 
S. Oppenheim aus Ernsthausen, Kreis Kirchheim."   


 
Über den aus Josbach stammenden Samuel Steinfeld, später Oberkantor in Augsburg (Bericht zu seinem Tod 1933)    
Samuel Steinfeld war nach A. Schneider s. Lit. S. 269 ein Sohn von Meier Steinfeld (1818-1898) und seiner Frau Merle geb. Haas aus Mardorf (1821-1878). Samuel war das jüngste von insgesamt acht Kindern des Paares.  

Josbach BayrGZ 15041933.jpg (148932 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. April 1933: "Samuel Steinfeld - er ruhe in Frieden -. Am 13. März (1933) verschied unser lieber Freund und Kollege, der wegen seiner hohen geistigen Qualitäten und seiner Friedensliebe allgemein geschätzte Oberkantor und Lehrer i.R. Samuel Steinfeld. 
Samuel Steinfeld seligen Andenkens war am 6. Juli 1863 in Josbach in Hessen geboren. Seine Ausbildung empfing er im Lehrerseminar in Köln und genoss dann die Freuden und Leiden des jungen Lehrers in den Gemeinden Meckenheim, Gailingen und Sinsheim (Baden). Hier schloss er den Bund der Ehe mit einer gleichhochstrebenden Frau. Aus der überaus glücklichen Ehe entsprossen sieben Kinder. 
Im Jahre 1890 wurde der Verblichene als zweiter Kantor nach Karlsruhe berufen. Hier war ihm die Möglichkeit gegeben, auf dem Konservatorium seinen sonoren Bariton schulen zu lassen, und es ist sicherlich dieser ausgezeichneten Stimmbildung mit zuzuschreiben, dass der Sänger bis zum Lebensende bewundernswert durchhalten konnte. 
1895 wurde ihm von der Kultusgemeinde Augsburg unter 60 Bewerbern die Stelle eines 1. Kantors und Lehrers übertragen. Er waltete hier bis zur Erreichung der Altersgrenze in segensreichster Weise, im Nebenamt auch als Schofarbläser, gewissenhafter Mohel und zuverlässiger Verwalter der Armenkasse. 
Dem gab am Tage der Beerdigung, die unter großer Anteilnahme der Gesamtgemeinde in ehrenvollster Weise sich vollzog, Herr Bezirksrabbiner Dr. Jakob, in tief gefühlten Worten Ausdruck. Unter ehrenden Worten sprach sodann der erste Vorsitzende des Vorstandes, Herr Justizrat Dr. Strauß, dem pflichttreuen Beamten den Dank und die Anerkennung der Verwaltung und der Gesamtgemeinde aus und schloss mit der Versicherung, dass man hier seiner stets in Ehren gedenken werde. Feierlich umrahmt waren die beiden Nachrufe durch ein Quartett 'Enoch' von Lewandovsky und durch das 'El mole Rachamim', tief empfunden und künstlerisch vollendet gesungen vom Ortskollegen, Herrn Oberkantor Heimann.  
Nach der Beerdigung gab im Trauerhause der langjährige Amtsgenosse Dr. E. Fränkl in einem 'Lernen' der großen Trauer des engeren Freundeskreises Ausdruck und versprach im Namen und im Auftrage der Standesorganisationen (Jüdischer Lehrerverein für Bayern, Bezirkskonferenz Schwaben und Allgemeiner deutscher Kantorenverband) dem treuen Kollegen Treue um Treue. Möge von jedermann Gottesverehrung und Menschenliebe in gleicher Vorbildlichkeit geübt werden! (hebräisch und deutsch:) 'Möge unser Ende dem seinen gleichen!' Dr. E.F." 

   
   
Jüdische Gewerbebetriebe: Die Mazzenfabrik Steinfeld in Josbach           
Bäckersuche der Mazzenfabrik Steinfeld (1904)   

Josbach Israelit 17121903.jpg (41974 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Dezember 1903: "Suche per 1. Januar 1904 für meine Mazzothfabrik einen tüchtigen Bäcker bei freier Station im Hause, welcher schon in dieser Branche tätig gewesen ist. Reflektanten wollen sich gefälligst sofort an die Firma Witwe J. Steinfeld, Josbach, Kreis Kirchhain (Hessen), melden."  

 
Provinzialrabbiner Dr. Cohn hat die Aufsicht über die Mazzenfabrik Steinfeld (1925)  

Josbach Israelit 26021925.jpg (39030 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Februar 1925: "Zur gefälligen Kenntnisnahme! 
Meiner Aufsicht unterstehen auch in diesem Jahre folgende Mazzosbäckereien: Firma Josef Spier in Momberg, Firma Steinfeldt Witwe in Josbach, Firma Hilker & Schmalz in Kassel (Letztere unter Mitaufsicht des Herrn Landrabbiner Dr. Walter). 
Provinzial-Rabbiner Dr. Cohn - Marburg."  

       
70-jähriges Bestehen der Mazzenfabrik Steinfeld (1926)    

Josbach Israelit 11021926.jpg (32573 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Februar 1926: "Josbach (Kreis Kirchhain), 8. Februar. Ihr 70jähriges Bestehen beging die Mazzot-Fabrik von Isaak Steinfeld (Inhaber Faist) dahier. Aus kleinen Anfängen hervorgegangen, hat sich die Firma zu bedeutender Höhe emporgeschwungen. Ihre Fabrikate werden bis weit über die Provinz Hessen-Nassau hinaus versandt."   

            

Kennkarte aus der NS-Zeit            
               
Am 23. Juli 1938 wurde durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch" galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt. 
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände: Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV: Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm. Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de       
 
 Kennkarte des in Josbach 
geborenen Elias Kadden
 
 Josbach KK MZ Kadden Elias.jpg (100268 Byte)  
   Kennkarte (ausgestellt in Dieburg 1939) für Elias Kadden (geb. 19. Mai 1880 in Josbach), Metzger, wohnhaft
 in Babenhausen und Köln, am 20. Juli 1942 deportiert ab Köln nach Minsk, ermordet in Maly Trostinec   
 

       
       
       
Zur Geschichte der Synagoge        
     
Zunächst war ein Betraum beziehungsweise eine Synagoge in einem der jüdischen Häuser vorhanden. So wird 1843/47/50 wird berichtet, dass die in Halsdorf, Josbach und Wohra lebenden jüdischen Personen gemeinsam Gottesdienste in einem jüdischen Privathaus in Halsdorf abgehalten haben. Angesichts der damals steigenden Zahl der jüdischen Einwohner war der Raum zu klein geworden, sodass man sich zu einem Synagogenneubau entschloss. Zunächst wollte man die Scheune des Simon Cadden kaufen, sie abreißen und an deren Stelle die Synagoge bauen. Dann fiel auf Grund eines Gutachtens, das Landbaumeisters Augener aus Frankenberg (beziehungsweise Landbaumeister Regenbogen) im Oktober 1851 erstellt hatte, die Wahl auf das Wohnhaus des Wiegand Dersch, das sich - auch auf Grund seines baulich guten Zustandes - zu einem Umbau zur Synagoge eignete. In einem Anbau sollten die Schule, Lehrerwohnung und das Bad untergebracht werden. Für den Erwerb des Wohnhauses Dersch hatte die Gemeinde 300 - 350 RTh zu erbringen. Der Kostenanschlag, den 1853 gemeinsam mit den Bauplänen der Landbaumeister erstellte, belief sich auf 836 RTh.   
   
Wann der Bau genau ausgeführt werden konnte - um 1854 (Altaras) oder 1856/57 (Arnsberg mit Hinweis auf das 1906 oder 1907 gefeierte 50jährige Jubiläum) konnte noch nicht genau geklärt werden. Das jüdische Gemeindezentrum wurde jedenfalls nach den Plänen des Landbaumeisters ausgeführt: angebaut an das Synagogengebäude wurde ein Schulgebäude mit Lehrerwohnung (im Obergeschoss) und rituellem Bad im Untergeschoss. Während es sich beim Synagogengebäude, dem ehemaligen Wohnhaus Dersch, um ein zweigeschossiges Fachwerkhaus mit Sattel giebelseitig zum Buchenweg handelte, wurde das Schulgebäude als Backsteinbau im Erdgeschoss mit Fachwerk im Obergeschoss und Sattel längs zum Buchenweg ausgeführt.
  
Etwa 80 Jahre dienten die Gebäude im Buchenweg als jüdisches Gemeindezentrum.    
   
Angesichts des schnellen Rückganges der jüdischen Gemeindeglieder nach 1933 wurde noch vor dem Novemberpogrom 1938 das Synagogen- und das Schulgebäude geschlossen, die rituellen Gegenstände nach Marburg gebracht (wo sie im November 1938 vernichtet wurden). Synagogen- und Schulgebäude wurden beim Novemberpogrom 1938 nicht zerstört. Die Gebäude kamen 1940 in den Besitz der politischen Gemeinde. Das Schulgebäude diente nach 1945 einige Zeit auch als zweites Schulgebäude der bürgerlichen Gemeinde. Das ehemalige Synagogengebäude kam in 1964 Privatbesitz und wurde zu einem Wohnhaus umgebaut.  
 
Betraum/Synagoge in Josbach: In Josbach wurde etwa 1878 ein Betraum beziehungsweise eine Synagoge eingerichtet. Damals wollten sich die Josbacher Juden von der Gemeinde Halsdorf trennen und eine eigene Gemeinde bilden; sechs Personen hatten schon ihren Austritt aus der Synagogengemeinde Halsdorf erklärt. Die Trennung wurde jedoch behördlicherseits nicht genehmigt.  
 
Synagoge in Wohra (interner Link).  
   
   
Adresse/Standort der Synagoge  in Halsdorf:  Buchenweg 4  
  
  
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 25.3.2008) 

Das ehemalige jüdische 
Gemeindezentrum in Halsdorf
Halsdorf Synagoge 102.jpg (94759 Byte) Halsdorf Synagoge 101.jpg (95922 Byte)
  Links Synagogen, rechts Schulgebäude Blick auf das ehemalige Schulgebäude
     
   Halsdorf Synagoge 108.jpg (87938 Byte) Halsdorf Synagoge 106.jpg (79259 Byte)
   Der ursprüngliche Eingang zur 
Synagoge befand sich am heute großen,
 weißen Feld an der Ecke des Gebäudes 
Der Eingang 
zum Schulgebäude
   
      
Halsdorf Synagoge 105.jpg (97165 Byte) Halsdorf Synagoge 103.jpg (75367 Byte) Halsdorf Synagoge 104.jpg (98796 Byte)
 Buchenweg, links die ehemalige Synagoge Die ehemalige Synagoge, heute Wohnhaus
     
     
Gedenkstein am Gebäude der
 Gemeindeverwaltung 
(Fotos: Helmut Hermann, Wohratal)
Wohratal Gedenkstein 110.jpg (113403 Byte) Wohratal Gedenkstein 111.jpg (172593 Byte)
    Inschrift: "Die Gemeinde Wohratal erinnert sich ihrer Einwohner, die von Handlangern der menschenverachtenden Gewaltherrschaft des Nazi-Regimes zwischen 1933 und 1945 wegen ihrer Volkszugehörigkeit, ihres Glaubens, ihrer Überzeugung oder ihres Widerstandes verfolgt, vertrieben, verschleppt, gefoltert und ermordet wurden. Mehr als ein Drittel der Mitglieder der jüdischen Gemeinden Wohra und Halsdorf ließ ihr Leben. Die jüdischen Gemeinden existieren nicht mehr. Die Wohraer Synagoge wurde 1992 von der jüdischen Gemeinde Giessen in ihr Gemeindezentrum nach Giessen umgesetzt. Die Opfer mahnen uns: Wehret den Anfängen! 1994."   
     

  
  
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte 

Juli 2009: Nachfahren der Familie Kadden zu Besuch in Halsdorf    
Artikel in www.halsdorf.net (Artikel): "Nachfahren ehemaliger jüdischer Einwohner zu Besuch in Halsdorf
Einen erkenntnisreichen und eindrucksvollen Nachmittag erlebten die Familien von Ronald und dessen Sohn Jonathan Kadden aus den USA am Sonntag, 19.07.2009. Ronald Kadden ist ein Sohn von Siegmund Kadden. Der 1907 geborene Siegmund Kadden war ein jüdischer Mitbürger, der Halsdorf 1936 aufgrund der durch die Nazis initiierten Judenverfolgung verlassen musste. Er emigrierte in die Vereinigten Staaten. Auch für die die Besucher begleitenden Halsdorfer Familien war der Besuch ein sehr beeindruckendes, lehrreiches und nachhaltiges Erlebnis.
Anfang Mai war Jonathan Kadden über die Halsdorfer Homepage www.halsdorf.net per email mit Dieter Engel in Kontakt getreten. Unter dem Aspekt der jüdischen Kultur und Geschichte bereitete Engel dann einen Rundgang durch Halsdorf vor. Heike Lindner erklärte sich spontan bereit, bei den notwendigen Übersetzungen während des Rundganges mit den amerikanischen Familien behilflich zu sein." 
Am Sonntag 19.07.2009 trafen die Familien von Ronald und Jonathan Kadden um die Mittagszeit in Halsdorf ein. Auf Einladung der politischen Gemeinde Wohratal aß man zunächst gemeinsam in einem Kirchhainer Restaurant zu Mittag. Nachdem man sich kurz vorgestellt hatte, ergaben sich bereits intensive Gespräche zu Kultur und Schicksal der Juden von Halsdorf.
In Begleitung der Familien Lindner und Engel sowie Gerhard Paesler und dem Zeitzeugen Peter Engel begann der Rundgang am jüdischen Friedhof. Nach einer Gedenkminute erläuterte Dieter Engel kurz die Geschichte des Friedhofes und machte auf den Grabstein von Herz Kadden, dem Urgroßvater von Ronald Kadden aufmerksam. Anschließend ging man zur ehemaligen Synagoge. Der Synagoge angeschlossen war die Schule der israelitischen Gemeinde. Im Obergeschoss des Schulgebäudes lebte die Familie des Lehrers und Kantors Kaufmann Levi. Die Familie Levi musste 1939 nach Palästina emigrieren. 
Die nächsten Stationen waren die früheren Häuser jüdischer Mitbürger. Bei den Erläuterungen wies Dieter Engel insbesondere auf das furchtbare Schicksal der Familien Max Rosenfeld und Abraham Katten hin. Sämtliche Familienmitglieder wurden zunächst deportiert und später ermordet.
Ganz besonders wichtig für Ronald und Jonathan Kadden war der Besuch des Hauses seines Großvaters bzw. Urgroßvaters Salomon. Hier hatte auch Siegmund Kadden seine Kindheit und Jugend bis zur Zwangsemigration verlebt. Die heutigen Bewohner des Hauses, Hilde und Günter Paesler zeigten den Besuchern bereitwillig die Wohnräume der hier ursprünglich lebenden Familie Kadden. Hilde Paesler erläuterte, wo sich der Gemischtwarenladen, Küche und die Schlafräume der Kaddens befunden hatten. Gegen 17.30 Uhr verabschiedeten sich die Kaddens sehr herzlich und bedankten sich sehr für den aufschlussreichen Nachmittag. Dieter Engel verabschiedete die Familie mit zwei Buchgeschenken, der Chronik von Halsdorf und dem Buch "Unbekannt verzogen oder weggemacht" von Barbara Händler-Lachmann und Ulrich Schütt. Die Kaddens überreichten ihm einen interessanten Bildband über die Vereinigten Staaten."
 
Oktober 2015: In Josbach werden "Stolpersteine" verlegt  
Artikel von Matthias Mayer in der "Oberhessischen Presse" vom 5. Oktober 2015: "13 Stolpersteine Jüdisches Leben wird gegenwärtig
Der heute in Frechen bei Köln lebende Künstler Gunter Demnig hat bereits 55000 Stolpersteine zum Gedenken an die Opfer des Nazi-Terrors gesetzt. Gestern morgen kamen in Josbach 13 weitere dazu.  

Der heutige Rauschenberger Stadtteil war ein Zentrum, des jüdischen Lebens im Raum Rauschenberg. Das wurde gestern früh wieder sehr gegenwärtig, als Gunter Demig mit Unterstützung durch Rauschenbergs Bauhof-Chef Heiko Knöppel Löcher in den äußerst widerstandsfähigen Josbacher Asphalt brach. Das Setzen der Messingsteine mit den Lebensdaten der Opfer übernahm der Meister allein - begleitet von einer geradezu kontemplativen Stille der rund 30 Augenzeugen. War ein Gedenkfeld fertig, stellte Pfarrerin Anja Fülling Fotos der Opfer auf und entzündete Kerzen. Die Gitarrengruppe Joach spielte und sang christliche und jüdische Friedenslieder, dazu das von Regina Schade eigens geschriebene Stolperstein-Lieder. Und Michael Dorhs gab die Lebens- und Leidengeschichte der Opfer wider. Meta Kadden lebte in einem Haus, das es nicht mehr gibt. Es befand sich direkt an der heutigen Bushaltestelle Josbach-Mitte. Sie wurde 1941 im Alter von 50 Jahren ins Ghetto Riga deportiert und am 12. Dezember 1944 in Stutthof ermordet. Diesem Schicksals entging ihre Mitbewohnerin Klemmi Edelmuth 1937 durch Flucht in die USA. Hermann Kadden betrieb mit seiner aus Elmshausen stammenden Frau Bertha einen laden für Manufakturwaren in Josbach. Die Eheleute und deren jüngste Tochter Edith Senta wurden 1941 nach Riga deportiert und ermordet. Ihr ältester Sohn Hermann floh 1939 in die USA. Ihre Tochter Martha wurde 1943 Opfer der Deportation, überlebte sowohl Auschwitz als auch das KZ Ravensbrück, wurde befreit und lebt heute 92-jährig in den USA. In ihren Lebenserinnerungen schreibt sie, wie sehr ihr Vater als Weltkriegsteilnehmer darunter gelitten habe, dass er und seine deutsch lebende und denkenden Familie allein wegen ihrer Religionszugehörigkeit verfolgt worden seien. Die Familie Fain war ebenfalls an der Alten Heerstraße in dem heute nicht mehr existierenden Haus Nummer 59 zuhause. Hans Fain hatte in die Familie Steinfeld eingeheiratet, die dort eine weithin bekannte Matzen-Bäckerei betrieb. Unter Matzen versteht man ungesäuertes Brot, das von Angehörigen jüdischen Glaubens während der Pessach-Woche als einzige Brotsorte verzehrt werden darf. Die Eheleute Hans und Frieda Fain flogen 1939 mit mit ihren Kindern Selma und Alfred nach Argentinien, ihr ältester Sohn Hermann setzte sich nach England an. 'Beide Söhne besuchten später noch einmal Josbach', erinnert sich Zeitzeuge Wilhelm Kuche, der alle Josbach Juden noch persönlich kannte. 'Mit Hermann bin ich damals bei seinem Besuch durch die Gegend gefahren. Er lebte damals als Farmer in Argentinien, während sein jüngere Bruder Alfred in Israel eine Eisenwaren-Handlung betrieb', sagte Wilhelm Kuche gegenüber der OP. Der letzte Stolperstein wurde ein Ortsausgang an der Lischeider Straße für Elisabeth Vestweber gesetzt. Die Josbacherin wurde als 18-Jährige 1936 von den Nazis zwangssterilisiert. 'Das war und ist im ganzen Dorf bekannt. Nur gab es dafür keine verlässliche Quelle. Diese zu finden erwies sich als schwierig', sagte Pfarrerin Anja Fülling für den Josbacher Arbeitskreis Stolpersteine. Warum dieses Verbrechen an der jungen Frau, die 2002 als Elisabeth Hösel verstab, verübt wurde, bleibt wohl für immer im Dunklen. Insgesamt sollen in Josbach 29 Stolpersteine an die dunkelste Zeit des Dorfes erinnern. Die noch fehlenden 16 Stolpersteine werden nach Auskunft von Bürgermeister Michael Emmerich Mitte kommenden Jahres gesetzt. Diese hatte eingangs das große Engagement für das Projekt gewürdigt und dabei insbesondere den Arbeitskreis Stolpersteine um Anja Fülling und Michael Dorhs hervorgehoben."
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September 2016: In Josbach werden weitere "Stolpersteine" verlegt   
Am 15. September 2016 wurden in Josbach durch den Künstler Gunter Demnig "Stolpersteine" verlegt. Es handelte sich bereits um den zweiten Teil einer Verlege-Aktion, die 2015 begann. Damit wurden in Josbach insgesamt 28 Gedenksteine verlegt. In Josbach wird mit den Stolpersteinen nicht nur an die ermordeten jüdischen Einwohner gedacht, sondern auch an die emigrierten Personen. Zwei der Gedenksteine erinnern an nichtjüdische Opfer der NS-Zeit. Den Impuls zur Verlegung der Stolpersteine hat ein in Josbach geborener Jude gegeben, der über 90-jährig in den USA wohnt. In der evangelischen Kirchengemeinde bildete sich daraufhin eine Arbeitsgruppe.  
Artikel von Matthias Mayer in der "Oberhessischen Presse" vom 19. September 2016: "Stolpersteine Plötzlich meldet sich ein Opfer zu Wort
Knapp 40 Josbacher ehrten zum zweiten Teil der Stolperstein-Verlegung in ihrem Ort mit ihrem Gedenken 15 ehemalige Nachbarn, denen durch nationalsozialistischen Rassenwahn großes Leid und Unrecht angetan worden war.
Josbach.
Der Kölner Künstler Gunter Demnig setzte die Stolpersteine für drei jüdische Familien und eine deutschstämmige Josbacherin. Während der ersten Aktion waren bereits 13 Stolpersteine gesetzt worden. Während Gunter Demnig die vor dem früheren Wohnhaus der Familie Kadden vier Stolpersteine verfugt, stimmt die Gitarrengruppe der evangelischen Kirchengemeinde das von Regina Schade geschriebene Josbacher Stolperstein-Lied an. Kaum ist er damit fertig, gibt Pfarrerin Anja Fülling den Opfern ein Gesicht. Sie stellt großformatige Fotos derer auf, die einst hier lebten. Und dann entzündet sie vier Lichter: Zwei größere für die Eltern Susmann Salli Kadden und Jettchen Kadden, zwei kleinere für die Kinder Albert und Sidy Kadden. Ihr Mann, Pfarrer Dr. Michael Dorhs, erzählt die Geschichte der Kaufmannsfamilie, die durch den von den Nazis befohlenen Boykott jüdischer Geschäfte in Existenznot geriet. Sohn Albert wanderte bereits 1936 in die USA aus, während seine Schwester Sidy in der Josbacher Schule auf der Judenbank landete. Das bedeutete: Der Lehrer kümmerte sich nicht um sie, die Schülerin wurde nicht mehr geprüft. 1937 flohen auch die Eheleute Kadden mit Tochter Sidy in die USA. Während sich an der nächsten Station die Steinsäge noch lautstark durch den Asphalt frisst, erzählt das Pfarrerehepaar gegenüber der OP, wie es an die Fotos und die biografischen Daten der Opfer gekommen ist. Die Kontakte zu Martha Becker, einer geborenen Kadden und zu dem noch lebenden Opfer Manfred Steinfeld seien hilfreich gewesen - auch was die Beschaffung der Fotos angehe, sagt Dr. Michael Dorhs. 'Das ganze Wissen zusammenzubekommen war schon ein mühsames Geschäft', bekennt der Pfarrer und berichtet von Besuchen in den Staatsarchiven Marburg und Wiesbaden. Das Ergebnis der Josbach betreffenden Recherchen wird in einem Buch veröffentlicht, das der Landkreis zum 75. Jahrestag der Deportationen herausgeben wird.
Witwe rettet ihre Söhne und wird im KZ ermordet. Vor dem seit rund 25 Jahren unbewohnbaren Haus von Salomon Sally Steinfeld setzt Gunter Demnig fünf Stolpersteine. Die erinnern an den Vieh- und Eisenwarenhändler mit eigenem Ladengeschäft Salomon Sally, dessen Frau Rosalie, die Kinder Martin und Trude sowie den Großvater Levi Herz. Die Steinfelds fliehen 1938 in die USA. Der damalige Josbacher Bürgermeister Haupt ermöglicht, dass sie den Großteil ihres Besitzes mitnehmen können. Großvater Levi Herz kehrt in sein Heimatdorf Katzenfurt zurück. Sein Schicksal ist unbekannt. Amnon Orbach, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde, singt an der dritten Station das jüdische Totengebet Kaddisch. Er singt es für die Kaufmannswitwe Paula Steinfeld und deren Tochter Irma Jettchen, die am 9. Januar 1945 im KZ Stutthof ermordet wurden. Die Inhaberin eines Kolonialwarenladens hatte ihren Söhnen Manfred (1938 in die USA) und Herbert Naftali (1939 nach Palästina) die Flucht ermöglicht. Ihre Schwiegermutter Johanna Steinfeld bezog 1939 in Frankfurt ein jüdisches Altersheim, wo sie kurze Zeit später starb.
Während der Zeremonie geschieht etwas Unerwartetes. Der heute 92-jährige Manfred Steinfeld richtet in einem von Helmut Heinmöller verlesenen Brief das Wort an seine 'lieben Josbächer'. Der erfolgreiche Geschäftsmann schreibt von seiner glücklichen Kindheit in Josbach, erinnert an seine Freunde und an seinen Mathematik-Lehrer, der ihm einst prophezeit habe, er werde noch deutscher Finanzminister. Und er dankt den Josbachern für ihre große Güte, die seine Familie illegal mit Lebensmitteln versorgt hätten. Er sei froh und dankbar dafür, dass inzwischen seine Kinder und Enkel vor seinem Elternhaus standen, dass er gute Kontakte ins Dorf habe und dass die Geschichte seine Familie in den Stolpersteinen sichtbar werde. Manfred Steinfeld hat mit einer großherzigen Spende den Bau des Josbacher Jugendclubs ermöglicht, der den Namen seines Bruders trägt. Die letzte Station gilt Maria Möller, die wegen eines intellektuellen Handicaps von den Nazis gegen ihren Willen sterilisiert wurde. Sie lebte immer in Josbach, arbeitete auf dem Hof Theis und war bis zu ihrem Tod 1996 fester Bestandteil der Dorfgemeinschaft."  
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Links und Literatur  

Links: 

bulletWebsite der Gemeinde Wohratal    
bulletSeite zum jüdischen Friedhof in Halsdorf (interner Link)  
bulletInformationsseiten zur jüdischen Geschichte in Halsdorf (externer Link)   
Hier auch Beitrag von Klaus-Dieter Engel und Jürgen Fischer: Die Juden von Halsdorf (Auszug aus der Chronik 1200 Jahre Halsdorf - Ein Buch vom Dorf). 
(falls pdf-Datei dort nicht erreichbar: hier anklicken)  
bulletWebsite http://www.juden-in-nordhessen.co.de: unter "Genealogien jüdischer Familien in Nordhessen" findet sich ein Stammbaum der Familie Katz in Halsdorf und Josbach (unter Forschungen Christoph Kuehn) sowie ein Stammbaum der Familie Oppenheim in Ernsthausen (ebd.)     
bulletWebportal HS 010.jpg (66495 Byte)Webportal "Vor dem Holocaust" - Fotos zum jüdischen Alltagsleben in Hessen mit Fotos zur jüdischen Geschichte in Halsdorf 

Quellen:   

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Halsdorf mit umliegenden Orten   
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs (innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar: 
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41              
Zu Ernsthausen sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,132  Geburtsregister der Juden von Ernsthausen  1824 - 1829, 1846 - 1865    https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v289746     
HHStAW 365,134  Sterberegister der Juden von Ernsthausen  1832 - 1873   https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4449173    
HHStAW 365,133  Geburtsregister der Juden von Ernsthausen  1854 - 1865  https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3271661     
HHStAW 365,135  Sterberegister der Juden von Ernsthausen  1859 - 1873    https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3553150     
    
Zu Halsdorf sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,421  Geburtsregister der Juden von Halsdorf  1824 - 1875   https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v289939      
HHStAW 365,422  Trauregister der Juden von Halsdorf  1825 - 1878; darin auch Angaben zu Personen aus Ernsthausen, Josbach und Wohra   https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2083524   
HHStAW 365,423  Sterberegister der Juden von Halsdorf  1827 - 1875    https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2126652    
   
Zu Josbach sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,477   Geburtsregister der Juden von Josbach  1824 - 1875    https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v1030583     
HHStAW 365,478   Sterberegister der Juden von Josbach  1827 - 1873  https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2573926      
    
Zu Wolferode sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,869   Geburtsregister der Juden von Wolferode  1825 - 1876  https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v5493942       
HHStAW 365,870   Sterberegister der Juden von Wolferode  1839 - 1874   https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3926586        

Literatur:   

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 317-319. 
bulletders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder - Dokumente. S. 82. 
bulletThea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 S. 103.
bulletdies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 85.
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S. 164-165.  
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 426-427.
bulletBarbara Händler-Lachmann / Ulrich Schütt: "unbekannt verzogen" oder "weggemacht". Schicksale der Juden im alten Landkreis Marburg 1933-1945. Marburg 1992. 
bulletBarbara Händler-Lachmann / Harald Händler /Ulrich Schütt: 'Purim, Purim, ihr liebe Leut, wißt ihr was Purim bedeut?' - Jüdisches Leben im Landkreis Marburg im 20. Jahrhundert. Marburg 1995.  
bulletShira Springer: Saving the Kattens. In: The Boston Globe Magazin vom 13. Juli 2003: eingestellt als pdf-Datei.     
bulletKirchhain Lit 11.jpg (51572 Byte)Alfred Schneider: Die jüdischen Familien im ehemaligen Kreise Kirchhain. Beiträge zur Geschichte und Genealogie der jüdischen Familien im Ostteil des heutigen Landkreises Marburg-Biedenkopf in Hessen. Hrsg.: Museum Amöneburg. 2006.
bulletMichael Dorhs: "Wir hatten nicht einmal die Chance, 'Auf Wiedersehen' zu sagen..." Zum Schicksal der jüdischen Familien aus Josbach 1933-1945. Beitrag im Februar 2018 eingestellt als pdf-Datei.     

                  
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Halsdorf  Hesse-Nassau. The community opened a regiuonal synagogue in 1856 and numbered 51 (11 % of the total) in 1871, declining to 37 (6 %) in 1933. Affiliated with the Marburg rabbinate, it also had members in Wohra and Josbach. By February 1941, no Jews remained in Halsdorf, most (20) having emigrated to the United States. Josbach's last five Jews perished in the Holocaust. 
    
     

                   
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Stand: 15. Oktober 2013