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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Gissigheim (Stadt Königheim, Main-Tauber-Kreis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Gissigheim bestand eine jüdische Gemeinde bis 1894.
Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./17. Jahrhunderts zurück. Erstmals
werden 1612 Juden aus Gissigheim genannt, die den Markt in Tauberbischofsheim
besuchten. Namentlich wird 1615 "Jud Falkh" genannt, 1623 "Sarligmann,
der lange Jude"
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1825 98 jüdische Einwohner, höchste Zahl jüdischer Einwohner um 1865 mit 120 Personen;
1875 nur noch 36, 1900 noch vier. Die Zahl der jüdischen Einwohner ging nach
1850 durch eine starke Auswanderung nach Nordamerika, teilweise auch durch die
Abwanderung in die Städte zurück.
Die jüdischen Familien lebten vom Handel mit Landesprodukten und
Waren aller Art. Einige von ihnen waren als Metzger tätig. Noch dem General-
und Gewerbesteuerverzeichnis von 1841 werden als "Handelsmann"
bezeichnet: Götz Rosenbusch, Nathan Rosenbusch, Abraham Lehmann, Löw Reis,
Falkert Haas, Seligmann Stern, Maier Straus; elf als Makler: Seligmann Lacher,
Hone Lehmann, Maier Lehmann, Michel Maimann, Abraham Schlanker, Lämlein Straus,
Löwhirsch Straus, Joseph Straus, Hajum Schledorn, Abraham Zeitung, Isak
Zeitung; drei waren Lumpensammler: Joseph Stern, Jakob Schledorn, Josel Stempel;
vier Metzer: Abraham Reis, Hirsch Reis, Isak Reis, Abraham Spiegel; einer
Glaser: Lazarus Lacher; dazu drei Ledige ohne Gewerbe: Hirsch Samuel, David
Spiegel.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Schule und ein rituelles Bad. Dieses musste 1858 verlegt werden, da das
bisherige Bad wegen Versiegung eines Baches untauglich wurde; danach befand sich
das Bad in der Lochgasse (genauer Standort unbekannt). Zur Besorgung religiöser
Aufgaben der Gemeinde war im 19. Jahrhundert zeitweise ein jüdischer Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Bereits
1716 wird ein Lehrer der Gemeinde (Judenschulmeister) genannt. Zum 19.
Jahrhundert vergleiche unten die Ausschreibungen der Lehrerstelle von 1836 bis
1854. Die Toten der Gemeinde
wurden bis 1875 in Külsheim, seitdem auf
einem eigenen Friedhof beigesetzt.
Im Ersten Weltkrieg starben aus den jüdischen Familien Max Lehmann und
Benjamin Stern. Ihre Namen finden sich auf dem Gefallenendenkmal im
Gemeindefriedhof (Gewann "Kirchberg").
Als letzte jüdische Einwohnerin starb
1927 Elise Strauß, die bis dahin einen kleinen Laden mit Stoffen und Kurzwaren
innehatte.
Von den in Gissigheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Karoline David geb. Spiegel (1859),
Julie Mayer geb. Spiegel (1867), Helene Oppenheimer
geb. Stern (1878), Jette Rothstein geb. Stern (1872), Heinrich Schleedorn
(1864), Sigmund Stern (1879).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Allgemeiner Bericht
"Nachruf" auf den Niedergang der jüdischen
Gemeinde Gissigheim (1894)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Dezember 1894: ""Eppingen, 24. Dezember. Die Gesetze über die bürgerliche
Gleichstellung der Juden und die Freizügigkeit sind in Deutschland neuzeitliche
Errungenschaften, für welche wir den leitenden hohen Regierungen und
Volksvertretungen, die unser Recht anerkannten, zu stetem Dank verpflichtet
sind. Doch stehen auch den dadurch erzielten Vorteilen in der freien Bewegung
der gesellschaftlichen und beruflichen Verhältnisse, die wir als Lichtseiten
bezeichnen, wenn auch nur wenige Schattenseiten gegenüber. Zu diesen gehören
unstreitig auch in der vorderen Reihe die bedauernswerte Wahrnehmung von der
Auflösung so vieler großen und mittelgroßen israelitischen Landgemeinden. So
lese ich heute mit Wehmut, dass die israelitische Gemeinde Gissigheim,
Amts Tauberbischofsheim, (mit nur noch einer Witwe und einer ledigen Person),
durch allerhöchsten Erlass aufgelöst wurde. Als Einsender dieses im Jahre 1860
unmittelbar nach der Entlassung aus dem Schullehrerseminar den Dienst als
Lehrer, Cantor und Schochet (Schächter) übernahm, wohnten 33
israelitische Familien in Gissigheim, die bekanntlich alle gute Jehudim waren.
Es wurde da viel gelernt und zähle ich zwanzig Lehrer, von dieser Gemeinde
entstammend, welche in allen Teilen Deutschlands ihre Tätigkeit entfalteten.
Außer den übrigen Chawerot (Gemeindegliedern), von denen sich Niemand
ausschloss, wurde während meines dortigen Aufenthalts auch ein Chai Adam
Verein gegründet, welchem sich die meisten Baalei Habajit
(Familienväter) anschlossen und den Weck hatte, an den Abenden, namentlich aber
am Schabbat nachmittags mehrere Stunden Vorträge aus diesem sefär
(Buch) zu hören, welche von dem seligen Kaufmann Maier Strauß er ruhe in
Frieden und dem Einsender dieses Artikels abwechslungsweise gehalten werden.
Auch der "Israelit", der Mai 1860 erstmals herausgegeben wurde, und
auf welchen ich dem Wunsche meines vorgesetzten Herrn Bezirksrabbiners
Löwenstein in Tauberbischofsheim (Mehora"r ["Unser Lehrer, unser
Rabbiner Rabbi] Jaakow Löwenstein - er ruhe in Frieden) abonnierte, bildete
eine angenehme Lektüre im Verein. Da die Gemeinde Gissigheim als solche nun zu
Grabe getragen ist, erachte ich es für meine Pflicht, mit Gefühlen der Wehmut
ihr diesen kurzen Nachruf zu widmen." E.E. |
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrer / Vorbeter
Ausschreibung der Stelle des Lehrers (1836 / 1838 / 1841/
1845 / 1847 / 1849 / 1852 / 1854)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" von 1836 S. 832 (Quelle: Stadtarchiv
Donaueschingen): "Erledigte Stelle. Bei der
israelitischen Gemeinde zu Gissigheim ist die Lehrstelle für den Religionsunterricht
der Jugend, mit welcher ein Gehalt von 100 Gulden nebst freier Wohnung,
sowie der Vorsängerdienst verbunden ist, erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter
höherer Genehmigung zu besetzen.
Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage ihrer Rezeptionsurkunden und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel binnen 6 Wochen sich bei der
Bezirks-Synagoge allda zu melden.
Auch wird bemerkt, dass im Falle weder Schulkandidaten noch
Rabbinatskandidaten sich melden, andere inländische Subjekte nach erstandener
Prüfung bei dem Bezirks-Rabbiner zur Bewerbung zugelassen werden.
Merchingen, den 18. Januar 1836.
Großherzogliche Bezirks-Synagoge." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" von 1838 S. 342 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Merchingen
(Erledigte israelitische Schulstelle). Bei der israelitischen Gemeinde zu
Gissigheim ist die Lehrstelle für den Religionsunterricht
der Jugend, mit welcher ein Gehalt von 100 Gulden nebst freier Kost und
Wohnung sowie der Vorsängerdienst samt den davon abhängigen Gefällen verbunden ist, erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter
höherer Genehmigung zu besetzen.
Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage der Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel binnen 6 Wochen sich bei der
Bezirks-Synagoge allda zu melden.
Auch wird bemerkt, dass im Falle weder Schulkandidaten noch
Rabbinatskandidaten sich melden, andere inländische Subjekte nach
erstandener Prüfung bei dem Bezirks-Rabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden.
Merchingen, den 23. April 1838. Großherzogliche
Bezirks-Synagoge." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" von 1841 S. 1114 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Merchingen (Bekanntmachung). Bei der israelitischen Gemeinde
zu Gissigheim ist die Lehrstelle für den Religionsunterricht
der Jugend, mit welcher ein Gehalt von 125 Gulden nebst freier
Wohnung sowie der Vorsängerdienst samt den davon abhängigen Gefällen verbunden ist, erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter
höherer Genehmigung zu besetzen.
Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage der Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel binnen 6 Wochen sich bei der
Bezirks-Synagoge allda zu melden.
Auch wird bemerkt, dass im Falle weder Schulkandidaten noch
Rabbinatskandidaten sich melden, andere inländische Subjekte nach
erstandener Prüfung bei dem Bezirks-Rabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden.
Merchingen, den 25. November 1841. Großherzogliche
Bezirks-Synagoge." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 19. März 1845 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Vakante Schulstellen.
[Bekanntmachung.]. Bei der israelitischen Gemeinde zu Gissigheim
wird bis zum Monat Mai dieses Jahres die Lehrstelle für den Religionsunterricht der Jugend, mit welcher ein
Gehalt von 135 fl., nebst freier Wohnung, sowie der
Vorsängerdienst samt den davon abhängigen Gefällen verbunden ist,
erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter höherer
Genehmigung zu besetzen.
Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage ihrer Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen sich anher zu melden.
Auch wird bemerkt, dass im Falle sich weder Schul- noch
Rabbinatskandidaten melden, andere inländische Subjekte, nach
erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner, zur Bewerbung zugelassen
werden.
Merchingen, den 11. März 1845. Großherzogliche Bezirks-Synagoge." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 13. März 1847 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Vakante Schulstellen.
[Bekanntmachung.]. Bei der israelitischen Gemeinde Gissigheim ist die
Lehrstelle für den Religionsunterricht der Jugend, mit welcher ein
Gehalt von 135 fl., nebst freier Wohnung, sowie der
Vorsängerdienst samt den davon abhängigen Gefällen verbunden ist,
erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter höherer
Genehmigung zu besetzen.
Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage ihrer Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen sich bei der
Bezirkssynagoge Merchingen zu melden.
Auch wird bemerkt, dass im Falle sich weder Schul- noch
Rabbinatskandidaten melden, andere inländische Subjekte, nach
erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner, zur Bewerbung zugelassen
werden." |
|
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 25. Juli 1849 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Die mit einem festen Gehalte von 135 fl. und einem jährlichen
Schulgelde von 48 kr. für jedes die Religionsschule besuchende Kind und dem Vorsängerdienste samt den davon abhängigen
Gefällen, verbundene Religionsschulstelle bei der israelitischen Gemeinde
Gissigheim, Synagogenbezirks Merchingen, ist zu besetzen.
Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren
Gesuchen, unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über
ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen, mittelst
des betreffenden Bezirksrabbinats, bei der Bezirkssynagoge Merchingen sich
zu melden.
Bei dem Abgange von Meldungen von Schul- oder
Rabbinatskandidaten, können auch andere inländische befähigte Subjekte
nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden." |
|
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 15. Mai 1852 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Vakante Schulstellen. Die mit einem festen Gehalte von 135 fl. und einem jährlichen
Schulgelde von 48 kr. für jedes die Religionsschule besuchende Kind und dem Vorsängerdienste samt den davon abhängigen
Gefällen, verbundene Religionsschulstelle bei der israelitischen Gemeinde
Gissigheim, Synagogenbezirks Tauberbischofsheim, ist zu besetzen.
Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren
Gesuchen, unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über
ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen, mittelst
des betreffenden Bezirksrabbinats, bei der Bezirkssynagoge
Tauberbischofsheim sich
zu melden.
Bei dem Abgange von Meldungen von Schul- oder
Rabbinatskandidaten, können auch andere inländische befähigte Subjekte
nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 16. September 1854 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Vakante Schulstellen. Die mit einem festen Gehalte von 135 fl. und einem jährlichen
Schulgelde von 48 kr. für jedes die Religionsschule besuchende Kind und dem Vorsängerdienste samt den davon abhängigen
Gefällen, verbundene Religionsschulstelle bei der israelitischen Gemeinde
Gissigheim ist zu besetzen.
Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren
Gesuchen, unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über
ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen, mittelst
des betreffenden Bezirksrabbinats, bei der Bezirkssynagoge
Tauberbischofsheim sich
zu melden.
Bei dem Abgange von Meldungen von Schul- oder
Rabbinatskandidaten, können auch andere inländische befähigte Subjekte
nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden." |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Kaufmann Mayer Strauß (1882)
Anmerkung: Kaufmann Mayer Strauß gründete nach dem
Artikel gemeinsam mit Lehrer Elias Eichstetter (ab 1873 Lehrer in Eppingen)
einen Chai-Adam-Verein in Gissigheim.
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. April 1882: "Eppingen
(Baden), 22.
März. Wenn es Pflicht ist, dem Gerechten einen, seines tatreichen Lebens
würdigen Nachruf zu widmen, so veranlasst den Einsender Dieses das am
Freitag, dem 26. Adar eingetretene Ableben eines echten Jehudi, eines
wackeren Biedermannes, des Kaufmann Mayer Strauß – er ruhe in Frieden
–, in letzter Zeit in Mannheim wohnhaft, durch eine kurze
Lebenszeichnung desselben, dieser aus der Tiefe des Herzens kommende
Pflicht Ausdruck zu verleihen. Chawer
Maier Sohn des Ascher, in Gissigheim in Baden geboren, wurde, da er
ein geistig begabter Knabe war, von seinen frommen Eltern nach Merchingen
zum dortigen Rabbiner zum 'Lernen' geschickt. Nachdem er einige Jahre
hier verbracht, ging er mit dem Chawer
ausgerüstet in die damals bestandene kleine Jeschiwa
(Talmudhochschule) in Mannheim, wo er mit dem besten Erfolge den
talmudischen Studien mehrere Jahre mit regem Eifer oblag.
Obschon Kaufmann, widmete er während der ganzen Zeit seines Lebens die
freie Zeit, zu welcher namentlich die Abendstunden sowie Schabbat und Feiertage gehörten, zum Tora-Lernen, hielt während
eines Menschenalters religiöse Sabbat-Vorträge und gründete mit dem
Einsender dieses in Gissigheim einen Chai-Adam-Verein,
bei dem sich fast alle Haushaltsvorstände aktiv beteiligten. Überhaupt,
er übte Gutes, wo er nur konnte. Elias Eichstetter, Lehrer". |
Über den Agenten Elias Lehmann aus Gissigheim
(1894)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Februar 1894: "Nürnberg,
7. Februar (1894). Eine im gewissen Sinne interessante Verhandlung fand
gestern statt. Der Agent Elias Lehmann aus Gissigheim in Baden, zur
Zeit in Pfersee wohnhaft, war der Übertretung des § 56a, Abs. 2 der
Gewerbeordnung, durch welchen der Handel im Umherziehen mit Losen,
Wertpapieren etc. verboten wird, angeklagt. Lehmann hatte mit Ratenbriefen
der Frankfurter Sparbank hausiert. Zu seiner Verteidigung führt er an,
dass er keine Ahnung von dem Inslebentreten der neuen Gewerbeordnung
gehabt habe, da er, während dieselbe beraten und Gesetz wurde,
wiederrechtlich seiner Freiheit beraubt gewesen sein. Man habe ihn
nämlich als geisteskrank 834 Tage unter den grässlichsten Misshandlungen
in die Irrenanstalt zu Heidelberg gesperrt, ihn auch später in Haft
genommen, da er, weil er nicht zu seinem Recht gelangen konnte, sich
Beleidigungen der Ministerialräte Jagemann und Seifried in Karlsruhe und
angeblich auch des Großherzogs von Baden schuldig gemacht habe. Auch habe
man, weil er sich nicht nach Amerika schaffen ließ, beabsichtigt, ihn in
die Unheilbarenanstalt zu Pforzheim zu sperren, was jedoch durch den
Gemeindevorstand seiner Heimatgemeinde und einen Arzt verhindert worden
sei. Der Ursprung der ganzen Verfolgungen sei eine Art
Tisza-Eszlar-Affäre, indem er beschuldigt wurde, dass er einen
46-jährigen Mann habe beschneiden wollen! In Folge dieser unverschuldeten
Freiheitsberaubung habe er von der neuen Gesetzesbestimmung keine Kenntnis
gehabt, weshalb er Freisprechung beantragte. Die Erzählung des
Angeklagten, der sich würdig und mit Gewandtheit verteidigte, macht auf
die Schöffen sichtlichen Eindruck. Als geisteskrank betrachteten sie den
Mann gewiss nicht. Der Gericht verurteilte ihn zu der niedrigsten Strafe,
eine Mark Geldstrafe." |
Kennkarte
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarten
für den in Gissigheim
geborenen Meier Reis |
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Kennkarte (ausgestellt in Main
1939) für Meier Reis (geb. 9. Juni 1861 in Gissigheim) |
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Zur Geschichte des Betsaales/der Synagoge
Eine "Judenschule",
vermutlich ein Betsaal in einem Privathaus, wird bereits 1617 genannt.
Ein Judenschulmeister wird Anfang des 18. Jahrhunderts erwähnt. 1716 ist die
"Judenschaft in Streit und Zwietracht wegen Haltung ihres Rabbiners oder
Schulmeisters. Die einen nahmen einen Schulmeister auf ihre Kosten den andern
zum Trutz, wodurch die andern bemüßigt, auch einen zu ihrem Ruin zu nehmen.
Durch zweifache Besoldung verderben sie sich. Die Herrschaft befiehlt, dass die
die beiden Rabbiner abschaffen und einen andern annehmen, sein Besoldung ist 60
Reichstaler; falle er ein Vorsänger sein kann, erhält er mehr".
Von
ca. 1675 bis 1726 besuchten auch die Juden aus dem Nachbarort Königheim
die Synagoge in Gissigheim. Als sie danach wieder eigene Gottesdienste in Königheim
feierten, holten sie hierzu immer wieder den Vorsänger aus Gissigheim nach Königheim,
da sie keinen eigenen Vorsänger anstellen konnten.
Aus den Rechnungsbelegen der Ortsherrschaft aus dem Jahr
1780 erfährt man, dass in diesem Jahr die Judenschaft fünf Gulden für die
Benutzung ihrer Synagoge zu zahlen hatte. Damals lebte 21 jüdische Familien am
Ort. Über den Standort dieser Synagoge ist nichts bekannt. Möglicherweise war
es auch damals noch ein Betsaal in einem jüdischen Privathaus.
1837 wurde eine neue Synagoge erbaut, die bis 1894
als Gotteshaus diente (Standort Schlossstrasse 27, Hintergebäude). Nach Schließung
der Synagoge besuchten die noch verbliebenen jüdischen Bewohner die Königheimer
Synagoge. Das Gebäude wurde zu einem Wohnhaus umgebaut. Über dem Eingang ist
eine hebräische Inschrift (Psalm 118,20 mit hebräischer Jahreszahl für 1837)
erhalten.
Fotos
Historische Fotos:
Historische Fotos sind nicht bekannt, eventuelle
Hinweise bitte an den
Webmaster von "Alemannia Judaica": Adresse siehe Eingangsseite |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn) |
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Das Gebäude der ehemaligen
Synagoge in Gissigheim |
Seitenansicht |
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Erdgeschossbereich der
ehemaligen Synagoge |
Eingang zur
ehemaligen Synagoge |
Inschrift aus Psalm 118,20 und
hebräischer Jahreszahl für 1837 |
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Fotos 2003:
(Fotos: Hahn,
Aufnahmedatum 22.9.2003) |
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Die Nordseite des Gebäudes
der
ehemaligen Synagoge |
Eingangsbereich |
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Die Südseite
des Gebäudes |
Inschrift aus Psalm 118,20 und
hebräischer Jahreszahl für 1837 |
Das Vordergebäude
an der
Schlossstraße |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 110. |
| Franz Gehrig: Gissigheim. Ortschronik aus dem badischen
Frankenland. Hg. von der Gemeinde Gissigheim. Gissigheim 1969. S. 249-252. |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007.
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|