Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Frensdorf (Kreis Bamberg)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer    
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen     
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde    
    
In Frensdorf bestand eine jüdische Gemeinde bis 1898. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. Erstmals werden 1492 (ein Jude aus Frensdorf trat als Kläger vor dem Landgericht Bamberg auf) und 1617 Juden am Ort genannt. Bei den antijüdischen Ausschreitungen Ende des 17. Jahrhunderts in Oberfranken wurden die jüdischen Häuser am Ort geplündert (1699).

Eine der ältesten Familien am Ort war die Familie Feldheim, die sich bis 1630 am Ort zurückverfolgen lässt (Stammvater Hirsch, geb. 1630 in Frensdorf). Nachkommen des Stammvaters Hirsch zogen im 19. Jahrhundert insbesondere nach Bamberg.  

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1813 16 Matrikeln (d.h. es waren 16 jüdische Familien am Ort), 1852 93 jüdische Einwohner, 1890 48, 1892 40. 1889 waren die jüdischen Haushaltsvorstände: Wilhelm Baum (Kultusvorstand), Jakob Himmelreich, L. Himmelreich, Jacob Kaltenbacher, Wolf Strauß, Karl Himmelreich, Louis Schulhöfer, Emanuel Baum. 

Die jüdische Gemeinde hatte an Einrichtungen eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule und ein rituelles Bad. Der Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Walsdorf beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorsänger und Schochet tätig war (vgl. unten Ausschreibungen der Stelle 1862 nach dem Tod von Lehrer Rosenberg, 1865 und 1867). Die Gemeinde gehörte Anfang des 19. Jahrhunderts zum Rabbinatsbezirk zum Rabbinatsbezirk Adelsdorf, nach 1829 zum Rabbinatsbezirk Burgebrach.   

Im Juli 1897 wohnten nur noch zwei jüdische Familien - die des Wolf Strauß und des Karl Himmelreich in Frensdorf; die anderen Familien waren inzwischen vom Ort verzogen. Distriktsrabbiner Dr. Werner empfahl im Mai 1898 die Auflösung der Gemeinde und den Verkauf der Liegenschaften, insbesondere der Synagoge. Beide Familien - Strauß und Himmelreich beabsichtigten im Sommer 1898, nach Bamberg zu ziehen.   

Nach 1900 und damit auch zu Beginn der NS-Zeit 1933 wurden keine jüdischen Einwohner mehr am Ort gezählt. 
   
Von den in Frensdorf geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem): Max Bernet (1889; lebte in Berlin, von wo er 1943 nach Auschwitz deportiert wurde), Dorothea Himmelreich (1879), Max Himmelreich (1883), Flora Kahn geb. Himmelreich (1878, wohnhaft in Bamberg, deportiert November 1941 nach Riga-Jungfernhof), Denny Joseph Reuß (1872, wohnhaft in München, umgekommen 1944 im Ghetto Theresienstadt), Ernestine Rund geb. Bernet (1859, wohnhaft in Obbach und Würzburg, deportiert in das Ghetto Piaski 1942).  
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde              
    
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers, Vorbeters und Schochet 1862 / 1865 / 1867    

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. Dezember 1862: "Durch das Ableben des Herrn Lehrers Rosenberg ist die hiesige Religionslehrer- und Vorsängerstelle, womit zugleich die Schächterstelle verbunden wird, erledigt. Gehalt 200 Fl. nebst freier Wohnung un Holz zur Beheizung der Schule. Für den Ertrag der Schächtergebühren werden außerdem 100 Fl. garantiert. Befähigte Bewerber wollen sich baldigst in frankierter Zuschrift an den Unterzeichneten wenden. 
Frensdorf
bei Bamberg, den 1. Dezember 1862. Nathan Rosen, Kultus-Vorstand."       
  
Frensdorf AZJ 09061863.jpg (57076 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. Juni 1863: "Bekanntmachung
Die israelitische Kultusgemeinde Frensdorf, Regierungs-Bezirksamt Bamberg II., hat bis jetzt noch nicht ihre Religions-, Vorsänger- und Schächterstelle besetzt. Dieselbe hat jetzt ihr Gehalt verbessert und geben für die drei obenbenannten Stellen ein jährliches Garantie-Gehalt von 425 Gulden nebst freier Wohnung. 
Bewerblustige Lehrer wollen sich baldigst an unterzeichneten Vorstand, wo Näheres zu erfahren ist, melden. 
Frensdorf bei Bamberg, den 1. Juni 1863. Der Vorstand. Nathan Rosen."  
  
Frensdorf Israelit 27111867.jpg (41406 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. November 1867: "Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle dahier betreffend
Obengenannte Stellen kommen dahier in Erledigung mit einem Garantie-Gehalt von 400 bis 450 Gulden. Bewerber um diese Stelle mögen baldigst ihre Gesuche portofrei an Unterzeichneten einsenden. 
Frensdorf bei Bamberg, den 20. November 1867. 
Die israelitische Kultusgemeinde. Nathan Rosen, Vorstand."
 
Auf diese Ausschreibung hin hat sich vermutlich der einige Jahre später schwer erkrankte Lehrer H. Fuchs beworben (s.u.)

   
Hilfsaktion für den schwer erkrankten Lehrer und Vorsänger H. Fuchs (1879/1881)

Der Religionslehrer und Vorsänger H. Fuchs in Frensdorf ist seit Mitte der 1870er-Jahren immer schwerer erkrankt, insbesondere erblindet. Um ihm und seiner Familie, die durch die Krankheit und die entstandenen Arzt- und Krankenhauskosten plötzlich in schwere Not geraten war, zu helfen, startete Leonard Müller eine Hilfsaktion durch Aufrufe in der Zeitschrift "Der Israelit". Tatsächlich konnte er auch viel Unterstützung entgegennehmen. Nach einem ersten Aufruf 1879 erschienen mehrmals Auflistungen eingegangener Spende, wie in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. November 1879:  

Frensdorf Israelit 19111879.jpg (170570 Byte)Bericht in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. November 1879: "Für den erblindeten Lehrer und Vorsänger H. Fuchs in Frensdorf (Aufruf von Leonard Müller in Bamberg). Von der Redaktion des 'Israelit' per Postanweisung erhalten 90. Von Frau Lederhändler Heß hier 2. Von Geschwister Hollstein hier 2. Durch Heß in Ermreuth gesammelt (abz. Porto) 13.30, und zwar von: J. Wimmelbacher 1, Jos. Bauer 2, J. Schönberger 2, Herzfelder 2, E. Wimmelbacher 2, Ermreuther, Schloß, M. Holzinger je 1,50. Durch Rabbiner Lob Wißmann in Schwabach gesammelt: von Rabbiner Wißmann, J. Roßheimer, Frau Hanne Sänger, Frau Uhlfelder je 0,50, A. Grünbaum 0,30, Kohn, Ullmann's Witwe, M. Ullmann S. Enstein, S.H. Herrmann, Simon Feuchtwanger, J.A. Dingfelder, S. Rosenstein, B. Feuchtwanger, Jacob Feuchtwanger, L. Lamm, H. Bieringer, Sigm. Dallmann je 1, zus. 15,30. Fräul. Hollstein hier 1. Durch Lehrer Marschütz in Burghaslach ges. 22. Von Frau Neubauers We. hier 2. Postzeichen Fischbach 1. Ungenannt hier 3. Von Lehrer M. Hofmann in Rothenburg a.d. Tauber 5. Wolf Frank 2.
Am 23. vorigen Monats hat sich der Unglückliche in der diesseitigen Augenklinik einer ferneren Operation unterworfen, über deren Ausfall sich der Arzt jetzt noch nicht aussprechen kann, hofft aber das beste; das andere Auge bleibt aber incurable. Voraussichtlich kann er wohl unter 4 bis 5 Wochen nicht aus der Klinik entlassen werden, und bedarf sein Leidenszustand längere Zeit einer besonderen Pflege. Wie soll diese aber bewerkstelligt werden, wenn außer den Kosten der Klinik der Unglückliche brot- und mittellos mit Familie dasteht? Nur unser angestammtes barmherziges Herz versteht die Lösung dieses Problems. Ich bitte deshalb Alle, die Ihr Teilnahme für das Schicksal der leidenden Menschheit beweisen wollt, dieser trotlosen Familie wohltätig beizustehen, und indem ich den bisherigen Wohltätern meinen innigsten Dank ausspreche und mich der Hoffnung ihrer ferneren Teilnahme trostvoll hingebe, schließe ich in Hinblick der gegenwärtigen Sühnezeit mit dem Ausspruch unserer Weisen.... Leonard Müller in Bamberg."
Ein erneuter Aufruf erschien 1881:  
Frensdorf Israelit 03081881.jpg (126384 Byte)Inserat in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. August 1881: "Es kommt mir schwer an, meine hochherzigen Geber schon wieder zu belästigen. Ich habe es in meiner Schüchternheit bis aufs Äußerste ankommen lassen, ehe ich wieder den Weg der Öffentlichkeit beschreite. Wohl weiß ich, wie die Wohltätigkeit jedes Teilnehmenden in der Jetztzeit nach verschiedenen Richtungen stark in Anspruch genommen wird, und die Geschäfte blühen nicht sonde3rlich. Aber der unaussprechliche Notfall drängt mir all diese Hindernisse in den Hintergrund, und ruft rücksichtslos in die weiter Welt: Hilfe! Hilfe!
Der gänzlich erblindete Religionslehrer und Vorsänger H. Fuchs in Frensdorf bei Bamberg - ohne Pension und aller Subsistenzmittel bar - liegt nun auch seit Wochen krank danieder - die Verdauungswerkzeuge sehr geschwächt, die Füße angeschwollen. Durch Hilfe unserer Wohltäter ist es mir gelungen, seine beiden Söhne nach Amerika auswandern zu lassen, von denen ich mir später eine Stütze ihrer Eltern erhoffe. Ich muss mich auch diesmal mit großer Hoffnung an seine bisher so tätig eingreifenden Herren Amtsbrüder wenden, dass sie auch ferner durch Sammlungen sein trauriges Los mildern, aber ich bitte recht bald ! Das Geld geht zu Ende. Ich kann nicht weiter die grässliche Not schildern, und muss unumwunden dartun, dass es fast keine hilfsbedürftigere Familie in Israel gebe, als diese schwer heimgesuchte.
Achtungsvoll Leonard Müller in Bamberg. "

   
   
   
Zur Geschichte der Synagoge              
     
In der jüdischen Gemeinde gab es eine 1709 oder um 1728 erbaute Synagoge und eine Religionsschule. Im Laufe der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde es durch den Wegzug der jüdischen Familien immer schwieriger, regelmäßig die vorgeschriebenen 10 Männer zum Gottesdienst zu sammeln. Seit 1893 waren Gottesdienste nur noch möglich, wenn Auswärtige in der Gemeinde über Schabbat waren. Am 24. Oktober 1898 wurden im Zusammenhang mit der Auflösung der jüdischen Gemeinde Schule und Synagoge an den aus Frensdorf stammenden Handelsmann Wilhelm Baum in Bamberg verkauft. Er verkaufte die Gebäude nach einiger Zeit weiter. Beide Gebäude wurden seitdem als Wohnhäuser benützt. 
  
1980 wurden beide Gebäude abgebrochen, nachdem der Abbruch 1979 beantragt worden war.  
   
   
Adresse/Standort der SynagogeHauptstraße 18 (alte Haus-Nr. 27 1/2, Plan Nr. 60).             
   
   
Fotos    

 Historische Fotos (vor Abbruch)
(Quelle: Mesusa 5 s.Lit. S. 160) 
Frensdorf Synagoge 100.jpg (75512 Byte) Frensdorf Synagoge 101.jpg (67856 Byte)
  Westseite der ehemaligen Synagoge Nordseite der ehemaligen Synagoge
     
 Blick auf das Grundstück Hauptstraße 18  2022
(Foto: Jürgen Hanke, Mai 2022) 
   
     
     

   
    

Links und Literatur

Links:

bulletWebsite der Gemeinde Frensdorf   

Literatur:  

bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 205.
bulletJohann Fleischmann: 1912: Suche nach Feldheim-Grabsteinen in Walsdorf (bezieht sich auf Familie Feldheim aus Frensdorf). In:  Johann Fleischmann (Hg.): Mesusa 4: Lebensbeschreibungen und Schicksale. Spuren jüdischer Vergangenheit an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach. Mühlhausen 2004. S. 124-134. 
bulletders.: Mesusa 2. Spuren jüdischer Vergangenheit an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach. Mühlhausen 2000.  
bulletders.: Mesusa 3.  Spuren jüdischer Vergangenheit an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach. Mühlhausen 2002 (hier werden einige der aus Frensdorf im jüdischen Friedhof in Walsdorf Beigesetzte aufgeführt).
bulletders.: Mesusa 5: Geschichtssplitter und Chronik der Familie Steinacher. Mühlhausen 2006 (hier insbesondere der Beitrag: 1899: Auflösung der israelitischen Kultusgemeinde von Frensdorf. S. 145-160). 

     
      

                   
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Stand: 30. Juni 2020