Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Dachau (Landkreis Dachau)
 Jüdische Geschichte 
  

Übersicht:  

bulletZur jüdischen Geschichte in Dachau 
bulletBerichte aus der jüdischen Geschichte in Dachau   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur   

   

Zur jüdischen Geschichte in Dachau          
  
In Dachau gab es zu keiner Zeit eine jüdische Gemeinde. Im Mittelalter werden Ende des 13. Jahrhunderts jüdische Einwohner genannt. Ein Dachauer Jude namens Häuslin war 1292 Gläubiger des Kastellans Mollo von Hohenkammer. 1293 lieh der Vicedom Herzog Ludwigs des Strengen 400 Pfund Regensburger Pfennige bei zwei Dachauer Juden. Die dem Herzog 1293 gezahlte Steuer der Dachauer Juden betrug 6 Pfund Münchner Pfennige. Bis um 1440 dürften einzelne Juden in Dachau gelebt haben. 
  
Danach lassen sich erst seit dem 19. Jahrhundert wieder einzelne jüdische Personen / Familien in der Stadt nachweisen. Anfang 1830 wird der Israelit Isaak Schleißheimer aus Dachau genannt, der in München starb und testamentarisch dem Almosenhaus in Dachau die hohe Summe von 2.000 Gulden vererbt hatte.      
 
Um 1900 lebte eine Familie Weiler in Dachau. Die Söhne Arthur (geb. 1901 in Dachau) und Leo (geb. 1906 in Dachau) wurden 1942 in Auschwitz ermordet. Die Familie Weiler wohnte später in Merchweiler bei Illingen an der Saar (siehe Beitrag in Literaturliste).  
 
Bei der Volkszählung 1925 wurden in Dachau 21 jüdische Einwohner registriert, 1933 waren es noch 12.
   
Unter den jüdischen Familien/Einwohnern Dachaus sind in Erinnerung:

- Familie Neumeyer
in der Herrmann-Stockmann-Str. 10 (ehemalige Hindenburgstraße): Vater Johann (Hans) Neumeyer (geb. 1887 in München) war seit seiner Jugend blind, hatte Musik studiert und komponierte. Seine Frau Vera geb. Ephraim gab den Damen der Dachauer Künstlergesellschaft Unterricht in Tanz und Gymnastik. Zur Familie gehörten die Kinder Ruth und Raimond, die später nach England emigrieren konnten. In ihrem Haus lebte auch Julius Kohn.
 
- Im Haus Herrmann-Stockmann-Str. 27 lebten Alice und Johanna Jaffé. Letztere war Privatsekretärin beim Ehepaar Meinhold und Julie Rau.
  
- In der Herrmann-Stockmann-Straße / Ecke Kurfürst-Karl-Theodor-Straße war seit den 1919 die große Trachtenfabrik/Handweberei, Färberei und Textildruckerei von Max Wallach, die er zusammen mit seinen Brüdern Moritz und Julius Wallach (München) gekauft hatte und mit seiner Frau Melitta (genannt Melly) betrieb. Max Wallach war technischer Leiter der "Wallach-Werkstätten AG". Ehepaar Wallach wohnte gemeinsam mit dem Sohn Franz in der Oskar-von-Miller-Straße 1. Max Wallach produzierte in Dachau  bayerische Trachten, die im Trachtengeschäft seiner Brüder Moritz und Julius Wallach in der Münchner Residenzstraße 3 verkauft wurden ("Volkskunsthaus Wallach"). Die Wallachs hatten großen Anteil daran, dass zu dieser Zeit die Tracht aus den ländlichen Regionen in München und später weltweit salonfähig wurde. Sie waren 1910 zu "königlichen Hoflieferanten" ernannt worden.   
Informationen unter anderem: München-Wiki https://www.muenchenwiki.de/wiki/Trachtengeschäft_Wallach  
Artikel "Dirndl, Truhen, Edelweiß: Die Volkskunst der Brüder Wallach. Eine Ausstellung im Jüdischen Museum München, 27.06.-30.12.2007"  in haGalil.com: https://www.hagalil.com/archiv/2007/06/wallach.htm
Artikel von Grischa Judanin über die Familie Wallach in: https://www.gedenken9nov38.de/weg-der-erinnerung/familie-wallach/ 
Artikel von Karin Hartewig in der "Jüdischen Allgemeinen" vom 22. September 2015: "Kulturgeschichte. Erfundene Tradition. Wie das Dirndl zuerst jüdisch und dann nationalsozialistisch wurde..."
Beitrag von Dr. Dagmar Buchwald über Julie Wallach (Mutter der Brüder Wallach) und die Familie Wallach (Bielefeld 2013): http://www.unglaublich-weiblich.de/pdf/1890_julie_wallach_geb_zunsheim.pdf (auch als pdf-Datei eingestellt).
Moritz Wallach Collection im Center for Jewish History: http://digital.cjh.org/webclient/DeliveryManager?pid=1769265&custom_att_2=simple_viewer
Video zur Familiengeschichte "Camera of My Family: Four Generations in Germany 1845-1945":  https://www.facinghistory.org/resource-library/video/camera-my-family-four-generations-germany-1845-1945 von der Photographin Catherine Hanf Noren erstellt.  
 

Im heutigen Dachauer Stadtteil Augustenfeld in der St.-Peter-Straße 2 (früher Schleißheimer Straße) lebte der jüdische Schriftsteller Hermann Gottschalk mit seiner nichtjüdischen Familie (Frau Anni). Vom 1. bis zum 10. November 1938 hat er den Münchner Arzt Dr. Samuel Gilde bei sich aufgenommen, der in München seine Praxis wegen Berufsverbotes hatte schließen müssen. 
Vgl. Publikation von Christoph Triebfürst: "viele Arier in allerjüngster Zeit noch behandelt" und "zweifellos ein Staatsfeind. Dr. med. Samuel Gilde geboren am 8. Januar 1874 in Kaunas/Kowno (damals Russland) ermordet am 30. Juni 1944 im Ghetto Theresienstadt..."  https://www.gedaechtnisbuch.org/wp-content/uploads/2018/07/gilde_klein.pdf (auch eingestellt als pdf-Datei). 
 
In den Jahren der NS-Zeit waren die jüdischen Einwohner Dachaus von den Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien genauso betroffen wie andernorts. Das Ehepaar Meinhold und Julie Rau konnte zusammen mit Johanna Jaffé rechtzeitig vor den Deportationen nach England emigrieren. Die Kinder des Ehepaares Neumeyer - Ruth und Raimond - konnten - wie auch der Sohn Franz Julius des Ehepaares Max und Melitta Wallach - im Mai 1939 mit einem Kindertransport nach England gelangen. Das Ehepaar Hans und Vera Neumeyer selbst ist umgekommen bzw. wurde ermordet: Vera Neumeyer wurde Anfang April 1942 ab München in das Ghetto Piaski deportiert und vermutlich in Majdanek ermordet; Hans Neumeyer wurde 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo er im Mai 1944 umgekommen ist. Max und Melitta Wallach wurden 1938 aus Dachau vertrieben, der Großteil ihres Besitzes wurde beschlagnahmt. Die beiden lebten vorübergehend in München, seit April 1939 bei Verwandten in Paderborn (Gedenkblatt Paderborn); seine Brüder Moritz und Julius (München) konnten mit ihren Familien noch emigrieren. Max und Melitta Wallach wurden 1942 ab Münster-Bielefeld nach Auschwitz deportiert und 1944 ermordet. Der NS-Bürgermeister Hans Cramer hat 1939 Dachau für "völlig judenfrei" erklärt. 
  
Von den in Dachau geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Erich Augustin (1903), Dr. Hans (Johann) Neumeyer (geb. 1887 in München), Vera Charlotte Pauline Neumeyer geb. Ephraim (geb. 1893 in Görlitz), Max Wallach (geb. 1875 in Geseke), Melitta (Melita) Elisabeth Wallach geb. Holländer (geb. 1894 in Darmstadt), Artur Weiler (geb. 1901 in Dachau, später wohnhaft in Merchweiler, ermordet 1942 in Auschwitz), Leo Weiler (geb. 1906 in Dachau, später wohnhaft in Merchweiler, ermordet 1942 in Auschwitz).   
   
   
Zur Geschichte des Konzentrationslagers Dachau, in dem auch viele jüdische Häftlinge Zwangsarbeit leisten mussten, von denen zahlreiche umgekommen sind, siehe u.a. http://www.kz-gedenkstaette-dachau.de/. Eine besondere Rolle spielte Dachau, als im Zusammenhang mit dem Novemberpogrom 1938 fast 11.000 Juden hierher in sogenannte "Schutzhaft" gebracht wurden. Dabei wurden sie vielfach schwer misshandelt; nicht wenige starben auf Grund der Lagerbedingungen oder danach in Folge des Lageraufenthaltes. In den folgenden drei Jahren waren gleichfalls viele Juden unter den Häftlingen des KZ Dachau (im "Judenblock"). Nach dem Befehl Himmlers vom 5. Oktober 1942, die in Deutschland liegenden Konzentrationslager "judenfrei" zu machen, deportierte die SS alle jüdischen Häftlinge Dachaus in das Vernichtungslager Auschwitz. 1944 kamen nach Auflösung erster Konzentrationslager im Osten jüdische Häftlinge teilweise zurück. Bis April 1944 trafen Evakuierungstransporte aus geräumten Lagern ein. Die Häftlinge wurden in Dachau oder den Außenkommandos zur Zwangsarbeit unter katastrophalen Bedingungen eingesetzt. Am 14. April 1945 wurde Dachau nach dem Befehl Himmlers teilweise evakuiert. Damit begannen die Evakuierungs- und Todesmärsche, auf Grund derer wiederum viele Hälfte umkamen. Mehrere der Evakuierungstransporte wurden schließlich durch die US-Amerikaner gestoppt bzw. befreit. Im KZ Dachau lebten bis zum Sommer 1945 neben nichtjüdischen ehemaligen Häftlingen auch noch etwa 2000 jüdische, da sie das Lager aufgrund einer Typhusepidemie noch nicht verlassen durften. An einem der Wachtürme hing damals die blau-weiße Fahne mit dem Davidstern.      
   
  
Nach 1945 entstand in Dachau ein Lager für jüdische Displaced Persons (Dachau - Jüdische DP-Gemeinde - Jewish DP Community - Jewish Committee Dachau), das heißt für Überlebende von Konzentrationslagern und andere erst 1946/47 auf Grund neuer Pogrome in Polen und anderen osteuropäischen Staaten geflüchtete jüdische Menschen. Das Zentrum des Lagers war in der Frühlingstraße 4 (Café Alt Dachau) und im Gasthaus "Unterbräu" ("Jewish Culture Home Dachau"). Die Vorsitzenden waren Joel Sack und Isidor Seligmann. An kulturellen und religiösen Einrichtungen gab es eine Volksschule, ein Jüdisches Kulturhaus, eine Bibliothek, eine Religionsschule und eine Koschere Küche. Im Dezember 1945 wurden 110 Lagerbewohner gezählt, im März 1946 191, im September 1947 308, Januar 1948 (Höchstzahl von 321), im Oktober 1948 209, im März 1949 189, im März 1950 111 und im Februar 1951 78. Auf Grund der starken Abwanderung (insbesondere nach Gründung des Staates Israel im Mai 1948) wurde das Lager 1951 geschlossen. 
Link zu weiteren Informationen:  https://www.after-the-shoah.org/dachau-juedische-dp-gemeinde-jewish-dp-community/ 
Artikel von Jim G. Tobias in hagalil.com vom 19. Mai 2011 "Als die Fahne mit dem Davidstern über Dachau wehte": https://www.hagalil.com/2011/05/dachau-3/
Am Rande Dachaus auf einem Gehöft im Ortsteil Rothschwaige wurde zur Vorbereitung auf die Auswanderung nach Israel ein Kibbuz eingerichtet (Kibbuz Nizanim), auf dem junge Leute Grundkenntnisse von Ackerbau und Viehzucht erhielten. Im Frühjahr 1948 wurde dieser Kibbuz aufgelöst, die jüdischen Bauernschüler machten sich auf den Weg nach Israel
  
Zur den Wallach-Werkstätten in Dachau: der in die USA emigrierte Moritz Wallach, der Bruder des ermordeten Max Wallach (siehe oben), hatte in den USA wieder einen Betrieb für die Hersteller von Trachten und Stoffen aufgebaut, das "Handcraft Studio" in Lime Rock, Connecticut. 1948 erhielt er die Wallach Werkstätten AG in Dachau und das Ladengeschäft in München zurück, das er durch einen Geschäftsführer betreiben ließ. Er selbst blieb in den USA. Die Firma Wallach bestand bis 1985 und wurde dann an die Firma Lodenfrey verkauft, die das Geschäft noch bis 2004 unter dem Namen "Wallach" weiterführten. An die Wallach-Werkstätten erinnert heute eine Hinweistafel an der Herrmann-Stockmann-Straße am "Wallach-Park".
   
    
    
Berichte aus der jüdischen Geschichte in Dachau      
   
In jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts wurden noch keine Berichte zur jüdischen Geschichte in Dachau gefunden.   
     

Beschreibung des Gemeindegebietes der
jüdischen Gemeinde München 1932
 
  Handbuch der jüdischen Gemeindeverwaltung und Wohlfahrtspflege 1932 über das Gemeindegebiet der jüdischen Gemeinde München: "Das Gemeindegebiet erstreckt sich auf die Stadt München, die unmittelbaren Städte Freising, Rosenheim und Traunstein sowie die Bezirksämter Aibling, Altötting, Berchtesgaden, Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, Garmisch, Laufen, Miesbach, Mühldorf, München, Pfaffenhofen, Rosenheim, Starnberg, Tölz, Traunstein, Wasserburg, Weilheim und Wolfratshausen".

    
   
    
Fotos 

Die in Dachau für frühere jüdische Einwohner verlegten "Stolpersteine"
(obere Fotozeile: verlegt am 9. November 2005; Stolperstein unten verlegt am 4. Mai 2017; Quelle: Wikimedia Commons)  
   
  Für Alice Jaffé   Für Hans Neumeyer   Für Vera Neumeyer  Für Julius Kohn  Für Max Wallach   Für Melitta Wallach
     
   
  Für Dr. Samuel Gilde  
     
 Gedenkblätter in Yad Vashem Jerusalem
für Max und Melitta Wallach
https://yvng.yadvashem.org/ 
   
   Max Wallach  Melitta Wallach geb. Holländer
     
Die "Wallach-Werkstätten" in Dachau
an der Herrmann-Stockmann-Straße 
 
  Quelle: Screenshot aus dem Video "Camera of My Family: Four Generations in Germany 1845-1945"     
     
 Jüdische Einwohner Dachaus
(Fotos aus dem Stadtarchiv Dachau)
   
   
 Melitta und Max Wallach
(vgl. Gedenkblatt Paderborn)
 Vera und Hans Neumeyer
 
 Hermann Gottschalk und rechts Dr. Samuel Gilde
(Titel der Publikation von Christoph Triebfürst s.o.)

     
    
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte       

Dezember 2014: Über die Verlegung von "Stolpersteinen" in Bad Tölz, Freising und Dachau   
Anmerkung: durch den Künstler Gunter Demnig wurden am 9. November 2005 sechs "Stolpersteine" in Dachau verlegt vor dem Haus Herrmann-Stockmann-Straße 10 für Johann Neumayer (1887), Vera Neumeyer geb. Ephraim (1893) und Julius Kohn (1886); vor der Herrmann-Stockmann-Straße 27 für Alice Jaffé (1875); vor dem Haus Oskar-von-Miller-Straße 1 für Max Wallach (1875) und Melitta Wallach geb. Holländer (1894). Am 22. Mai 2014 wurden vier "Stolpersteine" verlegt für nichtjüdische Opfer der NS-Zeit (siehe Wikipedia-Artikel). Am 4. Mai 2017 wurde ein "Stolperstein" verlegt vor dem Haus St. Peter Str. 2 für den Arzt Dr. Samuel Gilde (1874). Er wohnte hier bei dem jüdischen Schriftsteller Hermann Gottschalk in Augustenfeld (seit 1939 Stadtteil von Dachau); vier weitere "Stolpersteine" wurden verlegt für nichtjüdische Opfer der NS-Zeit ("Aktion T4").
Siehe Wikipedia-Artikel  https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Dachau  
Artikel von Peter Becker in der "Süddeutschen Zeitung" vom 4. Dezember 2014 (auszugsweise zitiert): "Stolpersteine:  'Die Leute sollen dort wirklich drüberfallen'
Acht Stolpersteine in Bad Tölz und Freising, zehn in Dachau: In den Städten rund um München gehören die Gedenkmarken im Boden längst zum Ortsbild. Gestritten wurde darüber nicht - im Gegenteil...    

In dem Warenhaus an der Oberen Hauptstraße in Freising, das einst der jüdischen Familie Holzer gehörte, befindet sich heute ein Bekleidungsgeschäft. Acht Stolpersteine sind in einer Reihe in den Bürgersteig davor eingelassen...   'Ein Zeichen der Versöhnung'. So mehrheitlich in Freising die Entscheidung zugunsten der Stolpersteine ausfiel, so geschah dies auch in Dachau. Am 9. November 2005 verlegte Demnig auf Initiative der Dachauer Versöhnungskirche und des Dachauer Forums dort die ersten Gedenktafeln zur Erinnerung der in der Pogromnacht 1938 ermordeten Juden. Günter Heinritz, Referent für Zeitgeschichte im Dachauer Stadtrat, sowie seine Vorgängerin Katharina Ernst sehen in der Verlegung der Steine 'ein Zeichen der Versöhnung'. Der damalige Stadtrat Helmuth Freunek (CSU) nannte die Aktion 'einen weiteren Schritt zur Aufarbeitung unserer örtlichen Geschichte'. Die zehn Dachauer Gedenksteine befinden sich in der Hermann-Stockmann-Straße, Oskar-von-Miller-Straße, Frieden-, Wieninger-, Heimgarten- und Schleißheimer Straße.
Auch Zeitzeugen unterstützen die Aktion. Bei der Aktion in Dachau waren sogar zwei Zeitzeugen anwesend. Frank Wallace und Ruth Locke waren eigens aus England angereist. Letztere hieß mit Geburtsnamen Neumeyer. Die damals 82-Jährige besichtigte aufmerksam ihr Geburtshaus an der Hermann-Stockmann-Straße. Es ist das einzige, damals von jüdischen Bürgern bewohnte Haus, das in Dachau heute noch steht. Wer will, kann sich einem Rundgang durch die Stadt anschließen, bei dem Gästeführerinnen anhand der Stolpersteine über die Schicksale der von den Nazis ermordeten Dachauer berichten..."  
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November 2018: Gedenkveranstaltung zum Novemberpogrom 1938 und die Vertreibung der Familie Neumeyer aus Dachau  
Artikel von Thomas Radlmaier in der "Süddeutschen Zeitung" vom 9. November 2018: "Gedenkfeier: 'Lebt wohl!'
Bei der Reichspogromnacht wird das Dachauer Ehepaar Neumeyer aus der Stadt vertrieben. Im Rathaus erinnern die Enkel mit alten Briefen und zum Teil noch nie gespielten Liedern an ihre Großeltern.
Es heißt, Musik sage mehr als tausend Worte. Und fast auf die Stunde genau 80 Jahre nachdem ein SS-Hauptsturmführer an der Haustür der Familie Neumeyer klopft und sie zwingt, Dachau zu verlassen, streichen zwei Schülerinnen im Rathaus-Foyer über ihre Geigen. Auf der Gedenkfeier am Donnerstagabend anlässlich des Jahrestages der Reichspogromnacht von 1938 spielen sie ein Duett von Hans Neumeyer. Der blinde Musiker mit jüdischen Wurzeln hat es vor seinem Tod in Theresienstadt für seine Tochter Ruth komponiert. Er konnte die Noten über die Schweiz nach England schicken, wohin er und seine Frau Vera ihre 'zwei lieben Kinderle' bringen ließen, um sie vor den Nazis zu retten..."
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Artikel von Thomas Radlmaier in der "Süddeutschen Zeitung" vom 7. November 2018: "Vor 80 Jahren wurden jüdische Bürger enteignet. Beschlagnahmt und verschwunden..."
Link zum Artikel   
 
November 2018: Ein Teil der Dachauer "Stolpersteine" wird geputzt 
Artikel von Tom Hackbarth in der "Süddeutschen Zeitung" vom 9. November 2018: "Stolpersteine in Dachau: Erinnerung aufpolieren
Stolpersteine erinnern an die Menschen, die in Dachau vor 80 Jahren dem Rassenwahn der Nazis zum Opfer fielen - jetzt auch an die Neumeyers
Dachau
. Eine kleine Menschentraube hat sich in der Hermann-Stockmann-Straße vor dem Haus mit der Nummer 10 gebildet. Die meisten Anwesenden haben den Blick nach unten gerichtet, einige stehen sogar gebückt da. Es ist das Haus von Tim und Stephen Lockes Großeltern. Auch sie haben sich am Freitag dem Stadtrundgang "Erinnerung pflegen" durch Dachau angeschlossen.
Ihre Großeltern haben sie nie kennengelernt. Lange vor der Geburt der zwei Brüder wurden Hans und Vera Neumeyer am 8. November 1938 aus diesem Haus vertrieben. Ihre Tochter Ruth, Tim und Stephens Mutter, konnten fliehen; Vera Neumeyer aber wurde im Holocaust ermordet. Stolpersteine vor ihrem letzten freiwillig gewählten Wohnort sollen nun, 80 Jahre später, an sie erinnern. Und um diese Stolpersteine ist die kleine Menschentraube auch versammelt..."
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November 2019: Gedenkveranstaltung zum Novemberpogrom 1938 und die Vertreibung der Familie Wallach aus Dachau   
Anmerkung. Zu der Gedenkveranstaltung waren auch Nachkommen der Familie Wallach gekommen: die Brüder Paul und Mark Wallace, Enkel von Max und Melitta Wallach. Ihr Vater Franz Wallach hatte über einen Kindertransport nach England emigrieren können, schlug in Bath und Birmingham eine akademische Karriere ein und wurde später Professor für Mechanical Engineering. Mit seiner Frau Ruth hatte er außer den genannten Kindern Paul und Mark auch eine Tochter Catherine. Er war bei der Stolpersteine-Verlegung 2005 in Dachau anwesend und starb 2009. 
Artikel von Anna-Elisa Jakob in der "Süddeutschen Zeitung" vom 10. November 2019: "Kranzniederlegung: Gegen die Kälte.
In der Nacht auf den 9. November 1938 wurden 15 jüdische Bürger aus Dachau vertrieben, einige von ihnen später von den Nationalsozialisten ermordet. Auf der Gedenkfeier im Rathaus mahnen ihre Nachfahren, nicht zu vergessen

Die Kälte dieser Novembernacht will man draußen halten. Für ein paar Nachzügler wird die Tür zum Foyer des Dachauer Rathauses noch vorsichtig geöffnet, ein Klacken, ein kalter Windhauch, innen sitzen die Gäste der Gedenkfeier bereits eng aneinandergereiht und unter hellster Beleuchtung. Geigen spielen. In diese Wärme holt Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) mit nur wenigen Worten die Kälte jener Novembernacht vor 81 Jahren zurück - die brennenden Synagogen, die willkürlichen Enteignungen, die Verfolgung und Ermordung jüdischer Bürger während der Novemberpogrome..." 
Link zum Artikel  
Artikel von Nikola Obermeier im "Merkur" vom 11. November 2019: "Dachauer Großeltern wurden in Auschwitz ermordet. Wenn die Enkel zu Zeitzeugen werden..." (Interview mit Paul Wallace)
Link zum Artikel   

    
    

     
Links und Literatur   

Links:  

bulletWebsite der Stadt Dachau   
bulletWikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Dachau   
bulletWebsite der Geschichtswerkstatt Dachau mit Seite "Hans Neumeyer (1887-1944) (erstellt von Veronika Ziller).   

Literatur:  

bulletGermania Judaica II,1 S. 156 (Artikel "Dachau").
bulletHans Holzhaider: Vor Sonnenaufgang. Das Schicksal der jüdischen Bürger Dachaus. München 2006. 
bulletZu Familie Weiler: Josef Martin: Die Geschicke der Merchweiler Juden in den dreißiger und vierziger Jahren. In: Merchweiler Heimatblätter 21 2001 S. 104-146. 
bulletZu Familie Weiler: Franz Josef Schäfer: Das Schicksal der Familien Weiler aus Merchweiler. In: Lebenswege jüdischer Mitbürger (Landkreis Neunkirchen (Hg.)). Neunkirchen 2009. S. 147-174. 
bullet"Die Juden von Dachau". Beitrag in der Website des Jüdisch Historischen Vereins Augsburg: https://jhva.wordpress.com/2014/06/25/die-juden-von-dachau/  
bullet Catherine Hanf Noren: The Camera of My Family. 240 S. Verlag Knopf, distributed by Random House 1976. 

    
     

                   
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Stand: 15. Oktober 2013