Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Bad Arolsen mit Stadtteil Helsen (Kreis Waldeck-Frankenberg)
Jüdische Geschichte / Synagogen/Beträume

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Allgemeines  
Die Familie Stieglitz in Arolsen 
bulletZur Geschichte der Synagogen/Beträume   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur   

     

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)        
    
In dem früher zur Grafschaft, dann zum Fürstentum und schließlich zum ehemaligen Freistaat Waldeck gehörenden Bad Arolsen bestand eine jüdische Gemeinde bis nach 1933. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück, als die Fürsten von Waldeck und Pyrmont in ihrer Residenzstadt Schutzjuden und sogenannte "Hofjuden" (Hoffaktoren, Hoflieferanten) aufgenommen haben. 
  
Um 1725
werden erstmals Juden in Arolsen genannt. Es handelte sich dabei insbesondere um die Familie des Marcus Juda, der in zweiter Ehe mit Julia geb. Stieglitz, Tochter des Levi Stieglitz aus Laasphe (heute Bad Laasphe, Kreis Siegen-Wittgenstein) in der damaligen Grafschaft Sayn-Wittgenstein verheiratet war. Um 1760 folgten zwei Brüder der Julia Stieglitz, Hirsch und Lazarus Stieglitz ihrer Schwester nach. Hirsch Stieglitz war mit Edel (Elisabeth) geb. Marcus verheiratet, sein Bruder Lazarus gleichfalls mit einer geb. Marcus. Die Familien erhielten Zollfreiheit und waren fortan als Hoffaktoren, Kammer- und Hofagenten für das Fürstenhaus tätig. Seit 1763 wohnten die beiden Familien mit ihren Gattinnen und insgesamt 10 Kindern mit Personal und Gesinde in dem Haus Schlossstraße 1 ("Haus Stieglitz", siehe Fotos).     
   
Im weiteren Verlauf des 18. Jahrhundert nahm die Zahl der jüdischen Familien zu: 1778 waren neun jüdische Familien in der Stadt, 1795 zehn Familien.   
    
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1847 11 jüdische Familien, 1880 69 jüdische Einwohner (2,8 % von insgesamt 2.477 Einwohnern), 1885: 49, 1900 38 (1,4 % von 2.734), 1905: 48, 1910 45 (1,6 % von 2.793). 
  
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Schule (Religionsschule), ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war.   
  
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Leo Stein (geb. 25.2.1889 in Kletzko, gef. 8.1.1916).  
   
Um 1924, als zur Gemeinde noch etwa 25 Personen gehörten (1,0 % von insgesamt 2.490 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Schafti Löwenstein, Hermann Schönstädt und Richard Schönstädt. Zur Gemeinde gehörten die fünf in Helsen lebenden jüdischen Personen. 1932 waren die Gemeindevorsteher weiterhin Schafti Löwenstein (1. Vors., gest. 1930, Grab im jüdischen Friedhof) und Richard Schönstädt (2. Vors., gest. 1935, Grab im jüdischen Friedhof). Im Schuljahr 1931/32 gab es noch ein schulpflichtiges jüdisches Kind in der Gemeinde, das seinen Religionsunterricht durch Lehrer Moritz Goldwein aus Korbach erhielt.    
   
1932 lebten noch 26, 1933 noch 15 jüdische Personen in der Stadt. In den folgenden Jahren der NS-Zeit ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Im November 1938 lebten noch fünf jüdische Personen in Arolsen: die 77-jährige Witwe Klara Schürmann (Fürstenallee 13), die 78-jährige Frieda Alsberg (Kaulbachstraße 12), die Geschwister Margarete, Frieda und Theodor Katz (Bahnhofstraße 29; 41, 39, bzw. 31 Jahre alt). Sie alle waren beim Novemberpogrom 1938 schutzlos den Angriffen der Arolser Nationalsozialisten und einer aufgeputschten Menschenmenge ausgesetzt. Die Manufakturwarenhandlung und die Wohnung der Geschwister Katz wurden verwüstet und geplündert. Frieda Alsberg zog 1939 nach Frankfurt (gest. 25.4.1940). Die Geschwister Katz konnten noch in die USA emigrieren. Klara Schürmann musste im Frühjahr 1939 ihr Haus verkaufen und wurde in die Wohnung von Frieda Alsberg einquartiert. Sie starb vermutlich im Zusammenhang der "Euthanasie"-Mordaktion im März 1941.   
   
Von den in Arolsen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Anna Bär (1875), Ella Bär geb. Schrotenberg (1879), Florentine David geb. Pfeiffer (1852), Max Holländer (1900), Ida Katz geb. Schartenberg (1873), Max Katz (1900), Friedrich Salomon Levell (1878), Rosalie (Rosa) Löwenstein (1866), Siegfried Löwenstein (1899), Rahel Reichhardt geb. Löwenstein (1875), Albert Schiff (1900), Julius Schönstädt (1904), Richard Schönstädt (1874), Clara (Klara) Schürmann geb. Katz (1861), Selma Simon geb. Katz(1894), Max Stein (1871), Martha Stern geb. Katz (1897).        
     
     
     
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
     
Allgemeines     
Beitrag "Die Juden in Waldeck" (erschien 1929) 
Anmerkung: Beitrag zur Geschichte der Juden in Bad Arolsen, Bad Wildungen, Korbach, Landau, Mengeringhausen, Rhoden, Sachsenhausen, Züschen sowie Eimelrod und Höringhausen.     

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 12. April 1929:  "Die Juden in Waldeck. (Zum Ende des ehemaligen Fürstentums). 
Wir entnehmen dem 'Israelitischen Familienblatt' nachstehenden interessanten Artikel: Am 1. April fand in Arolsen die feierliche Vereinigung des Freistaates Waldeck mit Preußen statt. Das kleine Ländchen wird ein Bestandteil der Provinz Hessen-Nassau. Waldeck zählt unter seinen 58.000 Einwohnern etwa 550 Juden. Aus dem Kreise der Waldecker Juden der weiteren Welt bekannt geworden ist der Dichter Heinrich Stieglitz. Seine Werke sind heute vergessen. Seine Frau Charlotte aber entriss seinen Namen der Vergessenheit. Um ihn der Schwermut seines Gemüts, das unter seiner dichterischen Schwäche litt, zu entreißen, und in der Hoffnung, dass ein starker Schmerz heilend und kräftigend auf sein Gemüt einwirken werde, gab sie sich den Freitod. Diese Tat, die das damalige 'Junge Deutschland' aufwählte, wurde von Gutzkow, dem Verfasser des 'Uriel Akosta', behandelt in seinem Roman: 'Walpurg, die Zweiflerin'.   
Die Anzahl der waldeckischen Juden hat sich seit der Freizügigkeit stetig verringert. Sie wanderten aus, da sie anderwärts bessere Verdienstmöglichkeiten hatten und nicht so sehr die Zurücksetzung merkten wie in diesem engen Bezirk, auch durch Bildungsmöglichkeiten entschädigt wurden. Das religiöse Leben war in Waldeck bis auf einige Ausnahmen nie sehr rege. In der Hauptstadt Arolsen konnte es sogar geschehen, dass vor hundert Jahren fast die ganze Gemeinde dem Taufwasser zum Opfer fiel. Die Nachkommen der damaligen Juden gehören heute zu den ersten Familien des Landes. Etwas regeres Leben blüht heute in den beiden Gemeinden Wildungen und Korbach, wo je ein Lehrer amtiert. Arolsen, Mengeringhausen, Rhoden und Sachsenhausen sind kleine Gemeinden, die infolge ihrer geringen Seelenzahl nur mit großer Mühe sabbatlichen Gottesdienst abhalten können. Religionsunterricht wird in diesen Gemeinden nicht erteilt; falsche Sparsamkeit lässt es nicht zu. Dieser Mangel an Verantwortungsgefühl ist wohl auch die Ursache, dass der Korbacher Jakob Wittgenstein bei seinem Tode 1890 sein gesamtes Vermögen von 600.000 Mark seiner Vaterstadt vermachte, aber der Synagogengemeinde nur einige tausend Mark, und ihr nicht einmal den geringsten Einfluss auf die Verwaltung des errichteten Altersheims gestattete. Auch von dieser Familie sind einige Glieder in der Welt, wenn auch getauft, zu Ansehen gelangt. Soll doch der erste Bundespräsident von Österreich, Hainisch, von dieser Familie abstammen. Ferner ist ein Wittgenstein der Begründer der österreichischen Erzindustrie. Ein anderer, namens Paul, war, trotzdem er nur den linken Arm hatte, ein so hervorragender Pianist, dass sogar Richard Strauß für ihn Partituren schrieb. In Sachsenhausen hat ein nach Amerika ausgewanderter Jude Bloch ein Schwesternheim errichtet, aber die jüdische Gemeinde übergangen. Welchen Segen hätten diese beiden Gemeinden mit diesen Legaten für alle Religionen stiften können!  
Die beiden Gemeinden Eimelrod und Höringhausen, die zu dem nunmehrigen preußischen Verwaltungsgebiet Waldeck kommen, gehörten bisher zu Hessen-Nassau. In beiden, besonders in letzterer,       
Arolsen JuedWZKassel 12041929b.jpg (204928 Byte) herrschte stets ein reges religiöses Leben. Beide bedürfen dringend der Hilfe, damit ihre Synagogen nicht ganz zerfallen. Eimelrod hat deshalb vom Landesverband einen sehr reichen Zuschuss erhalten. Weshalb Höringhausen nicht bedacht wurde, fragt sich dort jeder. Vielleicht hat der Landesverband doch noch ein Einsehen und hilft der Gemeinde.    
Über die Geschichte der Juden in Waldeck ist wenig bekannt. Die meisten Nachrichten schlummern noch zerstreut in den Archiven. In früheren Zeiten durften nur in den Orten Züschen und Landau Juden wohnen. Die Hauptstadt besteht erst seit zwei Jahrhunderten. Sie ist die Geburtsstadt des erwähnten Dichters Stieglitz, sowie der berühmten Ärzte Marcus und Stieglitz. Auch die Nachkommen des Marcus gehören heute dem Christentums an. In Korbach muss es schon früh Juden gegeben haben. Darauf weist der Name eines alten Adelsgeschlechts namens 'Judenhertzog'. 1480 erklärte das 'Freigericht unter der Windmühle' zu Korbach einen Juden zu Frankfurt, den Juden dieser Stadt und der Umgebung in die Acht. Sie sollten mit ihm 'weder essen noch trinken, weder mit ihm gehen noch stehen, weder mit ihm sprechen noch singen, nicht mit ihm kaufen noch verkaufen, wuchern oder suchen, keinerlei Verhandlungen mit ihm haben, weder heimlich noch offenbar, auch nicht mit ihm in die Schule, in die Synagoge oder Tempel, überhaupt nicht mit ihm in ein Haus gehen.' Ebenso tat der Freigraf zu Landau alle Juden zu Gelnhausen in die Acht, 'nach rechtem altem Herkommen der kaiserlichen freien heiligen und heimlichen Gerichte', weil sie ungehorsam gewesen wären.  
Auch früher schon waren die Juden mit den Femgerichten in Berührung gekommen. 1738 durften sie nur in Züschen, und etwas später auch in Arolsen wohnen. 1788 war aber der Widerstand gegen die Juden so stark geworden, dass der Fürst den Landständen versprechen musste, einem Juden nicht eher einen neuen Schutzbrief zu geben, bis die Judenschaft im Lande bis auf 20 ausgestorben sei. Auch der Judeneid kommt in dieser Zeit in Waldeck vor. Trotz aller Beschränkungen haben sich die Juden doch in anderen Orten Wohnrecht erhalten. An den Freiheitskriegen nahmen sie teil. Nachdem schon 1804 der Leibzoll aufgehoben war, folgte 1814 das sogenannte Organisationsedikt. In diesem wurden ihnen alle Rechte der übrigen Staatsbürger zugebilligt. Als sie aber in Korbach das Bürgerrecht verlangten, erhob sich seitens der Stadt und der Bürgerschaft ein heftiger Widerstand. Der Fürst Georg Heinrich, ein vorurteilsloser, gerecht denkender Herr, setzte aber ihre Aufnahme zu Bürgern durch. Dieser Fürst gab ihnen auch im Jahre 1834 das Judengesetz, das den etwas merkwürdig anmutenden Titel führt: 'Gesetz über die Gemeinheiten der Juden'. Es gilt auch heute noch, denn es war in Waldeck Regierungsgrundsatz, die Juden unbehelligt zu lassen, wenn auch sie von der Regierung nichts verlangten. Das Gesetz ist aber von Segen gewesen. Der Austritt aus der Gemeinde ist nur mit einem gleichzeitigen Austritt aus der Religion möglich. Sonst muss jeder Waldecker Jude einer Synagogengemeinde angehören. Ein Versuch der jüdischen Gemeinde Korbach, der Regierung die Lasten der Lehrerbesoldung aufzubürden, scheiterte, da die Regierung damals sogar mit militärischer Exekution drohte.  
Es ist daher den beiden Gemeinden nicht zu verdenken, wenn sie auf den Anschluss an Preußen allerlei Hoffnungen setzen und hoffen, dass die Lasten, die sie bisher allein getragen, etwas erleichtert werden. Mögen sie in ihren Hoffnungen nicht enttäuscht werden.  Max Gottlieb."      

   
   

Die Familie Stieglitz in Arolsen  

Nachfolgende einige Hinweise auf Personen aus der hoch bedeutenden Familie Stieglitz
- genannt werden nur die erste und zweite Nachfahrengeneration d.h. Levi Stieglitz mit Kindern und Enkelkindern; zu weiteren Informationen siehe das Buch von Olga Stieglitz s.Lit., das im Museum Bad Arolsen erworben werden kann):                
    
Levi Stieglitz
(verh. mit Rosa geb. Dietz), der Vater von Julia, Hirsch und Lazarus Stieglitz, war Vorsteher der jüdischen Gemeinde in Laasphe (heute Bad Laasphe, Kreis Siegen-Wittgenstein), wo er auch bis 1773 geblieben ist. Danach ist er, möglicherweise nach dem Tod seiner Frau Rosa geb. Dietz, zu den Söhnen nach Arolsen gezogen, wo er nach relativ kurzer Zeit starb. Er wurde auf dem jüdischen Friedhof beigesetzt.  
 
Julia Stieglitz war verheiratet mit dem Witwer Marcus Juda. Dieser war Vater (aus seinen beiden Ehen) von insgesamt sieben Töchtern und sieben Söhnen. 
   
Hirsch Stieglitz
(geb. in Laasphe, verheiratet mit Edel [Elisabeth] geb. Marcus; seit 1763 in Arolsen, wo er als Hofagent tätig war, gest. 1798 in Arolsen) hatte vier Kinder: 

bulletEsther (Juliane) Stieglitz: geb. ca. 1760 in Arolsen, gest. 1834 in Bamberg; war in 1. Ehe in St. Petersburg verheiratet mit Nathan Marc; in 2. Ehe mit Stephan Freiherr von Stengel.  
bulletRachel (Rosalie) Stieglitz: geb. 1762 in Arolsen, gest. 1841 in Bamberg; war verh. mit Jacob Marc (geb. 1745 in Arolsen, gest. um 1821 in New York).
bulletJoseph Stieglitz: geb. kurz vor 1767 in Arolsen; Todesdatum, Ehe bzw. Kinder nicht bekannt: war später (mit Philipp Mark) Mitbesitzer der Firma "Mark & Sterlitz" in New York. 
bulletJacob Friedrich Stieglitz:  geb. 1769 in Arolsen, gest. 1832 in Arolsen; war fürstlich waldeckischer Hofagent und Kaufmann; verh. mit Friederike geb. Meyer (Kinder: Heinrich Wilhelm August Stieglitz [1801 - 1849, später als Bibliothekar, Gymnasiallehrer und Dichter in Berlin] und Emilie Clementine Amalie Stieglitz [1803 - etwa 1864, verh. Buhl]).    

Lazarus Stieglitz (geb. in Laasphe, verheiratet mit Friederike geb. Marcus; seit 1767 in Arolsen, wo er als Hofagent tätig war, gest. vor 1792) hatte sechs Kinder:

bulletJohann Stieglitz (geb. 1767 in Arolsen als Israel Stieglitz, gest. 1840 in Hannover): besuchte das Gymnasium in Gotha, studierte zunächst Philosophie in Berlin, ab 1786 Medizin in Göttingen und lebte ab 1789 als Arzt in Hannover. Er war befreundet mit Wilhelm von Humboldt. Seit seiner Taufe 1800 hieß er Johann (auch Johannes) Stieglitz. 1802 wurde er Hofmedikus, 1806 erster Leibmedikus, 1820 Hofrat, 1832 Obermedizinalrat und Direktor des Obermedizinalkollegiums in Hannover.     Wikipedia-Artikel  
bulletNikolai Stieglitz (geb. 1770 oder 1772 in Arolsen, gest. 1820 in St. Petersburg): war Kaufmann in Cherson (Krim), dann kaiserlicher russischer Hofrat im Finanzministerium in St. Petersburg.  
bulletBoris (Bernhard) Stieglitz (geb. 1774 in Arolsen, gest. 1846, verh. mit Sophie de Seigneur): war Kaufmann in Cherson (Krim) etc., kaiserlicher russischer Hofrat. 
bulletEmilie Stieglitz (geb. 1775 in Arolsen, gest. 1844 in St. Petersburg: blieb unverheiratet.  
bulletCaroline Stieglitz (geb. 1777 in Arolsen, gest. 1856 in Celle, verh. mit dem Hofmedicus und Hofrat J. Chr. Schmidt).
bulletLudwig Stieglitz, ab 1826 Baron Ludwig von Stieglitz (geb. 1779 in Arolsen, gest. 1843 in St. Petersburg): war der jüngste der drei Söhne von Hirsch Bernhard Stieglitz und seiner Frau Edel Elisabeth geb. Marcus. Ludwig Stieglitz zog als junger Mann nach Russland als Vertreter des Familienunternehmens. Er kam als Unternehmer und Bankier zu großem Vermögen und Einfluss, insbesondere, nachdem er unter Zar Alexander I. zum Hofbankier ernannt und 1826 in den Adelsstand erhoben wurde. Auch unter Zar Nikolaus I. war er als Hofbankier tätig. Als Unternehmer investierte er u.a. in den Aufbau der Dampfschifffahrtslinie zwischen Lübeck und St. Petersburg.    Wikipedia-Artikel  
Ludwig Stieglitz war verheiratet mit Amalie Angelica Christiane Gottschalk (geb. 1777 in Hannover, gest. 1838 in St. Petersburg). Die Familie erhielt den erblichen russischen Adelsstand. Der Sohn Alexander übernahm die Bank, die er 1863 liquidierte, und wurde erster Präsident der 1860 gegründeten Staatsbank des Russischen Reiches. Der Sohn Boris war Großkaufmann in Poltawa. 

   
   
   
Zur Geschichte der Synagogen/Beträume           
    
1727 wurde im Haus des Hoffaktoren Marcus Juda eine Synagoge eingerichtet (Schlossstraße 11, siehe Fotos unten). Diese Synagoge ist nach dem Tod von Samuel Hertz - einem Nachkommen der Familie Juda - 1837 seinen zwei Söhnen vererbt worden und stand dann nicht mehr als Betraum zur Verfügung. 
   
In den 1760er-Jahren kam es zu einer Spaltung der jüdischen Gemeinde in der Stadt, die durch das liberale Verhalten der Familien Hirsch und Lazarus Stieglitz ausgelöst wurde. Sie bauten 1763/67 an der Rückseite ihres Hauses in der Schlossstraße 1 ein Gebäude an, in dem sie eine Synagoge einrichteten. Die "neue Synagoge" wurde nun von den "vornehmen", eher liberal orientierten Juden besuchten, während die ärmeren und konservativ eingestellten Juden weiterhin in der Hertzschen Synagoge in der Schlossstraße 11 ihre Gottesdienste abhielten. 
   
Im Zeitraum zwischen ca. 1763/67 und ca. 1800 bestanden somit zwei Synagogen in der Stadt. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war - vor allem nach dem Tod von Samuel Hertz (1837) vermutlich keiner der bisherigen Beträume mehr in Benutzung. In dieser Zeit besuchten die Arolser Juden die Gottesdienste in der Synagoge in Mengeringhausen.   
    
1874 wurde eine Synagoge in einem Gebäudeteil des Hauses Kaulbachstraße 22 eingerichtet (Haus des Köppel Schönstädt). In diesem Gebäude waren auch  der Schulraum, die Lehrerwohnung und vermutlich eine rituelles Bad.  
   
Die letzte Synagoge und eine Lehrerwohnung befand sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts im Gebäude Mannelstraße 3.  Der Synagogensaal war im Obergeschoss des östlichen Gebäudeteiles und war durch Treppenaufgang von Eingang an der südlichen Traufseite zu erreichen. Auch der große Saal des Gebäudes im westlichen Teil könnte zeitweise Gottesdienstraum gewesen sein, doch wurde dieser überwiegend als Theater benutzt. Heute ist das Gebäude ein Mehrfamilienhaus.        
    
    
Adresse/Standort der Synagoge   siehe bei den Beschreibungen oben beziehungsweise zu den Fotos unten     
    
    
Fotos
(Fotos Hahn, Aufnahmedatum 16.6.2008)

Gebäude Ecke Kaulbachstraße 
/ Schlossstraße 11
Arolsen Stadt 155.jpg (93818 Byte) Arolsen Stadt 154.jpg (97589 Byte)
   In dem Gebäude Schlossstraße 11 richteten dessen Besitz - die Hoffaktoren Emanuel und Markus Juda  - 
1727
eine Synagoge ein; es ist jedoch nicht bekannt, wo innerhalb des Gebäudes sich der Saal befand.  
     
Stieglitz-Haus Schlossstraße 1     
Arolsen Stadt 157.jpg (65514 Byte) Arolsen Stadt 156.jpg (83406 Byte) Arolsen Stadt 158.jpg (80071 Byte)
Hinweistafel: "Stieglitz - Haus. Auf den Fundamenten eines Vorgängerbaus errichtete 1763 F.F. Rothweil für die Hofagenten Hirsch und Lazarus Stieglitz und ihre Familien dieses Sandsteinhaus" Das Stieglitz-Haus; links seitlich des Hauses war die Einfahrt zu dem dahinterliegenden Hof, anschließend der Stall; hinter dem Haus befand sich ein Garten. Das Haus war bis 1828 im Besitz der Familie Stieglitz, danach kam es in Besitz des Gastwirtes und Bürgermeisters Louis Gleisner, der es zum Gasthof "Römischer Kaiser" umbaute. Von 1868 bis 1935 war es Dienstsitz und Dienstwohnung der preußischen Landesdirektoren.
   Zur Synagoge: Familie Stieglitz erstellten 1763/67 an der Rückseite ihres Gebäudes (auf dem Foto nicht erkennbar) einen Anbau, in dem sie eine Synagoge einrichteten. 
       
Schule Kaulbachstraße 22   Arolsen Stadt 153.jpg (76438 Byte)
    1870 wurde eine Synagoge in einem Gebäudetail des Hauses Kaufbaustraße 22 eingerichtet. Das Gebäude umfasste 
noch einen Schulraum, die Lehrerwohnung und vermutlich ein Ritualbad.
     
Mannelstraße 3   Arolsen Stadt 150.jpg (80582 Byte) Arolsen Stadt 152.jpg (85447 Byte)
   Im Gebäude Mannelstraße 3 befand sich der letzte Synagogensaal der Gemeinde. 
     

  
    
Links und Literatur

Links:

bulletWebsite der Stadt Bad Arolsen   
bulletMuseum Bad Arolsen 
bulletHistorischer Stadtführer zu Bad Arolsen   
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Bad Arolsen (interner Link)     

Quellen:    

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Bad Arolsen 
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs (innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar: 
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41              
Zu Bad Arolsen sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,1      Gräberverzeichnis des jüdischen Friedhofs Arolsen (Helsen), aufgenommen von dem Lehrer Moritz Goldwein aus Korbach im Sommer 1938   https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v5319758 
enthält 108 hebräische und deutsche Grabinschriften sowie eine Skizze zur Lage des jüdischen Friedhofes. Darin auch eine hebräische Inschrift auf einem Toramäntelchen in Mengeringhausen.       
HHStAW 365,2      Personenstandsregister der Juden von Arolsen   1834 - 1842 (1857-1858)  Trauregister 1834 - 1840  Sterberegister 1834 - 1842 - enthält auch Helsen - sowie Geburtsverzeichnis der Kinder von den Eheleuten Carl Alsberg und Johanna geb. Baruch aus Arolsen 1857 - 1858  https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v1030569  
HHStAW 365,435   Personenstandsregister der Juden von Arolsen  1859 - 1866: enthält Geburts- und Sterberegister der Juden von Helsen, 1859 - 1866, Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Mengeringhausen, 1861 - 1866, Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Rhoden, 1859 - 1866, Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Landau, 1859 - 1866,  Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Arolsen, 1859 - 1866; Geburtsregister der Juden von Vasbeck, 1861, Geburtsregister der Juden von Helmighausen      https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4250801                  
HHStAW 365,15     Personenstandsregister der Juden von Arolsen  1859 - 1875: enthält Geburtsregister 1859 - 1875, Trauregister 1859 - 1875, Sterberegister 1859 - 1875  https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v289737       
HHStAW 365, 16    Personenstandsregister der Juden von Arolsen  1867 - 1875: enthält Geburts-, Trau- und Sterberegister, darin auch Helsen, Külte, Landau, Massenhausen, Meineringhausen, Nieder-Waroldern, Rhoden, Wrexen  
 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2126643           

Literatur:  

bulletHeinrich Schnee: Die Hoffinanz und der moderne Staat. Band III. Berlin 1955 S. 87-93.  
bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 46-48.  
bulletThea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 S. 65-66.  
bulletdies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 62-63.  
bulletdies.: Neubearbeitung der beiden Bände. 2007. S. 177-179. 
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S. 208-210.   
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 370-371.   
bulletMichael Winkelmann: "Auf einmal sind sie weggemacht". Lebensbilder Arolser Juden in 20. Jahrhundert. Hrsg. Gesamthochschule Kassel 1992. 
bulletArolsen Lit 016.jpg (51689 Byte)Olga Stieglitz: Die Stieglitz aus Arolsen: Texte, Bilder, Dokumente. Bad Arolsen: Museum 2003. Museumshefte Waldeck-Frankenberg 22. ISBN 3-930930-10-2. 

     
      


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Arolsen  Hesse. Waldeck's landgrave invited Jews to settle there around 1725 and a community was organized, numbering 69 (3 % of the total) in 1880. After Kristallnacht (9-10 November 1938) the remaining Jews dispersed. In 1946 the International Tracing Service was established in Arolsen to locate and identify victims of Worldwar II (and the Holocaust) in Europe. By the early 1990s over 38 million references were catalogued.  
      
       

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 15. Oktober 2013