Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Andernach (Kreis Mayen-Koblenz) 
Jüdischer Friedhof

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde                
  
Siehe Seite zur Synagoge in Andernach (interner Link) 
  
  
Zur Geschichte des Friedhofes            
  
Ein jüdischer Friedhof bestand in Andernach bereits im Mittelalter. Er wird erstmals 1334 erstmals genannt. 1423 wurde eine in Lahnstein verstorbene Jüdin auf dem Andernacher Friedhof beigesetzt. Die Lage dieses Friedhofes ist nicht mehr bekannt.    
   
Die nach 1860 wieder zuziehenden jüdischen Familien haben die Verstorbenen zunächst in Miesenheim beigesetzt.  Anfang der 1870er-Jahre wurde in Andernach als Teil des städtischen Friedhofes ein jüdischer Friedhof angelegt (vgl. unten Bericht von 1878). Beisetzungen wurden bis zur Deportation der jüdischen Einwohner 1942 und vereinzelt nach 1945 vorgenommen. Es sind 73 Grabsteine erhalten. 
    
Im Eingangsbereich dieses städtischen Friedhofes befindet sich eine Gedenktafel mit der Inschrift: "Den Lebenden zur Mahnung! Unseren jüdischen Mitbürgern zum Gedenken, die durch staatliche Gewaltherrschaft in den Jahren 1933-1945 verfolgt, gepeinigt und gemordet wurden". Die Friedhofsfläche umfasst 13,44 ar.
  
  
Aus der Geschichte des Friedhofes  
Schwierigkeiten bei der Beisetzung von jüdischen Patienten der "Irrenanstalt" in Andernach (1878)  

Andernach Israelit 18091878.jpg (112906 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. September 1878: "In dem von hier einige Stunden entfernten Städtchen Andernach am Rhein befindet sich bereits seit vielen Jahren eine Irrenanstalt, welche in jüngster Zeit mit der Provinzial-Heil- und Irrenanstalt verbunden wurde. In derselben befinden sich leider sehr viele jüdische Kränke. In früheren Jahren wurde bei einem eingetretenen Sterbefalle eines solchen, sofort die jüdische Gemeinde in Andernach hiervon benachrichtigt und die Leiche alsdann auf dem jüdischen Begräbnisplatz in Miesenheim beerdigt. Dieser ist eine halbe Stunde von Andernach entfernt. In letzterer Zeit hat die jüdische Gemeinde in Andernach sich einen eigenen Begräbnisplatz akquiriert; ob nun hiermit auch eine Sparsamkeit eingetreten ist, und die Begräbniskosten nicht gerne aus Gemeindemitteln bewilligt wurden, kann Einsender nicht behaupten, jedoch wurden seit länger als zwei Jahren keine in der mehrerwähnten Anstalt Verstorbenen auf dem jüdischen Friedhofe beerdigt. Die Vermutung liegt deshalb sehr nahe, dass dieselben auf christlichen Begräbnisplätzen beerdigt werden, und ist es deshalb jedenfalls im Interesse einer jüdischen Sache und eine Wohltätigkeit, diesem Übel abzuhelfen.
Vielleicht würde diese Anregung dazu beitragen, zu erfahren, wie es bei anderen ähnlichen Anstalten in solchen Fällen zugeht."     

 
Ansprache bei der Beisetzung des im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten Willy Lustig aus dem schlesischen Eintrachtshütte (1914)   
Anmerkung: der Reservist Wilhelm Lustig starb am 1. November 1914 in Andernach auf Grund seiner schweren Verwundungen. Seine Eltern waren bereits vor ihm gestorben. Wilhelm Lustig lebte in Eintrachtshütte (Kreis Beuthen, Oberschlesien) bei seinem Pflegevater und Neffen Max Gotthelf, Gasthofbesitzer in Eintrachtshütte. Die Beisetzung von Wilhelm Lustig war am 3. November 1914 in Andernach.   

Artikel in der "Jüdischen Volkszeitung" vom 5. Februar 1915: "Am Grabe einer Kriegers.
Rede, gehalten am Grade des im Andernacher St. Josefs-Lazarett verstorbenen Kriegers Willy Lustig  aus Eintrachtshütte (Krs. Beuthen) von Lehrer Alfred Veis in Andernach.

Der Ewige hat ihn uns gegeben, der Ewige hat ihn genommen, der Name des Ewigen sei gelobt!
Werte Trauerversammlung! Nachdem sich drüben auf dem städtischen Friedhof Grab an Grab gereiht hat, derer, die an ihren schweren, in tapferem Kampf erlittenen Wunden in den hiesigen Lazaretten verstorben sind - haben wir uns heute hier auf unserem jüdischen Gottesacker versammelt, um die sterblichen Überreste eines aus unserer Glaubensmitte geschiedenen Kriegers zur ewigen Ruhe zu betten.
Herr Reservist Willy Lustig ist am Sonntag, den 1. November hier an den schweren, in tapferem Kampfe erlittenen Wunden nach einem langen und harten Krankenlager von Gott, dem Allmächtigen erlöst worden. - Wenn je das Wort, das einst unser Kaiser Friedrich auf seinem Schmerzenslager geschrieben: 'Lerne Leiden ohne zu klagen,' zur Wahrheit geworden ist, so ist an Dir, lieber Willy, geschehen. Was Du in den letzten Wochen, ja Monaten hast erleiden und erdulden müssen, war so hart und schwer, dass ein anderer verzagt hätte und zusammengebrochen wäre. Ader Du lieber Willy, warst nicht nur ein Held auf dem Schlachtfelde, sondern hast Dich aus Deinem Krankenlager als wahrhafter Held und Kämpfer bewährt. Nie kam ein Klagelaut, nie eine überflüssige Bitte über Deine Lippen. Bescheiden und ruhig, wie Du vom ersten Tage an warst, bist Du bis an Dein Ende geblieben. Darum kannten und schätzten Dich auch alle, und wo wir im Lazarett von Dir sprachen, bei Pflegerinnen und Kameraden hieß es immer 'unser Willy'. Ja. Du warst unser lieber Willy. Deine Eltern sind Dir schon vorausgegangen in das Reich der Ewigkeit. Dein Bruder wäre gern zu Deiner letzten Ruhestätte geeilt, aber eine Krankheit hielt ihn in letzter Stunde zurück. Wie eng aber das Band war, das Dich mit Deinen Pflegeeltern und Geschwistern einte, das konnte ich an manchem rührenden Zeugnis in den letzten Wochen merken. Wenn so auch keine Verwandten Dein Grab umstehen, so wisse doch, dass Menschen, Männer Dir das letzte Geleit geben, denen Du ans Herz gewachsen bist, und die auch ohne verwandtschaftliche Bande sich zu Dir eng hingezogen fühlen. Ich, Dein Lehrer, stehe hier an Deinem Grabe, der Dich so oft zu trösten versuchte und Dir so gerne über Deine Schmerzen hinweghelfen wollte, und mit mir zahlreich Deine Kameraden, die mit Dir gekämpft haben draußen auf dem Felde der Ehre und mir Dir gerungen haben in der engen Kammer auf Deinem Schmerzenslager.
Wie einst in Vorzeiten Deine Ahnen, die Makkabäer, begeistert hinausgezogen sind in den Kampf zur Rettung des Vaterlandes, wie Deine Ahnen 1813 und 1870 heldenhaft mit ihren Deutschen Brüdern zu den Fahnen geeilt sind, so auch Du mit tausenden unserer Brüder hinausgeeilt, um Ehre und Dasein Deutschlands zu verteidigen. Du, lieber Willy, ruhst nun hier aus im ewigen Schlafe. Deine Brüder schlummern in Frankreichs und Russlands fremder Erde. Was irdisch an Euch war, konnten wir zur Ruhe tragen, was Ihr aber geleistet habt und wofür Ihr gekämpft und geblieben seid, das wird ewig im Andenken aller fortleben. Ja, wahr ist es an Euch geworden, das alte Wort unseres Psalmendichters David: Lau omuss ki echje, waasaper maasse joh (Psalm 118, Vers 17: 'Ich sterbe nicht, ich werde leben und erzählen die Taten des Herrn) Ihr seid nicht tot, ihr lebt ewig fort, verkündend die Stimme der Gerechtigkeit, der Allmacht Gottes! Unsterbliches habt Ihr in dem gewaltigsten Ringen der Weltgeschichte geleistet, reicher Lohn wird Euch drüben in einem besseren Jenseits zuteil werden!
So leb denn wohl, mein lieber Willy, ruhe aus von Deinem harten und schweren Leidenslager und erwache drüben nun bei Gott dem Allmächtigen zu einem ewige Leben der Freude und des Friedens. Der Herr hatte Dich una allen gegeben. Er hat Dich nun wieder von uns genommen, der Name des Herrn sei gepriesen.
Wir alle aber, die uns in dieser ernsten Stunde kein Glaube, keine Partei trennen darf und kann, wollen Herz und Blick zum Allmächtigen im Gebet emporrichten. Mögest Du, o großer Gott, uns die Kraft verleihen, dieses gewaltige Elend siegreich zu durchkämpfen, auf dass wir nicht zusammenbrechen unter der Wucht der Ereignisse und den Glauben an Dich, o gerechter Gott, und unsere gerechte Sache verlieren. Ja. wir fühlen und wissen es, dass wir siegen werden und siegen müssen, denn wir führen den Kampf des Rechts gegen das Unrecht, der Geradheit gegen Hinterlist und Falschheit. Und so möge denn an uns allen, unsern lieben Toten und uns Lebenden wahr werden der alte Priestersegen, den einst in Israel segnend die Priester zu sprechen hatten über das Volk. Der Herr segne uns und behüte uns. Der Herr lasse leuchten über uns sein Angesicht! Der Herr wende seinen Gnadenblick uns zu und schenke uns allen, den Toten und den Lebenden, Frieden! Amen!"   

    
    
Lage der Friedhöfe     
   
Die Lage des mittelalterlichen Friedhofes ist nicht mehr bekannt. 
   
Der jüdische Friedhof des 19./20. Jahrhunderts ist ein Teil des städtischen Friedhofes östlich der Altstadt an der Koblenzer Straße.

Lage des jüdischen Friedhofes in Andernach auf dem dortigen Stadtplan: links anklicken und 
im Verzeichnis der "Behörden und öffentl. Einrichtungen" zu "Friedhof, jüd."

   
  
Fotos
 
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 18.8.2006) 

Andernach Friedhof 104.jpg (108119 Byte) Andernach Friedhof 109.jpg (108049 Byte) Andernach Friedhof 105.jpg (95584 Byte)
 Blick zum Eingangstor  Blick über die 
unbelegte Fläche 
Rechts Grabstein für Witwe Bermann David
 geb. Reb. Schäfer (1824-1893) 
   
     
Andernach Friedhof 100.jpg (107847 Byte) Andernach Friedhof 106.jpg (117846 Byte) Andernach Friedhof 107.jpg (113720 Byte)
Teilansicht  Neuere Grabsteine 
   
Andernach Friedhof 101.jpg (97035 Byte) Andernach Friedhof 102.jpg (93644 Byte) Andernach Friedhof 103.jpg (130370 Byte)
Grabstein für Eduard Lambert 
(Jizchak ben Issachar HaKohen;
 1869-1931) mit den "segnenden Händen" 
der Kohanim  
Grabstein für Karoline Cahn geb. Hein
 (1863-1921) und Heymann Cahn
 (1851-1922) mit den "segnenden 
Händen" der Kohanim 
Grabstein für Hermann Salinger 
(1829-1915) und Bertha Salinger 
geb. Michaelis
(1830-1918)
   
      
Andernach Friedhof 108.jpg (128142 Byte)   
"Zum Gedenken an unsere Eltern Dr. med. Sally und Anneliese Wallach geb. Isacsohn
 gest. 1978 und 1982 in Israel. Sie wirkten hier in den Jahren 1920 bis 1937 zum 
Wohle der hiesigen Bevölkerung"
   

  
   

Links und Literatur 

Links:  

bulletWebsite der Stadt Andernach 
bulletZur Seite über die Synagoge in Andernach (interner Link) 

Literatur:  

bulletGermania Judaica III,1 S. 28-22 (zum mittelalterlichen Friedhof)  

    
      

                   
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Stand: 06. Oktober 2024