In Aalen lassen sich bis ins späte 19. Jahrhundert
keine jüdischen Einwohner feststellen. Bereits im Mittelalter könnte es eine
jüdische Ansiedlung gegeben haben, doch lassen die vorhandenen Quellen kein
eindeutiges Urteil zu.
Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts ließen sich wenige jüdische
Personen/Familien in der Stadt nieder: erstmals finden sich 1886 vier
jüdische Personen in der Stadt. Bis 1900 steigt die Zahl der jüdischen
Einwohner auf zehn an. 1905 und 1925 waren es jeweils sieben Personen.
Unter den jüdischen Einwohnern war die Familie des Warenhausbesitzers Eduard
Heilbron mit Frau Friederika/Frieda geb. Stern, die von 1903 bis
Anfang der 1930er-Jahre ihr Geschäft ("Warenhaus Eduard Heilbron") in
der Bahnhofstraße 18 hatten (später Kaufhaus Kniesser, heute hier Neubau der
VR-Bank). Im Warenhaus gab es auf zwei Stockwerken Wäsche, Haushaltsartikel,
Spielwaren und Geschenkartikel. Der 1904 in Aalen geborene Sohn Willi
Heilbron lebte seit seinem 7. Lebensjahr in der Heilanstalt Stetten im
Remstal und wurde bei den "Euthanasie-Aktionen" 1940 in Grafeneck
ermordet. 1907 ist die Tochter Irene geboren (vgl. unten).
In der Oesterleinstraße 10 wohnten Ludwig Kahn (gestorben 1919) und
seine Frau Fanny geb. Kahn. Nach dem Tod ihres Mannes gab sie
Klavierunterricht und war Inhaberin eines Geschäftes mit Korbwaren
(Korbmöbelhandlung Fanny Kahn).
Heinz Pappenheimer (geb. 1900) war seit 1924 Inhaber des Textilgeschäftes Moritz Pappenheimer
(Bahnhofstraße 19, ab 1925 Bahnhofstraße 23).
Er war verheiratet mit Ilse geb. Grünewald (geb. 1902). Die beiden hatten zwei Kinder
Siegfried (geb. 1925) und Ruth (geb. 1928). Die Eltern und die Tochter Ruth konnten im Juli 1939 nach Palästina/Israel
emigrieren; Siegfried kam über einen Kindertransport 1939 nach England und
Anfang 1940 zu seinen Eltern nach Haifa/Palästina. Weitere
Informationen siehe unten.
Max Pfeffer hatte in der Bahnhofstraße 14 ein Herrenkonfektionsgeschäft.
1933 wurden sieben jüdische Einwohner festgestellt, darunter zwei
Kinder. Beim Novemberpogrom 1938 wurden in der Stadt die Schaufenster der
drei jüdischen Geschäfte demoliert und die Inhaber anschließend für mehrere
Wochen im KZ Dachau inhaftiert. Nach ihrer Freilassung sind die meisten Aalener
Juden emigriert. Eduard und Frieda Heilbron lebten zuletzt in einem
"Judenhaus" in Wiesbaden, wo Eduard Heilbronn an einem Herzinfarkt
starb. Seine Frau Frieda wurde nach Theresienstadt deportiert und später im
Vernichtungslager Treblinka ermordet. Die letzte jüdische Einwohnerin, Fanny
Kahn geb. Kahn, nach der seit 2005 in Aalen eine Straße benannt ist (sie
selbst wohnte in der Oesterleinstraße 10), wurde 1941 nach Oberdorf am Ipf
zwangsumgesiedelt, später deportiert und im Vernichtungslager Treblinka
ermordet.
Überlebt hat die Tochter des Ehepaares Heilbron, Irene verheiratete Wartzki,
die mit ihrem Mann Kurt Wartzki und ihren Kindern nach Kolumbien emigrieren
konnte. 1958 kamen Irene und Kurt Wartzki zurück nach Wiesbaden. Kurt Wartzki
starb hier 1963, Irene kehrte nach Cali/Kolumbien zurück (gestorben
1997).
1948 kehrte Max Pfeffer von Brüssel nach Aalen zurück, um sein Geschäft
weiterzutreiben. 1967 wanderte er nach Italien aus.
Am 21. Februar 2018 wurde durch den Künstler Gunter Demnig in der
Bahnhofstraße 18 sieben "Stolpersteine" für die Familie Heilbronn
verlegt (Eduard Heilbronn, Frieda Heilbron geb. Stern, Wilhelm (Willi) Heilbron,
Irene Wartski-Heilbron, Inge Wartski-Heilbron, Werner Wartski-Heilbron) sowie in
der Oesterleinstraße 10 ein "Stolperstein" für Fanny Kahn geb. Kahn.
Eine zweite Verlegung von "Stolpersteinen" fand am 3. Juli 2019 statt, darunter
für Norbert Tugendhat in der Rombacher Straße 30 (Schubart-Gymnasium) und die
Mitglieder der Familie Pappenheimer in der Bahnhofstraße 23 (Heinz Pappenheimer,
geb. 1900; Ida Ilse Pappenheimer geb. Grünewald, geb. 1902, Siegfried
Pappenheimer, geb. 1925 und Ruth Pappenheimer, geb. 1928).
Vgl. Wikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Aalen
Fotokarten des Warenhauses
Ed. Heilbron
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller,
Kirchheim/Ries)
Obige Karte
mit dem Blick auf das Warenhaus Ed. Heilbron von der Wilhelm-Zapf-Straße aus
(ehemalige "Olgastraße", was auch am Haus zu lesen ist) datiert in die Zeit
um 1915. Als Fotograf wird "Hofphotograf J. van Daalen" angegeben.
Vermutlich gibt das Foto eine Szene einer an einem Festumzug teilnehmenden
Gruppe wieder.
1903 gründete das Ehepaar Eduard und Frieda Heilbron in der Bahnhofstraße 18
das "Warenhaus Eduard Heilbronn". Das Warensortiment waren Manufakturwaren,
Herren- und Damenkonfektion, Wäsche, Kurz-, Weiß- und Wollwaren,
Haushaltsartikel, Spielwaren und Geschenkartikel, die in zwei Stockwerken
des viergeschossigen Hauses zum Verkauf präsentiert wurden. Wegen
zunehmenden Anfeindungen und Repressalien gab Eduard Heilbron 1931 sein
Geschäft in Aalen auf und verzog nach Wiesbaden.
Obige Karte
des (ehemaligen) Warenhauses Ed. Heilbron ist von der Bahnhofstraße aus
aufgenommen und datiert aus dem Jahr 1942.
Anzeige zum Verkauf von
Korbmöbeln
durch Fanny Kahn in Aalen (1927) (aus der Sammlung von Peter Karl Müller,
Kirchheim/Ries)
Die Werbeanzeige erschien in
der
"Aalener Volkszeitung" vom 9. September 1927
Karte aus den USA an
Fanny Kahn in Aalen (1940!) (aus der Sammlung von Peter Karl Müller,
Kirchheim/Ries)
Die Karte an
Fanny Kahn in Aalen wurde ein gutes Jahr vor ihrer Zwangsumsiedlung nach
Oberdorf aus Los Angeles von ihrem Bruder Karl Kahn geschrieben. Karl Kahn
hat die Karte in Los Angeles am 27. Mai 1940 geschrieben. Text der Karte: "Los
Angeles – May 27th 40. Liebe Fanny ! Eben kam deine Karte vom 4/5 (= 4. Mai)
an und wir freuen uns sehr, dass es dir verhältnismäßig gut geht. Bei diesem
schönen Frühlingswetter werden auch deine gesundheitlichen Beschwerden
nachgelassen haben. Es hat mich sehr beruhigt, dass Recha Dir wegen der von
mir veranlassten Angelegenheit günstigen Bescheid gegeben hat, und ich
hoffe, dass inzwischen Hilfe für Dich eingetroffen ist. Für deine
Geburtstagswünsche haben ich und Heinz Dir in einem langem Brief bestens
gedankt, und das eine Liebesgabenpaket war ein Geburtstagsgeschenk für Dich
und das andere war für Weihnachten. In einem Brief lag auch ein Bild von
mir, das Heinz auf einem Ausflug aufgenommen hat. Uns geht es allen
unberufen weiter gut. Hoffentlich hören wir bald wieder Gutes von Dir. Von
Heinrich Herrmann habe ich inzwischen auch einen längeren Brief erhalten.
Jakob Gidion kommt mit guten Bekannten von uns aus Elberfeld öfters
zusammen. Für heute weiss ich nichts weiter zu berichten. Sei von uns allen
herzlichst gegrüßt - dein Bruder Karl."
Februar 2017:
Stolpersteine sollen verlegt werden Anmerkung: Für Willi Heilbron (geb. 1904 in Aalen als Sohn des
Warenhausbesitzers Eduard Heilbron und der Frieda geb. Stern) soll am
künftigen VR-Bank-Platz ein erster Stolperstein verlegt werden. Heilbron
war geistig behindert und lebte in der Heil- und Pflegeanstalt in Stetten
im Remstal. 1940 wurde er in Grafeneck ermordet. Ein zweiter Stolperstein
soll für Fanny Kahn verlegt werden, die in der heutigen Oesterleinstraße
lebte und über Oberdorf in das Ghetto Theresienstadt deportiert
wurde.
Artikel von Ulrike Schneider in der "Schwäbischen Post" vom 6.
Februar 2017: "Stolpersteine jetzt auch in Aalen. Holocaust.
Eine Initiative will am künftigen VR-Bank-Platz an der Bahnhofstraße an
den Juden Willi Heilbron mit einer solchen Gedenktafel
erinnern...."
Februar 2018:
Erste Stolpersteine wurden in Aalen
verlegt
Artikel von Tobias Dambacher in der "Schwäbischen Post" vom 22.
Februar 2018: "Starkes Zeichen des Gedenkens. Mahnmal. Die ersten Stolpersteine
wurden in Aalen verlegt. Sie erinnern an Fanny Kahn und Mitglieder der
Familie Heilbron - von Nazis ermordete Aalener..."
Artikel
in der Eingangsseite der "Schwäbischen Post" vom 22. Februar
2018 mit Hinweis auf den anderen Artikel (Seite 9).
Zu Norbert Tugendhat: Otto Norbert Julius Tugendhat wurde am
10. November 1896 in Großeislingen (Stadtteil Eislingen/Fils) als Sohn von
Bruno Arthur Tugendhat und seiner (ersten) Frau Friederike geb. Geiringer geboren
(zur Familie vgl. Informationen in
der Seite zu Eislingen; der Vater war Generaldirektor der Papierfabrik
Unterkochen). In seiner Schulzeit am Schubart-Gymnasium in Aalen ist Norbert
positiv aufgefallen und wurde von seinen Mitschülern geachtet. Er machte
1914 sein Abitur in Aalen.
Bruno Arthur Tugendhat heiratete nach dem Tod seiner ersten Frau (1910)
erneut und hatte mit seiner zweiten Frau Martha Frieda geb. Rieger (geb.
1896) drei Töchter: Lieselotte (geb. 1920) und die Zwillinge Anneliese und
Annemarie (geb. 1922). Anneliese und Annemarie wurden in den 1930er-Jahren
an der Schule in Aalen ausgegrenzt und 1935 oder 1936 als "Halbjuden" vom
Unterricht aus der Schule ausgeschlossen. Daraufhin zog die Familie nach
Stuttgart.
Norbert Tugendheit heiratete am 19. Mai
1923 in Hamburg Anna geb. Löw (geb. 2. September 1894 in Wien) und
emigrierte 1939 nach Paris. Norbert wurde am 31. Juli 1944 nach Auschwitz
deportiert, kam von dort nach Stutthof und danach in das
KZ Hailfingen im November 1944.
Anfang Dezember starb er an einer fiktiven Todesursache, der
Herzmuskelschwäche. Sein Leichnam wurde im Krematorium im Reutlinger
Friedhof eingeäschert. Norberts Frau Anna geb. Löw wurde in Auschwitz
ermordet.
Flyer zur Verlegung der
"Stolpersteine" mit Wiedergabe der Seiten zu Norbert Tugendhat und Familie
Pappenheimer:
Fotos von der Verlegung im Februar 2018:
(Fotos: Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries)
Der Künstler
Gunter Demnig wird interviewt
- hier am Ort der Verlegung für Fanny Kahn geb. Kahn
Stolperstein für Fanny
Kahn
geb. Kahn (1871-1942)
Eröffnung der Veranstaltung
zur Stolpersteinverlegung
mit OB Thilo Rentschler (Aalen) )
Während der Rede von Klaus
Knopp, einer
der Initiatoren der Stolpersteininitiative Aalen
Während der Rede von Erwin
Hafner, ehemaliger
Chefredakteur der "Schwäbischen Post"
Die Fotos zeigen das
große öffentliche Interesse
an der "Stolpersteine"-Verlegung in Aalen
Gunter Demnig bei der
Verlegung der
"Stolpersteine" für Familie Heilbron
Zahlreiche
Interessierte auch an der zweiten Station mit der Verlegung der
"Stolpersteine" für Familie Heilbron;
oben OB Rentschler bei der Ansprache
Fotos der
insgesamt sieben Schüler, die Texte zu den sieben Familienmitgliedern der
Familie Heilbron lesen
Rede von Volkmar Wieland,
Mitglied
der Stolpersteininitiative Aalen
Die sieben Stolpersteine
für
Angehörige der Familie Heilbron
Fotos von der Verlegung im Juli 2019
(Fotos: Werner Dombacher)
Artikel in der "Schwäbischen Zeitung" vom 1. Juli 2019: "Neue Stolpersteine
werden verlegt An diesem Mittwoch (sc. 3. Juli 2019) sollen in Aalen weitere
Stolpersteine zur Erinnerung an von den Nazis ermordete Mitbürger verlegt
werden.
Im Gedenken an die vom Nazi-Regime verfolgten, vertriebenen und ermordeten
Mitbürgerinnen und Mitbürger laden die Initiative 'Stolpersteine in Aalen' und
die Stadt Aalen an diesem Mittwoch, 3. Juli, zur zweiten Verlegung von
Stolpersteinen durch Gunter Demnig ein. Gleichzeitig wird zur Abendveranstaltung
mit Gunter Demnig 'Stolpersteine – Spuren und Wege' im evangelischen
Gemeindehaus um 19.30 Uhr eingeladen.
Die Verlegung der Stolpersteine erfolgt am Mittwoch nach folgendem Zeitplan: um
14.30 Uhr für Norbert Tugendhat in der Rombacher Straße 30 am Aalener
Schubart-Gymnasium; um 15.15 Uhr für Karl Schiele in der Hofherrnstraße 28 in
Hofherrnweiler; um 16.15 Uhr für Karolina Fürst in der Dewanger Straße 36 in
Fachsenfeld; um 17.15 Uhr für die Familie Pappenheimer in der Bahnhofstraße 23
in Aalen und um 17.45 Uhr für Johannes Schneider in der Beinstraße 22 in Aalen.
Die Verlegestellen werden mit einem Bus angefahren. Diese zweite
Stolpersteinverlegung in Aalen erfolgt unter Mitwirkung der Klasse 9c des
Schubart-Gymnasiums sowie des Leistungskurses Musik der Schule."
Link zum Artikel Anmerkung: nur bei Familie Pappenheimer und bei Norbert Tugendhat handelt es
sich um jüdische Opfer der NS-Zeit
Gunter Demnig bei
der Verlegung
Musikalische
Umrahmung
Stolperstein für
Norbert Tugendhat
Stolpersteine für die
Angehörigen
der Familie Pappenheimer
Video zur jüdischen Geschichte im
Ostalbkreis (eingestellt 12/2023) Erstellt vom Landratsamt des Ostalbkreises: Pressetext zur
Vorstellung: "Im Frühjahr 2019 wurde auf Initiative des Ostalbkreises in der
ehemaligen Synagoge in Bopfingen-Oberdorf ein Netzwerk aller Archivare und
Bürgermeister der Städte im Ostalbkreis aus der Taufe gehoben, die Spuren
jüdischen Lebens aufweisen. Ziel war es, angesichts spürbar zunehmender
antisemitischer Stimmungen alle Kräfte zu bündeln und jüdisches Leben im Kreis
sichtbar zu machen. Die Kooperation hat drei Kerninhalte, wie Landrat Dr.
Joachim Bläse bei einem der Treffen zusammenfasste: 'Wir wollen schützen,
bewahren, erforschen und voneinander lernen, und wir wollen jüdische Geschichte
im Ostalbkreis vielen Menschen, vor allem unsere Jugendlichen, transparent und
leicht zugänglich machen.'
Dafür wurde vom Netzwerk gemeinsam mit Kollektiv K ein rund 15-minütiger Film
erstellt, der die "Jüdische Geschichte im Ostalbkreis" kompakt und anschaulich
vermittelt: Seit dem Mittelalter ist jüdisches Leben im Ostalbkreis nachweisbar.
In Archiven und Museen sind noch Relikte zu finden, was aber ist heute noch in
den Städten und Gemeinden präsent? Eine Spurensuche nach Menschen, Häusern und
Geschichten".
Germania Judaica Band II. Von 1238 bis zur Mitte des
14. Jahrhunderts. Hrsg. von Zvi Avneri. Teilband 1 S. 2.
Württembergisches Städtebuch. Unter Mitwirkung der
Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg und des
Statistischen Landesamts Baden-Württemberg hg. von Erich Keyser, Stuttgart
1962. S. 34-35.
Karlheinz Bauer: Juden im Raum Aalen. In:
Geschichts- und Altertumsverein Aalen e.V. (Hrsg.): Aalener Jahrbuch 1984.
Konrad Theiss Verlag Stuttgart 1984. S. 302-344.
Quellen:
Hinweis
auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Schwäbisch
Gmünd (mit Schorndorf und Aalen)
In diesem Verzeichnis findet sich unter Stichwort "Filiale
Aalen" ein Familienblatt zu Familie Heinz Pappenheimer mit Frau Ilse
geb. Grünewald und den Kindern Siegfried und Ruth
(siehe links). Weitere Informationen (auf Grund der Recherchen von Werner Dombacher,
mitgeteilt am 12. Juli 2019): Heinz Pappenheimer(geb. 14. März 1900 in
Nördlingen als Sohn von
Moritz Pappenheimer und Mathilde geb. Holzer, weitere Informationen
siehe Familienblatt)
war verheiratet seit dem 25. Dezember 1924 in Ansbach
mit Ida Ilse geb. Grünewald (geb. 20. Juni 1902 in Nastätten
als Tochter von Hermann Grünewald und Amalie geb. Stern; beide nach
den Deportationen umgekommen). Heinz und Ilse Pappenheimer hatten zwei
Kinder: Siegfried (geb. 21. Oktober 1925 in Nördlingen)
und Ruth (geb. 3. Juni 1928).
Heinz Pappenheimer war bereits 1921
in Aalen gemeldet und führte dort das Geschäft von Moritz Pappenheimer in
der Friedrichstraße/Ecke Gartenstraße. Das Geschäft lief aber vorzeitig aus,
er kehrte deshalb im August 1922 wieder nach Nördlingen zurück. Am 22. Oktober 1924
eröffnete er in Aalen ein Textilgeschäft in der Bahnhofstraße 19, wo er auch wohnte
(Eintrag Oktober 1924 im Handelsregister). Am 2. Dezember 1925 wurden die
Geschäftsräume um das Gebäude in der Bahnhofstraße 23/Ecke Beinstraße
erweitert. Später wurden die Räumlichkeiten in der Bahnhofstraße 19
aufgegeben. Ab September 1927 wohnte die Familie in der Bahnhofstraße 51. In der NS-Zeit musste am 9. August 1938 das Textilgeschäft in
Aalen (Bahnhofstraße 23) auf Druck der NSDAP verkauft werden, die Übergabe
war laut Kaufvertrag zum 9. November 1938 vereinbart worden; Ida Ilse
Pappenheimer sollte noch bis zum Januar 1939 die neuen Besitzer
"einarbeiten". Am 12. November 1938 wurde Heinz Pappenheimer in das KZ
Dachau deportiert und erst wieder am 5. Januar 1939 entlassen mit der
Auflage, möglichst bald Deutschland zu verlassen. Bereits vor seiner
Verschleppung hatte sich Heinz Pappenheimer um ein Palästina-Zertifikat
bemüht, die Beantragung musste dann seine Frau vollenden, während er in Dachau
war. Für ein solches Palästina-Zertifikat mussten die Pappenheimer ca. 20.000 RM
aufbringen. Bis Mitte Februar 1939 räumten die Pappenheimer ihre Wohnung in
Aalen und zogen dann nach Frankfurt in die Wohnung, wo auch die Eltern von
Ida Ilse (Ehepaar Hermann und Amalie Grünewald und deren Tochter Nelly)
wohnten. Ein Teil des Mobiliars wurde in Aalen per Spedition nach Hamburg
transportiert zur Verschiffung nach Palästina. Im Juli 1939 wurden die
Pappenheimer vom Hausbesitzer in Aalen endgültig abgemeldet. Die Ausreise
erfolgte von Frankfurt aus über die Schweiz und am 5. August
1939 ab Genua per Schiff ins damalige
Palästina.
Als Tochter Ruth 1937 vom weiteren Schulbesuch in Aalen
widerrechtlich ausgeschlossen wurde, erhielt sie zunächst Privatunterricht.
Ab Mitte 1938 besuchte sie das Heinemannsche Institut in Frankfurt/Main. Als
ihr Vater am 12. November 1938 ins KZ Dachau verschleppt wurde, holzt sie
ihre Mutter wieder nach Aalen zurück. Vermutlich war sie dann aber ab Januar, spätestens ab Februar 1939 wieder in
Frankfurt. Von dort reise sie mit ihren Eltern dann im Juli 1939 nach
Palästina/Israel aus.
Sohn Siegfried war seit April 1936 im
Waisenhaus Wilhelmspflege in
Esslingen untergebracht, weil er im Frühjahr 1936 als Jude das Gymnasium
nicht mehr besuchen durfte. Nach kurzem Aufenthalt wechselte er auf
Internate in Italien. Im Oktober 1938 kam er nach Aalen zurück und am 26. Januar 1939 wurde er in ein Kinderheim in Frankfurt
(jüdisches Kinderheim der Flersheim-Sichel-Stiftung in der Ebersheimstraße
5) geschickt mit
dem Ziel, dass er per Kindertransport nach England ausreist. Die Ausreise
erfolgte laut Hausstandsbuch am 5. Juni 1939.
Ilse Pappenheimer ist am 25. April 1945 in Jerusalem gestorben; Heinz
Pappenheimer verstarb 1983 in Israel. Tochter Ruth verheiratete Mire starb
Januar 2017 in Haifa/Israel, Siegfried (Shimon) Pappenheimer ist 1995
gestorben.