Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Wildeshausen (Kreis Oldenburg) 
mit Orten der Umgebung 
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
  -  Bericht über die jüdische Gemeinde und ihren Lehrer (1872) 
  -  Hinweise zu einzelnen Personen   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde      
   
In Wildeshausen bestand eine kleine jüdische Gemeinde bis 1938/40. Bereits im Mittelalter lebten Juden in der Stadt. Allerdings ist aus dieser Zeit nur bekannt, dass am 21. Juni 1350 Rat und Gemeinde die Vertreibung der Juden durchsetzten. Der erzbischöfliche Vogt, der den Judenschutz wahrzunehmen hatte, beschlagnahmte das Vermögen der Juden und teilte es zur Hälfte mit der Stadt.  
  
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in die Zeit Anfang des 18. Jahrhunderts zurück. 1704 erhielten die Juden Wolff Levi und Benedix Lazarus das Recht, sich in der Stadt als "Schutzjuden" niederzulassen. 1715 waren drei jüdische Familien in der Stadt. 1785 wurden 19 jüdische Einwohner in vier Familien gezählt. gezählt. 1794 konnte Heim Abraham ein Haus und im folgenden Jahr das Bürgerrecht erwerben. Mit den christlichen Kaufleuten und Handwerkern gab es bis Mitte des 19. Jahrhunderts immer wieder Konflikte um Handelsrechte.    
  
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1816 33 jüdische Einwohner (von insgesamt 1.748 Einwohnern), 1837 36, 1855 55 (von 1.916 Einwohnern), 1865 Höchstzahl von 72 (von ca. 2.000), 1875 34, 1895 29, 1910 15. Die jüdischen Gewerbetreibenden waren als Kauf- und Handelsleute tätig, doch gab es auch einzelne Handwerker (Metzger, aber auch Schneidermeister Simon Herz Rennberg, der seit 1837 in Wildeshausen war). Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts besserten sich die Beziehungen zwischen jüdischen und christlichen Familien in der Stadt. 1859 wurde der Kaufmann Abraham Heinemann in den Stadtrat gewählt.   
  
Zur jüdischen Gemeinde in Wildeshausen gehörten auch die wenigen, zeitweise in Dötlingen, Kirchhatten, Huntlosen und Großenkneten lebenden jüdischen Personen.
    
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (jüdische Elementarschule bis 1872, danach Religionsschule, Schulzimmer im Synagogengebäude), ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war: 1872 wird in einem Bericht (siehe unten) über den jüdischen Lehrer Fritz Frank berichtet, der damals bereits 25 Jahre in der Gemeinde tätig war und zum 1. Mai 1872 die Stelle eines zweiten Lehrers an der Rektorschule in Wildeshausen übertragen bekam. Seit der Zeit um 1900 erteilte der jüdische Lehrer aus Delmenhorst den Religionsunterricht in Wildeshausen.  
  
Jüdische Gemeindevorsteher waren insbesondere der Kaufmann Abraham Heinemann (1835-1884), der Textilkaufmann Julius Heinemann (1884-1911) und der Schlachter Moritz de Haas (1911-1939).   
  
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Salomon de Vries (geb. 15.4.1886 in Oldenburg, gef. 1.10.1918).   
 
Um 1924 gehörten zur Gemeinde 18 Personen. 1932 waren es 17 in vier Familien. Den Gemeindevorstand bildeten der bereits genannte Moritz des Haas (1. Vors., Westerstraße 101) und die Beisitzer Bernhard de Haas und Alfred Heinemann. Zur jüdischen Gemeinde gehörte 1932 noch ein jüdischer Einwohner in Großenkneten.   

1933 lebten noch 20 jüdische Personen in Wildeshausen. In den folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Lehrer Theodor Cohn (Vater war jüdisch) wurde im Mai 1933 aus dem Schuldienst entlassen. Die beiden jüdischen Schüler (Ruth und Fritz de Haas) in Wildeshausen mussten ab Oktober 1937 die jüdische Bezirksvolksschule in Oldenburg besuchen. Seit 1937/38 wurde die jüdischen Viehhändler Moritz und Carl de Haas vom Viehmarkt ausgeschlossen. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört. die fünf jüdischen Männer in der Stadt wurden in das KZ Sachsenhausen verbracht und dort bis Anfang 1939 festgehalten. Am 1. September 1939 lebten noch zehn jüdische Personen in der Stadt. Bis Mitte Mai 1940 mussten sie (zuletzt noch Alfred Heinemann und Golda Herzberg) - mit den Juden des Oldenburger Landes und Ostfrieslands - Wildeshausen verlassen. Sie wurden in "Judenhäusern" in Bremen zusammengepfercht und im November 1941 nach Minsk deportiert.     
  
Von den in Wildeshausen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Bernhard de Haas (1882), Fritz de Haas (1925), Helene de Haas geb. Gimnicher (1883), Moritz de Haas (1884), Ruth de Haas (1927), Sophie de Haas geb. van der Zyl (1883), Alfred Heinemann (1886), Golda Herzberg (1884), Harry (Hermann Herz) Renberg (1877), Joel Renberg (1876), Else Rosenbaum geb. Heinemann (1890), Frieda de Vries (), Jenny de Vries (), Jonny de Vries. 
  
Nach Kriegsende wurde der 1933 aus Grund seines jüdischen Vaters entlassene Lehrer Theodor Cohn, der mehrere Zwangsarbeitslagern überlebt hatte, im Dezember 1945 von der britischen Besatzungsmacht zum Bürgermeister, danach zum Stadtdirektor ernannt. Der in "Mischehe" lebende Carl de Haas, der noch Anfang 1945 mit seinem Sohn nach Theresienstadt deportiert wurde, kehrte mit seiner Familie nach Wildeshausen zurück; 1961 verzog die Familie aus Wildeshausen.     
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde    
       
Berichte über die jüdische Gemeinde und ihren Lehrer
 
Anmerkung: Lehrer Fritz Frank war seit 1847 Lehrer in Wildeshausen. 1872 wurde die von ihm bis dahin geleitete jüdische Elementarschule geschlossen. Danach gab es nur noch eine Religionsschule am Ort.   

Wildeshausen Israelit 31071872.jpg (55044 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Juli 1872: "Aus dem Oldenburgischen. Die kleine Gemeinde Wildeshausen, bestehend aus 7 Familien, hat seit 25 Jahren einen sehr wackern und tüchtigen Lehrer namens Frank. Als die letzten Schüler am Pessach die Schule verlassen, ist demselben die Stelle eines zweiten Lehrers an der dortigen Rektorschule übertragen worden. Doch ist er Sonnabends und an jüdischen Feiertagen vom Dienste suspendiert, bleibt also bei der Gemeinde nach wie vor als Kantor und Schächter.  
Am 1. Mai hat derselbe die Stelle angetreten. Ein solcher Fortschritt verdient in Ihrem vielgelesenen Blatte wohl eine Stelle. Dr. Nathanson."   

         
Hinweise zu einzelnen Personen 
Quelle: insbesondere Paul Arnsberg: Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der Französischen Revolution. 1983. Band 3: Biographisches Lexikon S. 182-185.

Heinrich Heinemann (geb. 1844 in Wildeshausen, gest. 1898 in Frankfurt), Sohn des Kaufmanns Abraham Heinemann (Wildeshausen), promovierte 1864 in Tübingen zum Doktor phil., war 1865 bis 1867 Lehrer an der Realschule der Israelitischen Religionsgesellschaft in Frankfurt, gleichzeitig Rabbinatsassessor (Dayan) der Israelitischen Gemeinde Frankfurt, später Ehren-Dayan der Israelitischen Gemeinde (Synagoge Börneplatz); war eine der Hauptstützen der Gemeindeorthodoxie in Frankfurt, eng befreundet mit dem konservativen Gemeinderabbiner Dr. Markus Horowitz; ab 1867 Leiter des seitdem so genannten Dr. Heinemann'schen Instituts in Frankfurt (Höhere Schule für israelitische Mädchen).
In erster Ehe verheiratet mit Dorothea (Debora, Dorette) geb. Japhet (geb. 1849 in Wolfhagen als Tochter von Israel Meyer Japhet, gest. 1880 in Frankfurt), mit der er drei Kinder hatte.
In zweiter Ehe - seit 1881 - verheiratet mit Ida geb. Mayer (geb. 1855 in Mainz, gest. nach September 1935 in Frankfurt), Lehrerin an der von Dorothea Heinemann in Frankfurt gegründeten jüdischen Töchterschule der Israelitischen Religionsgesellschaft (Höhere Töchterschule und Pensionat, "Dr. Heinemannsches Mädchenpensionat").   
Genealogische Informationen zu Heinrich Heinemann und Familie siehe https://www.geni.com/people/Heinrich-Heinemann/6000000008799171562  
Heinrichs Sohn aus erster Ehe: Isaak Heinemann (geb. 1876 in Frankfurt, gest. 1957 in Jerusalem): studierte in Straßburg, Göttingen und Berlin; war klassischer Philologe, jüdischer Gelehrter und Religionsphilosoph: 1919 bis 1938 Dozent am Jüdisch-theologischen Seminar in Breslau, seit 1939 Professor an der Hebräischen Universität Jerusalem.  
(vgl. Wikipedia-Artikel zu Isaak Heinemann).   

     
     
 
  
  
Zur Geschichte der Synagoge      
   
Zunächst war ein Betsaal in einem der jüdischen Wohnhäuser eingerichtet. Bis 1830 war dieser im Wohnhaus der Familie Heinemann.  
 
1830 konnte die jüdische Gemeinde eine Scheune im Zentrum der Stadt erwerben und sie zu einem jüdischen Gemeindezentrum mit Betraum (Synagoge), Schulzimmer und Lehrerwohnung umbauen. Zur Finanzierung des Umbaus musste die Gemeinde einen Kredit von 700 Rtlr. aufnehmen. Der genaue Einweihungstermin (vermutlich Anfang November 1830) ist nicht bekannt. 
  
Über 100 Jahre war das Synagogengebäude in der Huntestraße 30 Mittelpunkte des jüdischen Gemeindelebens in der Stadt. 
  
Beim Novemberpogrom 1938 wurde das Synagogengebäude durch SA- und Feuerwehrangehörige am helllichten Tag und vor zahlreichen Zuschauern zerstört, obwohl das Gebäude kurz zuvor für 1.500 Reichsmark an einen Bäckermeister in der Nachbarschaft verkauft und von der jüdischen Gemeinde geräumt worden war. Aus den Holzständern des Fachwerkbaus wurde später eine Scheune errichtet.    
   
1997 wurde gegenüber dem Standort der ehemaligen Synagoge eine Granitstele des Künstlers Carsten Bruhns aufgestellt, die bei einem Anschlag im Juni 2004 zerstört wurde. Die Täter konnten ermittelt und verurteilt werden. Eine neue Stele (Replikat) wurde durch Bruhns hergestellt und im Januar 2006 zum Holocaust-Gedenktag aufgestellt. Im "Durchblick" der Stele ist der Satz zu lesen: "Und wir standen alle da und schauten zu", im Geschichtsband: "10.11.1938 Zerstörung der Synagoge". Dazu sind die Namen von ehemaligen jüdischen Familien der Stadt eingraviert.      
       
       
Adresse/Standort der Synagoge:   Huntestraße 30  
      
      

Fotos
(Quelle: Synagogenfoto in den Beiträgen von Werner Meiners s.Lit. die beiden anderen Beiträge im Historischen Handbuch s.Lit.)   

Die Synagoge in Wildeshausen 
(1830-1938; Aufnahme von 1921)
Wildeshausen Synagoge 110.jpg (38464 Byte)
  Das Gebäude wurde beim 
Novemberpogrom 1938 zerstört 
 
     
Erinnerungen an das Miteinander 
von Christen und Juden in der Stadt 
Wildeshausen F 120.jpg (104671 Byte) Wildeshausen F 121.jpg (50916 Byte)
  Boxstaffel der Sportvereins Wittekind in
 Wildeshausen um 1928 - 7.von links: Arthur
 Goldstein, 8. von links: Adolf van der Zyl
Plakette für den Schützenkönig von
 Wildeshausen aus dem Jahr 1865 für den
 jüdischen Kaufmann Louis

     
      
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  

November 2010: Auf den Spuren der jüdischen Geschichte in Wildeshausen   
Artikel in der "kreiszeitung.de" vom 9. November 2010 (Artikel): "Gestern Gedenken in der Innenstadt. Überall jüdische Spuren
WILDESHAUSEN (dr) · In der Innenstadt von Wildeshausen finden sich an vielen Stellen Spuren jüdischen Lebens. An vielen geht man achtlos vorbei. Das soll sich ändern. Gestern startete der erste Erinnerungsgang mit 50 Teilnehmern.
Der Arbeitskreis für Demokratie und Toleranz im Präventionsrat der Stadt Wildeshausen hatte den Gang zusammen mit Peter Heinken vom Bürger- und Geschichtsverein erarbeitet. An 16 Stationen wird daran erinnert, dass Juden einst geachtete Bürger in der Wittekindstadt waren, dann aber zunehmend geächtet und schließlich vertrieben wurden. Dieser Weg soll schon bald für alle nachvollziehbar werden, wenn die Informationen zu den jeweiligen Stationen niedergeschrieben sind.
Gestern referierten sachkundige Bürger über alte Häuser und Wirkungsstätten wie die Synagoge. Erste Station war der jüdische Friedhof, auf dem Gideon Riehtmüller auf die höchste Stelle der Grabanlage deutete. 'Dort befindet sich der Gedenkstein an die Menschen, die im Dritten Reich in den jüdischen Vernichtungslagern getötet wurden. Hier haben die Opfer ihre Würde gefunden', so Riethmüller. Niemand in diesem Land solle glauben, das die Androhungen von Neo-Nazis leere Worte seien. 'Wir müssen früh mit dem Kampf gegen das Böse beginnen.'
Peter Heinken berichtete vor dem 'Caruso' über die Häuser der Familien Simson Levi Schwabe und Isaak Levi Schwabe an der Huntestraße. 'Simson war im 19. Jahrhundert der bedeutendste Wildeshauser Jude. Er hat neben seinem Haus ein Badeboot in die Hunte gelassen, wo sich die Badewilligen umziehen konnten.' Zur Zeit der beiden Familien, im Jahr 1865, erlebte die jüdische Gemeinde ihre Blüte und hatte 72 Personen. Diese Gläubigen trafen sich in der Synagoge, die sich ebenfalls an der Huntestraße befand. Bis zum 10. November 1938, dem Tag, als das Gotteshaus zerstört wurde. Hartmut Berlinicke und Carsten Bruhns erinnerten an dieses dunkle Kapitel Wildeshauser Geschichte. In der Zeitung, so Berlinicke, habe damals gestanden, dass die Bürger die Synagoge in 'äußerster Disziplin' zerstört hätten. Und Carsten Bruhns zitierte eine Zeitzeugin, deren Lehrer damals den Schülern geraten hatte: 'Geht da mal hin. Da ist was los.' Die Zeitzeugin habe berichtet: 'Wir standen und sahen zu.'
In Erinnerung an die Synagoge schuf Carsten Bruhns eine Stele, in die die Namen der jüdischen Familien Wildeshausens eingeritzt waren. 'Ich habe sie dann mutwillig zu zerstören versucht und die Stele schließlich übergeschliffen, um zu zeigen, dass man, selbst wenn man es will, nicht alles zerstören kann.' In der Tat: Die Namen sind weiter zu lesen, und das Gedenken an Wildeshauser Juden wird ebenfalls nie sterben, so lange es Mitbürger gibt, die immer wieder an sie erinnern."   
   
Seit 2009: Bemühungen um die Verlegung von "Stolpersteinen" in Wildeshausen   
Wildeshausen flyer Sto 10.jpg (65135 Byte)Links: Flyer des Arbeitskreises "Für Demokratie und Toleranz" im Präventionsrat der Stadt Wildeshausen: 
"Stolpersteine für Wildeshausen"   
Seit 2009 verfolgt der Arbeitskreis "Für Demokratie und Toleranz" das Projekt "Stolpersteine" des Kölner Künstlers Gunter Demnig. Nach den Forschungen des Arbeitskreises wird derzeit (Mai 2011) von 13 Personen ausgegangen, für die ein Stolperstein in Wildeshausen verlegt werden soll. Diese sind: 
Westerstraße 24: Moritz de Haas und Sophie de Haas, geb. van der Zyl  
Huntestraße 26: Alfred Heinemann und Golda Herzberg  
Sögestraße 16: Arthur Goldstein  
Sägekuhle 3: Bernhard de Haas, Helene de Haas, geb. Gimnicher   Fritz de Haas, Ruth de Haas und Karl de Haas  
Sägekuhle 3: Jenny de Vries, Jonny de Vries und Frieda de Vries  
 
Mai 2011: In Wildeshausen sollen "Stolpersteine" verlegt werden   
Artikel von "dr." in "kreiszeitung.de" vom 18. Mai 2011 (Artikel): "Arbeitskreis 'Für Demokratie und Toleranz' regt Aktion für Wildeshausen an
'Stolpersteine' sollen an das Leid erinnern. 
Wildeshausen
- Es gibt zwar Erinnerungsstellen in der Stadt Wildeshausen, die auf jüdisches Leben bis zum Holocaust verweisen. Doch oft werden sie gar nicht als diese wahrgenommen, wie beispielsweise die Stele an der Stelle, wo früher eine jüdische Synagoge stand. Nun sollen aber nach Möglichkeit 'Stolpersteine' an ehemalige Mitbürger erinnern, die Opfer der NS-Gewaltherrschaft wurden.
Stolpern im tatsächlichen Sinn soll in der Wildeshauser Innenstadt niemand. Muss er auch nicht, weil die Steine so in die Straße eingefügt werden, dass sie kein Hindernis bilden. Es geht eher darum, gedanklich zu stolpern, sich an Menschen zu erinnern, die Opfer eines fremdenfeindlichen Weltbildes wurden.
Der Künstler Gunter Demnig aus Frechen hat die Aktion 'Stolpersteine' 1992 ins Leben gerufen. Mit den Steinen soll an die Verfolgten und Ermordeten der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft erinnert werden. Das betrifft Juden ebenso wie Sinti und Roma, Behinderte, Homosexuelle und politisch Andersdenkende. Seit Beginn der Aktion wurden über 28 000 Steine bundesweit verlegt. Sie liegen im Bürgersteig vor den Häusern, in denen die Opfer ihre letzte freiwillig gewählte Wohnung hatten.
Seit über zwei Jahren befasst sich der Arbeitskreis 'Für Demokratie und Toleranz' im Präventionsrat der Stadt Wildeshausen mit der Idee, auch in der Kreisstadt 'Stolpersteine' zu verlegen. Mit Hammer und Schlagbuchstaben meißelt Gunter Demnig die Schrift in eine Metallplatte und verankert diese dann auf einem zehn mal zehn Zentimeter großen Betonstein, der so im Bürgersteig verlegt wird, dass nur noch die Messingplatte zu sehen ist. Auf der Platte sind Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Deportationsjahr und -ort sowie Angaben zum Schicksal wie 'Tot' oder 'Ermordet' angegeben.
In Wildeshausen wird derzeit von 13 Personen ausgegangen, für die ein 'Stolperstein' verlegt werden soll (siehe Kasten). Der Arbeitskreis 'Für Demokratie und Toleranz' hat im Bürger- und Geschichtsverein der Stadt einen Kooperationspartner für Verfolgung und Umsetzung des Projektes gefunden. Morgen befasst sich der Bau- und Umweltausschuss in öffentlicher Sitzung mit dem Antrag des Arbeitskreises. Ingeborg Jacoby wird das Projekt vorstellen. dr."   
 
Artikel von "sti" in new-online.de vom 21. Mai 2011 (Artikel): "'Den Opfern der NS-Zeit ihr Gesicht zurückgeben'
Breite Zustimmung im Wildeshauser Ausschuss für Projekt 'Stolpersteine' des Präventionsrates. 
Wildeshausen
- 'Wir müssen der Opfer der NS-Diktatur gedenken', sagte Hermann Hitz (UWG). Christa Plate und Günter Lübke (beide CDU) fanden vor allem gut, dass die Schulen eingebunden werden sollen. Verbunden mit großem Lob für die Initiative gab der Bau- und Umweltausschuss das Projekt 'Stolpersteine' des Arbeitskreises 'Für Demokratie und Toleranz' im Präventionsrat auf den Weg.
Ziel ist es, in Wildeshausen 13 kleine Betonsteine, versehen mit einer Metallplatte in den Boden zu verlegen (die NWZ berichtete). Die 'Stolpersteine' sollen die Verfolgung und die Morde der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft thematisieren. Sie sollen dort verlegt werden, wo die jüdischen Opfer ihre letzte frei gewählte Wohnung in Wildeshausen hatte, erläuterte Ingeborg Jacoby vom Arbeitskreis. Bei dem Projekt handele es sich quasi um ein bundesdeutsches Gesamtkunstwerk des Künstlers Gunter Demnig aus Köln. 
Die Steine sollen im November in zeitlicher Nähe zum 'Erinnerungsgang' anlässlich des Gedenkens an die Novemberpogrome 1938 verlegt werden. Zudem wolle der Präventionsrat den Künstler für einen Vortrag gewinnen. Jeder Stolperstein, der bündig zum Bürgersteig eingesetzt werde, koste 95 Euro. Dafür sollen Paten gefunden werden. Drei Zusagen gebe es schon, erläuterte Jacoby.
'Wir wollen den Personen, die in der NS-Zeit umgekommen sind, ihr Gesicht zurückgeben', sagte Peter Heinken vom Bürger- und Geschichtsverein. Schulen sollten in das Projekt eingebunden werden. So könnten die Schüler sich mit der Lebensgeschichte der NS-Opfer befassen. Spontan entschieden sich Sitzungsteilnehmer zu spenden. Die Fraktionen von CDU und UWG kündigten Patenschaften für einen Stein an. Auch die Ev. Gemeinde und die Gilde wollen sich engagieren."    
 
Zustimmung zu den "Stolpersteinen" im Verwaltungsausschuss der Stadt unter Vorbehalt   
Aus einem Artikel in "kreiszeitung.de" vom 28. Mai 2011 (Artikel): "....Unterstützung signalisierte der Verwaltungsausschuss der Stadt am Donnerstagabend für das Projekt 'Stolpersteine' in Wildeshausen. Die Steine sollen in die Gehwege eingelassen werden. Voraussetzung soll es jedoch sein, dass die erreichbaren Nachkommen der betroffenen Juden vor der Verlegung befragt werden. Sollte ein Nachkomme einer Verlegung der 'Stolpersteine' widersprechen, soll mit Blick auf die Einheitlichkeit des Gedenkens auf eine Verlegung der Steine verzichtet werden" 
    
Artikel von Stefan Idel in der "Nordwest-Zeitung" vom 22. Juni 2011 (Artikel): "Rat muss 'Stolpersteine' beiseite räumen
Geschichte Projekt des Präventionsrates zum Gedenken an NS-Opfer von Jüdischer Gemeinde kritisiert
Die Idee: Ein Gedenken mitten unter Wildeshausern. Riethmüller meint, die Opfer würden mit Füßen getreten.
Wildeshausen -
Jüdisches Leben mitten in Wildeshausen: Mit kleinen 'Stolpersteinen', eingelassen im Bürgersteig vor den letzten freiwillig gewählten Wohnungen der Holocaust-Opfer, sollen Passanten täglich mit dem dunklen Kapitel deutscher Geschichte konfrontiert werden. Die Idee des Arbeitskreises 'Für Demokratie und Toleranz' im Präventionsrat, das Projekt des Künstlers Gunter Demnig in die Kreisstadt zu holen, stieß zunächst auf ungeteilte Zustimmung. Erhebliche Bedenken machen nun aber die Jüdische Gemeinde zu Oldenburg und der Wildeshauser Bodo Gideon Riethmüller, der für den Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen arbeitet, geltend.
In einem Schreiben an alle Ratsmitglieder, das der NWZ vorliegt, bittet Riethmüller, in der Ratssitzung am Donnerstag gegen die Verlegung der Steine zu votieren. 'Weil wir verhindern wollen, dass die Opfer der Shoah ein weiteres Mal erniedrigt und gedemütigt werden.' Riethmüller lobt die 'hervorragende' Aufarbeitung der Geschichte. Darauf könnten die Bürger stolz sein. Eine Stele in der Huntestraße erinnert an die zerstörte Synagoge. Mit dem Jüdischen Friedhof gebe es eine zentrale Gedenkstätte in der Stadt.
Wenn der Arbeitskreis argumentiere, mit den Steinen wolle man den Opfern Namen und Gesicht zurückgeben, sei das 'nicht nachvollziehbar', 'wenn man darauf mit Füßen treten' oder dort Mülleimer abstellen könne. Riethmüller wies auf Alternativen hin: Schilder an früheren Häusern (nach Absprache), eine Gedenktafel am Rathaus oder eine Schule, die den Namen eines Ermordeten trage.
Riethmüller, dessen Mutter im KZ Uchtspringe ermordet worden ist, meint, das 'hochemotionale Thema für Juden wurde scheinbar als hausinterne Angelegenheit' betrachtet. Sara-Ruth Schumann, 1. Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Oldenburg, habe früh gegenüber dem Präventionsrat ihre Bedenken geäußert. Dies sei der Öffentlichkeit vorenthalten worden. 'Was hier abläuft, stellt eine Zumutung für viele Juden dar.' 
Aus Sicht des Arbeitskreises 'Demokratie und Toleranz' stellt die Meinung Riethmüllers 'eine Einzelmeinung' dar, wie Ingeborg Jacoby im Namen des Arbeitskreises vergangene Woche den Ratsmitgliedern schrieb. Der Landesverband selbst nehme eine eher moderate Haltung ein. Der Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Prof. Dr. Salomon Korn, halte die 'Stolpersteine' sogar für ein 'ausgezeichnetes Projekt'. Jacoby: 'Mit den Stolpersteinen erhalten die verfolgten und ermordeten Jüdinnen und Juden wieder einen Platz unter uns.' Die 10 mal 10 Zentimeter großen Steine haben eine Messingtafel mit den Namen der Opfer.
Zur Kritik Riethmüllers wollte sich Jacoby am Dienstag nicht äußern. Sie warte die Entscheidung des Rates ab.
Der Verwaltungsausschuss hatte Ende Mai noch eine salomonische Lösung empfohlen: Danach soll vor der Verlegung der Steine erst das Einverständnis der Nachkommen der Opfer eingeholt werden (die NWZ berichtete). In der Beschlussvorlage für die Ratssitzung heißt es nun: 'Der Rat der Stadt Wildeshausen unterstützt das Projekt 'Stolpersteine' in der Stadt ...'."   
   
Juni 2011: Die "Stolpersteine"-Verlegung wird kontrovers diskutiert    
Leserbrief von Bodo Gideon Riethmüller in der Nordwest-Zeitung von 26.6.2011 (Link): 
"WILDESHAUSEN, 25. Juni 2011. 'Opfer haben diese Art des Gedenkens nicht verdient'
'stolpersteine' Riethmüller über Leserbrief 'außerordentlich erstaunt' – 'Angehörige nicht gefragt'
Wildeshausen
- Mit 'außerordentlichem Erstaunen' hat der Wildeshauser Bodo Gideon Riethmüller, der für den Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen arbeitet, auf den Leserbrief des evangelischen Theologen Dr. Joachim Hahn zum Thema 'Stolpersteine' (NWZ am 23. Juni) reagiert. In einem Brief an Hahn schreibt Riethmüller unter anderem: 'Ich bin über Ihre Argumentation außerordentlich erstaunt. Erstaunt darüber, dass ein Mann mit Ihrer Bildung und Reputation solche nicht nachvollziehbaren Argumente für die Verlegung dieser so genannten ,Stolpersteine‘ ins Feld führt. Sie setzen die Opfer der Shoah mit Ihren verstorbenen Geistlichen gleich. Sie verwechseln bewusst öffentliche Räume, wie Straßen und Marktplätze mit geschlossenen Räumen, wie Kirchen und Kathedralen. Bei Ihren verstorbenen Geistlichen gehe ich davon aus, dass diese eines natürlichen Todes gestorben sind und nicht einer Mordmaschinerie zum Opfer gefallen sind. Ich gehe davon aus, dass auf den Liegeplatten in Ihren Kirchen keine Mülltonne abgestellt werden darf, kein Auto parken darf, und auch kein Hund seine Notdurft dort verrichten darf. Für die Opfer der Shoah wird diese Möglichkeit billigend in Kauf genommen. Wie Sie mit der Erinnerung an Ihre verstorbenen Geistlichen umgehen, ist Ihre Angelegenheit. Da wird sich niemals ein Jude einmischen. Sie maßen sich aber an, nach Gutsherrenart die Opfer der Shoah für sich zu vereinnahmen und darüber zu verfügen. Zu bestimmen, in welcher Form gedacht wird, wohl wissend, dass die Opfer sich nicht wehren können. Die Befindlichkeiten der lebenden Juden werden nicht berücksichtigt. Wer sagt Ihnen denn, dass für die Angehörigen und Nachkommen diese Steine von Bedeutung sind, wenn die Angehörigen nicht einmal gefragt worden sind, ob sie mit der Verlegung solcher Steine auf Straßen und Marktplätzen einverstanden sind? Alternativen zu diesen Stolpersteinen werden nicht gesucht, weil viele Kommunen aus Gedankenlosigkeit handeln oder, weil sie solche, von Ihnen vorgetragenen Argumente bedenkenlos übernehmen, oder weil sie Angst haben, in die rechte Ecke gestellt zu werden, wenn sie sich gegen das Aufstellen der Steine aussprechen. Sie, Herr Dr. Hahn, leisten mit Ihrer Argumentation einen Beitrag dafür, dass die Kommunen auf diesen Zug aufspringen ohne sich ernsthaft mit der Problematik dieser Stolpersteinaktion auseinander zu setzen. Die Opfer der Shoah, die ermordet wurden, nicht umgekommen sind, wie Sie es ausdrücken, haben diese Art des Gedenkens nicht verdient. Diese Erkenntnis wird sich hoffentlich bald in den Köpfen der Menschen verfestigen, damit diese unwürdige Form des Gedenkens bald der Vergangenheit angehört. So wie ich denke, denken viele Juden in diesem Lande, übrigens auch Frau Knobloch.' 
 
Leserbrief von Joachim Hahn in der "Nordwest-Zeitung" vom 29. Juni 2011 (Link): 
"WILDESHAUSEN, 29. Juni 2011. 'Dann dürfte man gar keine Denkmale aufstellen'
'Stolpersteine' Dr. Joachim Hahn antwortet Bodo Gideon Riethmüller mit einem offenen Brief
Wildeshausen -
Auf den offenen Brief von Bodo Gideon Riethmüller zum Thema 'Stolpersteine ('Opfer haben diese Art des Gedenkens nicht verdient', NWZ am 25. Juni) antwortet der angeschriebene Dr. Joachim Hahn ebenfalls mit einem offenen Brief. Unter anderem schreibt der Pfarrer aus Stuttgart:
'Zunächst ist mir wichtig, dass ich nicht als Theologe schreibe, sondern als einer, der sich inzwischen seit mehr als 30 Jahren intensiv mit jüdischer Geschichte befasst, über 50 Mal in Israel war, zahlreiche Bücher zu Themen jüdischer Geschichte geschrieben hat, für sein Engagement mehrfach ausgezeichnet wurde und viele, vor allem auch orthodox-jüdische Persönlichkeiten und Rabbiner zu seinen Freunden zählen darf. 
Mit der Thematik der ,Stolpersteine‘ befasse ich mich schon, seitdem es diese Form des Gedenkens gibt. Zunächst war ich, das möchte ich nicht verschweigen, sehr kritisch eingestellt gegenüber dieser Form des Gedenkens. Ich teilte die Ansicht von Charlotte Knobloch, wonach die Gefahr bestehe, dass das Andenken der Opfer der Shoah mit Füßen getreten werde. Aber zahlreiche positive Eindrücke und Wahrnehmungen haben mich in den letzten Jahren zu einer anderen Einstellung geführt. Ich war selbst bei vielen Verlegungen von ,Stolpersteinen‘ dabei, bei denen ich beispielsweise miterlebt habe, wie sich nach gründlichen Beschäftigungen mit den Biographien der Opfer der Shoah vor allem Schülergruppen eingebracht haben, um der Ermordeten zu gedenken. (...).
Ich weiß auch, wie wichtig es vielen Hausbesitzern ist, auf die ,Stolpersteine‘ vor ihren Häusern zu achten. Und hier in Stuttgart gibt es für alle etwa 400 verlegten ,Stolpersteine‘ Personen (Angehörige aller Generationen), die regelmäßig nach den Steinen schauen, sie pflegen und mit den Hausbesitzern dazu in Kontakt stehen. Die Sorge um einen ,Stolperstein‘ endet nicht etwa mit der Verlegung, sondern jeder Stein hat weiterhin seinen engagierten ,Paten‘. Nur bei wenigen Steinen wurden in den letzten Jahren negative Beobachtungen gemacht oder gab und gibt es Schwierigkeiten mit den Hausbesitzern.
Sie, Herr Riethmüller argumentieren nur mit Negativem: mit der möglichen Mülltonne auf solchen Gedenksteinen, dem Parken der Autos, den Hunden, die ihre Notdurft verrichten könnten und anderem mehr. Wenn man freilich nur das Negative herausstellt oder ständig Schändungen befürchtet, die auch gegen alle anderen Denkmale oder Grabsteine vorkommen können: dann dürfte man überhaupt keine Denkmale mehr aufstellen. 
Dass viele Kommunen ,aus Gedankenlosigkeit‘ handeln, ist eine Behauptung, die ich nicht übernehmen kann. Ich habe in vielen Kommunen die mit größter Ernsthaftigkeit geführten Diskussionen mitverfolgt, die oftmals auch zu einem anderen Ergebnis geführt haben. Jede Kommune muss ihren Weg suchen. Wenn es in Wildeshausen engagierte Personen oder Gruppen gibt, die mit Unterstützung des Gemeinderates sich für diese Form der Erinnerung einsetzen und auch künftig die Sorge um die ,Stolpersteine‘ übernehmen möchten, dann sollten Sie, Herr Riethmüller, ihnen nicht dabei im Wege stehen.' 
Anmerkung der Redaktion: Mit diesem Beitrag beenden wir die Diskussion zu diesem Thema."   
  
Artikel von Stefan Idel in der "Nordwest-Zeitung" vom 30. Juni 2011 (Artikel): "'Sind uns unserer Geschichte bewusst'
Gedenken Arbeitskreis 'Demokratie und Toleranz' hält am Projekt 'Stolpersteine' in Wildeshausen fest. 
Die für November geplante Verlegung wurde zunächst abgesagt. Künstler Gunter Demnig kommt zum Vortrag.
Wildeshausen -
Die ursprünglich für den 7. November geplante Verlegung von 'Stolpersteinen', die an die Wildeshauser Holocaust-Opfer erinnern sollen, wurde abgesagt. Gleichwohl halte der Arbeitskreis 'Für Demokratie und Toleranz' im Präventionsrat an dem Projekt fest. 'Wir sind überzeugt von der Aktion', sagte Ingeborg Jacoby am Mittwoch im Namen des Arbeitskreises. 'Dabei wollen wir breite Teile der Bevölkerung mitnehmen.'
Die Verlegung der Stolpersteine war kurzfristig von der Tagesordnung des Stadtrats genommen worden, weil im Vorfeld eine Debatte um den Umgang mit dem Thema entbrannt war (die NWZ berichtete ausführlich). Der Wildeshauser Bodo Gideon Riethmüller, der für den Landesverband der Jüdischen Gemeinden arbeitet, fürchtet, dass die Opfer der Shoah ein weiteres Mal gedemütigt werden, Mülltonnen auf den Steinen abgestellt werden oder gar Hunde dort ihre Notdurft verrichten. Jacoby, die gemeinsam mit Ulrich Becker, Rudolf Boning, Peter Heinken, Roni Moklaschi und Charlotte von Olearius die Position des Arbeitskreises erklärte, sprach von einer 'Einzelmeinung'. Man respektiere die Meinung Riethmüllers. Es könne aber nicht sein, dass ein Einzelner bestimme, wie die Erinnerungsarbeit aussehe. Der Künstler Günter Demnig hat inzwischen mehr als 30000 'Stolpersteine' verlegt; auch in Vechta. Der Zentralrat der Juden gehe 'sehr unterschiedlich' mit dem Thema um. 'Eine Zustimmung der jüdischen Gemeinde ist wünschenswert, aber nicht unbedingt notwendig', heißt es in einer Erklärung. 'Wir sind uns unserer Geschichte bewusst.'
Entschieden wehrte sich der Arbeitskreis gegen den Vorwurf, er habe 'intolerant und undemokratisch' gehandelt. Von Anfang an seien die politischen Gremien eingebunden gewesen. Die Entscheidung sollte auf eine breite demokratische Basis gestellt werden. Auch ohne den Beschluss im Verwaltungsrat habe der Arbeitskreis über die Nachkommen der ermordeten Wildeshauser Juden recherchiert. 'Wir wollten die Angehörigen zu der Verlegung einladen', sagte Jacoby. Roni Moklaschi werde sogar versuchen, in Israel Nachfahren aufzuspüren. Von Olearius wies darauf hin, dass das Projekt vor allem für nachkommende Generationen wichtig sei. Die Erinnerung werde so mitten in die Stadt geholt.
Der Arbeitskreis hat den Urheber des Projekts, den Künstler Gunter Demnig, Anfang November zu einem Vortrag eingeladen. Dann sollen alle anfallenden Fragen ausführlich diskutiert werden. Auch der 'Erinnerungsgang' zum Gedenken an die Opfer der Pogrome 1938 soll erneut in Wildeshausen stattfinden. Im vergangenen Jahr hatte Riethmüller noch zu den Rednern des Gangs gehört." 
   
November 2011: Gunter Demnig stellt das Projekt "Stolpersteine" in Wildeshausen vor 
Artikel in der "Nord-West-Zeitung" vom 21. Oktober 2011 (Artikel): "Künstler Demnig stellt 'Stolpersteine' vor
Geschichte Vortrag im Rathaus am 7. November – Auf Spuren jüdischen Lebens
Wildeshausen
- 'Stolpersteine' im Rathaus: Der Arbeitskreis 'Für Demokratie und Toleranz' im Präventionsrat der Stadt Wildeshausen und der Bürger- und Geschichtsverein der Stadt laden ein zum Vortrag 'Das Projekt Stolpersteine, Spuren jüdischen Lebens in Wildeshausen' am Montag, 7. November, um 18 Uhr im Rathaussaal. Dabei wird der Kölner Künstler Gunter Demnig selbst sein Projekt 'Stolpersteine' vorstellen.
Demnig will durch die Verlegung von 'Stolpersteinen' – das sind ins Straßenpflaster eingelassene Gedenktafeln aus Messing – auf das Schicksal von Juden und anderen Opfern des Nationalsozialismus aufmerksam machen. Mit etwa 30 000 verlegten Steinen in Deutschland und in vielen anderen europäischen Ländern hat sich das Projekt zum weltweit größten dezentralen Mahnmal entwickelt.
Die Idee der 'Stolpersteine' erläutert der Künstler im Rathaussaal selbst, die lokalen Hintergründe vermitteln Peter Heinken und Bern Oeljeschläger vom Bürger- und Geschichtsverein. Anschließend findet eine Aussprache statt mit Vertretern aus drei Gemeinden in der Nachbarschaft, in denen bereits 'Stolpersteine' verlegt worden sind. Die Diskussion wird geleitet vom früheren Wildeshauser Bürgermeister Franz Duin (SPD).
Das Projekt der 'Stolpersteine', die auch in Wildeshausen verlegt werden sollen, ist in der Kreisstadt nicht unumstritten. Besonders Bodo Gideon Riethmüller, der für den Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen arbeitet, hat sich immer wieder öffentlich strikt gegen diese Form des Gedenkens ausgesprochen. Er sieht darin eher eine nachträgliche Erniedrigung und Demütigung der Opfer, weil auf die Steine mit Füßen getreten werde und Mülleimer darauf abgestellt werden könnten. Riethmüller will aber an der Veranstaltung teilnehmen.
In Wildeshausen sollen die Stolpersteine an die jüdischen Mitbürger erinnern, die bis 1940 vertrieben oder deportiert und von den Nazis ermordet worden waren."   
   
Artikel von Karsten Bandlow in der "Nord-West-Zeitung" vom 8. November 2011: "'Stolpersteine' erregen die Gemüter
Geschichte - Meinungen treffen hart aufeinander - Künstler Gunter Demnig stellt Idee im Ratssaal vor. Der Vortrag sollte die Möglichkeit des Erinnern vorstellen. Die Gegner sehen die Opfer nachträglich diffamiert..." 
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Januar 2012: Brief aus dem Zentral der Juden in Deutschland zur Frage der Verlegung von "Stolpersteinen"   
Artikel in der "Nord-West-Zeitung" vom 5. Januar 2012: "'Wichtiger Beitrag gegen das Vergessen'. Stolpersteine - Zentralrat der Juden schreibt an WIldeshauses Bürgermeister.  Wildeshausen. Als einen wichtigen Beitrag gegen das Vergessen' hat die Spitze des Zentralrats der Juden (ZdJ) in Deutschland die Verlegung von sogenannten Stolpersteinen in deutschen Innenstädten bezeichnet. Das geht aus einem Schreiben von ZdJ-Generalsekretär Stephan J. Kramer an den Wildeshauser Bürgermeister Dr. Kian Shahidi hervor, das der NWZ vorliegt..." 
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November 2012: Erinnerungsgang zu den Ereignissen beim Novemberpogrom 1938   
Artikel von Stefan Idel in der "Nord-West-Zeitung" vom 10. November 2012 (Link zum Artikel): "Geschichte. Ein stiller 'Marsch gegen das Vergessen'. 
Wildeshauser gedenken der ermordeten jüdischen Mitbürger

Wildeshausen - 23 Kerzen leuchten am Freitagabend auf dem Wildeshauser Marktplatz. Schon den ganzen Tag über weht an gleicher Stelle ein Banner: 'Sie waren Wildeshauser Bürgerinnen und Bürger', steht dort zu lesen. Anlässlich der Po­gromnacht des 9. November 1938 gedachten rund 50 Wildeshauser mit einem Erinnerungsgang 'Auf den Spuren jüdischen Lebens in Wildeshausen' den Opfern des Holocaust. Zum Abschluss las Ingeborg Jacoby vom Präventionsrat der Stadt die Namen der ermordeten Mitbürger vor.
Wie in den Vorjahren war der Erinnerungsgang am jüdischen Friedhof gestartet. Symbolisch werden Steine auf die Grabmale gelegt. Bodo Gideon Riethmüller vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden fordert, eine Gedenktafel mit den Namen der Wildeshauser Opfer am Rathaus anzubringen.
Sechs Schüler des Jahrgangs 11 am Gymnasium Wildeshausen, begleitet von Lehrer Marcus Hemjeoltmanns, lesen Passagen aus der Vita der Opfer vor. So auch an der Stele in der Huntestraße, wo einst die Synagoge stand. Künstler Carsten Bruhns erläutert, warum er das Kunstwerk gerade so gestaltet hat. Vorletzte Station ist in diesem Jahr der Bahnhof: Dort liest Jacoby aus den Erinnerungen von Hilde Bohnes. Die 86-jährige Wildeshauserin kannte Fritz de Haas. Er wurde mit vielen anderen Familienangehörigen am 18. November 1941 nach Minsk (Weißrussland) deportiert. Dort wurde er am 29. Juli 1942 im Alter von nur 16 Jahren erschossen. Bohnes sei es wichtig, dass die 'Stolpersteine' zum Gedenken an die Opfer der NS-Gewaltherrschaft in der Stadt verlegt werden, so Jacoby."    
   
Juni 2013: Neuer Anlauf zur Verlegung von "Stolpersteinen"   
Artikel in der "Kreis-Zeitung" vom 15. Juni 2013 (Link zum Artikel): "Angehörige befürworten Verlegung. 'Stolpersteine' erneut im Rat'.
Wildeshausen
- Das Thema 'Verlegung von Stolpersteinen' beschäftigt am 27. Juni erneut den Wildeshauser Stadtrat. Damit ist eine zweijährige Pause vorüber, in der die Mitglieder des Arbeitskreises 'Für Demokratie und Toleranz' Kontakt zu Angehörigen der in Wildeshausen lebenden und im Holocaust umgekommenen jüdischen Mitbürger gesucht und gefunden haben. Damit entsprach der Arbeitskreis der Empfehlung des Verwaltungsausschusses.
Eine Angehörige der Familie de Haas hat im Gespräch mit dem Historiker Werner Meiners ihr Einverständnis für die Verlegung von Stolpersteinen für die Mitglieder ihrer Familie erklärt. Sie hat daran die Bedingung geknüpft, dass eine Wildeshauser Schule die Patenschaft für die Stolpersteine übernimmt.
Eine Angehörige der Familie Goldstein freut sich über die Verlegung und würde einer Einladung zur Setzung der Steine gerne folgen, wenn es ihr Gesundheitszustand zulässt.
Für die weiteren aus Wildeshausen stammenden Juden konnten keine Angehörigen gefunden werden. Im Fall der Familie de Vries muss davon ausgegangen werden, dass alle Mitglieder während des Holocausts ermordet wurden. Von Alfred Heinemann und Golda Herzberg, die beide unverheiratet blieben, konnten ebenfalls keine Angehörigen ermittelt werden.
Die zur Verlegung anvisierten zwölf Stolpersteine sind finanziert. Es gibt zum Teil mehrere Paten, die sich um die Steine kümmern wollen.
Mit einem Brief an die Fraktionsvorsitzenden im Wildeshauser Stadtrat unterstützt der Bürger- und Geschichtsverein die 'Stolpersteine', mit denen an die letzte freigewählte Wohnung der in Wildeshausen lebenden Juden erinnert werden soll. 'Als Angehörige einer späteren Generation empfinden wir eine Verpflichtung zur Erinnerung an die Taten und Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus', so der Vorsitzende Bernd Oeljeschläger. 'Dies vor allem auch in kleinen Zusammenhängen, aus lokalhistorischer Perspektive vor Ort, wo die tragische Vergangenheit durch die persönlichen Schicksale von Nachbarn, Freunden und Mitbürgern so erschütternd nachvollziehbar ist', heißt es in dem Schreiben, das gestern abgeschickt wurde. "   
 
Februar 2014: Zwölf Stolpersteine wurden in Wildeshausen verlegt    
Artikel von Ute Winsemann im "Weser-Kurier" vom 23. Februar 2014: 
"Am Sonnabend werden sogenannte Stolpersteine verlegt - Zwölf Anlässe für ein Innehalten
Wildeshausen. Die jüdischen Mitbürger wieder in die Mitte der Stadt holen: Das soll mit sogenannten Stolpersteinen für Opfer des nationalsozialistischen Völkermords gelingen. Nach jahrelanger Diskussion sollen am nächsten Sonnabend zwölf derartige Mini-Denkmale in der Wildeshauser Innenstadt verlegt werden..."  
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Artikel von Christoph Koopmeiners in der "Nordwest-Zeitung" vom 22. Februar 2014: "Zwölf Stolpersteine werden verlegt. Am 1. März kommt der Künstler Gunter Demnig nach Wildeshausen..." 
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Anmerkung: es wurden verlegt: vier "Stolpersteine" vor der Sägekuhle 3 für die Familie Bernhard de Haas, drei vor der Sägekuhle 6 für die Geschwister de Vries, zwei vor der Huntestraße 26 für Alfred Heinemann und Golda Herzberg, zwei vor der Westerstraße 24 für Moritz de Haas und seine Frau, ein Stein vor der Sögestraße 16 für Arthur Goldstein.  
 
Artikel von Anja Nosthoff in der "Kreiszeitung" vom 3. März 2014: "Namenssteine erinnern nun auch in Wildeshausen an Opfer des Holocaust
Stolpern mit Herz und Kopf. 

Wildeshausen. Gunter Demnig arbeitet im Knien, den Kopf wie in Verehrung vornübergebeugt. Mit geübten Handgriffen und entsprechendem Werkzeug löst er Pflastersteine, spachtelt Boden aus..."  
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November 2014: Ein Faltblatt zu den "Stolpersteinen" wurde erstellt 
Artikel von Dierk Rohdenburg in der "Kreiszeitung" vom 6. November 2014: "Information liegt öffentlich aus. Faltblatt über Stolpersteine
Wildeshausen
- Vor acht Monaten wurden in Wildeshausen zwölf Stolpersteine verlegt, die an jüdische Bürger erinnern, die hier ihre letzte frei gewählte Wohnung hatten – bevor sie in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten erschossen wurden. Viele Bürger und Besucher der Stadt wissen jedoch nicht, wo sich diese Steine befinden und warum sie in das Pflaster gebracht wurden. 'Auch Schulen haben bereits nach Informationsmaterial gefragt', sagt Ingeborg Jacoby vom Arbeitskreis 'Für Demokratie und Toleranz' im Präventionsrat der Stadt Wildeshausen. Passend zum Faltblatt 'Spuren jüdischen Lebens', das einen Euro kostet, haben der Arbeitskreis und der Bürger- und Geschichtsverein nun einen kleinen Flyer in einer Auflage von 2500 Exemplaren entworfen, der kostenlos über die Stolpersteine informiert. 'Eine ideale Ergänzung', findet Bernd Oeljeschläger, Vorsitzender des Geschichtsvereins. 'Wir sind sehr glücklich darüber, dass es das Faltblatt jetzt gibt.'
Der Flyer wird an öffentlichen Orten ausgelegt, ist im Verkehrsverein erhältlich und soll von den Gästeführern ausgegeben werden. Er führt die Interessierten an die Sägekuhle, die Huntestraße, die Westerstraße und die Sögestraße, wo jüdische Männer und Frauen gelebt hatten. Alle Stolpersteine wurden von privaten Spendern finanziert: von Bürgern, Schulen, der Kirche, Sportvereinen und der Schützengilde. Schüler des Gymnasiums haben die Pflege der Steine übernommen. Im Rahmen eines Gedenkganges werden die einzelnen Steine am Sonntag, 9. November, dem Holocaust-Gedenktag, abgelaufen. Der Erinnerungsgang beginnt um 16 Uhr mit einer Andacht in der Alexanderkirche. Eine Gruppe Konfirmanden wird den Gang begleiten. Um 18 Uhr ist zudem eine Gedenkstunde 'Jüdisches Leben in Wildeshausen' im Rathaus geplant, an der auch Angehörige von Juden teilnehmen werden, deren Eltern bis zum Holocaust in Wildeshausen gelebt haben." 
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November 2014: Erinnerung an den Novemberpogrom 1938    
Artikel von Dierk Rohdenburg in der "Kreiszeitung" vom 4. November 2014: "Erinnerung an Holocaust am 9. November/Besuch der Stolpersteine. Angehörige jüdischer Opfer kommen zum Gedenkgang.  
Wildeshausen - Ein gutes halbes Jahr nach der Verlegung der Stolpersteine in der Innenstadt wird am 9. November eine direkte Angehörige einer jüdischen Familie aus Wildeshausen die Kreisstadt besuchen, deren Eltern Opfer des Holocaust wurden. Die betagte Dame aus den Niederlanden kommt mit Verwandten in die Stadt, in der ihre Eltern ihren letzten freigewählten Wohnsitz hatten, bevor sie in die Vernichtungslager des Nationalsozialismus abtransportiert wurden. 'Wir hoffen, dass sie sowohl den Erinnerungsgang als auch die Gedenkstunde absolvieren kann', so Ingeborg Jacoby vom Arbeitskreis 'Für Demokratie und Toleranz' im Präventionsrat der Stadt Wildeshausen. Wie in den vergangenen Jahren plant der Arbeitskreis drei Veranstaltungen rund um den Holocaust-Gedenktag. Zum sechsten Mal wird ein Erinnerungsgang zu den Stätten jüdischen Lebens in Wildeshausen veranstaltet. Zum zweiten Mal wird der Gang von einer Gruppe Konfirmanden der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde unter der Leitung von Pastor Markus Löwe vorbereitet. Die Veranstaltung beginnt am 9. November um 16 Uhr mit einer Andacht in der Alexanderkirche. Die Teilnehmer steuern unter anderem die Stolpersteine in der Stadt an. Diese werden regelmäßig vom Kurs 'Werte und Normen' des Gymnasiums Wildeshausen unter der Leitung von Lehrerin Petra Schönemann-Behrens gepflegt. Die Gedenkstunde beginnt um 18 Uhr im historischen Rathaus. Dort werden Passagen aus dem Buch 'Geschichte der Juden in Wildeshausen' von Werner Meiners gelesen. Unterbrochen wird die Lesung durch musikalische Beiträge des 'Trio encanto'."
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Artikel in der kreiszeitung.de vom 10. November 2014: "Rund 50 Menschen nehmen am Gedenkgang für die Reichspogromacht teil. Konfirmanden und Bürger erinnern an Judenverfolgung..." 
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Artikel von Jasper Rittner in der "Nordwestzeitung" vom 11. November 2014: "Pogrom in Wildeshausen. Bewegendes Gedenken an jüdische Bürger
Nach der Gedenkfeier auf dem jüdischen Friedhof veranstaltete der Arbeitskreis für Demokratie und Toleranz den Erinnerungsgang durch die Stadt und eine Gedenkstunde im Rathaussaal.
Wildeshausen
Der 9. November ist für Deutschland in zweifacher Hinsicht ein Schicksalstag. Vor 25 Jahren fiel die Mauer. Während dieser Tag zu den glücklichsten in der deutschen Geschichte zählt, markiert der 9. November 1938 einen der schwärzesten. Überall in Deutschland brannten Synagogen und jüdische Häuser, hunderte wurden getötet, tausende verhaftet. Auch in Wildeshausen kam es zu Ausschreitungen gegen die jüdischen Mitbürger. In der Huntestraße brannte die Synagoge. Doch eigentlich war es keine Synagoge mehr, berichtete Bodo Gideon Riethmüller bei der Gedenkfeier auf dem jüdischen Friedhof. Am 30. Oktober 1938 war das Gebäude verkauft worden. Landesrabbiner Trepp hatte eine letzte Andacht gehalten. Danach wurden die Thora und alle Gegenstände entfernt. 'Die SA zündete ein Gebäude an, das gar keine Synagoge mehr war', so Riethmüller. Alle Güter der Gemeinde mussten verkauft werden. 'Die Nazis wollten jegliches jüdisches Leben vernichten.' Dennoch blieb der Friedhof erhalten. 'Ich bin froh, dass es diesen Ort noch gibt', betonte Riethmüller. Wie die Wildeshauser damals reagiert haben, darüber gibt es keine Quellen. Wer hat sich aktiv beteiligt, wer nur zugesehen. Riethmüller las einen Text von Anne Frank vor und machte deutlich, wie die Juden vor dem 9. November 1938 gedacht hatte. 'Niemand ahnte, was passieren würde. Die Juden haben geglaubt, der Spuk werde bald vorbei sein.' Dass dem nicht so war, erlebten sie dann am 9. November. Zwölf Wildeshauser Juden wurden von den Nazis in den folgenden Jahren ermordet. Riethmüller las auf dem jüdischen Friedhof die Namen vor – Bernhard, Helene, Fritz und Ruth de Haas aus der Sägekuhle 3, Jenny, Jonny und Frieda de Fries aus der Sägekuhle 6, Alfred Heinemann und Golda Herzberg aus der Huntestraße 26, Moritz und Sophie de Haas aus der Westerstraße 24 sowie Arthur Goldstein aus der Sögestraße 16. Zu der Gedenkveranstaltung war auch eine Angehörige von Goldstein aus Enschede gekommen. Riethmüller, der aus Emden stammt, berichtete aber auch aus seiner persönlichen Geschichte. Seine Mutter Erna wurde im Alter von 31 Jahren von den Nazis 1944 im KZ Uchtspringe ermordet. Ihr zu Gedenken enthüllte er einen Stein auf dem alten Friedhof. Bürgermeister Jens Kuraschinski betonte: 'Gedenken heißt, sich der Geschichte zu stellen. Wir wollen nicht vergessen, was in deutschem Namen geschehen ist.' Nach der Gedenkfeier auf dem jüdischen Friedhof veranstaltete der Arbeitskreis für Demokratie und Toleranz den Erinnerungsgang durch die Stadt und eine Gedenkstunde im Rathaussaal. Zunächst gab es jedoch eine kurze Andacht in der Alexanderkirche, die Pastor Markus Löwe mit Konfirmanden vorbereitet hatte. Dann führte Ingeborg Jacoby den Zug mit rund 50 Bürgern durch die Stadt. Wo einst die ermordeten Juden lebten, wurde gestoppt, ihrer gedacht und Rosen niedergelegt. Die in Wildeshausen verlegten Stolpersteine sollen an jedem Tag im Jahr den Menschen verdeutlichen, was einst auch in Wildeshausen an Verbrechen verübt wurde. Hartmut Berlinicke und Carsten Bruhns hielten in der Huntestraße, wo einst die Synagoge stand, eine kurze Ansprache. Bruhns hat dort ein Mahnmal geschaffen, das an die Synagoge und die ermordeten Wildeshauser erinnert. Mit Lesungen aus dem Buch von Werner Meiners über die Geschichte der Juden in Wildeshausen und musikalischer Begleitung vom Trio encanto endete der Gedenktag. Am Mittwoch, 20 Uhr, wird im Lili-Service-Kino noch der Film 'Holocaust light gibt es nicht' gezeigt."
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Oktober/November 2017: Veranstaltungen im Zusammenhang mit der Erinnerung an den Novemberpogrom 1938  
Artikel von Christoph Koopmeiners in der "Nordwest-Zeitung" vom 19. Oktober 2017: "POGROM. In Wildeshausen wird die Erinnerung weiter gelebt
WILDESHAUSEN In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannte auch in Wildeshausen die Synagoge. In der Folge wurden jüdische Familien gedemütigt, verfolgt und zum überwiegenden Teil ermordet. Der Präventionsrat der Stadt Wildeshausen erinnert – in Kooperation mit verschiedenen Partnern – im November an diese schreckliche Zeit des Nationalsozialismus und nennt die Veranstaltungsreihe 'Gelebte Erinnerung in Wildeshausen'. Dazu wird es wieder am 9. November eine Gedenkstunde auf dem jüdischen Friedhof geben. Sie beginnt um 16 Uhr. Danach unternehmen die Teilnehmer einen Erinnerungsgang in der Innenstadt. Treffpunkt ist an der Stele in der Huntestraße, die an die ehemalige Synagoge erinnert.
Gestaltet wird der Erinnerungsgang von Realschülern. Er führt zu allen Häusern, in denen früher jüdische Familien lebten. Heute erinnern Stolpersteine mit den Namen und weiteren Angaben vor den Häusern daran. Wie Juden in Deutschland die NS-Verfolgung erlebt haben, erzählt der Dokumentarfilm 'Wir Juden aus Breslau'. Darin kommen 14 Zeitzeugen zu Wort, die aus ihrer Jugend erzählen. Der Film wird am 22. November im Kino gezeigt.
Auch die schwedische Autorin Rose Lagercrantz gibt Einblicke, wenn sie am 14. November Wildeshausen besucht. Ihre Mutter hat Auschwitz überlebt, ihr Vater gegen Hitler gekämpft und war im KZ Esterwegen inhaftiert. Lagercrantz liest aus ihrem Buch 'Wenn es einen noch gibt – ein Familienporträt'.
Nach 'Jugend ohne Gott' und 'Die Judenbank' wird am 4. November auch der dritte Teil der Trilogie, die sich mit der deutschen NS-Vergangenheit beschäftigt, in Wildeshausen aufgeführt: 'Place of Birth: Bergen-Belsen'. Wieder handelt es sich um ein Ein-Mann-Stück mit Schauspieler Peter Bause. Das Stück handelt von Jakob Weintraub, der als Jude im KZ Bergen-Belsen geboren wurde.
Bereits ab dem 24. Oktober und bis zum 14. November ist im Kreishaus die Wanderausstellung 'Ordnung und Vernichtung – die Polizei im NS-Staat' zu sehen. Die Ausstellung beschäftigt sich mit der Rolle, die die Polizei als zentrales Herrschaftsinstrument des NS-Regimes innehatte. Sie soll dazu beitragen, dass sich die Menschen aktiv mit der Rolle der Polizei in der Vergangenheit auseinandersetzen und einen Bezug zum heutigen Demokratieverständnis und zur Polizei im demokratischen Rechtsstaat herstellen können." 
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Links und Literatur    

Links:    

bulletWebsite der Stadt Wildeshausen  
bulletAusführliche Seiten zu "Jüdisches Leben in Wildeshausen" in der Website von Wolfgang Pohl (Lehrer am Gymnasium Wildeshausen) www.pohlw.de   
bulletHinweis auf die "Familiendatenbank Juden in Nordwestdeutschland"       

Literatur:  

bulletGermania Judaica II,2 S. 905. 
bulletBerne Literatur 010.jpg (66315 Byte)Werner Meiners: Die Synagoge von Wildeshausen. In: Enno Meyer: Die Synagogen des Oldenburger Landes. Im Auftrage der Gesellschaft für Christlich-jüdische Zusammenarbeit Oldenburg herausgegeben. 1988 (= Oldenburger Studien Bd. 29). S. 203-207.  
bulletAlbrecht Eckhardt: Wildeshausen. Geschichte der Stadt von den Anfängen bis zum ausgehenden 20. Jahrhundert. Reihe: Oldenburgische Monographien. Oldenburg 1999.   
bulletHistorisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen (Hrsg. von Herbert Obenaus in Zusammenarbeit mit David Bankier und Daniel Fraenkel). Bd. II Göttingen 2005 S. 1544-1551 (Abschnitt zu Wildeshausen von Werner Meiners, von dem seit 1988 mehrere Beiträge zur jüdischen Geschichte von Wildeshausen erschienen sind, siehe Literaturangaben im Handbuch S. 1551).   
     
   

n.e.  

  

                   
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Stand: 30. Juni 2020