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Westhofen (VG
Westhofen, Kreis Alzey-Worms)
mit Gundersheim (Kreis Alzey-Worms)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Hinweise: auch im elsässischen Westhoffen (Westhofen) gab es eine jüdische
Gemeinde (siehe dort).
Im nordrhein-westfälischen Westhofen (Stadttteil von Schwerte) gab es zwar keine
Gemeinde, doch lebten auch hier wenige jüdische Einwohner (1924/32 zwei bis drei
Personen). Vgl. links Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom
4. November 1910 von J. Stern, Westhofen in Westfalen. "Suche zum Dezember ein
israelitisches Mädchen für Küche und Haushalt, zu zwei älteren Personen,
Stellung angenehm."
Im rheinhessischen Westhofen bestand eine jüdische
Gemeinde bis Anfang des 20. Jahrhunderts. Ihre Entstehung geht in die Zeit des
18. Jahrhunderts zurück. Erstmals werden 1650 jüdische Einwohner am Ort
genannt. 1708 waren vier jüdische Familien am Ort.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1804 23 jüdische Einwohner, 1808 7 jüdische Haushaltungen, 1824 38
jüdische Einwohner, um 1840 über 50, 1861 46, 1895 17 (in 5 Familien), 1897 15
(von insgesamt 1709 Einwohnern), 1900 12, 1901 15 (von insgesamt 1703
Einwohnern). Zur jüdischen Gemeinde Westhofen gehörten Ende des 19.
Jahrhunderts auch die in Abenheim und
Gundersheim lebenden
jüdischen Personen: um 1895/1903 waren es in
Abenheim acht Personen (in zwei Familien), in
Gundersheim 13 bzw.15
Personen (in drei Familien).
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(Religionsschule) und ein rituelles Bad. Ein eigener jüdischer Lehrer war
vermutlich zu keiner Zeit am Ort. 1904 wurde ein gemeinsamer Unterrichtsbezirk
mit Hessloch, Monzernheim,
Eppelsheim, Gundersheim und Westhofen
(mit Sitz in Hessloch) gebildet. Der in
Hessloch lebende Lehrer unterrichtete danach auch die jüdischen Kinder in den
anderen Orten. Als Lehrer werden genannt: um 1895/1897 Lehrer Rothenberg aus
Hessloch, der damals sieben Kinder in
Westhofen unterrichtete, um 1903 Lehrer David aus
Hessloch, der damals sieben Kinder in
Westhofen und sechs in Gundersheim unterrichtete. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden vermutlich in Hessloch
oder in Osthofen beigesetzt. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk in
Worms.
Von den Gemeindevorstehern wird u.a. genannt: um 1878/1897 Isaak Mayer
II.
Anfang des 20. Jahrhunderts ist die jüdische Gemeinde aufgelöst worden. Die in
Westhofen noch lebenden jüdischen Personen schlossen sich der Gemeinde in Osthofen
an.
1931 lebten noch zehn jüdische Personen am Ort. In
den Jahren nach 1933 sind jüdischen Einwohner auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Ob direkt aus Westhofen
Personen deportiert wurden, ist nicht bekannt.
Von den in Westhofen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Albert Michel (1890),
Berta Else Michel (1890), Ella Michel (1920), Irma Michel (1925).
Zur Geschichte der Familie Michel siehe die unten in der Literaturübersicht
genannten Beiträge.
Eine genaue Übersicht der aus Westhofen umgekommenen Personen kann auf Grund der Angaben in den beiden Listen nicht
erstellt werden, da es immer wieder zu Verwechslungen zwischen dem elsässischen Westhoffen
und
dem rheinhessischen Westhofen kommt.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
In jüdischen Periodika des 19./20.
Jahrhunderts wurden noch keine Beiträge zur jüdischen Geschichte in
Westhofen gefunden. |
Bildung eines Unterrichtsbezirks Hessloch - Monzernheim - Eppelsheim -
Gundersheim - Westhofen (1904)
Artikel im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 5. Februar 1904: "Worms. Das Großherzogliche Ministerium plant die definitive Anstellung
israelitischer Religionslehrer, welche ein den Volksschullehrern gleiches
Gehalt beziehen und dieselben Rechte genießen sollen, sobald sie wöchentlich
20 Stunden Religionsunterricht erteilen. Die nötigen Mittel sollen von
den Gemeinden, die zu dem betreffenden Bezirk gehören, aufgebracht
werden. An die Vorstände der israelitischen Gemeinden des Kreises Worms
ist bereits der ausgearbeitete Plan gesandt worden. Nach ihm sind die
Gemeinden in vier Unterrichtsbezirke eingeteilt und zwar: 1. Alsheim,
Gimbsheim, Eich und
Hamm; 2. Osthofen, Rhein-Dürkheim, Herrnsheim,
Abenheim und
Gundheim; 3. Hessloch, Monzernheim, Eppelsheim,
Gundersheim und
Westhofen; 4. Monsheim,
Hohen-Sülzen, Nieder-Flörsheim,
Wachenheim, Mölsheim, Pfeddersheim
und Pfiffligheim. Die Gemeinden Heppenheim
a.d.W. und Offstein sollen der Gemeinde Worms zugeteilt werden. Bis
zum 1. Februar müssen die Gemeinden dem Kreisamte Worms Bericht erstattet
haben." |
Antijüdische Gesetze des
Gemeinderates Westhofen (1935)
Artikel
in "Jüdische Rundschau" vom 27. August 1935: "Auf Antrag der Ortsgruppe der
NSDAP, fasste der Gemeinderat Westhofen (Kreis Worms) folgende
Entschließungen: kein Jude kann in Westhofen ein Grundstück erwerben, ferner
kann sich auch kein Jude mehr hier ansässig machen. Jeglicher
Geschäftsverkehr ist in Westhofen den Juden verboten und werden Bürger, die
trotzdem mit Juden Geschäfte tätigen, an den Pranger gestellt, dergestalt,
dass sie durch die Ortsschelle namentlich als Judenknechte bekanntgemacht
werden. Die Geschäftsleute werden aufgefordert eine schriftliche Erklärung
abzugeben, dass sie keine Geschäfte mit Juden tätigen. An den Ortseingängen
sollen Tafeln mit folgender Aufschrift angebracht werden: jegliche
geschäftliche Betätigung von Juden ist in hiesiger Gemeinde verboten." |
Erinnerung an die Auswanderungen im 19.
Jahrhundert - Grabsteine in New Orleans :
Grabstein für Sophie Schlenker aus Westhofen (gest. 1910)
Anmerkung: die Fotos wurden von Rolf Hofmann (Stuttgart) im April 1994 im 1860
eröffneten Hebrew Rest Cemetery in New Orleans, 2100 Pelopidas at Frenchman
Street, near Elysian Fields and Gentilly Blvd.,
aufgenommen.
Grabstein im "Hebrew Rest Cemetery" in New Orleans:
"Hier ruht
Sophie Schlenker.
Wife of Emanuel Brunner
Born in Westhofen Germany
Died Aug 29, 1910
Aged 75 years.
Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."
|
Grabstein für Alex. Shlenker (Schlenker) aus Westhofen
(1825-1889) und seine Frau Mariana Forchheimer aus Hessdorf
(1828-1889)
Grabstein im "Hebrew Rest Cemetery" in New Orleans
für:
"(Father) Hier ruht Alex. Shlenker
Born at Westhofen, Germany Oct. 25, 1825
Died May 9, 1889 -
(Mother) Hier ruht Mariana Forchheimer Wife of
Alex Shlenker
Born at Hessdorf, Germany March
4, 1828
Died July 25, 1889
'Beloved and dear in their lives, were even in their death not divided.
Ihre Seelen seien eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zur Geschichte der Synagoge
1699 wurde von Hirsch Samuel ein Grundstück in der
Seegasse 12 gekauft, auf dem er, versteckt im Hinterhof, 1708/09 auf
eigene Kosten eine Synagoge erbauen ließ. Unter dem Betsaal ließ er auch eine Mikwe
anlegen. Von dieser "alten Synagoge" ist heute noch der
Schlussstein über dem Kellereingang erhalten. Die beiden ersten Zeilen der
dreizeiligen hebräischen Inschrift informieren über das Baujahr (jüdisches
Jahr [5]469 = September 1708 - September 1709). Auch der Name des Bauherrn sowie
der Gebetsvers: "Der Herr erbaue seine Wohnstätte um des Erbarmens
willen" sind festgehalten. Der "Judenhof", in dem die Synagoge
stand, war bis 1888 im Besitz jüdischer Familien.
Eine neue Synagoge wird 1823 erstmals genannt. Sie wurde
vermutlich bis Ende des 19. Jahrhunderts benutzt und dann aufgegeben, weil nicht
mehr ausreichend Beter zum Gottesdienstbesuch erschienen. Nach einer
Beschreibung aus dem 19. Jahrhundert war die Synagoge ein "etwas düster
wirkender, aus Kalksteinen errichteter Bau". "Je zwei Fenster mit
gewölbten, auf einfachen Konsolen aufsitzenden Sandsteinbögen waren
verhältnismäßig hoch an den Längsseiten des Hauses angebracht. Der Eingang,
ähnlich wie die Fenster beschaffen, befand sich an der westlichen Giebelseite
in dem schmalen Reil, der hier das Anwesen begrenzt".
Nachdem die Synagoge in Westhofen geschlossen
wurde, ist sie verkauft und zu einem Wohnhaus umgebaut worden. Durch den Umbau
ist von der früheren Geschichte als jüdisches Bethaus nichts mehr
erkennbar.
Adresse/Standort der Synagoge: alte
Synagoge: Seegasse 12 neue Synagoge: Hobbelsgasse
12
Fotos
(Fotos von Michael Ohmsen, Aufnahmedatum September 2010 -
Fotoseite mit Fotos
in hoher Auflösung zu Westhofen)
Standort der ehemaligen alten
Synagoge
in der Seegasse 12 |
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Gebäude der ehemaligen neuen
Synagoge
in der Hobbelsgasse 12 |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Kein Artikel zu Westhofen bei Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. |
| Kein Artikel zu Westhofen im Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch). |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 386-387 (mit weiteren Literaturangaben).
Nachstehende Beiträge befassen sich mit dem Schicksal der jüdischen
Familie Michel aus Westhofen:
|
| Hans-Dieter Graf/Raymond Wolff: Auf einem Berg von Toten gelegen. Ella Michel aus Westhofen war eine der Überlebenden des Konzentrationslagers Bergen‐Belsen. Befreiung vor 70 Jahren. In: Allgemeine Zeitung vom 15.4.2015. Artikel eingestellt als pdf-Datei. |
| Hans-Dieter Graf/Raymond Wolff: "Ich habe die Hölle gesehen". Auschwitz. Ella Michel aus Westhofen überlebte das Konzentrationslager und begann in Brasilien ein neues Leben. In: Allgemeine Zeitung Mainz vom 27.1.2015. Artikel
eingestellt als pdf-Datei. |
| Hans-Dieter Graf: Von Westhofen nach Wuppertal. Das Schicksal der jüdischen Familie Michel in der NSZeit. In: Rheinisch Bergischer Kalender 2016. Jahrbuch für das Bergische Land, S. 24‐29.
Artikel
eingestellt als pdf-Datei. |
| Ariel Magnus: Zwei lange Unterhosen der Marke Hering. Die erstaunliche Geschichte meiner Großmutter. Köln 2012.
Hinweis: Ariel Magnus ist der Enkel von Ella Michel (gest. 2014).
|
n.e.
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