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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Weiler (Stadt Sinsheim, Rhein-Neckar-Kreis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In dem bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts den Herren von
Venningen gehörenden Weiler bestand eine jüdische Gemeinde bis 1904. Ihre
Entstehung geht in die Zeit des 16./.17. Jahrhunderts zurück. Nach dem Dreißigjährigen
Krieg siedelten sich mehrere jüdische Familien an.
Im 19./20. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1825 zählte man 108 jüdische
Einwohner, danach begann bereits die Abwanderung der Juden vom Ort: 1832 88
jüdische Einwohner, 1836 96, 1839 98, 1864 65, 1871 62, 1875 58, 1880 67, 1885
36, 1890 31, 1895 13, 1900 7, 1905 6, 1910 4 jüdische Einwohner.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (Betsaal),
einen Raum für den Religionsunterricht der Kinder und vermutlich auch ein
rituelles Bad. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war mindestens in
der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Lehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter (und Schochet?) tätig war (vgl. Ausschreibung der Stelle
von 1846 unten). 1827 wurde die
Gemeinde dem Rabbinatsbezirk Sinsheim zugeteilt.
Die wenigen nach 1904 hier noch
lebenden jüdischen Einwohner gehörten zur Synagogengemeinde in Sinsheim.
1925 und 1933 wurden keine jüdischen Einwohner mehr am Ort
gezählt.
Unter den in Weiler geborenen jüdischen Personen, die in der NS-Zeit
umgekommen sind, ist Sofie Rosenfeld geb. Ledermann (geb. 13. März 1864 in
Weiler, lebte 1933 in Heilbronn, zuletzt in Stuttgart, umgekommen am 13. Oktober
1942 im Ghetto Theresienstadt). Für sie wurde am 10. Oktober 2010 ein
"Stolperstein" in Stuttgart-Ost, Haußmannstraße 6 verlegt. Quelle.
Weiter sind aus Weiler umgekommen: Rosa Grünewald geb. Simon (1881, vgl.
Kennkarte unten) und Friedrich Simon (1874).
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der
Stelle des Religionslehrers und Vorbeters (1846)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 11. Februar 1846 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"[Bekanntmachung.]. Bei der israelitischen Gemeinde Weiler ist die
Lehrstelle für den Religionsunterricht der Jugend, mit welcher ein
Gehalt von 135 fl. sowie der
Vorsängerdienst samt den davon abhängigen Gefällen verbunden ist,
erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter höherer
Genehmigung zu besetzen.
Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage ihrer Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen sich bei der
Bezirkssynagoge Sinsheim zu melden. Auch wird bemerkt, dass im Falle sich weder Schul- noch
Rabbinatskandidaten melden, andere inländische Subjekte, nach
erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden." |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Salomon Ledermann soll sich zum Militärdienst melden
(1852)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 17. Januar 1852 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Sinsheim.
[Die Konskription pro 1852 betreffend.] Beschluss. Bei der am
24. dieses Monats stattgehabten Aushebung der Konskriptionspflichtigen der
Altersklasse 1831 sind:
1. Christian Müller von Waldangelloch (Ls.-Nr. 4) 2. Jakob
Pförtner von Weiler (21) 3. Joh. Georg Rudy von Weiler (24), 4.
Johann Seifert von Rohrbach (28). 5. Johann Jakob Gesell von
Hilsbach, (31). 6. Johann Adam Grimer von Sinsheim,
(65). 7. Salomon Ledermann von Weiler (75). 8. Joh. Breuing
von Grombach, (92). 9. Jakob Ziegler von Weiler
(105). 10. Herz Kaufmann von Eichtersheim (118). 11. Joh.
Jakob Bartusch von Waldangelloch (149).
unentschuldigt ausgeblieben. Es werden daher dieselben hiermit
aufgefordert, sich binnen 6 Wochen zu stellen, widrigens sie in die
gesetzlichen Strafen der Refraktion verfällt und des Staatsbürgerrechts
verlustig erklärt werden.
Sinsheim, den 29. Dezember 1851. Großherzogliches Bezirksamt".
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Jakob Weil und
Friederika Weil von Weiler sind unerlaubt nach Amerika ausgewandert (1855)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 5. Dezember 1855 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Sinsheim. [Aufforderung] Nr. 26,780. Jakob Weil und
Friederika Weil von Weiler, welche unerlaubter Weise nach Amerika
auswanderten, werden aufgefordert, sich binnen 6 Wochen hier zu stellen,
widrigens dieselben des Staatsbürgerrechts für verlustig erklärt und in
die gesetzliche Vermögensstrafe verfällt würden.
Zugleich wird Beschlagnahme ihres Vermögens verfügt und denselben dieses
auf diesem Wege eröffnet.
Sinsheim, den 27. November 1855.
Großherzogliches Bezirksamt. Otto."
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Spendenaufruf für die verarmte jüdische Witwe
Eva Eisenmann (1879)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juni 1879:
"Aufruf.
Das unterzeichnete evangelische Pfarramt wendet sich auf Ersuchen der ihm
wohl bekannten, der israelitischen Religion angehörigen armen und
hochbetagten Witwe Eva Eisenmann aus Weiler an die Mildtätigkeit
ihrer Glaubensgenossen.
Frau Eisenmann Witwe ist etwa 69 Jahre alt; seit 30 Jahren Witwe, hat sie
durch unermüdliche Tätigkeit und unterstützt durch die
Glaubensgenossen, sich ehrlich durchzubringen gewusst. Das Vermögen
derselben besteht in einem Häuschen und Krautgarten, worauf der
evangelische Heiligenfond eine Obligationsforderung von 600 Mark stehen
hat; außerdem sollen noch Einträge da sein bis zu weiteren 900
Mark.
Die genannte alte Frau ist aber jetzt stets kränklich, arbeitsunfähig
und ohne nachhaltige Unterstützung in der Familie selbst. Der
Tochtermann, der im Hause der Witwe wohnt, ein Ausrufer bei Jahrmärkten
etc. etc. verdient zur Zeit kaum so viel, um seine Frau und 4 Kinder zu
ernähren. Dazu kommt ferner, dass die Fahrnisse der alten Frau in den
letzten Tagen (Betrag 250 Mark) gepfändet worden und bis 1. Juni
versteigert werden sollen.
In dieser Not ersucht die Bittstellerin, ihre wohltätigen
Glaubensgenossen aufs Dringendste, ihr recht bald durch Unterstützungen
zu Hilfe zu eilen. Gaben nimmt der Unterzeichnete
entgegen.
Hilsbach-Weiler, 21. Mai 1879.
Das evangelische Pfarramt: W. Fuchs, Pfarrer.
Die richtige Angabe über die Verhältnisse der Witwe Eva Eisenmann
beglaubigt: Das Bürgermeisteramt: Müller.
Herr J. Berlinger in Stuttgart, als mit den Verhältnissen bekannt,
sowie die Expedition dieses Blattes sind gerne bereit, Gaben in Empfang zu
nehmen." |
Kennkarte
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarte
der in Sinsheim-Weiler
geborenen Rosa Grünewald geb. Simon |
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Kennkarte (ausgestellt
in Mainz 1939) für Rosa Grünewald geb. Simon
(geb. 16. Januar 1881 in Weiler am Steinsberg), wohnhaft in Mainz, am 25.
März 1942
deportiert ab Mainz - Darmstadt in das Ghetto Piaski,
umgekommen |
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Zur Geschichte des Betsaales/der Synagoge
Die Gemeinde hatte zunächst (bis 1887?) eine Synagoge
("Judenschule") im Gebäude Kaiserstraße 52 (früher Hauptstraße 52,
Flurstück Nr. 102). Die Grundbucheintragung spricht von einer "zweistöckigen
Synagoge mit Holzremise, Schlachthaus und Futterkeller unter der Synagoge";
dieses Gebäude wurde 1887 an den jüdischen Metzger Isak Weil verkauft, der es
1890 an den Adlerwirt Jakob Schnetzer weiterverkaufte.
Danach war eine Synagoge wahrscheinlich in dem 1795
erbauten Fachwerkhaus Kaiserstraße 95 (Flurstück 190) eingerichtet. In diesem
Gebäude war vermutlich zunächst das rituelle Bad (die Lagerbuchbeschreibung
1883 nennt "ein zweistöckiges Wohnhaus mit Badstube und
Balkenkeller"). Dieses Gebäude stand am Ortsrand nach Hilsbach
und eignete sich als Synagoge, da auch die Hilsbacher Juden nach Weiler zu den
Gottesdiensten kamen. Wie lange dieses Gebäude als Synagoge genützt wurde, ist
nicht bekannt. Als Besitzer des Hauses ist bis 1894 "die israelitische
Gemeinde" eingetragen. Spätestens 1904 wurde die Synagoge
geschlossen; die Juden aus Hilsbach und
Weiler gehörten danach der Synagogengemeinde Sinsheim an. Die ehemalige
Synagoge wurde zu einem Wohnhaus umgebaut.
Fotos
Historische Fotos:
Historische Fotos sind nicht bekannt,
Hinweise bitte an den
Webmaster von "Alemannia Judaica", E-Mail-Adresse siehe Eingangsseite |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn) |
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Ehemalige Synagoge in der
Kaiserstraße 95 |
Eingang zum ehemaligen
Synagogengebäude |
Das Gebäude stand an der von Hilsbach
herführenden
Straße |
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Neuere Fotos |
Neuere Fotos werden noch erstellt;
über
Zusendungen freut sich der Webmaster von
"Alemannia
Judaica",
Adresse siehe Eingangsseite |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
 | Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 287. |
 | Leopold Löwenstein: Geschichte der Juden in der Kurpfalz. 1895. S.
38,44, vgl. S. 108.206. |
 | Franz Gehrig: Hilsbach. Chronik der höchstgelegenen Stadt im
Kraichgau. 1979. S. 164.197.227. |

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