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Trunstadt (Gemeinde
Viereth-Trunstadt, Kreis Bamberg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Trunstadt bestand eine jüdische Gemeinde bis 1905.
Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./17. Jahrhunderts zurück. 1597
wird ein erster jüdischer Bewohner des Ortes genannt. 1760 werden neun
jüdische Familien genannt.
Die Blütezeit der jüdischen Gemeinde war in der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts. In dieser Zeit entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1824 80 jüdische Einwohner (13,8 % von insgesamt 580), 1840
73 (12,0 % von 606). Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der
jüdischen Einwohner durch Aus- und Abwanderung stark zurück: 1852 51 (8,8 %
von 581), 1875 45 (6,0 % von 745), 1890 23 (3,5 % von 665), 1895 17 (2,5 % von
679), 1900 6. Die jüdischen Familien lebten in den 1820er-Jahren insbesondere
vom Vieh- und Hausierhandel. Auch Spezereihandel und Handel mit Eisen und Leder
kam dazu. Mitte des 19. Jahrhunderts werden mehrere jüdische Handwerker
genannt: drei Schuster, zwei Weber, ein Schneider, ein Glaser, ein Essig-Sieder,
nur noch wenige Warenhändler.
Die jüdische Gemeinde hatte eine Synagoge (s.u.),
eine Religionsschule und ein rituelles Bad. Ein jüdischer Friedhof
war zu keiner Zeit vorhanden; die Toten der Gemeinde wurden in Walsdorf
beigesetzt.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer
angestellt, der meist gleichzeitig als Vorbeter und Schächter tätig war. 1822-49
wird als Schächter Löb Brand, als Lehrer bis 1835 Löb Joseph genannt. Seitdem
von Seiten des Staates geprüfte Lehrer für den Unterricht der jüdischen
Schulkinder verlangt waren, werden genannt: nach 1829
Hirsch Frank aus Buttenheim. Frank war Lehrer und Vorsänger in Viereth,
aber damals auch bereits für Trunstadt zuständig. 1835
wurde die gemeinsame Lehrer- und Vorbeterstelle für Trunstadt
und Viereth vertraglich geregelt: seitdem wechselte der Sitz der Religionsschule
zwischen beiden Orten vierteljährlich, der Gottesdienst wöchentlich. Seit 1857
war Lehrer und Vorsänger an beiden Orten Nathan Stern (wurde 1844 Besitzer der
hinteren Schlosshälfte in Trunstadt), ab 1875 Pfunfud Pfunfud
(auch Pfunfut Pfunfut), 1885 Leopold Röthler, 1885-1887 Adolf Löwenstein, 1891
Hermann Rose, 1893-1897 Alexander Gutmann. 1891 schloss sich Bischberg
den vereinigten Gemeinden Viereth und Trunstadt an. Trunstadt wurde auf Wunsch
der Vertreter der beteiligten Gemeinden Sitz der Gesamtgemeinde.
Die Gemeinde gehörte bis zu ihrer Auflösung 1905 zum Rabbinatsbezirk Burgebrach.
Die Auflösung erfolgte in den Jahren zwischen 1880 und 1904, als die
jüdischen Familien auswanderten oder in Orte/Städte der weiteren Umgebung
abwanderten. Die letzte Jüdin (Johanna Pfunfud mit ihrem Schwiegersohn Simon
Stein) verzog 1904 nach Mellrichstadt.
Danach lebte hier nur noch Samuel Blank, der 1905 starb. Das Vermögen
der Gemeinde, das noch aus dem Synagogengebäude und der Mikwe bestand, kam an
die jüdische Gemeinde in Bamberg.
Von den in Trunstadt geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Leo Brand (1875),
Jonathan (Jonas) Hess (1871), Ida Stein geb. Punfud (1878), Isaak Traub (1881).
Anmerkung:
Das Schloss Trunstadt befand sich seit 1816 im Besitz des jüdischen Bankiers
Jakob Hirsch aus Würzburg. 1844 erhielt Nathan Stern (Vorsänger und
Lehrer) von seiner Mutter Breunla Stern das halbe Schloss. Ein weiterer
jüdischer Teilbesitzer wurde 1866 Sußmann Silbermann von Viereth. 1870/80
kamen das Schloss in den Besitz der Gemeinde Trunstadt (Quelle des Fotos links: Gemeinde
Viereth-Trunstadt).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1882 /
1890 / 1892
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. September 1886:
"Lehrergesuch. Die israelitischen Gemeinden Trunstadt,
Viereth, Bischberg suchen zum sofortigen Eintritt einen Religionslehrer.
Derselbe muss Vorsänger und auch Schächter sein.
Die Gemeinden liegen an der Bamberger Straße 1/2 und 1/4 Stunde
voneinander entfernt.
Der fixe Gehalt beträgt per Jahr 600 Mark nebst Holz und freier Wohnung.
Nebenverdienste inklusive Schächterlohn ca. 300 Mark.
Offerten nebst Zeugnissen sind sofort an den Kultusvorstand B. Heß,
Trunstadt bei Bamberg einzureichen." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Oktober 1890:
"Die Stelle eines Religionslehrers, Vorbeters und Schächters in den
vereinigten Gemeinden Bischberg, Viereth und Trunstadt ist erledigt und
wird zur Bewerbung ausgeschrieben. Der fixe Gehalt nebst freier Wohnung
beträgt 600 Mark, die Erträgnisse aus dem Schächterdienste nicht
eingeschlossen. Inländische Bewerber wollen ihre Zeugnisse an den
unterzeichneten Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde in Trunstadt
senden.
Trunstadt, 15. Oktober 1890: B. Heß." |
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Als nach Lehrer Hermann Roses
Weggang die Stelle neu ausgeschrieben wurde, erschien folgende Anzeige in der
Zeitschrift "Der Israelit":
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. April 1892: "Die erledigte Religionslehrer-, Vorbeter und Schächterstelle der
vereinigten Kultusgemeinden Trunstadt, Viereth und Bischberg ist mit einem Fixum
von 600 Mark sofort neu zu besetzen. Nebeneinkommen 200 bis 250 Mark. Meldungen
mit Zeugnissen versehen sind zu richten an
B(enedikt) Heß, Kultusvorstand in
Trunstadt."
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Zur Geschichte der Synagoge
Eine Synagoge war bereits vor 1760 eingerichtet. In
diesem Jahr wird sie als "schola judaica" in einer
Ortsbeschreibung des Pfarrers erstmals genannt. Es ist nicht bekannt, wo
diese Synagoge war.
Im 19. Jahrhundert war die Synagoge im 1. Stock des ehemaligen Zehnt-
beziehungsweise Vogthauses, das kurz vor 1800 zu einem Wohnhaus mit mehreren Wohnungen umgebaut
worden. Spätestens 1810 war die Synagoge im oberen Stock dieses
Gebäudes eingerichtet. Im 1. Stock dieses Gebäudes war der Raum für den
Religionsunterricht der Kinder, der 1835 als "geräumig, hell und ebenso
geeignet" beschrieben wurde.
Bei Auflösung der jüdischen Gemeinde 1905/06 wurde das Gebäude wieder
zu einem Wohnhaus umgebaut. Seitdem es im 20. Jahrhundert mehrfach gründlich
renoviert wurde, sind keine Spuren aus der Zeit als Synagoge vorhanden.
Adresse/Standort der Synagoge: Hauptstraße 17
Das rituelle Bad (Mikwe) befand sich auf dem Grundstück Sandstraße 6. Es wurde
Anfang der 1980er-Jahre abgebrochen.
Fotos / Darstellungen
(Quelle der Zeichnung aus: Guth s.Lit. S. 313; farbige Fotos:
Hahn, Aufnahmedatum 9.4.2007)
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Gebäude der
"Judenschule"/Synagoge in Trunstadt |
Blick zum Schloss Trunstadt |
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Das ehemalige
Synagogengebäude mit Inschrift der Hinweistafel: "Ehemaliges Cent-
bzw. Vogtshaus. Entstehungszeit unbekannt. Bis 1558 Verwaltungssitz des
Schlossgutes, bis 1810 Privatbesitz, anschließend Mittelpunkt der
ortsansässigen Juden, bis 1905 Synagoge und Judenschule mit
Lehrerwohnung, 1856-1905 Migwa (Mikwe; Judentauche), ab 1905 Privatbesitz |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
 | Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 222. |
 | Klaus Guth (Hg.) u.a.: Jüdische Landgemeinden in Oberfranken
(1800-1942). Ein historisch-topographisches Handbuch. Bamberg 1988. zu
Trunstadt S. 308-318 (mit weiteren Quellenangaben).
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