Die Toten wurden zunächst in Wiesloch beigesetzt.
1893 wurde ein eigener
Friedhof an der nordwestlichen Ecke des heutigen städtischen Friedhofs (unweit
der Bochumer Straße / Ecke Am Langen Sand, Fläche 5,11 a) eingerichtet. Der
geplante Bau einer Friedhofshalle konnte nicht mehr verwirklicht werden. Auf
dem Friedhof sind etwa 58 Gräber erhalten.
Aus der Geschichte des Friedhofes
Schändung des jüdischen Friedhofes in Schwetzingen
(1932)
Mitteilung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Januar 1932: "Heidelberg.
Auf dem jüdischen Friedhof in Schwetzingen wurden 9 Grabsteine
umgeworfen. Für die Ergreifung der Täter wurde eine Belohnung von Mark
200.- ausgesetzt."
Mitteilung
in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des Central-Vereins) vom 8.
Januar 1932: "Weitere Friedhofs- und Synagogenschändungen.
Auf dem jüdischen Friedhof in Schwetzingen (Baden) wurden auf neun
Gräbern die Steine umgeworfen und erheblich beschädigt. Von den Tätern
fehlt bisher jede Spur. Die Israelitische Gemeinde hat für die
Aufklärung der Untat eine Belohnung von 200 Mark
ausgesetzt."
Die Lage des Friedhofes
Links: Lage des jüdischen Friedhofes Schwetzingen (durch
Pfeil markiert) (Topographische Karte aus den 1970er-Jahren)
Link zu den Google-Maps (der rote Pfeil markiert die Lage des Friedhofes):
Grabstein für
Simon Eichstetter (Hauptlehrer, 1865-1927) und seine Frau Emilie geb. Cahn
(1861-1927); auf der Rückseite mit Inschrift: "Hauptlehrer
Eichstetter, unterwies 40 Jahre die Kinder in der Lehre Gottes und versah
das Amt des Vorbeters. Er erwarb sich für geleistete Dienste den Dank und
die Anerkennung der Gemeinde" und nach dem Eintrag des Todesdatums
seiner Frau in hebräisch: "Die sich lieb und hold in ihrem Leben
waren, Auch im Tode werden sie nicht getrennt".
Der Friedhof im Herbst
2003 (Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 14.10.2003)
Auffallendes Hinweisschild am
Haupteingang zum städtischen Friedhof:
"Christlicher und jüdischer
Friedhof"
Blick auf den jüdischen
Friedhof -
inzwischen integriert in der
Gesamtfläche des städtischen
Friedhof
Eingangstor zum
jüdischen
Friedhof
Teilansichten
Segnende Hände auf Grab eines
"Kohen"
(von einer biblischen Priesterfamilie
Abstammender)
Grabstein für Zodik Mayer und
Babette geb. Baer
Grabstein für Hauptlehrer
Lazarus Mai und Amalie geb. Fränkel
Grabstein für Aron Springer
Grabstein für den im Ersten
Weltkrieg
gefallenen Manfred Ohlhausen
Grabstein für Paula Haas
geb.
Springer (gest. 1955)
Der Friedhof Mitte der
1980er-Jahre (Fotos: Hahn)
Ansicht des
jüdischen Friedhofes
Teilansicht
Grabstein für Samuel Hess und
Jette Hess geb. Levi
Grabstein für Hauptlehrer
Eichstetter
Grabstein für den im Ersten
Weltkrieg
gefallenen Manfred Ohlhausen
September 2020:
Um den jüdischen Friedhof kümmert
sich Kurt Glöckler
Artikel
von Rolf Kienle in der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 27. September
2020:
"Schwetzingen. Der jüdische Friedhof erzählt viele Geschichten
Kurt Glöckler hat sie alle recherchiert. Eine Pflege der Gräber ist nicht
vorgesehen. Schwetzingen. Moses Monatt liegt hier begraben. Er war
Zigarrenfabrikant und hatte seine Fabrik dort, wo heute das Radgeschäft
Fender steht. Auch Simon Eichstetter wurde hier beigesetzt, ein
'sympathischer Lehrer und Erzieher'. Und auch Frieda Bermann die mit ihren
Töchtern Therese, Elsa und Paula von den Nazis nach Gurs verschleppt und
umgebracht wurde. "Hinter jeder Grabsteinplatte steckt eine Geschichte",
erzählt Kurt Glöckler, ehemaliger Schuldekan und Experte für das jüdische
Leben in Schwetzingen. Er hat alle Namen auf den Grabsteinen des
israelitischen Friedhofs recherchiert und kennt die Geschichten der
Verstorbenen. Der kleine Friedhof führt eine Art Dornröschen-Dasein auf dem
großen Schwetzinger Friedhof. Eine Sandsteinmauer, Tujahecken, ein paar
Eichen und Büsche umgrenzen die etwa 50 nach Osten hin ausgerichteten
Gräber. Über den Grabsteinplatten wächst Efeu, die Natur hat hier Oberhand.
Der Vergleich mit einem aufgeräumten, wenn nicht gar blitzsauberen Grab ein
paar Meter weiter wäre allerdings nicht zulässig. 'Die Gräber gehören denen,
die hier gestorben sind', erklärt Glöckler. Eine Pflege ist nicht
vorgesehen. Ein israelitischer Friedhof ist ein 'Haus des Lebens', in dem
die Bestatteten sozusagen leben bis der Messias kommt. Der Bewuchs ist
vorgesehen, wenngleich er keinen Schaden an den Grabsteinen anrichten darf,
wie Kurt Glöckler sagt. Man muss die Schrift lesen können, heißt es. Der
Stein darf also nicht unter dem Efeu leiden. Teilweise sind die Grabsteine
aus Sandstein, der Schaden nehmen kann. Demnächst will die Stadtverwaltung
alte Pflanzen austauschen. Die Kosten dafür erstattet der israelitische
Oberrat in Karlsruhe, dem der Friedhof gehört. Es ist auch nicht Brauch,
dass Verwandte regelmäßig die Gräber besuchen. Lediglich einmal im Jahr, vor
dem höchsten Feiertag Jom Kippur – dem jüdischen Buß- und Bettag – geht man
zum Friedhof. Auch dieser Anlass wird beim Schwetzinger Friedhof weitgehend
unbemerkt bleiben. Das erste Begräbnis fand 1893 statt, das letzte in den
1950er Jahren. Es gibt nicht viele Hinterbliebene in Schwetzingen.
Um 1900 war das noch anders: 107 jüdische Einwohner zählte man damals, was
einen Anteil von 1,7 Prozent an der Gesamtbevölkerung ausmachte. In der
Spargelstadt gab es eine lebhafte jüdischen Gemeinde. Viele von ihnen flohen
vor dem Rassenwahn der Nazi-Herrschaft. Beim Novemberpogrom 1938 wurden die
Häuser der verbliebenen Juden demoliert, ebenso der Betraum in der
Heidelberger Straße. Nur wenige sind nach dem Krieg zurückgekommen. Der
Erste, der im Jahr 1893 auf dem kleinen Friedhof bestattet wurde, war
übrigens ein gewisser Hänlein Springer, der aus
Tairnbach im Kraichgau zugezogen war.
Springer war blind und lebte im Haushalt seines Bruders. Mit der Bestattung
durch den Bezirksrabbiner Hillel Sondheimer wurde der Friedhof seiner
Bestimmung übergeben. Sondheimer befand, es sei für die hiesigen Israeliten
ein erhebendes Bewusstsein, unter ihren Dahingeschiedenen zu weilen und ihre
Ruhestätte besuchen zu können, wie damals die Schwetzinger Zeitung
berichtete. Manche haben Nachkommen, die nun in aller Welt zuhause sind. Die
Nachfahren der Familie Ohlhausen etwa, die in der Heidelberger Straße eine
Lumpensortieranstalt betrieb, um ihren Besitz gebracht und ausgebürgert
wurde, leben heute in den USA. Und vor einigen Jahren kamen Nachkommen der
Familie Kaufmann aus Kanada und der Familie Metzger aus Stockholm hierher,
als in einer Ausstellung an das 'Jüdische Leben in Schwetzingen' erinnert
wurde. Auch heute noch könnten sich gläubige Juden auf dem kleinen Friedhof
bestatten lassen. Es gibt noch Platz für mehrere Gräber. Aber eine Nachfrage
ist nicht wirklich vorhanden. Die hier lebenden Juden sind stärker an den
Gemeinden in Heidelberg und Mannheim orientiert. In Schwetzingen gibt es
keine jüdische Gemeinde mehr." Link zum Artikel
Hinweis
auf online einsehbare Dokumente der jüdischen Gemeinde Schwetzingen
In der Website des Landesarchivs
Baden-Württemberg (Hauptstaatsarchiv Stuttgart bzw. Staatsarchiv) sind die Personenstandsregister
jüdischer Gemeinden in Württemberg, Baden und Hohenzollern
einsehbar: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=5632
Zu Schwetzingen sind keine Personenstandsregister vorhanden; eingestellt
ist:
J 386 Bü. 517 Schwetzingen: 'Geschichte der Juden von
Schwetzingen' von Simon Eichstetter (Original-Manuskript; Eichstetter ist
auf dem Friedhof begaben, siehe Grabsteinfoto oben) http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446737
Hinweis auf
die Dokumentation der jüdischen Grabsteine in Baden-Württemberg des
Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg