Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Rödelheim (Stadt Frankfurt am Main)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Allgemeine Berichte zur jüdischen Geschichte in Rödelheim  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen    
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bullet Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte 
bulletLinks und Literatur   

         

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)   
    
In Rödelheim lebten Juden bereits im Mittelalter. 1290 gewährte König Rudolf von Habsburg dem Burggrafen von Rödelheim das Privileg, sechs Juden neben der Burg siedeln und Handel treiben zu lassen. In der Folgezeit erfährt man freilich nur vereinzelt von jüdischen Einwohnern in Rödelheim, doch gab es möglicherweise kontinuierlich eine kleine jüdische Ansiedlung am Ort. 1455/56 war ein Rödelheimer Jude Eigentümer einer zinspflichtigen Hofreite. Anfang des 16. Jahrhundert lebte - inzwischen unter den Grafen von Solms - mindestens eine jüdische Familie am Ort.    

Die Entstehung der neuzeitlichen jüdischen Gemeinde geht in das 18. Jahrhundert zurück. Der älteste gebliebene Schutzbrief eines jüdischen Einwohner stammt aus dem Jahr 1728. Darin wurde dem Juden Löw Praunheim erlaubt, weitere vier Jahre in Rödelheim zu bleiben. Das jüdische Wohngebiet lag im Bereich des "Inselgäßchens", das im Volksmund "Judengasse" genannt wurde. Im 18. Jahrhundert nahm die Zahl der jüdischen Einwohner zu: von 40-45 (1701) über 140-150 (1749) bis auf 236 (1800). 
 
Aus dem 18./19. Jahrhundert werden vereinzelt Taufen (Konversionen zum Christentum) jüdischer Personen gemeldet. Am bekanntesten ist Ludwig Börne, der sich im Jahr 1818 einige Zeit bei seinem Freund Dr. Salomon Stiebel in Rödelheim aufhielt und sich am 5. Juni 1818 durch den lutherischen Pfarrer Bertuch taufen ließ.   
    
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1803 58 "Schutzgeldjuden" (= jüdische Familien) sowie einige weitere Familien ohne Schutzbrief (acht Permissionisten und acht "Schlafgeldzahlende"), 1814 342 jüdische Einwohner (28,1 % von insgesamt 1.217 Einwohnern), 1830 380 (23,9 % von 1.588), 1845 421 (18,5 % von 2.272), 1866 376 (13,7 % von 2.736), 1871 255 (8,2 % von 3.109), 1885 192 (4,5 % von 4.264), 1895 154 (3,1 % von 4.888), 1905 163 (3,1 % von 5.310). Die jüdischen Familien lebten bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem vom Viehhandel, Fleischhandel, Fellhandel, Tuchhandel, Hausierhandel und Kramhandel sowie von der Geldleihe. Es gab Seifensiedereien im Besitz jüdischer Familien und ab 1796 die "Privilegierte orientalische und occidentalische Buchdruckerei" von Wolf Heidenheim (näheres zu dieser Druckerei in den Berichten und Texten unten). 
Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eröffneten mehrere jüdische Gewerbetreibende Geschäfte, Läden und Fabrikbetriebe am Ort. 

An Einrichtungen bestanden insbesondere eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (von 1826 bis 1848 jüdische Elementarschule mit 70 und mehr Kindern), ein rituelles Bad und ein Friedhof (alter, dann neuer Friedhof). Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Um 1800 werden "Vorsinger Bär und Abraham Moses, Rabbiner" (= Lehrer) genannt. Nach Eröffnung der jüdischen Elementarschule war seit 1826 Löb Küps aus Baiersdorf als Elementarlehrer tätig, ab 1841 auf Grund seiner Erkrankung als Schulgehilfe Salomon Lehr, dann ab 1845 gleichfalls als Schulgehilfe Saul Buchsweiler aus Grebenau, danach wieder Lehrer Küps bis 1848. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts werden nach Schließung der jüdischen Konfessionsschule als Religionslehrer, Kantoren und Schächter genannt: Moritz Prechner (um 1886/90), seit 1895 Julian Zinkes, der 1935 sein 40-jähriges Ortsjubiläum begehen konnte (siehe Bericht unten). Der Lehrer wohnte im jüdischen Gemeindehaus Inselgäßchen 12.    
 
Im Ersten Weltkrieg nahmen aus der jüdischen Gemeinde als Soldaten teil: Alfred Hammel, Max Marx (geb. 23.12.1886 in Rödelheim, gef. 5.6.1918), Max May (geb. 15.3.1887 in Rödelheim, gef. 16.4.1917) und Georg Seelig (geb. 12.10.1897 in Rödelheim, gef. 20.8.1917) teil (eventuell noch weitere Personen).  Gefallen ist im Krieg auch der älteste Sohn von Lehrer Zinkes: Ludwig Zinkes sowie der Gefreite Leopold Jonas (geb. 9.10.1874, vor 1914 in Neu-Isenburg wohnhaft, gef. 15.10.1918).    
   
Um 1924, als zur Gemeinde noch 113 Personen gehörten (0,9 % von 12.891 Einwohnern; Zahl von 1927) waren die Gemeindevorsteher Heinrich Hammel, Salli Fleisch und Josef Strauß. Als Lehrer, Kantor und Schochet war der bereits genannte Julian Zinkes tätig, als Synagogendiener Abraham Markus und als Synagogenwärterin Witwe Gutberlett. Lehrer Zinkes erteilte damals acht Kindern der Gemeinde den Religionsunterricht; an öffentlichen Schulen erhielten fünf weitere Kinder den Religionsunterricht. An jüdischen Vereinen bestanden u.a. die Beerdigungsgesellschaft "Chewra Kadischa" (gegründet 1700; 1924 unter Leitung von Louis Schönthal mit etwa 20 Mitgliedern, 1932 unter Leitung von Lehrer Julian Zinkes; Zweck und Arbeitsgebiete: Krankenwachen, Bestattungswesen), die "Krankenunterstützungskasse des israelitischen Jünglingsvereins" (gegründet 1820, siehe unten Bericht zum 75-jährigen Jubiläum 1895), die Israelitische Frauenvereinigung (gegründet 1912, 1932 unter Leitung von Lina Hammel, Burgfriedenstraße 5 mit 29 Mitgliedern; Zweck und Arbeitsgebiete: Unterstützung Hilfsbedürftiger und Bestattungswesen); der Geselligkeitsverein (1924 unter Leitung von Louis Schönthal mit ca. 25 Mitgliedern). An Stiftungen bestand u.a. die Jos. und Hannchen May'sche Stiftung (Vorsitz Heinrich Hammel; Zweck: Armenunterstützung; im Besitz der Stiftung war ein kleines Hospital in Rödelheim). 1932 war Gemeindevorsteher weiterhin Heinrich Hammel (1. Vors. und Schriftführer), als Schatzmeister war Louis Schönthal tätig. Lehrer Julian Zinkes unterrichtete im Schuljahr 1931/32 insgesamt 16 Kinder in Religion (wohnte Inselgase 12).    
   
1933 lebten noch etwa 100 jüdische Personen in Rödelheim. In der damals wichtigsten Geschäftsstraße des Ortes Alt-Rödelheim gab es damals mehrere Geschäfte/Läden/Handwerksbetriebe und Wohnungen jüdischer Familien: Nr. 4 Haus der Familie Strauß, Nr. 6 Haus der Familie Schönthal, Nr. 11 Geschäft der Süßigkeitswarenkette "Wittwe Hassan", Nr. 12 Arthur Stern (Textil- und Zigarrengeschäft), Nr. 20 Haus der Geschwister Berta und Rebekka Marx (Lebensmittelhandlung "Zum Knusperhäuschen"), Nr. 23 Haus und Geschäft der Familie Nelken (Leder- und Schusterladen), Nr. 30 Haus der Familie Eisemann (Metzgerei), Nr. 32 Haus der Familie Hammel, Nr. 38 Haus der Familie Grünebaum, Nr. 40 Rosalie Markus (Eisen- und Metallwarenhandel), Nr. 42 Wohnung und Laden von Sally Eisemann (Fischgeschäft). Andere Familie lebten (teils auch mit Läden beziehungsweise Gewerbebetrieben) u.a. in der Assenheimer Straße, Burgfriedenstraße, Radilostraße, Lorscher Straße, Röderichstraße. Bis 1938 mussten alle jüdischen Geschäfte aufgegeben werden beziehungsweise kamen zwangsweise in nichtjüdischen Besitz. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge geschändet und angezündet (s.u.), mehrere jüdische Geschäfte demoliert. Ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder konnten noch emigrieren. Die letzten jüdischen Einwohner wurden aus Rödelsheim beziehungsweise aus Frankfurt oder von anderen Orten in die Ghettos und Vernichtungslager deportiert und teilweise alsbald ermordet. Lehrer Julian Zinkes und seine Frau war vermutlich bereits im Oktober 1938 nach Polen ausgewiesen worden.  
  
Von den in Rödelheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): u.a. Leopold Asch (1882), Melanie Blitz geb. Holzer (1881), Frieda Cossmann geb. Jonas (1891), Albert Dreyfuß (1873), Amalie Dreyfuß geb. Salomon verw. Rosenthal (1890), Siegbert Dreyfuß (1926), Johannette Eisemann geb. Hermann (1867), Sally Fleisch (1878), Selma Fleisch (1892), Paula Gallinger geb. Lehrberger (1879), Josef Grünbaum (1880), Kurt Grünebaum (1927), Max Grünebaum (1895), Martha Grünebaum geb. Günter (1897), Minna Gundersheim geb. Blum (1874), Uri Willi Holzer (1874), Lucy Jaschek geb. Hammel (1901), Emma Laufer geb. Stern (1877), Max Lehmann (1875), Johanna Löllbach (1861), Ferdinand Markus (1901), Flora Markus (), Inge Ursula Markus (), Rosalie Markus geb. Grün (1870), Rebekka Marx (1875), Hermine May geb. Drucker (1880), Hugo May (1880), Johanna May geb. Sichel (1881), Julius May (1876), Gustav Rosenthal (), Rosa Rosenthal (), Jenny Spanier geb. Schönthal (1871), Max Spanier (1899), Alice Stein geb. Hammel (1901), Fanny Stern (1868), Isidor Strauß (1894), Renate Strauß (1926), Selma Strauß geb. Capell (1900), Emma Wallerstein geb. Rosenthal (1871), Henriette Wallerstein (1891), Isak Weinstock (1859), Fanny Zinkes geb. Stern (1868), Julian (Julius, Joel) Zinkes (1870).     
Anmerkung: eine vollständige Recherche in den angegebenen Listen nicht möglich, da die Geburts- und Wohnorte der Rödelheimer Personen vielfach mit "Frankfurt" und nicht mit "Rödelheim" angegeben sind. Für die Zusammenstellung wurden auch die Dokumentationen von www.stolpersteine-frankfurt.de herangezogen.   

   
   
Am 23. Februar 2006, 5. März 2007 und am 24. April 2008 wurden an "Stolpersteinen" in Rödelheim verlegt: für Ferdinand Markus (Flussgasse 5-7), Rosalie Markus (Alt Rödelheim 40), Albert, Amalie und Siegbert Dreyfuß (Radilostraße 29), Sally und Selma Fleisch (Reichsburgstraße 2), Isidor, Selma und Renate Strauß (Alt Rödelheim 12), Rebekka Marx (Alt Rödelheim 20), Emma und Henriette Wallerstein (Radilostraße 8), Kurt, Max und Martha Grünebaum (Alt Rödelheim 38), Fanny und Julian [Julius] Zinkes (Inselgässchen 12), Alice Stein (Burgfriedenstraße 5), Fanny Stern (Inselgäßchen 12), Hermine und Julius May (Niddagaustraße 21), Hugo und Johanna May (Rödelheimer Landstraße 24), Johanette Eisemann (Alt Rödelheim 30), Hermann Maier (Am Rödelheimer Wehr 4).  
Allgemein zu "Stolpersteinen in Frankfurt": www.stolpersteine-frankfurt.de. Unter den Jahresdokumentation 2006, 2007, 2008 und 2009 nähere Informationen zu den einzelnen Personen. Am 19. Oktober 2009 wurden Stolpersteine verlegt für Flora und Inge Ursula Markus (Flussgasse 5-7) sowie Gustav und Rosa Rosenthal (Rödelheimer Landstraße 130.   
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
      
Allgemeine Berichte zur jüdischen Geschichte in Rödelheim 

Aus der Geschichte der Rödelheimer Juden (Beitrag von 1921)  

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 17. November 1921: "Alt-Rödelheim. Im Verlag von Englert und Schlosser, hier, ist ein Werk 'Alt-Rödelheim in Wort und Bild. Ein Heimatbuch von Emil Hartmann und Paul Schubert (Preis geb. 70 Mark) soeben erschienen. Die Seiten 154-160 sind der Geschichte der Juden in Rödelheim gewidmet. Diese Geschichte beginnt bereits im Jahre 1290, in welchem Jahre Kaiser Rudolf von Habsburg die Erlaubnis zur Ansiedlung von 6 Juden gab. Jahrhundertelang waren sie gleich den anderen Juden in Deutschland entrechtet. So mussten sie Sonntags in ihren Häusern blieben, die Christen durften mit ihnen nicht gesellschaftlich verkehren, am Sabbat keine Hilfe leisten usw. Ihre höchste Zahl hatten die Rödelheimer Juden im Jahre 1845; damals zählten sie 421 Seelen."     
 
Roedelheim Israelit 29121921a.jpg (152826 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Dezember 1921: "Aus der Geschichte der Rödelheimer Juden
(Aus dem Werke 'Alt-Rödelheim in Wort und Bild'. Ein Heimatbuch von Paul Schubert. Verlag Englert & Schlossert in Frankfurt am Main. Preis geb. 70.- Mk.)  
Am 18. September 1290 erteilte Kaiser Rudolf von Habsburg dem früheren Frankfurter Schulheißen Heinrich und den Burgmannen der Reichsburg zu Rödelheim die Erlaubnis, sechs Juden, die aber nicht aus den königlichen Städten genommen werden durften, in der Nähe der Burg Rödelheim wohnen zu lassen. Diese ersten Rödelheimer Juden sollten den Frankfurter Glaubensgenossen rechtlich gleichgestellt werden und durften Handel treiben, doch musste die erzielte Einnahme zum Ausbau und zur Erhaltung der Rödelheimer Burg verwandt werden.
Vier Jahre später traten auch die Königsteiner Juden zu Rödelheim in Beziehung, denn der von Kaiser Adolf zum Burgmann in Rödelheim angenommene Edle Werner von Münzenberg erhielt, da der Kaiser die ihm für seine Dienste versprochenen 100 Mark kölnischer Pfennige aus Mangel an Bargeld nicht bezahlen konnte, jene Juden als Pfand (2. August 1294, Frankfurt am Main). Die Juden des 13. und 14. Jahrhunderts waren nämlich als "Kammerknechte" Eigentum des Kaisers und konnten - wie anderes Reichsgut - zur Aufbesserung seiner Einkünfte verkauft oder verpfändet werden, doch wurden sie dadurch nicht als Leibeigene gekennzeichnet, da der Kaiser sogar ganze Reichsstädte verpfänden durfte und auch verpfändete. Vielmehr erfreuten sich die Juden auch der Fürsorge mehrerer Kaiser, die ihre Lage nicht selten verbesserten und sie oft mit Geld unterstützten, ihnen auch Abgaben oder Strafen erließen.      
Fast vier Jahrhunderte lang hören wir nichts mehr von den Rödelheimer Juden. Sie   
Roedelheim Israelit 29121921a1.jpg (109101 Byte)werden die Judensteuer und den Judenzehnten bezahlt, in Rödelheim und den benachbarten Orten Handel getrieben und die Freuden und Leiden der Frankfurter Juden geteilt haben, und alle für die Juden erlassenen Reichsgesetze werden auch in Rödelheim gültig gewesen sein. So haben wohl auch die Rödelheimer Juden die vorgeschriebenen Abzeichen und Kleidungsstücke getragen; sie mussten sich Bärte wachsen lassen, stets ohne Stock gehen und durften keine Waffen bei sich führen, keine christlichen Wirtshäuser besuchen, keine christlichen Dienstboten halten und die Arzneikunst an Christen nicht ausüben. Unter Aufsicht des Grafen bildeten sie bald eine selbständige Gemeinde, besaßen als gemeinsames Eigentum wohl bald einen Betsaal, später eine Synagoge und Schule und eine Badestube; zwar hatten sie das Recht des eigenen Grundbesitzes,  
 
links: Wolf Heidenheim 1757 bis 1832    
Roedelheim Israelit 29121921a2.jpg (65098 Byte)aber keinen Anteil an den aktiven politischen Rechten, gehörten keiner Zunft an und waren von allen Dienstleistungen und Kriegslasten befreit.   
Die Frankfurter Judenschlacht des Jahres 1349 mag auch in Rödelheim ihre Wirkungen
  
links: Titelblatt der von Heidenheim im Jahre 1800 herausgegebenen ersten Machsor-Ausgabe (Festtags-Gebetbuch)    
 
Roedelheim Israelit 29121921b1.jpg (118045 Byte)gehabt haben. Aber abgesehen von diesen um die Mitte des 14. Jahrhunderts plötzlich einsetzenden Judenverfolgungen, die besonders von den Geißlerscharen veranlasst wurden, werden die Rödelheimer Juden nicht viel angefeindet worden sein. Das änderte sich im 15. Jahrhundert: Der Jude musste sich den Schutz der Obrigkeit mit schweren Abgaben erkaufen, galt er jetzt doch nur als Leibeigener, über dessen Leib und Gut der Kaiser oder der Graf nach Willkür verfügen konnte. Sämtliche Juden mussten - etwa seit 1461 - zusammen in einer Gasse wohnen, ein Gesetz, das bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts in Kraft blieb. Ihrem Namen wurde amtlich das Wort 'Jude' oder 'Schutzjude' hinzugefügt, durch das sie gekennzeichnet werden sollten, und auf der Straße waren sie Belästigungen sehr oft ausgesetzt. Aus mehreren Städten Süddeutschlands wurden gegen Ende des 15. Jahrhunderts die Juden vertrieben: sie wandten sich nach Frankfurt, und es ist wahrscheinlich, dass damals auch in Rödelheim die Zahl der Juden sich vermehr hat. In den folgenden Jahrhunderten blieben die Verhältnisse im wesentlichen die gleichen. Die Rödelheimer Juden hatten sich Sonntags ganz still in den Häusern zu halten. Den Christen war jeder Verkehr mit den im Orte wohnenden Juden untersagt: wer sich mit ihnen einließ oder gar am Sabbat ihnen in ihrem Hause Hilfe leistete, wurde bestraft, musste dieses Vergehen sogar noch nach seinem Tode büßen, wie jener Rödelheimer Schweinehirt, der, als er 1681 starb auf Befehl des Grafen Johann Karl Eberhard 'ohne Gesang und Klang und Predigt des abends an einem abgesonderten Ort des Kirchhofs' begraben wurde, weil er seine Frau und Tochter als Schabbesgojim zu den Juden gesandt hatte.     
Roedelheim Israelit 29121921b2.jpg (143560 Byte)Zu Beginn des 18. Jahrhunderts waren in Rödelheim und Offenbach 'der Juden ganze Nester, die sich dann täglich nach Frankfurt begeben und durch allerhand geringe Hantierung und Schachern ihre kümmerliche Nahrung suchen'. Wie feindselig die Rödelheimer Christen und Juden um 1700 einander gegenüberstanden, geht aus folgendem Bericht Schudts hervor: 'Vor gar wenig Jahren sollen die Juden in Rödelheim einen christlichen Mann von Bockenheim in ihre Schule auf den Versöhnungstag kommen lassen haben, selbigen angespieen und verflucht als einen Sündenbock, da aber solches der Hochgräflichen Herrschaft hinterbracht worden, haben Ihre Hochgräfliche Exzellenz der Herr Graf Ludwig sofort dero Sekretarium, den Herrn Wachtmeister und einige Soldaten dahin geschickt, welche die Juden in ihrer wohl verschlossenen Synagog unvermutet übereilet, die doch davon schon müssen Wind gehabt haben, indem man sie über solche Verrichtung nicht betreten, doch den Christen attrapieret (ertappt), festgenommen und zur gefänglichen Haft gebracht, aus welchem aber weiter nichts zu bringen gewesen, als dass er den Juden die Lichter angezündet habe: dennoch haben Ihre Hochgräfliche Exzellenz solche vermutliche Juden Bosheit nicht leiden wollen, sondern den Juden das exercitium religionis, die Religionsausübung und die Synagog genommen, dahero sie jetzt nach dem benachbarten Höchgräflichen Hanauischen Dorf Bockenheim zur Synagoge sich begeben, aus ihrer Synagoge, so vorhero eine Scheuer gewesen, ist nun ein Herrschaftlicher Kuhstall gemacht, da an den Wänden noch unterschiedliche Hebräische Schrift zu finden.'  
In der Zeit von 1682 bis 1722 ließen sich in Rödelheim 5 Jüdinnen und 2 Juden taufen. Ein Rödelheimer Jude, der 1682 in Frankfurt von Dr. Spener getauft wurde, trat, wie Schudt erzählt, zum Christentum über, 'weil ihm Zeit während drei vierteljährig Unpässlichkeit, in der er fleißiger an seine Seele gedacht, drei unterschiedliche Mal, und immer mit mehrerem Eindruck in sein Herz im Traum angezeigt worden, er müsse ein Christ werden, wolle er anders selig werden. Darauf ist er 
Roedelheim Israelit 29121921b3.jpg (125489 Byte)am 5. April bei den Barfüßern getauft, hat den Namen Carl Christoph empfangen, und ist 8 Tage nach der Taufe gestorben.' Auch in Rödelheim wurden Bekehrungsversuche an den Juden gemacht. 'Eodem tempore 1737', berichtet Schenck, 'kam ein Mann namens Andreas Ladenbach hierher und wollte die Juden bekehren; er ging auch in ihre Synagog und tat seinen Antrag an sie, fand aber wenig Gehör. Er war aus Preußen gebürtig, und schien ein redlicher Mensch zu sein.'  
Wann die erste Synagoge in Rödelheim erbaut wurde und wo sie gestanden hat, ist nicht festzustellen gewesen; sicher ist, dass die Rödelheimer Juden bereits um 1700 eine Synagoge besaßen, die vorher eine Scheune war, und 'anno 1730 ist ihnen wiederum eine Synagoge zu bauen erlaubt worden, welche noch jetzo in der Judengasse zu sehen ist.' Einige Jahre später, im Oktober 1738, wurde ein Einbruch in diese neue Synagoge verübt. 'Die Juden aber kundschafteten den Diebstahl aus und erlangten das meiste wieder. Die Zigeuner hatten den Diebstahl begangen und solchen bei einem Wirt in Schmitten auf dem Reifenberg hinterlegt. Als nun die hiesigen Juden es inne worden, haben sie dem Wirt 10 und den Zigeunern 50 fl. gegeben, da so denn der Wirt mit seinem Harren den Diebstahl wieder hierher geliefert. Er ließ aber Illustrissimus Comes der Graf dem Wirt die Ochsen ausspannen und den Juden zur Ersetzung ihres Schadens übergeben.' Auch bei den am 6. Juli 1800 durch Soldaten der polnischen Legion in Rödelheim verübten Einbrüchen wurde der Synagoge ein Besuch abgestattet und ein hellblauer, mit goldgestickten hebräischen Buchstaben und goldenen Spitzen versehener Altarvorhang sowie ein silberner Becher mitgenommen. Der Rödelheimer Judenbaumeister Meier Dülsheimer sah die Sachen in Bornheim und kaufte sie zurück. (Schluss folgt)."  
 
Roedelheim Israelit 12011922.jpg (477538 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Januar 1922: "Aus der Geschichte der Rödelheimer Juden. (Fortsetzung). Gewöhnlich wurden die Rödelheimer Juden vom Grafen zu keiner Arbeit herangezogen, sie hatten aber zur Unterhaltung der Wege, Stege und Brunnen des Ortes jährlich eine bestimmte Summe (1792: 20 fl., ebenso 1808) zu zahlen, auch – gemeinsam mit der Christengemeinde – den Rödelheimer Nachtwächter zu besolden. Bei besonderen Gelegenheiten aber, wenn Not am Mann war, konnte man auf die Hilfe der Juden nicht verzichten. So mussten sie im Jahre 1738, als Zigeuner und anderes Gesindel die Straßen unsicher machten, den Nachtwächter begleiten, bei den häufigen Truppendurchzügen Soldaten in ihre Häuser nehmen, am 16. Juni 1733, als österreichische Truppe durch Rödelheim kamen, auch beim Brückenbau helfen und am 20. Juli 1748, als die Prannheimer Kirche brannte, Wasser zum Löschen tragen, obwohl es Sabbat war. Die Rödelheimer verlangten 1796, dass auch die im Orte wohnenden Juden zu allen Lasten herangezogen werden sollten; diesem Ersuchen wurde erst 1824 stattgegeben.   Die Blütezeit der Rödelheimer Judengemeinde – in einem Schriftstück aus dem Jahre 1826 ist von der ‚bedeutenden, größtenteils wohlstehenden und auf höhere Bildung Anspruch machenden Judenschaft in Rödelheim’ die Rede – fällt in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, in jene Zeit, in der die härtesten Gesetze gegen die Juden aufgehoben wurden, wenn auch die mannigfachen Abgaben (Beschneidungsgeld, Schutzgeld u.a.) zum größten Teil noch bestehen blieben und die Aufnahmebedingungen noch sehr schwer waren. Niemand durfte ohne obrigkeitliche Genehmigung einen nicht im Rödelheimer Schutze stehenden fremden Juden länger als eine Nacht bei sich beherbergen. Blieb der Jude über eine Woche, so hatte er sich einen Erlaubnisschein zu beschaffen und konnte dann als ‚Permissionist’ längere Zeit im Orte sich aufhalten. Aber die Aufnahme in die Ortsgemeinde, die der Juden gewöhnlich ‚für sich un seine Verlobte zwecks Verehelichung’ beantragte, war an schärfere Bedingungen geknüpft. Beide mussten ihren Geburtsschein und ihr Führungszeugnis vorlegen, das gesetzliche Barvermögen und ein gutes Auskommen nachweisen und auf die Tora schwören, dass sie jenes Vermögen wirklich besitzen. Der fremde Jude hatte außerdem ‚durch ein Zeugnis der Schuldirektion darzutun, dass er die Schule vormals vorschriftsmäßig besucht und gute Fortschritte in Deutsch, Lesen, Schreiben und Rechnen gemacht habe’. Konnte dieses Zeugnis nicht mehr beigebracht werden, musste sich der Jude beim Rödelheimer evangelischen Dekan Thudichum einer Prüfung in jenen Fächern unterziehen. Waren die verlangten Kenntnisse vorhanden und alle anderen Bedingungen erfüllt, so werden der Jude und seine Verlobte auf Beschluss des stets duldsamen Rödelheimer Gemeinderats aufgenommen.   
Die seit über 100 Jahren in der Judengasse stehende Synagoge war baufällig geworden und wurde deshalb 1837 auf Abbruch verkauft. Am 29. Juni 1838 fand die feierliche Einweihung des jetzigen Gotteshauses (Inselgässchen) statt.    Die bedeutendsten Rödelheimer Juden des 19. Jahrhunderts sind Baschwitz und Heidenheim.    
Baruch Baschwitz (geb. 1765 in Frankfurt a.O.) erlernte in Berlin und Holland die Buchdruckerkunst und kam dann nach Frankfurt a.M., wo er mit Heidenheim in Verbindung trat. Beide erhielten 1798 vom Grafen Vollrath die Erlaubnis, in Rödelheim eine Druckerei errichten zu dürfen. Der Graf befreite sie und ihre Familien sogar von allen Steuern und sicherte ihnen auch sonst jede Unterstützung zu. Aus Dank für dieses Entgegenkommen widmete Heidenheim dem Grafen eine schwungvolle Ode in hebräischer und deutscher Sprache, die als erste Schrift die Presse dieser im Jahre 1799 gegründeten Rödelheimer ‚privilegierten orientalischen und occidentalischen Buchdruckerey’ verließ. Die Druckerei (sie war zuerst im Schlosse, dann im Insel-Gässchen, später im Hause Rödelheimer Landstraße 174 untergebracht) hatte anfangs mit so großen Schwierigkeiten zu kämpfen, dass Baschwitz sich im Jahre 1807 von Heidenheim trennte und ihm seinen Anteil am Geschäft überließ. Aber Baschwitz blieb nicht untätig. Durch Vermittlung des Rödelheimer Hofrats W. Kugler wurde er mit den angesehensten Staats- und Finanzmännern bekannt, die den energischen, praktischen und hochbegabten, auch auf dem Gebiete des Finanzwesens sehr bewanderten Juden gern bei sich sahen und ihm einen neuen umfangreichen Wirkungskreis erschlossen. ‚Baschwitz brachte das den öffentlichen Kassen so vorteilhafte System der Lotterie-Anleihen in Gang und entwarf für die meisten größeren und kleineren Staaten die Pläne zu den Anleihen, die seitdem sowohl zur Bereicherung der öffentlichen Kassen und zur Ausdehnung des öffentlichen Kredites als auch zur Erhöhung des Privatwohlstandes so mächtig beigetragen haben. Vor allem verdankt man ihm die Reduktion der Zinsen und das System der Anleihen unter 5 %, welches er zuerst durch seine tief durchdachten, scharfsinnigen Pläne ausführbar machte.’ Nach Kuglers Tode fand Baschwitz in dem durch seine Abhandlung über die Zwischenzinsen weiteren Kreisen bekannt gewordenen Rödelheimer Hofrat C. Wichterich treuen Mitarbeiter. Mit seiner Hilfe entwarf Baschwitz Finanzpläne für Anleihen, Kreditvereine, Kanäle, Eisenbahnen u.a., erhielt aber für seine Arbeit nicht die gebührende Bezahlung. An der Ehre, von den besten Staatsmännern Europas geschätzt und vom Kaiser Nikolaus I. von Russland (1833) zu einer Unterredung empfangen zu werden, musste er sich genügen lassen. Am 8. September 1836 nahm der Tod dem großen Rechenmeister, der bis in die letzten Tage mit neuen Plänen beschäftigt war, die Feder aus der Hand. ‚Die allgemeine Teilnahme, die sein Tod in seinem Wohnorte und dessen Umgegend erregte, bekundete sich durch die ungewöhnliche Anzahl derjenigen, welche die Hülle des Verstorbenen nach seiner Ruhestätte begleiteten, und die Tränen der Armen und Dürftigen, die an seinem grabe flossen, sagten am deutlichsten, dass sie einen Wohltäter und Vater verloren hatten. Er war der Stifter mancher Wohltätigkeitsanstalt gewesen, und mancher Leidende und Dürftige, dessen Not künftig noch Abhilfe finden wird, wird dankbar das Andenken des Mannes segnen, der noch für spätere Geschlechter den Samen milder Wohltätigkeit gestreut hat.’   Im Gegensatz zu Baschwitz war Wolf Heidenheim (geb. 1757 in Heidenheim im Ansbachischen) ein stiller Gelehrter, der sein ganzes Leben dem Studium der hebräischen Grammatik und Literatur widmete und ein erstaunliches Wissen sich aneignete. Mit 25 Jahren kam Heidenheim nach Frankfurt am Main, siedelte als 42-jähriger nach Rödelheim über und entfaltete hier 33 Jahre lang – bis zu seinem Tode – als Dichter, Übersetzer, Grammatiker und Verleger eine unermüdliche Tätigkeit.
"            

 3. Teil des Berichtes von 1921:  

Roedelheim Israelit 26011922.jpg (151395 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Januar 1922: Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Januar 1922: "Aus der Geschichte der Rödelheimer Juden. (Schluss). So erklärte und übersetzte er, um nur einiges zu nennen, Teil der Bibel, veröffentlichte eine wertvolle Ausgabe der ‚5 Bücher Moses’ – in vierfacher Ausführung – und gab Gebetbücher heraus, von denen das ‚Kleine Gebetbuch’ noch heute überall in Gebrauch ist. Im Gegensatz zu den minderwertigen Buchausgaben, die aus den wenigen damals in Deutschland bestehenden hebräischen Druckereien hervorgingen, zeichneten sich Heidenheims Ausgaben durch größte Sorgfalt und peinlichste Sauberkeit aus, sodass die Rödelheimer Druckerei weitberühmt wurde. Der große Gelehrte, der zeitlebens in Wort und Schrift auch für die Gleichberechtigung der Juden gekämpft hatte, starb am 23. Februar 1832: ‚Eine außerordentliche Menschenmenge ohne Unterschied des religiösen Bekenntnisses geleitete ihn am 26. Februar zum Grabe. Man stritt sich um die Ehre, die Bahre zu tragen. Die Ortsbehörden waren bei der Leichenfeier zugegen. Der evangelische Gottesdienst wurde um eine Stunde verschoben, um die allgemeine Beteiligung an der Feier zu ermöglichen. Die jüdischen Schulen in Frankfurt waren geschlossen. Nach einem feierlichen Trauergesange in hebräischer Sprache hielten der Lehrer der Rödelheimer israelitischen Gemeinde, Küps, der Schuldirektor Dr. Weil aus Frankfurt und Dr. Creizenach Reden.’ Als Heidenheims Grabstein auf dem alten Rödelheimer Judenfriedhofe zu verfallen drohte, ließen seine dankbaren Schüler Dr. Berliner und Dr. Horovitz aus Frankfurt im Juni 1893 ihn durch einen neuen Syenitstein ersetzen.    
Nach dem Tode Wolf Heidenheims kaufte Israel Lehrberger, der in den letzen Jahren sein Teilhaber gewesen war, die Druckerei; er verlegte sie in das Haus Rödelheimer Landstraße 198 und erhielt sie hier auf der alten Höhe. Auch Lehrberger genoss in Rödelheim hohes Ansehen; jahrelang war er Vorstand der Rödelheimer israelitischen Gemeinde und be-
  
       
Roedelheim Israelit 26011922a1.jpg (162363 Byte)kleidete zahlreiche Ehrenämter. Bei seinem Tode (1842) gaben ihm sämtliche israelitischen Gemeindemitglieder, alle Beamten des Ortes, viele angesehene christliche Bürger, der evangelische und der katholische Geistliche das letzte Geleit. 
Die hebräische Druckerei ging nun in die Hände seiner beiden Söhne Isaac und Meyer Lehrberger über. Auch Meyer Lehrberger erfreute sich in Rödelheim großer Beliebtheit; er war lange Jahre erster Vorsitzender der Rödelheimer Stadtverordneten-Versammlung und der dortigen israelitischen Gemeinde. Nach dem im Jahre 1881 erfolgten Tode Isaac Lehrbergers trat dessen Sohn Siegfried als Teilhaber in die Firma ein, trennte sich jedoch bald von seinem Oheim. Die Druckerei und der Verlag wurden nun geteilt: Meyer Lehrberger nannte sein Unternehmen M. Lehrberger & Co., während Siegfried Lehrberger den von ihm übernommenen Teil unter der Firma S. Lehrberger & Co. fortführte. Meyer Lehrberger trat im Jahre 1901 sein Geschäft käuflich an den Verlagsbuchhändler Dr. phil. Felix Kauffmann über, der nach dem Tode Siegfried Lehrbergers am 1. Januar 1912 auch diesen Zweig des alten Hauses übernahm. Das nun unter der Firma M. Lehrberger & Co. wieder vereinigte Unternehmen siedelte im Juli desselben Jahres nach Frankfurt am Main (Schillerstraße 19) über, wo es unter der Leitung von Dr. Felix Kauffmann zu erneuter Blüte erstanden ist.   
In den dreißiger Jahren war ein anderer Rödelheimer Jude rühmlichst bekannt. Der Schriftsteller und geistreiche Stegreifdichter Maximilian Leopold Langenschwarz. Er hieß eigentlich Meyer Hoffmann und war 1806 als Sohn armer Eltern in Rödelheim geboren. Nach dem Besuche des Frankfurter Gymnasiums – wohltätige Menschen unterstützten ihn  - lebte er mehrere Jahre in Österreich, wo er zur katholischen Kirche übertrat und den früheren Namen seines Vaters annahm. Seit 1830 trat er in München, Leipzig, Frankfurt, Mainz und anderen großen Städten unter großem Beifall auf.
      
Roedelheim Israelit 26011922a2.jpg (116870 Byte)Vermutlich haben die Rödelheimer Juden bereits im Mittelalter ihre Toten auf dem alten, von Dornenhecken umgebenen Friedhof begraben, der mitten im Felde – in früheren Jahrhunderten ‚neben dem Schindanger, wo vormals der Galgen gestanden’ – am Seedamm liegt, denn dort finden sich noch heute uralte Grabsteine. Im 18. Jahrhundert wurde dieses dem Grafen gehörige Stück Land nachweislich als Friedhof von ihnen benutzt; als die Judengemeinde im Jahre 1811 den Grafen bat, ihr einen Teil des Seedammes zur Erweiterung ihrer Begräbnisstätte zu verkaufen, erfüllte er diese Bitte nicht, überließ den Juden aber auf Widerruf ein Stück am Abhange des Seedammes zur unentgeltlichen Benutzung. Erst in den Märztagen des Jahres 1848 überwies der Graf den alten Friedhof der israelitischen Gemeinde als ihr freies Eigentum. Der Friedhof an der Westerbach-Straße wurde im Jahre 1859 in Benutzung genommen.   
Während der Frankfurter Revolutionswirren des Jahres 1848 – sie hatten übrigens in Oberhessen einige Judenverfolgungen verursacht – war der Judenlehrer Saul Buchsweiler, der von 1845 bis 1847 als Schulgehilfe in Rädelheim tätig war, einer der gefährlichsten Wühler und Hetzer. Er war unter dem Namen ‚der Doktor’ bekannt, hielt in den Frankfurter Kneipen dauern aufrührerische Reden und sprach auch am Abend des 16. September 1848 von einem bevorstehenden offenen Kampfe und von gewaltsamer Entscheidung. Da er nachweislich an der Ermordung des Fürsten Lichnowsky teilgenommen hatte und geflohen war, wurden Steckbriefe gegen ihn erlassen. Buchsweiler scheint
 
Roedelheim Israelit 26011922a3.jpg (123726 Byte)sich nach New York in Sicherheit gebracht zu haben; hier traf in Julius Fröbel zufällig auf der Straße.   
Im Jahre 1869 wurde die Gleichberechtigung der Juden mit den übrigen Konfessionen gesetzlich angeordnet, und damit hatte der jahrhundertelange Befreiungskampf der Juden sein Ende erreicht. In Rödelheim lebten die Juden mit den Christen übrigens schon seit Jahrzehnten in bestem Einvernehmen, sodass im Jahre 1855 der Bürgermeister schreiben durfte: ‚Wenn eine Gemeinde im Großherzogtum Hessen der Toleranz sich rühmen darf, so ist es gewiss die Gemeinde Rödelheim’. Sogar in den Gemeinderat entsandten die Juden seit 1861 ihre Vertreter, als ersten S.A. Haas, der 18 Jahre lang auch Vertreter der jüdischen Gemeinde war.   
Die Rödelheimer Judengemeinde, die im Jahre 1845 mit 421 Mitgliedern am stärksten gewesen war, wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts kleiner, da viele Juden der besseren Erwerbsmöglichkeiten wegen nach Frankfurt zogen. Diese Frankfurter Juden vergaßen ihre Rödelheimer Glaubensgenossen nicht und sandten oft Geld zur Verteilung an israelitische Arme.   
Haas’ Nachfolger, Samuel Mandelbaum, mütterlicherseits ein Enkel des oben genannten Baruch Baschwitz, war eine der volkstümlichsten Persönlichkeiten Rödelheims: mit seltener Gewissenhaftigkeit und Treue bekleidete er 20 Jahre lang – bis zu seinem Tode am 21. Oktober 1890 – das Amt eines Vorstehers der jüdischen Gemeinde und erfreute sich hohen Ansehens und großer Beliebtheit.   
Zur Pflege der jüdischen Literatur und Geschichte gründete im Jahre 1904 Herr Religionslehrer Zinkes in Rödelheim einen ‚Israelitischen Literatur-Verein’, der noch heute besteht."
   

    
Gemeindebeschreibung (August 1936!)  

Roedelheim GblIsrGFr August1936.jpg (406745 Byte)Artikel im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt" vom August 1936: "Von Frankfurt durch die Wetterau und das Lahntal    von S. Lilienthal, Wiesbaden.   
Mit der Straßenbahn vom Hauptbahnhof zur Ecke der Straße Alt-Rödelheim. Man ist im Herzen des Frankfurter Stadtteils Rödelheim, der jahrhundertelang Hauptort der Standesherrschaft Solms-Rödelheim war. - Schon 1290 erhält die Burg Rödelheim von Rudolf von Habsburg das Privileg, 6 Juden aufzunehmen, deren Steuern zum Ausbau und zur Erhaltung der Burg bestimmt sind. 1291 schon erwirkt sie Werner von Münzenberg. Von den Verfolgungen, wenn auch nicht von allen Bedrückungen jener Zeit bleiben sie ziemlich verschonst. Aber desto mehr setzt ihnen der fanatische Bekehrungseifer des 17. Jahrhunderts zu. 1680 wird ihnen innerhalb des herrschaftlichen Viehhofes eine Schule, d.i. natürlich ein Betraum, zur Verfügung gestellt, aber schon 1700 wieder in einen 'Kühstall' verwandelt, 'da an den Wänden hebräische Schrift zu finden'. Die Rödelheimer Juden leben völlig getrennt von der übrigen Bevölkerung, die ihnen auch keinerlei Handreichung am Sabbat gewähren darf. 1681 wird z.B. ein Schweinehirt 'ohne Sang und Klang' begraben, weil er und die Seinen mit Juden verkehrt und ihnen durch solche Handreichungen geholfen haben. 1711 bekommt die Judengasse, die kein zwangsmäßiges Ghetto darstellt, Zuwachs durch Frankfurter Juden, die infolge des großen Brandes fliehen und zum Teil in Rödelheim bleiben. 1730 darf denn auch die Judengasse eine Synagoge bekommen, die 1837/38 durch eine neue auf dem gleichen Platze ersetzt wird. In der Zwischenzeit starkes Wachstum der Gemeinde und ihres Ansehens; wie es scheint, auch freiwillige Unterstellung unter das Rabbinat Frankfurt. 1783 bittet 'Hochgräflicher Solmischer Amtsverweser' Weber den 'Hochgelehrten, insonders hochzuverehrenden Herrn Ober Rabbiner Pinchas Löwi Horvitz in Frankfurt' um Unterstützung eines mit Moses Mendelssohn befreundeten erkrankten evangelischen Geistlichen und verspricht: '...Und da ich in meinem mir gnädigst anvertrauten Amte zwei zahlreiche Judengemeinden, nämlich zu Rödelheim und Niederursel, habe, so wird es mir jederzeit zum wahren Vergnügen gereichen, Hochwürden Glaubensgenossen wieder Dienst erweisen zu können'. Die Gemeinde wächst bis auf 426 Seelen unter 1457 insgesamt im Jahre 1812, zählt nach längerem Abstieg 1845 wieder 421 unter 2272. Gesellschaftlicher Mittelpunkt ist damals der Israelitische Männergesangverein Concordia, dessen öffentliche Konzerte auch nichtjüdischen Besuch aufwiesen und ehrenvoll besprochen wurden. Noch damals muss ein fremder Jude, um in Rödelheim Niederlassungsrecht zu erhalten, nachweisen, 'dass er die Schule vorschriftsmäßig besucht und gute Fortschritte in Deutsch, Lesen, Schreiben und Rechnen gemacht habe'. Vor dem Krieg hat die Gemeinde 200, heute 78 Seelen. - Vorsteher Heinrich Hammel, Burgfriedenstraße 5, um die Pflege der Gemeindeeinrichtungen vorbildlich bemüht. - Synagoge Inselgässchen, früher Judengasse 9; heller hoher Raum, 1838 eingeweiht; schöne Vorhänge, ein alter Toramantel, altes Silber. Bemerkenswert schönes Toraschild, erneuert 1761 von den Vorstehern der Zedakah-Urne, Rabbiner Leib Bechhofen und Rabbi Loewi von Rödelheim. Sehr schönes Barock, wahrscheinlich aus Mitte oder Anfang des 17. Jahrhunderts; die sehr bemerkenswerten Kronen dazu, schlanke, frühbarocke Glockentürmchen, sicherlich noch älter. Gegenüber das Gemeindehaus, ind em sich 1812-1848 die jüdische Volksschule bis zu ihrer Verschmelzung mit der allgemeinen befand. - Der alte Friedhof, erst im 18. Jahrhundert nachweisbar, aber bestimmt viel früher, 'am Seedamm neben dem Schindanger, wo vormals der Galgen gestanden' angelegt, erst 1848 der Gemeinde als Eigentum überlassen. Dort liegen die bedeutendsten Männer der Gemeinde: der 'Mendelssohn des Machsor', Wolf ben Schamschon Heidenheim, und das viel zu wenig bekannte Finanzgenie Baruch Baschwitz, Heidenheim, 1732 in Heidenheim geboren, wohnte 1782/89 als Privatgelehrter in Frankfurt und begründete dann mit Baruch Baschwitz seine berühmt gewordene 'orientalische und okzidentalische Buchdruckerei', die später in den Besitz der Familie Lehrberger und vor einigen Jahren in den der bekannten Frankfurter Verlags- und Buchhandelsfirma J. Kauffmann & Cie. gelangt ist. Baruch Baschwitz, geb. 1768 in Frankfurt a.d. Oder, gelernter Buchdrucker, trat nach fünfzehnjähriger Arbeitsgemeinschaft mit Heidenheim diesem 1806 seinen Anteil ab und machte nacheinander für die meisten europäischen Staaten Pläne für die von ihm erfundenen 'Lotterie-Anleihe', Anleihen, deren Zinsfuß höchsten 5 % betrug (statt der damals üblichen 8-10 %), die aber durch Auslosung von Prämien dafür entschädigten; die, so erzählt der Chronist, 'sowohl zur Bereicherung der öffentlichen Kassen und zur Ausdehnung des öffentlichen Kredits als auch zur Erhöhung des Privatwohnlandes so mächtig beitrugen'. Fast alle großen Finanzpläne jener Zeit für Kanäle und Eisenbahnen stammen von ihm. 'Er erhält die gebührende Bezahlung nicht', und war mit der Ehre zufrieden. 1833 empfängt sogar Zar Nikolaus I. den Juden, und bei seiner Beerdigung 1836 'nimmt die ganze Bevölkerung teil, fließen um ihn die Tränen der Witwen, Waisen und Armen.' -  Zum alten Friedhof gelangt man durch die Westerbachstraße, an dem 1859 angelegten, sehr gut gepflegten neuen Friedhof vorbei rechts einbiegend durch die Gaugrafenstraße und in deren Fortsetzung auf dem schönen Pfad, der auf den gewaltig lagernden Feldberg hinzuführen scheint, bis zur Holzbrücke, kurz danach rechts um, auf die Hauptpforte zu. Schlüssel beim Gemeindevorsteher. - Das Heidenheim-Haus, Rödelheimer Landstraße 170-72, schönes und stattliches Haus der einstigen Druckerei und Wohnung Heidenheims; Nr. 198, altes Patrizierhaus frühere Wohnung J. Lehrbergers, der seine Druckerei im Hofgebäude hatte. - In Rödelheim geboren ist 1806 eine Berühmtheit seiner Zeit, Leopold Hoffmann, der sein Studium durch wohlhabende Frankfurter Juden finanzieren ließ, dann in Wien katholisch wurde und als Stegreifdichter das deutsche Großstadtpublikum verblüffte und hinriss."      

   
Geschichte und Gemeindebeschreibung (1937)  

Roedelheim CV-Zeitung 05081937.jpg (312616 Byte)Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des Central-Vereins) vom 5. August 1937: "Rödelheim. Erinnerungen von Max Spanier (Köln). 
Den Juden in aller Welt ist der Name Rödelheim kein leerer Begriff. Wer ein Gebetbuch oder Machsor aufschlägt, findet meist auf der Titelseite Rödelheim als Verlagsort angegeben. Wenn ich nun einiges aus der Vergangenheit dieses Ortes erzählen will, so nicht, weil ich zufällig dort das Licht erblickte (man verzeihe diese Indikretion), sondern weil sich dort einige Begebenheiten zutrugen, die des Erinnerns wert sind, zwei Menschen ein Werk begannen, das für den jüdischen Geist von großer Bedeutung war.  
Im Jahre 1290 gab der Kaiser Rudolf von Habsburg sechs Juden die Erlaubnis, in der Nähe der Burg wohnen zu dürfen. Sie wurden ihren Frankfurter Glaubensgenossen gleichgestellt, durften Handel treiben, mussten jedoch die erzielten gewinne zum Ausbau der Burg und deren Erhaltung abgeben. Um 1700 muss Rödelheim bereits eine Synagoge besessen haben; denn die Chronik berichtet, dass mehrmals darin eingebrochen wurde. Der Dieb wurde stets ermittelt, und die kostbaren Gegenstände, einmal ein goldbestickter Vorhang und ein silberner Becher, konnten zurückgekauft werden. Durch die Gesetzgebung der Jahrhundertwende erlebte die jüdische Gemeinde einen neuen Aufschwung. Die alte Synagoge wurde abgerissen und im Jahre 1818 ein Neubau errichtet, der jetzt noch dem Gottesdienst geweiht ist, ein einfacher, schmuckloser Bau im Inselgässchen, der früheren Judengasse.  
Zwei Männer haben Rödelheims Namen in die jüdische Welt getragen: Baruch Baschwitz und Wolf Heidenheim. Baruch Baschwitz, 1765 in Frankfurt a.O. geboren, erhielt 1798 mit Wolf Heidenheim vom Grafen Vollrath die Erlaubnis, in Rödelheim eine Druckerei zu errichten. Der Graf befreite sie von Steuern und sicherte dem neuen Unternehmen jede Unterstützung zu. Aus Dank für dieses Entgegenkommen widmete Heidenheim dem Grafen eine schwungvolle Ode in hebräischer und deutscher Sprache, die als erste Schrift die Presse dieser im Jahre 1799 gegründeten Rödelheimer ‚privilegierten orientalischen und occidentialischen Buchdruckerey’ verliess. Da das neue Unternehmen gegen große Schwierigk
eiten zu kämpfen hatte, überließ Baschwitz Heidenheim seine Anteile und trat aus. Hochbegabt auf dem Gebiet der Finanzen, fand er bald durch Vermittlung eines angesehenen Bürgers einen größeren Wirkungskreis.   
Benjamin Wolf Heidenheim, ein ernster, stiller Gelehrter, wurde im Jahre 1757 in Heidenheim im Ansbachischen geboren. Er besuchte die berühmte Schule zu Fürth, mit 25 Jahren kam er nach Frankfurt am Main, wo er sich ganz dem Studium des Talmud und der rabbinischen Literatur hingab. Mit der Herausgabe einer grammatischen Schrift des Abraham ibn Esra eroberte er sich den Ruhm als Koryphäe der jüdisch-grammatischen Literatur. 1800 begann das Erscheinen der Machsor-Ausgabe, die nach dem Urteil Steinschneiders ‚geschmackvoll, korrekt und mit rein deutscher Übersetzung versehen’, eine neue Epoche der ritualen Literatur einleitete. Was die Heidenheimsche Machsor-Ausgabe auszeichnete, war die gute Übersetzung in die deutsche Sprache, den eingehenden Kommentar, die gediegene Ausstattung der Bücher, die Sorgfalt des Drucks. Damit das jüdische Kind in guter hebräischer Sprache seinem Gott nahen konnte, gab er ein neues Gebetbuch heraus, das praktisch und sinnreich geordnet war. Das kleine Gebetbuch, das sich bald großer Beliebtheit erfreute, erschien noch zu Lebzeiten Heidenheims in der 17. Ausgabe. 1832 starb er, seine Vermögensverhältnisse waren sehr zerrüttet. Die jüdischen Schule in Frankfurt waren geschlossen. Nach einem feierlichen Trauergesang in hebräischer Sprache hielten der Lehrer der Rödelheimer israelitischen Gemeinde Küps, der Schuldirektor Dr. Weil aus Frankfurt und Dr. Creizenach Reden.  
Nach Heidenheims Tode kaufte Israel Lehrberger die Druckerei und hielt sie auf ihrer Höhe. Sie ging in die Hände seiner Söhne über, später wurden Verlag und Druckerei getrennt. Wenn wir Kinder die vielen Kästen mit den schwarzen Buchstaben sahen, kamen beim Anblick dieser geheimnisvollen Zeichen Angst und Staunen über uns. Zuletzt gingen Verlag und Druckerei in den Besitz von Dr. Felix Kauffmann (Frankfurt) über.   
Im Jahre 1845 erreichte die jüdische Gemeinde Rödelheims mit 421 Angehörigen ihren höchsten Stand. Im Laufe der Jahrzehnte verlor sie an Bedeutung, viele Juden zogen in das nahe Frankfurt, in die Industriestädte oder in die neue Welt."
    

       
       
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der weiteren Kultusbeamten  
Ausschreibungen der Stelle des Schochet 1867  

Roedelheim Israelit 11091867.jpg (54598 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. September 1867:  "In der israelitischen Gemeinde zu Rödelheim bei Frankfurt am Main ist die Stelle eines Schochet und die damit verbundene Stelle eines Gemeindedieners vakant. Beide Stellen, die möglichst bald besetzt werden sollen, tragen mindestens 350 Gulden jährlich ein; auch bieten sich für die Zukunft, ohne dass jedoch feste Versprechungen gemacht werden, noch günstigere Chancen. Bewerber wollen sich in frankierten Briefen unter Beifügung ihrer Zeugnisse an das unterzeichnete Vorstandsmitglied wenden. J.S. Münchweiler."     
   
Roedelheim Israelit 25091867.jpg (53004 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. September 1867: derselbe Text wie oben.    

  
Lob des Lehrers und Kantors Zinkes (1915) 

Roedelheim Kantor 110.jpg (46996 Byte)links: Lehrer und Kantor Julian Zinkes, seit 1895 Kantor und Lehrer der Rödelheimer jüdischen Gemeinde (ZR s.Lit. S. 47) 
   
Roedelheim Israelit 14011915.jpg (29916 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Januar 1915: "Aus der Gemeinde Rödelheim. Der 'Taanit Schemot' (?) unserer Chewrat Kabranim verlief in sehr würdiger Weise und verstand es unser allverehrter Kantor Herr Zinkes, der seit 20 Jahren unserer Gemeinde und unserer Chewro vorsteht, in den Selichos all das Weh und die Hoffnung der großen, schweren Zeit zum Ausdruck zu bringen."   
Anmerkung: Dem Webmaster ist nicht klar, welches Fasten mit Taanit Schemot gemeint ist - für Hinweise Adresse siehe Eingangsseite.

  
25-jähriges Amtsjubiläum von Lehrer Julian Zinkes (1920)  

Roedelheim Israelit 05081920.jpg (43630 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. August 1920: "Rödelheim, 2. August (1920). Am Sonntag, 24. Ab (8. August), feiert Herr J. Zinkes sein 25-jähriges Amtsjubiläum als Kantor und Religionslehrer in unserer Gemeinde. Um 8 Uhr versammeln sich die Gemeindemitglieder zum Festgottesdienste in hiesiger Synagoge. Herr Rabbiner Dr. Horowitz wird die Festpredigt halten. Um 5 1/2 Uhr nachmittags, gemütliches Zusammensein im 'Gasthaus zum Schützenhof'."     

 
40-jähriges Ortsjubiläum von Lehrer Julian Zinkes (1935)  

Roedelheim israelit 15081935.jpg (120571 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. August 1935: "Aus Rödelheim. Am vergangenen Schabbat Nachamu (= Schabbat, 10. August 1935) fand in der altehrwürdigen Synagoge der Gemeinde Rödelheim eine schlichte, aber würdige Feier statt zu Ehren des seit 40 Jahren bei uns wirkenden Lehrers und Kantors Herrn Julian Zinkes. Größere Ehrungen hatte Herr Zinkes, der auch in Frankfurter Kreisen kein Unbekannter ist, in seiner Bescheidenheit abgelehnt.
Herr Zinkes war seiner Gemeinde in all den Jahren nicht nur Lehrer und Kantor, sondern auch ihr treuer Seelsorger und er erwarb sich im Laufe der Jahrzehnte das Vertrauen aller Gemeindemitglieder. Auch über den Kreis seiner Gemeindemitglieder hinaus in Rödelheim erfreut sich der Jubilar allgemeiner Achtung und Beliebtheit. Wie sehr er in seiner Gemeinde verwurzelt ist, geht daraus hervor, dass ihn die Gemeinde schon seit Jahren zum ersten Vorsitzenden der seit 130 Jahren bestehenden Chewrah Kadischah (Beerdigungsbrüderschaft) gewählt hat. 
Seit 40 Jahren gibt Herr Zinkes jeden Samstag nach dem Morgengottesdienst Schrifterklärungen zum Wochenabschnitt, und seit 25 Jahren hält er vor dem Nachmittagsgottesdienst einen Chumisch-Raschi-Schiur (= Toralernstunde mit Raschis Kommentar) ab, der sich stets regen Besuches erfreut. Um den heutigen Interessen der Jugend Rechnung zu tragen, hat Herr Zinkes seit ca. 1 1/2 Jahren einen Iwrith- (Neuhebräisch-) Kurs eingerichtet, der von fast allen jüngeren Gemeindemitgliedern besucht wird. Wir wünschen dem Jubilar noch recht lange Jahre segensreichen Wirkens. (Alles Gute) bis 120 Jahre."       

  
  
Berichte aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben 
Simchas-Tora-Fest des Israelitischen Literatur-Vereins (1904)  

Roedelheim FrfIsrFambl 23091904.jpg (49370 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. September 1904: "Rödelheim. Am Sonntag, den 2. Oktober dieses Jahres feiert der hiesige Israelitische Literatur-Verein das Simchas-Thora-Fest in Form einer Abendunterhaltung mit Tanz und verspricht der Abend ein sehr genussreicher zu werden, da für theatralische und humoristische Vorträge bestens gesorgt ist. Die Feier findet abends 8 Uhr in sämtlichen Lokalitäten des Restaurants 'Zum Taunus' (Taunusstraße) statt und können Gäste eingeführt werden."      

 
Neuer Grabstein für Wolf Heidenheim (1893)  

Roedelheim Israelit 01061893.jpg (190273 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Juni 1896: "Rödelheim, am 41. Tag des Omer (= Freitag, 12. Mai 1893). Zu einer Gedächtnisfeier hatten sich am letzten Sonntag Nachmittag eine große Anzahl hiesiger Gemeindemitglieder, sowie mehrere Herren aus Krankfurt am Main auf dem alten jüdischen Friedhofe eingefunden, und noch selten dürfte dieser ehrwürdige Totenhof seit dem Jahre 1848, wo er geschlossen wurde, eine solche Anzahl von Besuchern aufzuweisen gehabt haben, als am genannten Tage. Galt es doch einem Manne zu Ehren, der, obgleich ihn bereits 61 Jahre der Mutterschoß der Erde birgt, dennoch heute in Aller Gedächtnis lebt - dem berühmten Wohl Heidenheim - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -, dem von einer Anzahl Verehrern, namentlich in Frankfurt am Main, ein neuer Leichenstein, nachdem der alte dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen, gestiftet wurde, und bei welcher Gelegenheit Herr Rabbiner Dr. Horowitz aus Frankfurt eine längere Rede hielt. Derselbe schilderte eingehend, mit passenden Midraschstellen verknüpft, das Leben und Wirken Heidenheims, wie seiner hervorragenden Kenntnisse auf dem Gebiete der jüdischen Literatur und Grammatik bahnbrechend für die jüdische Gelehrtenwelt gewesen sind und er es dennoch nicht verschmähte, als Gelehrter selbst Hand anzulegen, um seine Werke zu drucken ... und um das Jahr 1800 die noch heute bestehende Rödelheimer hebräische Buchdruckerei begründete. Aber nicht allein als jüdischer Gelehrter, sondern auch als Vertreter der sozialen Bildung ist uns Heidenheim bekannt geworden, denn er stand damals bei der Frankfurter christlichen Geistlichkeit in hohem Ansehen und war der Vermittler zwischen dieser und den Frankfurter Rabbinen. Herr Dr. Horowitz übergab alsdann den neuen Grabstein unserer Gemeinde, als Zeichen der Dankbarkeit gegen diesen großen Toten. Der Grabstein, den ein aus Granit bestehender Untersatz trägt, ist in gewölbter Form ein aus Syenit gefertigtes, des Toten würdiges Denkmal mit sinnreicher Inschrift versehen. Herr Dr. Horowitz hat sich um diese Angelegenheit die meisten Verdienste erworben, indem er durch Sammlung die nötigen Mittel hierzu beschaffte. Ich glaube deshalb im Rechte zu sein, wenn ich namens unserer Gemeinde Herrn Dr. Horowitz - sein Licht leuchte - für sein rastloses und uneigennütziges Bestreben auch an dieser Stelle den innigsten Dank ausspreche. - Jahrzehnte sind dahin gerauscht, seitdem Wolf Heidenheim - seligen Andenkens - nicht mehr unter den Lebenden weilt und in glänzender Weise hat sich an ihm bewährt das alte jüdische Weisheitswort - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen, denn als Segen wird er sich erweisen für alle diejenigen, die da lernen von seinem Leben und leben nach seiner Lehre. Hch. Hammel."       

 
75-jähriges Jubiläum der "Krankenkasse lediger Israeliten" (bzw. "Krankenunterstützungskasse des Israelitischen Jünglingsvereins", 1895)

Roedelheim AZJ 04011895.jpg (42437 Byte)Mitteilung in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. Januar 1895: "Die Krankenunterstützungskasse des israelitischen Jünglingsvereins zu Rödelheim, die zur Zeit nahezu 50 Mitglieder zählt und ein Vermögen von etwa 15.000 Mark besitzt, begeht am 7. Januar dieses Jahres ihr 75-jähriges Jubiläum. Eine in den letzten Tagen im Schützenhof zu Rödelheim stattgehabte Versammlung der Kassenmitglieder beschloss, zur Feier des Jubeltages ein Festessen zu veranstalten, und hat hierzu die Summe von 300 Mark aus der Krankenunterstützungskasse bewilligt."  
  
Roedelheim Israelit 21011895.jpg (63887 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Januar 1895: "Rödelheim, 11. Januar (1895). Am Mittwoch beging die Krankenkasse lediger Israeliten die Feier ihres 75-jährigen Jubiläums. Des Nachmittags um 4 Uhr wurde in der Synagoge ein Festgottesdienst abgehalten, wobei Herr Rechtsanwalt Dr. N. Hirsch - Frankfurt am Main einen glänzenden Vortrag über: 'Das Vereinswesen im jüdischen Gemeindeleben' hielt. Des Abends versammelten sich die Mitglieder des Jubel-Vereins im Saale des 'Schützenhofs', wo zu Ehren des Tages ein Festmahl abgehalten wurde."      

   
Der "Verband der Sabbatfreunde" wird auch in Rödelheim aktiv (1907)  

Roedelheim Israelit 14021907.JPG (103565 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Februar 1907: "Rödelheim, 13. Februar (1907). Der mit großem Eifer werbende Verband der Sabbatfreunde hat nunmehr auch die alte jüdische Gemeinde Rödelheim in den Kreis seiner Wirksamkeit einbezogen. In einer unter dem Vorsitz des Herrn Heinrich Hammel am 10. dieses Monats dahier im 'Park-Restaurant' stattgehabten Versammlung, die von etwa 30 Damen und Herren besucht war, sprach Herr Hermann Frankenthal von der Ortsgruppe Frankfurt am Main über das Thema: 'Was will der Verband der Sabbatfreunde?' Die darauf folgende Aussprache, in welcher auch einige Oppositionsredner zum Worte kamen, konnte nur befruchtend wirken, da die vorgebrachten Einwände von dem Referenten in geschickter Weise zurückgewiesen wurden und die Bedeutung des Verbandes dadurch noch mehr hervortrat. Es wurde alsdann die Ortsgruppe Rödelheim konstituiert, in die zunächst 16 Anwesende eintraten. Es ist jedoch begründete Aussicht vorhanden, dass im Laufe der nächsten Tage noch eine Anzahl Gemeindemitglieder sich anschließen werden. In den Vorstand wurden die Herren Lehrer Zinkes, Geschäftsführer Falkenberg und Kaufmann Heinrich Hammel gewählt."       

 
"Rödelheim bleibt selbständig" (1920)  

Roedelheim Israelit 18031920.jpg (82148 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. März 1920: "Rödelheim bleibt selbständig.  
Der Ausschuss der Gemeinde Rödelheim schreibt uns: Der Einsender oben genannten Artikels scheint mit den Verhältnissen unserer Gemeinde sehr schlecht vertraut zu sein, sonst hätte er wissen müssen, dass die Verhandlungen mit dem Vorstand der Gemeinde Frankfurt noch nicht zum Abschlusse gelangt sind. Ferner scheint der Artikelschreiber nicht zu wissen, welche Erbitterung wegen des veralteten Wahlrechts - dessen Grundtendenz man mit drei Worten skizzieren könnte: 'Zahlen und Maulhalten' - unter den hiesigen Gemeindemitgliedern herrscht. Und ist dem Herrn die gegenwärtige Notlage unserer Kehilla (Gemeinde) verschwiegen geblieben? Weiß er denn nicht, wie wir alle Hebel in Bewegung setzen mussten, um unseren Kultusbeamten - ein Mann, der 24 Jahre im Dienste unserer Gemeinde steht - ein zeitgemäßes Gehalt zahlen zu können?"     

 
  
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Zum Tod des Buchdruckers J. Lehrberger - der katholische Dekan hält die Grabrede (1841)  

Roedelheim AZJ 11121841a.jpg (200123 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. Dezember 1841: "Rödelheim, 13. November (1841). In voriger Woche starb dahier im kräftigsten Alter ein sehr verdienter Mann israelitischen Glaubens, der Buchdrucker J. Lehrberger, Fortsetzer der weithin berühmten Heidenheim'schen Verlagswerke, wie auch eine Reihe von Jahren Dirigent des israelitischen Gemeindevorstandes dahier und Vorsteher der israelitischen Volksschule. Seine Leichenfeier zeigte, wie sehr man ihn schätzte und bot noch in anderer Beziehung eine erfreuliche Erscheinung. Nicht nur die ganze israelitische Gemeinde, sondern auch sämtliche Beamten und übrige Honoratioren des Orts nebst einer großen Anzahl christlicher Bürger bildeten den Leichenzug, dem sich auch der katholische und evangelische Geistliche in der Eigenschaft teilnehmender Freunde anschlossen. Letzterer, Herr Dekan Thudichum, der als Schulinspektor noch in besonderem amtlichen Verhältnis zu dem Verstorbenen gestanden hatte, war von dessen Familie, von dem israelitischen Gemeindevorstande und von vielen Mitgliedern der christlichen Gemeinde um eine Grabrede ersucht worden und entsprach bereitwillig diesem Wunsche. In dieser Rede davon ausgehend, dass es angemessen sei, von der Teilnahme sich Rechenschaft zu geben, welche diese große Versammlung hier vereinigt habe, wies er darauf hin: was die Familie des Verstorbenen in ihm verloren (er hinterlässt eine Witwe mit neun, größtenteils unerzogenen Kindern), wie sein Fleiß und Unternehmungsgeist vielen Mitgliedern der beiden Gemeinden zu gut gekommen und sie bei ihm ihren Lebensunterhalt gefunden hätten, wie sein mildes Herz den Notleidenden ohne Unterschied des Glaubens geöffnet gewesen, wie er als Vorsteher seiner Gemeinde diese durch wahre Bildung zu heben und so ein Band herzlichen Wohlwollens mit der christlichen Gemeinde zu knüpfen gesucht und auch darum die letztere seinen Tod als einen Verlust für sie selbst zu betrachten habe und sofort. Er sei - wurden gegen das Ende gesagt - ein aufgeklärter Israelite gewesen, und habe diesen Namen verdient nicht dadurch, dass er die Anbetungsweise seiner Väter verachtet, sondern dass er den frommen Geist erkannt, der sie durchdringe, dass er den äußern Gebrach darum heilig gehalten, weil er den Ausdruck frommer Gesinnung und ein Beförderungsmittel des Glaubens und der Tugend in ihm erblickt, dass er begriffen habe, wie Gott durch Mose von seinem Volke den Zehnten fordere nicht um den Zehnten willen, sondern 'damit es lerne, den Herrn seinen Gott fürchten'. - Diese in ihren wesentlichsten Punkten hier kurz angedeutete Rede, indem sie Jeden auf den rechten Standpunkt führte, aus welchem er die ganze eigentümliche Feier zu betrachten habe, gab ihr den wohltuenden erhebenden Eindruck, den sie bei allen Anwesenden zurückließ, und      
Roedelheim AZJ 11121841b.jpg (52333 Byte)diese Feier selbst liefert einen schönen Beweis, wie man in einer so gemischten Gemeinde sich gegenseitig nicht nur freundlich dulden, sondern bei der treuesten Anhänglichkeit an das eigene Glaubensbekenntnis jeden anerkennen und ehren könne, der auf andere vernünftige Weise Gott zu dienen und ihm wohlgefällig zu werden sucht, indem ja, womit obige Rede schloss, Gott nicht nur ein Gott Israels ist, sondern von allen Völkern und Zungen, ja aus dem Munde der Unmündigen und Säuglinge sich ein Lob bereitet hat.  L. H-b."    

            
Der Gemeindevorsteher, Stadtrat und Beigeordnete Salomon Haas wurde zum provisorischen Bürgermeister ernannt (1860)         

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. April 1860: "Bad Homburg, im Februar (1860), In dem benachbarten Rödelheim (Großherzogtum Hessen) ist der um die jüdische Gemeinde sehr verdiente Vorsteher und Stadtrat und Beigeordnete Salomon Haas zum provisorischen Bürgermeister (wegen Krankheit des hetzigen) von der Regierung ernannt worden. Dem Verdienste seine Krone!"           

    
Leopold Lehmann aus Rödelheim wurde zum zweiten Direktor an der Band zu Madrid ernannt (1860)     

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom  3. April 1860:  "Bad Homburg, im Februar (1860). Herr Leopold Lehmann, gebürtig aus Rödelheim, ist zum zweiten Direktor an der Bank zu Madrid ernannt worden. - Von diesem, im Geiste des Judentums gebildeten und erzogenen jungen Manne steht zu erwarten, dass derselbe seinem Versprechen gemäß Alles aufbieten werden, um eine jüdische Gemeinde wieder in Madrid zu errichten."          

 
Zum Tod des Gemeindevorstehers Joseph Münchweiler (1871)  

Roedelheim Israelit 01031871.jpg (120304 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. März 1871: "Nekrolog. Rödelheim, im Ador. Am 21. Schebat (Sonntag, 12. Februar 1871) starb hier eins der ehrenwertesten, frömmsten und geachtetsten Gemeindeglieder, Herr Joseph Münchweiler. Er war Vorsteher der israelitischen Gemeinde und suchte stets eifrigst für das religiöse Gedeihen derselben, sowie für die religiöse Erziehung seiner Kinder tätig zu sein. Grenzenlos war seine Wohltätigkeit, die, immerwährend im Stillen geübt, erst ihrem größeren Umfang nach bekannt wurde durch das Jammern und Klagen der vielen Armen, die er sowohl hier wie in der nächsten Umgebung im reichsten Maße unterstützt hatte. Wo es galt, etwas Gutes in Anregung zu bringen, wo es galt, irgendetwas Verbotenes zu vermeiden, da war der Dahingeschiedene stets der Erste, der mit allen seinen Kräften bemüht war, das Gute zu realisieren und die Übelstände hinwegzuschaffen. So lebte und wirkte er, still und bescheiden, im Kreise der Seinen, auch von seinen christlichen Mitbürgern im höchsten Grade geachtet. Erst die Folgezeit wird uns die große Lücke fühlen lassen, welche sein Tod der hiesigen israelitischen Gemeinde geschlagen. - Was der Heimgegangene seinen Kindern gewesen, wie er stets unermüdlich für ihr zeitliches und ewiges Wohl besorgt war, wie er danach strebte, sie als gute Juden, edle Menschen und nützliche Staatsbürger zu erziehen, das zu schildern ist keine Feder im Stande.  
Die allgemeine Teilnahme zeigte sich bei seinem Leichenbegängnisse, bei dem auch seine zahlreichen Freunde aus Frankfurt am Main zugegen waren. Möge er droben reichen Lohn für sein edles Streben hienieden finden, möge sein Andenken für ewig zum Segen gereichen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."       

 
Zum Tod von Moses A. Lehmann (1878)  

Roedelheim Israelit 13021878.jpg (186244 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Februar 1878: "Rödelheim. Freitag, den 11. dieses Monats, 7. Schewat, verstarb plötzlich an den Folgen eines Schlaganfalls Herr Moses A. Lehmann dahier in einem Alter von 74 Jahren. Der Verewigte war als frommer Israelit, rechtschaffener Mensch und Bürger auch in weiteren Kreisen vorteilhaft bekannt.   
Seine Jünglingsjahre verbrachte er teilweise auf der Jeschiwa in Mainz, von woher er als der Gelehrte R. Mosche zurückkehrte und einen reichen Schatz an talmudischen Kenntnissen und Wissen in das bürgerliche und geschäftliche Leben, dem er sich in der Folge widmete, mitbrachte.   
Dem Vorstand der hiesigen israelitischen Gemeinde gehörte er mehrere Dezennien hindurch als Mitglied an, das Amt eines Präses derselben bekleidete er beinahe ein ganzes Dezennium. Mit seltener Gewissenhaftigkeit erfüllte er sämtliche Pflichten dieser nicht immer angenehmen Stellung. Den Gottesdienst versäumte er in seinen gesunden und kräftigen Tagen nie; da war ihm keine Stunde zu früh und kein Wetter zu schlimm, um im Zehner-Minjan sein Gebet Morgens und Abends verrichten zu können, wohnte er ja sogar noch am Vorabende seines Todestages (im eigentlichen Sinne des Wortes) dem 1/4 vor 7 Uhr stattfindenden Morgengottesdienst bei. 
Die zahlreiche Beteiligung bei der Beerdigung sowohl von Juden als auch Nichtjuden, von hier als auch von auswärts, war ein Beweis für die Liebe und Achtung, welche sich der Verstorbene in allen Kreisen seiner Bekannten zu erwerben gewusst hatte.   
Kantor Holzer, welcher dem Verstorbenen am Grabe einen warmen Nachruf widmete, hob, anknüpfend an die Worte 'und es starb Moscheh, der Knecht des Ewigen, auf Befehl des Ewigen starb Mosche Rabbenu' (nach 5. Mose 34,5) die Verdienste hervor, durch welche sich derselbe im Leben ausgezeichnet, sowohl als Mensch und Bürger im Allgemeinen, als auch in Erfüllung aller Pflichten eines frommen Israeliten im Besonderen, schilderte mit beredten Worten den Verlust, der die israelitische Gemeinde durch den plötzlichen Tod ihres Vorstehers betroffen hat, daran die Mahnung knüpfend, dem Beispiele, welches der Verewigte als frommer und aufrechter Mann gegeben, stets nachzuahmen, indem sie dadurch demselben ein unvergängliches Denkmal im Geiste errichtet, sich selbst aber das Wohlgefallen Gottes erwirbt und erhält.  
Möge der barmherzige Tröster im Himmel die Hinterbliebenen durch seinen väterlichen Trost in ihrem tiefen Schmerze um den großen Verlust, der sie betroffen hat, trösten und aufrichten!  Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens. H....".      

 
Zum Tod von Isaac Lehrberger (1881)  

Roedelheim Israelit 29061881.jpg (58389 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Juni 1881: "Rödelheim. Am 12. dieses Monats verschied nach längerem Nierenleiden im Alten von 59 Jahren Herr Isaac Lehrberger, Inhaber und Chef der bekannten orientalischen Buchdruckerei. Wie geliebt und hochgeachtet dieser Mann gewesen, davon gab - wie man dem Rh. K. schreibt - die außerordentliche Menschenmenge, die ihn zu Grab geleitete, das beredteste Zeugnis. Fast alle Bürger unserer Stadt ohne Unterschied der Konfession, sowie viele aus der Umgegend hatten sich am Trauerzug beteiligt."       

     
Zum Tod von Gitel Zeitlin (1886)  

Roedelheim Israelit 06091886.jpg (78026 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. September 1886: "Nekrolog. Rödelheim bei Frankfurt am Main, 30. August. Erew Rosch Chodesch Elul (= 31. August 1886). Heute Nachmittag 5 1/2 Uhr wurden die irdischen Überreste der in ihrem 60. Lebensjahre und im 44. Jahre einer äußerst glücklichen Ehe in Gott entschlafenen Frau Gitel, Gattin des Herrn Josua Zeitlin aus Dresden, zur Erde bestattet. Ihr Gatte und ihr einziger Sohn, auch Freunde aus Frankfurt am Main, sowie unsere Gemeinde erwiesen ihr die letzte Ehre.   
Die Armen verlieren an ihr eine Wohltäterin in des Wortes schönster Bedeutung, ihr konnte man mit vollem Rechte die Bezeichnung wackere Frau beilegen. Erew Rosch Chodesch halber konnte nicht eine Trauerrede stattfinden und wurde von Herrn M. Prechner in kurzen und ergreifenden Worten des frommen Lebenswandels der zu früh Dahingeschiedenen gedacht."       

   
Zum Tod von Samuel Mandelbaum (1890)     

Roedelheim Israelit 10111890.jpg (139305 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. November 1890: "Rödelheim, im Marcheschwan. Die hiesige jüdische Gemeinde hat einen empfindlichen Verlust erlitten. Am Dienstag, 21. Oktober, starb nach kurzem Krankenlager, im Alter von 57 Jahren, der auch in weiteren Kreisen bekannte Herr Samuel Mandelbaum, einer der trefflichsten Mitglieder unserer Gemeinde. Mit großer Gewissenhaftigkeit versag er seit zwanzig Jahren das Amt eines Vorstehers mit unermüdlichem Eifer und väterlicher Fürsorge. Er leitete die Gemeindeinstitutionen genau nach dem rabbinischen Recht und nach streng altjüdischem Ritus; reformitischen Bestrebungen trat er stets entgegen. Fast jeden Morgen war er in der Synagoge einer von den zehn Ersten trotz seines öfteren Leidens, und selbst die strengste Kälte hielt ihn nicht vom Besuche des Gotteshauses zurück. Durch seine Biederkeit und Leutseligkeit, sowie nicht weniger durch seine strenge Rechtlichkeit im Geschäftsleben, sein liebevolles, gegen alle gleich zuvorkommendes Wesen im Privatleben, erwarb er sich nicht nur zahlreiche Freunde in unserer Gemeinde und unter den andersgläubigen Mitbürgern, sondern auch in weitester Umgegend hat sich sein guter Ruf verbreitet. Zu der am Donnerstag Nachmittag erfolgten Beerdigung, an welcher auch viele nichtjüdische Bürger teilnahmen und welche eine der größten war, die je in unserer Gemeinde stattgefunden, hatten sich denn auch viele auswärtige Freunde und Bekannte eingefunden. Am Grabe gab der hiesige Lehrer und Kantor, Herr M. Prechner, den Gefühlen der Trauerversammlung in gediegenen Worten würdigen Ausdruck. Redner kennzeichnete an Hand passender Schriftstellen die Frömmigkeit und große Rechtlichkeit des Verstorbenen und sprach den Dank der Gemeinde aus für die ihr als Vorstandsmitglied geleisteten wertvollen Dienste. Hrch. Hl."         
Anmerkung: Samuel Mandelbaum war mütterlicherseits ein Enkel von Baruch Baschwitz.  

      
Bedeutende Spenden der Herrn Julius May (1890)
  

Roedelheim Israelit 29121890.jpg (42322 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Dezember 1890: "Frankfurt am Main, 24. Dezember (1890). Der in Brüssel verstorbene Herr Julius May hat nicht allein Mark 12.000 für christliche und konfessionslose Arme Rödelheims, sondern auch Mark 12.000 für israelitische Arme jener Stadt und Mark 35.000 der hiesigen (= Frankfurt) israelitischen Realschule (Philantropin) vermacht. Seine Gemahlin hat ferner an gemeinnützige und wohltätige Anstalten und Vereine, wie an bedürftige Privatpersonen ohne Unterschied des religiösen Bekenntnisses Mark 15.000 verteilen lassen."   
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Januar 1891: "Frankfurt am Main, 26. Dezember (1890). Unser in Brüssel verstorbener Mitbürger Herr Julius May aus Rödelheim hat außer einem Legat von 12.000 Mark für christliche und konfessionslose Arme seiner Vaterstand auch noch 12.000 Mark für jüdische Arme der Stadt Rödelheim und 35.000 Mark dem Philanthropin in Frankfurt am Main vermacht. Seine Gemahlin hat ferner an gemeinnützigen und wohltätigen Anstalten und Vereine, sowie an bedürftige Privatpersonen ohne Unterschied des religiösen Bekenntnisses 15.000 Mark verteilen lassen."    

       
Goldene Hochzeit von Lazarus Jonas und Sara geb. Langenzenn (1891)
   

Roedelheim Israelit 04061891.jpg (185886 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juni 1891: "Rödelheim, am Lag BaOmer (= 26. Mai 1891). Gestern, am Lag BaOmer fand in unserer Gemeinde eine ebenso seltene wie erhebende Feier statt. Das allgemein geachtete Ehepaar Lazarus und Sara Jonas geb. Langenzenn, beging in festlicher Weise den Tag seiner goldenen Hochzeit, und waren die Kinder, Enkel und Verwandte des Jubelpaares in großer Zahl herbeigeeilt. Bereits am 9. Mai wurde ihm von Seiner Majestät die silberne Ehe-Medaille verliehen, welcher ein Glückwunsch-Schreiben beigefügt war.   
Mittags versammelte sich ein großer Teil der jüdischen und christlichen Mitbürger, darunter der Bürgermeister und Mitglieder des Gemeinderats, in der mit Grün geschmückten und festlich erleuchteten Synagoge, woselbst unser Kantor, Herr M. Prechner, in würdevoller Weise eine Ansprache an das Jubelpaar hielt (Anmerkung: Ich bemerke hier ausdrücklich, dass Herr Prechner sich bloß auf eine Ansprache beschränkte, die mit einer Einsegnung oder sonst einer, dem Geiste des jüdischen Gesetzes nicht entsprechenden Zeremonie nichts zu tun hatte).  Mit den Psalmworten: 'Noch im Greisenalter sprossen sie, sind markig und belaubt' (Psalm 92,15) begrüßte der Redner das Jubelpaar und beglückwünschte es, dass der Allmächtige ihm die Gnade erwiesen, diesen Tag, frisch an Körper und Geist, zu erleben. Zum Schluss flehte der Redner in ergreifender Weise Gottes Segen auf das Jubelpaar herab. Dann ging es zur Wohnung des Jubelpaares, welche mit Blumen und Ehrengaben, die Freunde und Verwandte gewidmet, geschmückt war, und woselbst sich eine Menge von Gratulanten einstellte. Abends brachten zwei hiesige Gesangvereine je ein Ständchen mit Fackelzugbegleitung und einige sinnig gewählte Piecen in schöner Weise zum Vortrag. Rührend war es, als der Jubilar, ein biederer Greis von 80 Jahren, aus dem Fenster seiner Wohnung mit weithin vernehmbarer Stimme in schlichten, aber von Herzen kommenden Worten für die vielen Aufmerksamkeiten seinen und seiner Gattin innigsten Dank aussprach. Hierauf hielt Herr Freuerwehrhauptmann Wächter eine kernige Ansprache, in welcher er die Bürgertugenden des Jubelpaares feierte und forderte die Umstehenden, eine vielhunderköpfige Menge, auf, in ein dreimaliges Hoch auf das Jubelpaar einzustimmen, was auch begeistert geschah. In unserer, an Klassen- und Rassenhass so kranken Zeit ist es doppelt erfreulich, von einem solchen Akt der brüderlichen Eintracht zwischen den verschiedenen Konfessionen berichten zu können. Hch. Hammel."     

          
Zum Tod von Hirsch Lehmann (1893)  

Roedelheim Israelit 03071893.jpg (92654 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Juli 1893: "Rödelheim, 13. Juni (1893) (Unlieb verspätet). Am 19. Mai verschied dahier nach längerem, schweren Leiden, der auch in weiteren Kreisen gekannte und geehrte Herr Hirsch Lehmann im Alter von 72 Jahren. Er war noch einer von jenen immer seltener werdenden Männern, die noch aus früherer Zeit zu uns herüberragen und die mit tiefer Innigkeit an dem alten Väterglauben hangen und dabei große Demut und Anspruchslosigkeit bekunden. Mit großer Umsicht und Gewissenhaftigkeit bekleidete er 17 Jahre hindurch das Amt eines ersten Vorstehers in unserer Gemeinde. An den ehrfurchtgebietenden Tag (Feiertage im Herbst) versah er auf uneigennützigste Weise das heilige Amt eines Vorbeters und riss durch seine echten altjüdischen Gesänge die Gemeinde zur Andacht und Begeisterung hin. Die Chewra Kadischa (Wohltätigkeitsverein) verliert an dem Heimgegangenen ein wackeres Mitglied und Vorstandsmitglied, dessen Anordnungen stets maßgebend und mustergültig waren. Auch bei unseren christlichen Mitbürgern stand der Dahingeschiedene in hohem Ansehen, er war Stadtverordneter und Waisenrat. H. Hll."         

  
Zum Tod von Thekla Hammel geb. Kaß (1898)       

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. September 1898: "Rödelheim, Anfangs August (1898). Von dem schweren Verluste des Heimgangs einer wackeren, jüdischen Frau, welche nicht nur innerhalb unserer Gemeinde, sondern auch weit über deren Grenzen hinaus zur innigsten Teilnahme aufruft, habe ich zu berichten. Am 21. Juli (2. Aw) verstarb dahier nach kurzer aber schwerer Krankheit im Alter von nur 27 Jahren nach 2 1/2 jähriger glücklicher Ehe, Frau Thekla Hammel geb. Kaß, die sich im Leben treu bewährt hat als wackere Frau. 'Sie waltete mit Fleiß im Hause und frühe schafften ihre Hände. Ihren Mund öffnete sie mit Überlegung und Liebe sprach von ihren Lippen.' Mit tiefer Innigkeit hatte sie den Frauenberuf erfasst wie er in Wahrheit sein soll, als ein Aufgeben und Vergessen der eigenen Persönlichkeit, um ganz mit und für den Gatten zu sein und zu leben und daher so die Hochachtung und Verehrung aller derjenigen mit hinüber nahm in die Ewigkeit, die edle Sinnesart und Grundsatzfestigkeit, selbstlose Hingebung und ernste Pflichterfüllung im Dienste derselben zu ehren wissen.   
In erhebender Weise bekundete sich auch, welch' hohe Achtung und tiefe Anhänglichkeit die Verstorbene bei den übrigen Mitbürgern sich errungen hatte. Als die Schreckenkunde sich verbreitete, dass die ernst schwere Scheidestunde für sie herannahe, da war es nur ein Gefühl der herzlichsten, innigsten Teilnahme von der alle, alle sich bedroht fühlten. In schweigsamer Nacht weinten und beteten jüdische und christliche Frauen für die Schwerkranke.  
Und nach altem jüdischen Brauche versammelten sich die Gemeindemitglieder im Gotteshause, um in Bitt- und Dankgebeten den alle Zeiten Überdauernden, Ewiglebenden, um Rat und Hilfe anzurufen, still im Herzen noch die Hoffnung hegend, dass Er in Seiner großen Gnade die fromme Mitschwester am Leben erhalten möchte. Aber in Seiner unerforschlichen Weisheit hatte Er es anders beschlossen. Und als der Tag sich neigte, da hing ein edler Menschengeist, eine fromme Frauenseele aus der Nacht des Erdelebens in die Heimat des ewigen Lichtes. -  
Am Tag vor dem Heiligen Schabbat Chason wurde ihre irdische Hülle zur letzten Ruhestätte geleitet. Obwohl es nur zwei Stunden vor Sabbat-Eingang, waren trotz der Kürze der Zeit, dennoch zahlreiche Teilnehmer eingetroffen, um der Verstorbenen die letzte Ehrenhuldigung zu erweisen. Auf dem Friedhofe gab Herr Kantor Zinkes, vom Schmerze der Trauer selbst tief ergriffen, den Trauergefühlen würdigen Ausdruck, indem er zunächst hervorhob, dass es zwar am Sabbat-Rüsttage nicht gestattet ist, eine Leichenrede zu halten, aber angesichts der schwer geprüften Familie, sage er mit den Propheten: 'Ich vernehme eine Stimme in meinem Innern', welche mir zuruft: 'Sprich!' Tröste und beruhige die niedergebeugten Gemüter, beschwichtige die vom tiefsten Schmerze erregten Herzen. Der Redner schilderte alsdann die Verewigte als das Ideal einer jüdischen Frau, ihre Tugenden, Wohltätigkeit und Frömmigkeit und darum wird sie als Vorbild in treuem Gedenken Aller fortleben.  
Am Tage zur Sabbatruhe ist sie eingegangen zum ewigen Lichte, zum ewigen Frieden, wie sie im Leben mit dem Lichte ihrer Sabbatkerzen den Seelenfrieden und die Herzensfreudigkeit ihrer Häuslichkeit entzündet, sow rid ihr auch im Jenseits leuchten, das ewige, himmliche Sabbatlicht der göttlichen Wohnung. Hch. Hl."   

   
50-jähriges Berufsjubiläum von Buchdrucker Siegmund Jonas (1903)  

Roedelheim Israelit 30121903.jpg (185651 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Dezember 1903: "Rödelheim, Ende 1903 (Das goldene Jubiläum eines Arbeiters.). Das gewiss in Buchdruckerkreisen sehr seltene Fest der fünfzigjährigen Tätigkeit feiert am 15. Januar 1904 der Buchdruckerei-Faktor Herr Siegmund Jonas in Rödelheim bei Frankfurt am Main. Im Jahre 1854 trat der Jubilar als Lehrling bei der weltbekannten hebräischen Buchdruckerei und Verlagshandlung J. Lehrberger & Cie. ein, trat dann bei der Auflösung dieser Firma in die aus ihr hervorgegangene Offizin M. Lehrberger & Cie. (jetziger Inhaber Herr J. Kauffmann in Frankfurt am Main) über und steht so ununterbrochen ein halbes Jahrhundert im Dienste der schwarzen Kunst. Mit dem Wechsel der Zeiten sah der Jubilar in diesen fünf Jahrzehnten auch manche Wandlung an sich vorüberziehen, so u.a. vor gerade vier Jahren den Umzug aus der alten seit 1796 bestehenden Arbeitsstätte Heidenheim's, die für den erweiterten Betrieb keinen Raum mehr bot, in das neu erbaute, der Neuzeit entsprechende Fabriketablissement, mit seinen großen, hellen, luftigen Räumen.
Wohl wenigen ist es vergönnt, ein 50-jähriges Berufsjubiläum zu feiern, zumal in der Rüstigkeit und Geistesfrische, wie sie der greise Jubilar besitzt. Trotz seiner 65 Jahre ist er morgens in der siebenten Stunde der Erste an seiner Arbeitsstätte. Durch seinen ehrbaren Charakter, seine Gewissenhaftigkeit, seinen rastlosen Eifer und Fleiß, wie durch seine treue Anhänglichkeit, erfreut sich der Jubilar bei seinen Chefs großer Beliebtheit, seinen Mitarbeitern, die er vermöge seiner reichen Erfahrung, vor allem auf dem Gebiete des in Folge seines komplizierten Punktationssystems besonders schwierigen hebräischen Satzes, leitend anregt und fördert, ist er ein gern gesehener Kollege, und ein weiterer Bekanntenkreis schätzt ihn wegen seiner stets gleichmäßig heiteren Stimmung, seines würzigen Humors und seines freundlich-offenen Wesens.    
Der Jubilar war lebendiger Zeuge des Wachstums der weltbekannten Rödelheimer Offizin, und er war rüstiger, schaffensfroher Mitarbeiter bei jeder Erweiterung der Verlagsunternehmungen während der verflossenen fünf Jahrzehnte; so hat er, um nur eins hervorzuheben, bei seinem Eintritte in die Offizin mitgearbeitet an der 25. Auflage des bekannten Rödelheimer Gebetbuches 'Sephat Emeth', und er hat jetzt die 132. Gesamtauflage, die in dieser Tagen die Presse der Firma M. Lehrberger & Cie. erlassen hat, redlich mit vollenden helfen. Mögen dem Jubilar noch viele Jahre wohlverdienten Glückes in gleicher Rüstigkeit und Jugendfrische vergönnt sein.   -d-"      

  
Die Buchdruckerei S. Lehrberger & Co. in Rödelheim ist an Dr. Felix Kauffmann in Frankfurt übergegangen (1912)    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. Januar 1912: "Frankfurt am Main, 19. Januar (1912). Es dürfte Ihre Leser interessieren, zu erfahren, dass die Firma S. Lehrberger & Co., Buchdruckerei und Verlagsanstalt in Frankfurt am Main - Rödelheim, nach dem Ableben des seitherigen Besitzers mit dem 1. Januar dieses Jahres auf Herrn Dr. phil. Felix Kauffmann in Frankfurt am Main übergegangen ist und von ihm mit der ihm bereits gehörenden Firma M. Lehrberger & Co. vereinigt wurde. damit sind die beiden, insbesondere auf dem Gebiete des hebräischen Gebetbuchdruckes ob der Korrektheit der durch sie herausgegebenen Gebetbücher weltbekannten Lehrbergerschen Offizinen, nachdem sie über zwei Dezennien zwei verschiedenen Zweigen der bekannten Buchdruckfamilie gehört hatten, wiederum in einer Hand vereinigt. Wie bekannt, ist das Lehrbergersche Unternehmen aus der Buchdruckerei hervorgegangen, die Wolf Heidenheim, der als Gelehrter wie als Verlagsbuchhändler gleich angesehen war, im Jahre 1796 in Rödelheim gegründet hatte."       

 
Zum Tod von Gustav Schönfeld (1925)
    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. August 1925: "Frankfurt am Main - Rödelheim. Am vergangenen Freitag wurde hier das älteste Mitglied unserer Gemeinde, Gustav Schönfeld, ein Veteran von 1870/71, der mit mehreren Ehrenzeichen geschmückt war, zu Grabe getragen. Ein großes Gefolge, der hiesige Kriegerverein mit der trauerumflorten Fahne, gaben dem Verstorbenen das letzte Geleite. - Herr Lehrer Zinkes schilderte am Grabe in erhebenden Worten, wie der Heimgegangene in der Stunde der Gefahr sich um die Verteidigung des Vaterlandes verdient gemacht hat, wie er sich seine Orden erworben und wie er allezeit treu und unerschütterlich zu dieser ihn begleitenden Fahne gehalten hat. - Auch der Vorsitzende des Kriegervereins hob die Auszeichnungen des Verklärten hervor. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."        

    
Hermann Hammel gehört 50 Jahre der Chewra Kedischo (Wohltätigkeitsverein) an (1936)  

Roedelheim Israelit 23011936.jpg (85340 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Januar 1936: "Aus Rödelheim.  
Das seltene Fest der fünfzigjährigen Zugehörigkeit zur Chewra Kedischo Rödelheim konnte kürzlich Herr Hermann Hammel begehen. Aus diesem Anlasse wurde ihm vom Vorsitzenden des Chewra mit ehrenden Worten für seine treue und aufopfernde Tätigkeit im Dienste des Gemilus Chessed ein silberner Becher mit eingravierter Widmung überreicht.   
Dann ergriff der erste Vorsteher der Rödelheimer Gemeinde, Herr Heinrich Hammel, das Wort und beleuchtete in zu Herzen gehenden Worten das Wirken des Jubilars, das ein einziges Streben im Dienste der Nächstenliebe und der Erfüllung der göttlichen Gebote darstellt. Er erinnert noch daran, dass der Gefeierte infolge seiner Frömmigkeit und seiner gediegenen Charaktereigenschaften schon im Alter von 18 Jahren für würdig befunden wurde, in die heilige Bruderschaft aufgenommen zu werden. 
Möge es dem Jubilar vergönnt sein, noch viele Jahre mit gleicher Tatkraft in den religiösen Körperschaften zu wirken, als Vorbild für Andere und zum Segen der jüdischen Gemeinschaft."       

    
     
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   
Anzeigen der Buchdruckerei und Verlagsbuchhandlung S. Lehrberger & Co. (1892 / 1900 / 1904 / 1905)  

Roedelheim Israelit 28031892n.jpg (77128 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. März 1892: "S. Lehrberger & Comp. 
hebräische Buchdruckerei und Verlagsbuchhandlung in Rödelheim
 
empfehlen ihre Gebet und Lehrbücher als: Machsorim, Chumaschim, Tefillot, Hagadot etc. etc. 
ohne und mit deutscher, englischer, holländischer und französischer Übersetzung und Anweisung, sowie alle 
rituellen Gebet- und Andachtsbücher eigenen Verlags
ferner die in den Schulen eingeführten Lehrbücher und gesamte hebräische Literatur; 
außerdem: Tallesim in Seide und Wolle, Tfillin, Mesusos etc.   
Nach genauer Information bestätige ich gerne, dass die Buchdruckerei und Verlagsbuchhandlung von S. Lehrberger & Comp. in Rödelheim am Schabbat und Feiertag ihre Druckerei und Büro streng geschlossen halten. 
Dr. S. Breuer
Rabbiner der Israelitischen Religionsgesellschaft zu Frankfurt am Main."      
  
Roedelheim Israelit 31121900.jpg (72182 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Dezember 1900: 
"In unserem Verlage erschien soeben wiederum eine Auflage unserer neuen Ausgabe   
Siddur Sephat Emeth  Sephat Emeth  Ausgabe B 
mit Anweisungen in deutscher Sprache und Schrift, nebst Inhaltsverzeichnis 
von Rabbiner Josef Nobel, mit namhaften Bereicherungen und dem Anhange: 
Die übliche Betonungsart der Akzente im Pentateuch (in Musiknoten)   S. Lehrberger & Cie., Rödelheim".    
  
Roedelheim Israelit 04021904.jpg (98648 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Februar 1904:    
  
Roedelheim Israelit 11021904.jpg (150281 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Februar 1904:    
   
Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 24. November 1905:  

  
Zur Jubiläumsausgabe der Rödelheimer Tefilloh (1925)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Oktober 1925:        

  
25-jähriges Geschäftsjubiläum der Firma M. Lehrberger u. Co. in Frankfurt (früher Rödelheim; 1928)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Oktober 1928: "Geschäftsjubiläum. Am 15. Oktober 1928 feiert die Firma M. Lehrberger u. Co. in Frankfurt am Main, früher Rödelheim, das 25-jährige Geschäftsjubiläum ihres Druckereileiters, des Herrn C. Falkenberg. Herr Falkenberg verstand es, die Tradition des durch die Korrektheit und die typographische Schönheit seiner Veröffentlichungen weltberühmten Verlages M. Lehrberger u.Co. in geradezu vorbildlicher Weise zu wahren. Die Erfüllung dieser Aufgabe gelang ihm durch seine völlige Hingabe an das ihm anvertraute Werk und das restlose Aufgehen in ihm. So war es ihm auch möglich, nicht nur den unter seiner verantwortlichen Leitung für den eigenen Verlag hergestellten Gebetwerken, sondern auch den in fremdem Auftrage gedruckten Büchern und Schriften den Stempel schöpferischen Geistes aufzudrücken. Hervorragende Kenntnisse auf typographischem Gebiete, erworben in jahrelanger praktischer Tätigkeit in führenden Druckereien Deutschlands, beispiellose Gewissenhaftigkeit, vorbildlicher Fleiß, unermüdliche Tatkraft haben ihm Ansehen und Vertrauen in den Kreisen seiner Fachgenossen und Mitarbeiter, darüber hinaus aber auch Ansehen und Verehrung verschafft bei den Autoren und Auftraggebern seiner Firma. Als äußeres Zeichen eines weitreichenden Vertrauens und zur äußeren Kennzeichnung eines beispielgebenden Aufstieges vom Druckereiarbeiter zu führender Stellung erhielt Herr Falkenberg schon vor Jahren die Einzelprokura. 
Im Februar dieses Jahres konnte Herr Falkenberg sein 50-jähriges Berufsjubiläum begehen."      

      
Werbung für Kaffee, Tee und Kako von Johann A. Kaiser (1906)
  

Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 23. November 1906: 
"O! Wie köstlich 
sind Kaffee, Tee und Kakao von Johann A. Kaiser. 
Rein im Geschmack.
 
Verkaufsstellen: Frankfurt am Main. Bergerstraße 56, Tel. 9148, Cederweg 39, Taunusstraße 30, Glauburgstraße 5. Rödelheim, Taunusstraße 1." 

 
Geburtsanzeige der Tochter Flora von Dr. Hermann Hirsch und Thilde geb. Auerbach (1925)

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Oktober 1925: "Flora - Die glückliche Geburt einer Tochter zeigen hocherfreut an: Zahnarzt Dr. Hermann Hirsch und Frau Thilde geb. Auerbach
Frankfurt am Main - Rödelheim. Radilostraße 34. 15. Oktober 1925."  

    
Hochzeitsanzeige für Alice Hammel und Sally Stein (1930)
   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. April 1930: "Statt Karten. Mit Gottes Hilfe
Herr und Frau Heinrich Hammel und Herr und Frau Abraham Stein 
beehren sich zu der am Sonntag, den 29. Nissan 5690/27. April 1930, so Gott will stattfindenden Trauung ihrer Kinder Alice und Sally freundlichst einzuladen. 
Frankfurt am Main - Rödelheim  -  Alsfeld/Hessen.  
Trauung um 1 1/2 in Frankfurt-Main im Volksbildungsheim Saal 5, Eschenheimer Anlage 40/41. 
Telegramme nach Hotel Ulmann, Frankfurt-Main, wolle man gefälligst für jüdische Wohltätigkeitszwecke ablösen."   
Anmerkung: Alice Stein geb. Hammel (geb. 1901 in Frankfurt) ist nach der Deportation ab Frankfurt am Main im November 1941 in das Ghetto Kowno umgekommen.  

   
Verlobungsanzeige für Irene Michels und Victor Hammel (1936)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Februar 1936: 
"Mit Gottes Hilfe. Irene Michels - Victor Hammel    Verlobte
Frankfurt am Main Röderbergweg 35 - Frankfurt - Rödelheim Burgfriedenstraße 5.  
Adar 5696 - Februar 1936."       
Anmerkung: Nach 

    
    
    
Zur Geschichte der Synagoge    
      
1680 wurde den jüdischen Familien für ihre Gottesdienste innerhalb des herrschaftlichen Viehhofes ein Betraum zur Verfügung gestellt. Nachdem entdeckt wurde, dass ein Christ unerlaubterweise zu Hilfsdiensten am Schabbat herangezogen wurde, ist der Betraum wieder geschlossen und als Kuhstall verwendet worden. Danach mussten die jüdischen Familien zu den Gottesdiensten nach Bockenheim.  
  
Erst 1730 wurde genehmigt, dass eine Synagoge in der Judengasse erstellt werden konnte. Diese wurde über 100 Jahre benützt, bis sie 1837/38 durch einen Neubau ersetzt wurde. J. Lehrberger hatte im Auftrag der Gemeinde den Bau einer neuen Synagoge am 5. Januar 1834 beim Kreisamt Friedberg beantragt. Über die Einweihung der Synagoge am 29. Juni 1838 liegen die folgenden Berichte in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" und (als nichtjüdischer Zeitung) der "Karlsruher Zeitung" vor:   
    
Einweihung der Synagoge 1838  

Roedelheim AZJ 19071838.JPG (33691 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 19. Juli 1838: "Frankfurt am Main, 30. Juni (1838). Gestern wurde in dem nahen Großherzoglich Hessischen Städtchen Rödelheim eine neue Synagoge eingeweiht und zwar mit außerordentlicher Festlichkeit. Für die Ausschmückung des Tempels und die Veranstaltung der Festlichkeiten soll die dasige Judenschaft 20.000 Gulden aufgewendet haben. Tausende von Christen schlossen sich der Feier an."   
  
Roedelheim AZJ 11081838.jpg (282325 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. August 1838: 
"Die Einweihung der Synagoge zu Rödelheim. Über mich ergießt sich meine Seele, wenn ich denke, Wie ich mit Gefolg hinaus in Gottes Tempel wallte; Mit Dank und Freudengesängen unter der feiernden Menge. König David."  
Den Anfang der Feierlichkeit machte, wie bereits früher in diesen Blättern angedeutet worden ist, ein solenner Zug, der sich am Einweihungstage (29. Juni), nachmittags 4 Uhr, von dem bisherigen Betsaale aus nach dem im edelsten Stile erbauten neuen Gotteshause bewegte und zwar in folgender Ordnung: 1) Die israelitische Schuljugend mit ihren Fähnlein und ihrem Lehrer an der Spitze; 2) die Jünglinge mit der großen Fahne, auf welcher das großherzogliche Wappen befindlich! 3) der Sängerchor nebst der Instrumentalbegleitung; 4) das Kissen mit dem Synagogenschlüssel; 5) die Mädchen mit Blumen in nationalfarbigen Vasen; 6) die Frauen; 7) die vier Träger des Baldachins, unter welchem die Gesetzesrolle getragen wurden; 8) die Geistlichkeit, Beamten, Honoratioren, der Ortsvorstand, der israelitische Vorstand und die übrigen Gemeindeglieder.   
Der Sängerchor, von Herrn Hecht aus Frankfurt trefflich dirigiert, stimmte, sobald sich die Prozession in Bewegung gesetzt hatte, unter Instrumentalbegleitung das Lied an: 'Auf, jauchzet Gott dem Herrn!' Nachdem der Baldachin mit den Gesetzesrollen an der Synagogenpforte angelangt war, fand unter dem Schalle der Musik die feierliche Überreichung des Schlüssels an den großherzoglichen Kreisrat und hierauf der Einzug in das Gotteshaus selbst statt, dessen freundliches Innere auf jeden Anwesenden den angenehmsten Eindruck machte. Ein in Darmstadt verfertigter, reich mit Gold gestickter, rotdamastener Vorhang, an dessen oberem Ende die zehn Gebote, bedeutungsvoll umgeben von dem großherzoglich hessischen Wappen, zu sehen sind, verhüllt das Allerheiligste und gewährt einen imposanten Anblick. Nach Absingung eines hebräischen Liedes trat der ehrwürdige Oberrabbiner von Friedberg vor die Bundeslade, sprach in einfacher Rede Worte der Weihe über das Haus und die Versammlung und rief dann im herzlichen Gebete den Segen Jehova's herab auf das erlauchte Haupt Ludwigs II. von Hessen, unter dessen gerechter und väterlicher Regierung Israel sch so schöner Tage erfreue. Die beiden ersten Verse des Liedes: 'Du, dessen Haus die weite Welt,' aus Johlson's Gesangbuche wurden dann abgesungen, worauf eine erwartungsvolle Stille eintrat. Der protestantische Ortsgeistliche Herr Dekan Thudichum, nahm jetzt die von dem Oberrabbinen verlassene Stelle vor dem Allerheiligsten ein und als nun der mit den Waffen des Wortes mächtig ausgerüstete Lehrer des Evangeliums von der heißen Liebe sprach, mit der er von jeher ein Bruderverhältnis zwischen den alt- und neutestamentarischen Glaubensgenossen zu erzielen gestrebt habe, und als er darauf hinwies, wie der Gott, der zu Mose, seinem Knechte, auf Sinai geredet, der nämliche sei, der auch den gesalbt habe, vor dem die Christenheit sich beuge, - da war die ganze Versammlung tief ergriffen und selbst in dem Auge ergrauter Jerusalemiten flammte die hehre Ahnung einer nicht mehr fernen, allgemeinen Völkerverbrüderung. Ja, es war eine schöne, erhabene Rolle, welche die christliche Kirche, repräsentiert durch einen ihrer begabtesten, würdigsten Diener, bei diesem Einweihungsakte übernommen hatte. Der katholische Geistliche war nicht zugegen und nahm überhaupt keinerlei Anteil an den Feierlichkeiten der Stammesgenossen des Erlösers! - - Der nach geendigtem Liede von Herrn Dr. Formstecher gehaltene Vortrag zeichnete sich aus durch die richtige Auffassung der gegenwärtigen Stellung Israels in den Reihen der Völker, und machte durch die schöne Tendenz seine allzu lange Gedehntheit ziemlich vergessen. - Zum Beschluss der Feier sangen kraftvolle Männerstimmen dem Herrn Preis und Dank in den Weisen und Lauten des Königs David, deren Majestät auch der Fremdling mit Staunen vernimmt, und als später eine jugendlich-reine Stimme, holdselig und anmutig, wie des Knaben Samuel, mit dem Männergesange sich einte, da wiegte der greise Rabbi sein graues Haupt, wie in selige Träume versunken, und die entschwundene Herrlichkeit Zions schien an seinem Geiste vorüberzuziehen. 
Noch lange werden wir der erhebenden Feier, welche erst gegen acht Uhr endete, gedenken, und herzlich wünschen wir, dass der Geist der Liebe und Toleranz, welcher über sie ausgegossen war, sich auch bald denjenigen mitteilen möge, welche noch auf dem finstern Altare der Unduldsamkeit Opfer darbringen, die dem Herrn ein Gräuel sind.     L. Hub."   
 
Artikel in der "Karlsruher Zeitung" vom 4. Juli 1838: "Freie Stadt Frankfurt. Frankfurt, 1. Juli (1838). Am 29. und 30. vorigen Monats fanden in dem eine Stunde von hier gelegenen Orte Rödelheim die Feierlichkeiten der Einweihung einer neu erbauten Synagoge der dortigen israelitischen Gemeinde statt. Das neue Gotteshaus ist in einfachem Stile, aber sehr schön und geschmackvoll erbaut. Tausende von Zuschauern waren herbeigeströmt. Die Festlichkeiten sollen gegen 20.000 Gulden gekostet haben, die innere Einrichtung des Tempels mitgerechnet, und waren in der Tat für eine israelitische Landgemeinde glänzend zu nennen. Alle der Festzug bildende Individuen waren neu und brillant gekleidet, die Männer in Schwarz, die Frauen in Weiß, viele mit Blumen und goldenen Haarketten geschmückt. Der Zug bewegte sich von der alten Synagoge nach der neuen, unter Begleitung von prächtig gestickten Fahnen, der zum Opferdienst gehörigen Gegenstände und einer feierlichen Musik. In einer gediegenen Rede sprachen darauf ein israelitischer Oberrabbiner und dann weiter in trefflichen Worten der protestantische Ortsgeistliche; ihre Worte waren vom Geiste religiöser Aufklärung und wahrer Duldung beseelt. Am 30. fanden allerlei Nebenfestlichkeiten statt, und Abends hielt man einen Ball, welcher einer großen Stadt keine Schande gemacht haben würde. Unter den am 29. Anwesenden bemerkte man viele Personen aus den höchsten Ständen der Gesellschaft, u.a. auch Herrn Baron von Rothschild. Glänzende Equipagen drängten sich in dem sonst stillen Rödelheim, welches ein so prächtiges Fest wohl noch nicht erlebt hat. Möge es zur freundlichen Annäherung der verschiedenen Glaubensgenossen etwas beigetragen haben..."  

Die Synagoge wurde in den folgenden Jahrzehnten mehrfach renoviert, blieb aber genau 100 Jahre Zentrum des jüdischen Gemeindelebens in Rödelheim. 1888 konnte das 50-jährige Jubiläum der Synagogeneinweihung gefeiert werden, allerdings auf Grund des Todes von Kaiser Friedrich III. nur in kleinem Rahmen.
      
50-jähriges Jubiläum der Synagogeneinweihung (1888)     

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 28. Juni 1888: "Rödelheim, 17. Juni (1888). Die israelitische Kultusgemeinde zu Rödelheim begeht heute das fünfzigjährige Jubiläum der Eröffnung ihrer Synagoge. Die verschiedenen Festlichkeiten, welche in Aussicht genommen waren, sich nach der eingelaufenen betrübenden Nachricht abgesagt worden und der Erinnerungstag beschränkt sich auf die religiöse Feier im Gotteshause. Bei der Vorfeier, die gestern Abend stattfand, gedachte Herr Rabbiner Dr. Kotek in ergreifender Rede des geliebten Kaisers, um den alle Herzen trauern und ein lautes Schluchzen ging bei diesen Worten durch die ganze Zuhörerschaft. Das rituelle Gebet für den Landesherrn, welches gewöhnlich am Samstag Vormittag gesprochen wird, war bei dieser speziellen Feier für Freitag Abend vorgesehen und wurde nun von Herrn Rabbiner Dr. Kotek für den Kaiser Wilhelm II. verlesen. Vielleicht ist Rödelheim der erste Platz, w in einer Religionsgemeinschaft schön Gebete für den entschlafenen und für den neuen Kaiser gesprochen wurden"            

  
Einmal erfährt man aus der jüdischen Presse von der Einweihung einer Torarolle in der Synagoge Rödelheim, wenngleich es dieses Ereignis sicher mehrfach im Lauf der Synagogengeschichte gegeben hat:   
   
Neueinweihung einer Tora in der Synagoge (1902)  

Roedelheim Israelit 30011902.jpg (141565 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Januar 1902: "Rödelheim, 26. Januar (1902). Von allen Einrichtungen, die aus dem Geiste der jüdischen Lehre hervorgegangen und die durch das moderne Vereinsleben nicht nicht verdrängt worden sind, seit Jahrtausenden in ihrem stillen Wirken den Schmuck jeder jüdischen Gemeinde bildend, neben die heiligen Brudergemeinschaften, die dem scheidenden Genossen die letzte milde Tat erweisen, unstreitig den hervorragendsten Platz ein. Die in diesem Geiste wirkende, seit vielen Jahrzehnten in unserer Gemeinde bestehende Chewra Kadischa, beging vor einigen Tagen eine erhebende Feier, worüber zu berichten mir hiermit vergönnt sein möge.   
Es hatte sich erwiesen, dass die im Besitze der Chewra sich befindliche Sefer Thora (Torarolle) nach fast neunzig-jährigem Gebrauch durchaus unbrauchbar geworden und durch eine neue ersetzt werden müsse. Man schritt daher zur Neuanschaffung eines neuen Sefers und wurde Herr Sofer (Toraschreiber) M. Schreiber zu Frankfurt am Main damit beauftragt, der eine solche in gediegener Aufführung besorgt. Die Einweihung fand im Beisein der fast vollzähligen Gemeinde in hiesiger Synagoge statt. Nach Ausfüllung der ersten und letzten Buchstaben wurden zwischen dem Mincha- und Maariv-Gebet zwei Torarollen in feierlicher Weise ausgehoben und mit diesen die neue Sefer Tora aus dem gegenüberliegenden Gemeindehause in die festlich erleuchtete Synagoge gebracht. Herr Lehrer Zinkes hielt hierauf die Festpredigt, in welcher er in gehaltwollen Worten der Feier dieses Tages und deren Veranstalter gedachte, sowie die Bedeutung einer Sefer Thora als Gotteszeugnis erläuterte. Mit einem ergreifenden Gebet schloss die Predigt. Der erste Vorsteher der Chevra Kadischah, Herr Hermann Hammel, spendete ein feingesticktes Mäntelchen für die neue Thorarolle. Ein Festmahl bei Restaurateur Neuhof in Frankfurt am Main vereinigte die Chewra-Mitglieder zu einem harmonischen Beschluss der Feier.   
Möge unsere Bruderschaft auch fernerhin in ernster Pflichterfüllung immer tüchtiger und immer erfolgreicher ihrem Ziele zustreben und stets segensreich ihren Pflichtkreis erweitern. Hch. Hl."   

    
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge am Morgen des 10. November 1938 durch SA-Männer aus Frankfurt geschändet und in Brand gesetzt. Da sich in der Nachbarschaft ein Tanklager befand, wurde das Feuer schnell gelöscht. Am 3. November 1939 musste die jüdische Gemeinde das Gebäude verkaufen. Es ging an die Besitzer der benachbarten Autowerkstatt und wurde nun als Lagerraum für Autos zweckentfremdet. Zerstört wurde die ehemalige Synagoge durch einen Bombenangriff am 22. März 1944. Das ehemalige Synagogengebäude wurde von der Autowerkstatt aus nach 1945 noch teilweise repariert, bis es abgebrochen wurde. Von der ehemaligen Synagoge sollen nur noch zwei Eingangspfosten stehen.    
  
Am 8. November 1979 wurde auf Initiative der evangelischen Cyriakusgemeinde, der katholischen St. Antoniusgemeinde und der Rödelheimer SPD am Standort der ehemaligen Synagoge ein Gedenkstein errichtet. Er wurde gestaltet durch den Bad Homburger Bildhauer Christof Krause. Die Inschrift lautet (auf drei Seiten): "Wir ließen zu, dass aus unserer Mitte jüdische Bürger in Konzentrationslager deportiert und ermordet wurden" (linke Seite). "An dieser Stelle stand die Synagoge der jüdischen Gemeinde Rödelheim, geweiht am 29. Juni 1838, zerstört am 9./10. November 1938" (Vorderseite, hebräisch übersetzt 'An dieser Stelle stand die Synagoge der jüdischen Gemeinde Rödelheim'). "Bringe uns, Herr, zu dir zurück, dass wir wieder zurück, dass wir wieder heimkommen. Erneue unsere Tage wie vor alters' (rechte Seite). 
Das Denkmal war in den Jahren seit seiner Aufstellung schon mehrfach Ziel von Anschlägen und Schmierereien. 

2014: Pläne für die Neugestaltung des Synagogengrundstückes    
Artikel von Sonja Thelen in der "Frankfurter Rundschau" vom 22. August 2014: "Frankfurt-Rödelheim Die Synagoge sichtbar machen
Der Heimat- und Geschichtsverein Rödelheim will das Mahnmal am Inselgäßchen erweitern. Er möchte die Grundzüge des jüdischen Gotteshauses sichtbar machen. Sie wurde 1938 geschändet und 1944 bei einem Bombenangriff zerstört..."  
Link zum Artikel  
 
 Roedelheim Synagoge 2014P02.jpg (373118 Byte) Bereits seit 2009 plante der Heimat- und Geschichtsverein Rödelheim die "Synagoge sichtbar zu machen". Das Luftbild links zeigt das Grundstück der abgebrochenen Synagoge mit dem Gedenkstein von 1879.
Weitere Informationen in der Website des Heimat- und Geschichtsvereins Rödelheim: "Darstellung der Rödelheimer Synagoge". 
(Abbildungen aus der Website des Heimat- und Geschichtsvereins Rödelheim)  
Roedelheim Synagoge 2014P01.jpg (215285 Byte)
     
November 2015: Die Gedenkstätte am Synagogenplatz wird eingeweiht  
Roedelheim Synagogenplatz 020.jpg (54186 Byte) Aus der Website www.synagoge-roedelheim.de: Nachdem Ende Oktober die Bauarbeiten an der Gedenkstätte der ehemaligen Rödelheimer Synagoge fertiggestellt waren, fand am 6. November 2015 die Einweihungsfeier statt. Projektleiter Dr. Armin Kroneisen begrüßte die Gäste, darunter insbesondere den Bürgermeister Olaf Cunitz, den Kulturdezernenten Prof. Dr. Felix Semmelroth, den Bezirksleiter des Grünflächenamts Stephan Slachmuylders, den Ortsvorsteher Veljko Vuksanovic, Rabbiner Julian-Chaim Soussan, Vertreter der evangelischen und katholischen Gemeinden Rödelheims und den Architekten Horst Günter Kroneisen. Für den musikalischen Rahmen sorgte Nicole Lauterwald, die für Katharina Hackel eingesprungen war. Kroneisen wies die Besucher auf das Begleitblatt zur Veranstaltung hin und dankte allen Spendern, die das Unternehmen ermöglicht haben..." 
Weiterer Text mit den zur Einweihungen gehaltenen Reden siehe  http://synagoge-roedelheim.de/veranstaltungen/einweihung-der-gedenkstaette/.  

  
  
Adresse/Standort der Synagoge            Inselgäßchen (frühere Judengasse) 9    (Link zu den Google-Maps)    
  
  
Fotos
(Quelle: wie angegeben)  

Historische Erinnerungen an die 
jüdische Geschichte im Ort
Roedelheim Ort 111.jpg (68099 Byte) Roedelheim Ort 110.jpg (98064 Byte)
  Das "Inselgässchen", genannt 
"Judengasse" Anfang des 20. 
Jahrhunderts 
(Quelle: KR siehe Lit. S. 18)
Hinweisschild auf die Druckerei von 
M. Lehrberger in der Lorscher Straße
 im Hinterhaus, Anfang des 20. 
Jahrhunderts (Quelle: KR siehe Lit. S. 26)
     
Die Synagoge in Rödelheim    
Roedelheim Synagoge 110.jpg (79247 Byte) Roedelheim Synagoge 115.jpg (144851 Byte) Roedelheim Synagoge 111.jpg (65880 Byte)
Blick zur Synagoge von der Nidda her,
 Postkarte vom Anfang des 20. Jahrhunderts
 (Quelle: KR s. Lit. S. 40)  
Die Synagoge im Inselgäßchen, 
Zeitung um 1920 (Quelle: 
KR s. Lit. S. 29)  
Blick zum Toraschrein
(Quelle: KR s.Lit. S. 39) 
 
     
Die zerstörte Synagoge  Roedelheim Synagoge 135.jpg (58661 Byte) Roedelheim Synagoge 140.jpg (71073 Byte)
   Die zerstörte Synagoge - Aufnahme nach
 der Bombennacht vom 22. März 1944
(Quelle: KR s.Lit. S. 43) 
Die ausgebombte und wiederaufgebaute
 Synagoge auf dem Gelände einer 
KfZ-Werkstatt nach 1945 
(Quelle: KR s.Lit. S. 65) 
 
           
           
Persönlichkeiten 
(Quelle: KR s. Lit. S. 21.25)  
Roedelheim Baschwitz 110.jpg (81548 Byte) Roedelheim Heidenheim 110.jpg (39749 Byte)
  Baruch Baschwitz, Buchdrucker 
und Finanzfachmann (1765-1836) 
Wolf Heidenheim, Buchdrucker 
und Gelehrter (1757-1832) 
     
     

   
 
   
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte       

Mai 2016: Zum Aussehen der Rödelheimer Synagoge       
Artikel von Gernot Gottwals in der "Frankfurter Neuen Presse" vom 21. Mai 2016: "Mahnung an die junge Generation
Wie sah die Rödelheimer Synagoge aus? Ein Geheimnis, das vom Heimat- und Geschichtsverein Rödelheim kürzlich gelüftet wurde
.
Nur wenig Bildmaterial vermittelt heute noch einen Eindruck vom Aussehen der Rödelheimer Synagoge: Eine überlieferte Zeichnung von Paul Schubert lässt ein Sakralgebäude mit hohen runden Fenstern erkennen, weitere Fotos zeigen das Gebetshaus im Hintergrund oder einen Blick auf den Thoraschrein im Inneren. 'Das reicht kaum aus, um die genaue Lage des Eingangs zu bestimmen', erklärt der stellvertretende Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins Rödelheim, Horst Günter Kroneisen. Dann zeigt er den Versuch einer Computeranimation durch seinen Cousin, den Vorsitzenden Armin Kroneisen. Rund 40 Teilnehmer haben sich im Begegnungszentrum des Auguste-Oberwinter-Hauses versammelt und verfolgen gespannt den Versuch, das Gebäude und die Geschichte der Juden in Rödelheim zu veranschaulichen. Doch: 'Da stehen wir erst am Anfang, suchen nach Erinnerungen oder eingemauerten Schaufensterscheiben, um die Geschichte der jüdischen Geschäfte zu erforschen', sagt Horst Günter Kroneisen.
Schon im Jahr 1290 siedelten sechs sogenannte 'Kammerjuden' in Rödelheim, eine erste Synagoge wird 1730 erwähnt. 'Im Jahr 1812 wurden 426 Juden gezählt, was immerhin ein Drittel der damaligen Bevölkerung ausmachte', betont Kroneisen. Die Gründung einer Druckerei für hebräisch-deutsche Gebetbücher durch Wolf Heidenheim (1757-1832) und Baruch Baschwitz (1765-1836) hatten einen vermehrten Zuzug aus dem Umland zur Folge. Deshalb wurde 1838 die neue in der Pogromnacht zerstörte Synagoge in der Schulgasse eingeweiht, dem heutigen Inselgässchen. Die Idee, die Rödelheimer Synagoge wieder im Brentanopark sichtbar zu machen, geht bis auf das Jahr 2004 zurück. 'Wir wollten sogar den Zuweg durch die Inselgasse wiederherstellen, was jedoch am Verkauf eines nötigen Grundstücks durch die Stadt an einem privaten Eigentümer scheiterte', berichtete Horst Günter Kroneisen. So erfolgte die Erschließung von der anderen Seite der Straße 'Auf der Insel'. Auch das bereits 1979 auf Veranlassung des evangelischen Pfarrers Heinrich Dippel errichtete Mahnmal musste um wenige Meter verlegt werden. Die genaue Lage der Synagoge ließ sich anhand der Vermessungspläne des Katasteramts gut erschließen, schon bald wurde das Gelände mit Flatterband markiert. Der Heimat- und Geschichtsverein verständigte sich mit der Stadt, die Grundfläche der Synagoge durch acht Sitzblöcke und einen Gedenkstein anstelle des Thoraschreins zu markieren. Auf der Mauerlinie erinnert eine Namensstele an die bekannten deportierten und ermordeten Juden, eine Schautafel dokumentiert die Geschichte der Rödelheimer Juden. 'Auf Dioramen mit einer Ansicht der Synagoge verzichteten wir, weil für diese teure Maßnahme unsere Grundlagen einfach zu ungenau waren', erklärte Armin Kroneisen. Am Ende beliefen sich die Kosten für das Denkmal auf rund 45 000 Euro: Davon übernahm die Stadt 15 000 Euro, der Ortsbeirat 7 steuerte 10 000 Euro bei. Der Heimat- und Geschichtsverein konnte 20 000 Euro durch Spenden einwerben. Anschließend erklärt Armin Kroneisen, wie die Familie Brentano den Park in der Nachbarschaft zur Synagoge gestaltete. 'Die Nachbarschaft war nicht immer harmonisch, da Georg Brentano zum Ausbau des Parks gerne einen Grundstückstausch vornehmen wollte', erläuterte er. Da die jüdische Gemeinde jedoch ihr Grundstück wegen der Nähe zur Nidda für ihr Ritualbad (Mikwe) behalten wollte, verweigerte sie die Zustimmung. Einmal mehr fiel der Blick auf die Anfang der 1980er Jahre geschändeten Gesichter des Mahnmals im Brentanopark. Sie selbst sind heute Mahnung, dass gegen fremdenfeindliche Strömungen immer wieder an die Zerstörung der Synagoge erinnert werden muss. Sie lebt als Wirkungsstätte auch weltweit fort: 'Denn die deutsch-israelischen Gebetbücher von Wolf Heidenreich und Baruch Baschwitz sind bis nach Amerika bekannt', betont Horst Günter Kroneisen."  
Link zum Artikel  
 
November 2016: Gedenkstein für die Synagoge wurde geschändet 
Artikel von Judith Dietermann in der "Frankfurter Neuen Presse" vom 7. November 2016: "Vandalismus in Rödelheim. Gedenkstätte mit antisemitischen Parolen beschmiert
Armin Kroneisen, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins Rödelheim, ist entsetzt – die erst vor einem Jahr eingeweihte Gedenkstätte 'Rödelheimer Synagoge' im Brentanopark wurde mit antisemitischen Parolen besprüht. Betroffen sind der Sockel des alten Mahnmals sowie der Thorastein. 'Wir vermuten, dass dies in der Nacht auf den Freitag passiert ist. Zuvor ist uns zumindest nichts aufgefallen', so Kroneisen. Mittlerweile habe eine Aktionsgruppe über die betroffenen Stellen Transparente gehängt.
'Ich bin schockiert über diese Aktion. Wie kann es sein, dass nach 70 Jahren Frieden in diesem Land zwei Generationen später solche Dinge passieren', kann Kroneisen nur den Kopf schütteln. Es sei nicht der materielle Schaden, der ihn und die anderen Menschen so sehr treffe. Sondern vielmehr das, was auf die Steine gesprüht wurde. 'Wenn es ein einfaches Graffiti gewesen wäre, dann ist das ärgerlich aber mehr nicht. Aber wir leben hier gemeinsam auf einer Welt, da beschimpft man andere Menschen nicht. Vor allem nicht so', macht er seinem Ärger deutlich Luft. Der Heimat- und Geschichtsverein habe mittlerweile Anzeige bei der Polizei erstattet. Die Polizei geht davon aus, dass die bislang unbekannten Täter gleich an mehreren Tagen aktiv waren. Vermutlich hätten die unbekannten Schmierfinken die Gedenkstätte in der Zeit von Dienstag bis Freitagnachmittag verunstaltet. Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen aufgenommen. Ob die Schmierereien bis zum kommenden Sonntag, 13. November, wieder verschwunden sind, kann Armin Kroneisen derzeit noch nicht absehen. Schön wäre es allerdings, findet er, denn dann beginnt dort um 16 Uhr traditionell die Gedenkfeier der Friedensinitiative Rödelheim. Unter dem Motto 'Erinnern, nicht vergessen' treffen sich an der ehemaligen Synagoge Bürger, um mit Texten an die Rödelheimer zu erinnern, die während der Herrschaft der Nationalsozialisten verfolgt, vertrieben und ermordet wurden."   
Link zum Artikel 

    
   
 

   
Links und Literatur

Links:   

bulletWebsite der Stadt Frankfurt am Main    
bulletWebsite des Stadtteils Rödelheim 
bulletRoedelheim Infotafel 010.jpg (2092598 Byte)Website des Heimat- und Geschichtsvereins Rödelheim e.V.; hier auch der Entwurf für eine Info-Tafel zur Synagoge.    
bullethttp://synagoge-roedelheim.de/    
bulletFoto des Gedenksteines für die ehemalige Synagoge und jüdische Gemeinde (Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main)  
Weiteres Foto des Gedenksteines   (Kunst im öffentlichen Raum Frankfurt)  
bulletWeitere Fotos des Gedenksteines (www.lilit.de)    
bulletSeite zu Lehrer Zinkes und seiner Frau (auf der Website der Stadt Frankfurt)  
bulletGedenkstunde am Synagogenplatz im Jahr 2007 (Friedensinitiative Rödelheim)  

Literatur:  

bulletGermania Judaica II,2 S. 702; III,2 S. 1245-1246.    
bulletPaul Arnsberg: Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der Französischen Revolution. Band 2 1983. S. 568-595.    
bulletKeine Abschnitte zu Rödelheim (da Synagoge 1938 zerstört) in Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 und dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. (bzw. in Neubearbeitung der beiden Bücher in 2007).
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 120-126.
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 
bulletRoedelheim Lit 020.jpg (101046 Byte)Helga Krohn / Katharina Rauschenberger (oben abgekürzt KR): Juden in Rödelheim. Reihe: Die vergessenen Nachbarn - Juden in Frankfurter Vororten. Hrsg. vom Jüdischen Museum im Auftrag der Stadt Frankfurt am Main. 1990.  
bulletRoedelheim Lit 010.jpg (66455 Byte)Hans-Dieter Schneider: Geschichte und Geschichten um den Alten Jüdischen Friedhof in Rödelheim. Beiträge zur Rödelheimer Geschichte 4. Hrsg. vom Heimat- und Geschichtsverein Rödelheim e.V. Frankfurt am Main - Rödelheim 2015. 152 S. Zu bestellen beim Heimat- und Geschichtsverein Rödelheim e.V.  http://www.hgv-roedelheim.de/       

       
        


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Roedelheim  Hesse-Nassau. Established around 1680, the community built its first synagogue in 1730. From 1798, Wolf Heidenheim and Barukh Baschwitz operated a Hebrew printing press that made Roedelheim famous throughout Europe. Their prayer books and Pentateuch went through numerous editions and are still reproduced. The community ran an elementary school, built a new synagogue in 1838, and numbered 421 (18 % of the total) in 1845. Roedelheim became part of Frankfurt am Main in 1910, but the community was obliged to remain independent under the jurisdiction of the city's (Orhtodox) rabbinate. It dwindled to 113 (1 %) in 1927. On Kristallnacht (9-10 November 1938), Nazis vandalized the synagogue, which was sold in 1939. Most of the Jews remained in Frankfurt; two committed suicide and at least 12 perished in the Holocaust.  
   
     

                   
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Stand: 18. Mai 2020