Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Mulfingen (Hohenlohe-Kreis) 
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht: 

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen    
bulletLinks und Literatur   

 

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde 
  
In dem bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts zum Hochstift Würzburg gehörenden Mulfingen bestand eine jüdische Gemeinde bis um 1870. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Nach den intensiven Recherchen von Andreas Volk (s.Lit. S. 13 u.ö.) wurde 1710 eine erste jüdische Familie am Ort aufgenommen ("Nathan der Alte", der 1732 nach Hohebach zog). Zuvor - im 17. Jahrhundert - gab es noch keine Juden in Mulfingen. Weitere Aufnahmen jüdischer Familien gab es 1716, 1725 usw. Die Zahl der Juden am Ort blieb klein: 1807 waren es 24 Personen, 1828 32, 1831 30. 1833 wurde die Gemeinde dem Rabbinat Weikersheim zugeteilt. 
  
Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde um 1838 mit 33 Personen erreicht (1854: 27). 1828 nahmen die jüdischen Familien folgende Familiennamen an: Bär, Lindner und Strauß. Die jüdischen Familien lebten vom Handel mit Vieh, Getreide oder Ellenwaren.
 
An Einrichtungen hatten die jüdischen Familien einen Betraum (siehe unten) und andere Räume für das jüdische Gemeindeleben (siehe unten). Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein jüdischer Lehrer am Ort. Es werden genannt: 1776 Abraham Brag, 1802 bis 1806 Aaron Eisig aus Wiesenbach, 1809 Mayer Hirsch oder Seligmann, 1811 Löw Isaak, bis 1825 Jonas Eppstein aus Kleinerdlingen (er ist in diesem Jahr in der Jagst ertrunken). Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden in den jüdischen Friedhöfen Unterbalbach und Niederstetten, später in Hohebach beigesetzt.
  
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der Juden schnell zurück. 1886 wurden nur noch zwei jüdische Einwohner gezählt. Die jüdischen Familien lebten vom Handel mit Waren aller Art. Bis 1868 bestand noch ein jüdisches Textilgeschäft. 
  
  
  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 

In jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts wurden noch keine Berichte zur jüdischen Geschichte in Mulfingen gefunden. 

   
   
   
Zur Geschichte der Synagoge      
   
Erstmals wird in einem Bericht des Kreisamtmannes aus Öhringen 1807 von einer in Mulfingen für die damals fünf jüdischen Familien am Ort vorhandenen "Synagoge" berichtet. Es handelte sich damals bereits um den im Dachgeschoss eines großen "Judenhauses" eingerichteten Betsaal mit Männer- und Frauenabteil. Dieser Betsaal wurde genutzt, so lange im 19. Jahrhundert die Zehnzahl der männlichen Beter erreicht wurde. Auf demselben Stock im Dachgeschoss des Mulfinger "Judenhauses" war auch ein Festsaal der Gemeinde und eine Lehrerwohnung untergebracht. Vermutlich wurde der Betraum spätestens geschlossen, als 1862 das Anwesen Hauptstraße 34 in nichtjüdischen Besitz übergegangen ist.

1987 wurde das auf dem Grundstück Hauptstraße 34 stehende Gebäude abgebrochen, das Grundstück mit einem Geschäfts- und Wohnhaus neu bebaut. Bis zuletzt waren die Räumlichkeiten des Betsaales und der anderen Räume der jüdischen Gemeinde erhalten. 
   
   
   
Fotos 
Historische Fotos:   

Ältere  (erhalten von Peter Karl Müller,
 Kirchheim/Ries)
Mulfingen Ort 010.jpg (78380 Byte) Mulfingen Ort 011.jpg (39658 Byte)
    Ansicht des Ortes  Ausschnitt: Das ehemalige "Judenhaus"
 (hohes Gebäude), in dem sich 
der Betsaal befand
  

Plan (gezeichnet und beschrieben von Eggert Hornig):

Mulfingen Synagoge Plan01.jpg (40559 Byte) 
Plan des jüdischen Gemeindezentrums im 3. Stock des Hauses Hauptstraße 34. Es bezeichnen: 1: Flur mit alten Treppen (18. Jahrhundert) - 2: Betraum 3,50 x 4,00 m, weißer Stuck, neben dem Fenster Holzrahmen für den Toraschrein 1,00 x 1,25 m und 0.90 m über Boden - 3: Frauenraum 3,50 x 1,60 m, holzverkleidete Verbindung zu 2 - 4: Schulraum (?) 3,50 x 3,70 m, karminrote Wandbemalung mit S-Linien - 5: Festraum 6,60 x 2,10 m, Bohlenwand zur Abseite unter der Dachschräge, 2 Luken zum Dachboden für Laubhüttenfest, graurote Bemalung mit blauem Strich in Hüfthöhe und unter der Stuckleiste an der Decke, angeblich früher mit Bildern, darunter gelbe Bemalung mit Leiste unter der Decke mit zinnoberroter (Buchstaben oder Blumen?) und dunkelgrüner (Blätter) Verzierung - 6 Lehrerwohnung mit Abseite unter der Dachschräge, Wand türkis
Zimmerhöhe: 2,70 m; alle Fenster mit getöntem Glas und Bleirippen. Türen zu 2,3,4,5 mit schönen Schlössern, z.T. beschlagen

Fotos nach 1945/Gegenwart:  
(Fotos: sw-Fotos von Hahn; Farbfotos von R. Bauer, Aufnahmedatum 28.5.1987)   

Das Mulfinger "Judenhaus" 
(Fotos Mai 1987 vor dem 
Abbruch des Hauses)  
Mulfingen Synagoge 001.jpg (54805 Byte) Mulfingen Synagoge 004.jpg (38026 Byte)
  Ehemaliges jüdisches Wohn- 
und Gemeindehaus  
Das Gemeindezentrum befand sich im 
3. Stock (die beiden Fenster im Giebel des 
3. Stockes sind nach Osten gerichtet und sind
 Fenster des Betsaales und Frauenabteils)
  
      
 Mulfingen Synagoge 003.jpg (41920 Byte) Mulfingen Synagoge 002.jpg (32140 Byte) Mulfingen Synagoge 011.jpg (69533 Byte)
Das nach Westen gerichtete Fenster 
im Dachgiebel gehört zu dem Festraum 
der Gemeinde  
Der Giebel 
auf der Ostseite 
Der Flur im 3. Stock (im obigen Plan Nr. 1): 
die Tür links gehört zur Lehrerwohnung; 
die Tür gerade aus führt zum Festraum
  
     
Mulfingen Synagoge 017.jpg (56807 Byte) Mulfingen Synagoge 019.jpg (57115 Byte) Mulfingen Synagoge 012.jpg (53692 Byte)
Im Betsaal (der Männer). Rechts des 
Fenster war der Toraschrein (vgl. Foto
 rechts); links blickt man ins Frauenabteil
Im Holzrahmen war einst ein 
Toraschrank eingebaut 
Blick in das Frauenabteil - recht 
Durchblick zum Betsaal der Männer 
      
       
Mulfingen Synagoge 014.jpg (65604 Byte) Mulfingen Synagoge 018.jpg (70107 Byte)  Mulfingen Synagoge 016.jpg (79409 Byte)
Im Festsaal der Gemeinde   Reste der Wandbemalung 
   
Mulfingen Synagoge 015.jpg (60062 Byte) Mulfingen Synagoge 010.jpg (67358 Byte)   
Die Luken zum Dachboden, die zum
 Laubhüttenfest geöffnet werden könnten
Blick vom Dachboden in den 
ehemaligen Festsaal 
  
     
Foto 2004:
(Fotos: Hahn, 
Aufnahmedatum 1.8.2004)
Mulfingen Synagoge 120.jpg (36260 Byte) Mulfingen Judenhaus 100.jpg (31656 Byte)
  Das an Stelle des ehemaligen "Judenhauses"
 (mit Betsaal) erstellte Gebäude; das Haus
 rechts daneben entspricht noch dem oben
 abgebildeten Gebäude 
Ehemaliges jüdisches Wohnhaus 
in Mulfingen 
  
     
Unweit des ehemaligen jüdischen
 Betsaal-Gebäudes: Gedenken an die 
39 Sinti-Kinder, die in das KZ Auschwitz
 deportiert wurden
Mulfingen Gedenken 101.jpg (55885 Byte) Mulfingen Gedenken 100.jpg (54348 Byte)
Im katholischen Kinderheim S. Josef in Mulfingen (Gebäude oben) waren schulpflichtige
 Sinti-Kinder untergebracht, deren Eltern bereits deportiert worden waren. 40 Kinder 
waren von der Deportation zurückgestellt worden, damit für eine Dissertation an ihnen
 "rassenbiologische Untersuchungen" gemacht werden konnten. Nach Abschluss dieser
 Untersuchungen wurden diese Kinder am 9.5.1944 direkt nach Auschwitz deportiert. 
Von den Kindern überlebten nur vier 
Gedenkstein mit den Namen 
der 39 Sinti-Kinder
 
 
   

     
     

Links und Literatur   

Links:  

bulletWebsite der Gemeinde Mulfingen    

Literatur:  

bulletPaul Sauer: Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern. 1966. S. 107-108.
bulletJürgen Hermann Rauser: Mulfinger Heimatbuch. 1980 (enthält so gut wie nichts zur jüdischen Geschichte des Ortes).  
bullet Andreas Volk: Schmuser, Bettel-, Schacherjud. Geschichte einer jüdischen Landgemeinde, dargestellt am Beispiel Mulfingen (Hohenlohekreis). Verlag epubli-Buch ISBN 9783746725390  2018 20 €
Inhalt: Von 1710 bis Ende 1895 gab es jüdische Einwohner in Mulfingen. Wie hießen sie? Wo lebten sie? Wie lebten sie? Wie waren die äußeren Lebensbedingungen in der Gemeinde Mulfingen, im Hochstift Würzburg und später im Königreich Württemberg? Der Autor ist in akribischer Weise in verschiedenen Archiven diesen Fragen nachgegangen und legt nun erstmals ein umfassendes Werk über die frühere Judengemeinde in Mulfingen vor.
Link zur Verlagsseite 

Sinti-Kinder von Mulfingen:  

bulletJohannes Meister: Das Schicksal der Sinti-Kinder aus der St. Josephspflege in Mulfingen, Heidelberg 1987.
bulletVgl. dazu u.a. folgende Links: Link 1, Link 2   

    
      

                   
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Stand: 30. Juni 2020