Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Drove (Gemeinde Kreuzau, Kreis Düren) 
Jüdischer Friedhof 
  

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde           
    
Siehe Wikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Synagoge_Drove     
   
   
Zur Geschichte des Friedhofes              
    
Der jüdische Friedhof in Drove wurde spätestens seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts belegt. Vermutlich ist er jedoch älter. 1852 ließ die Drover Synagogengemeinde den in der damals sogenannten Flur "Judendriesch" gelegenen Friedhof neu einfrieden. Auch die in Kreuzau und Nideggen verstorbenen jüdischen Personen wurden hier beigesetzt. Der Friedhof  wurde zuletzt 1941 belegt (letzte Beisetzung von Gustav Roer am 4. Juni 1941).  
   
Auf dem Friedhof sind etwa 60 Grabsteine erhalten. Die Gesamtzahl der Beigesetzten ist höher. In dem 1910 angelegten Drover "Lagerbuch über die Grabstätten und Begräbnisse des israelitischen Kirchhofes zu Drove" (Archiv der Gemeinde Kreuzau) wurden seit 1910 51 Beerdigungen eingetragen; 19 Beerdigungen aus der Zeit zwischen 1889 und 1910 wurden nachgetragen. Am 27. Dezember 1905 wurde der Begräbnisplatz in das Grundbuch von Drove eingetragen (Eigentümerin: Synagogengemeinde Düren). 
   
In der NS-Zeit kam der Friedhof für einen Betrag von 150 Reichsmark an die Ortsgemeinde Drove. Damals bestand das Friedhofsgrundstück aus dem eigentlichen Begräbnisplatz und einer kleinen Ackerparzelle. Zwischen 1938 und 1945 wurden zahlreiche Grabsteine gewaltsam beziehungsweise durch Kriegseinwirkungen beschädigt oder zerstört. 1953 wurde der Friedhof geschändet.   
   
Im September 1962 wurde ein 2,50 m hohes Mahnmal aufgestellt mit der Inschrift: "Für die Opfer des Nationalsozialismus". Das Mahnmal wurde durch Anton Egloff (Kunstakademie Düsseldorf) angefertigt. Der Friedhof steht in der Denkmalliste der Gemeinde (Flur 4 Nr. 29/1).  
    

Heinrich Böll beschreibt den jüdischen Friedhof in Drove (1984)      
Aus "Die Juden von Drove" aus Heinrich Böll: Ein- und Zusprüche. Schriften, Reden und Prosa 1981-1983. 
Kölner Ausgabe Bd. 22: 1979-1983 Hrsg. von Jochen Schubert © 2007, Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co. KG Köln. 
Der Sonderdruck unten wurde herausgegeben von der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V., Berlin, als Jahresgabe für ihre Förderinnen und Förderer (o.J.). 
Für das Abdruckrecht auf dieser Internetseite liegt die Genehmigung des Verlages Kiepenheuer & Witsch vor; eine Übernahme ist nur mit Verlagsgenehmigung möglich.  
Drove Lit Boell 01.jpg (32703 Byte) S. 4-5 im o.g. Sonderdruck: "Der Judenfriedhof von Drove ist wohlerhalten; er wird von der Gemeinde gepflegt, das Eingangstor ist durch ein Vorhängeschloss gesichert. Er liegt außerhalb des Dorfes am Rand einer idyllischen Mulde zwischen Wald und Feldern. Der Bach Drove, der durch diese Mulde herankommt, gab dem Ort den Namen. Seitdem der Straßenverkehr von Kreuzau über Nideggen, Heimbach, Schleiden in die Eifel hinein über eine Umgehungsstraße führt, ist es ruhiger dort, fast ruhig. Die letzte Beerdigung auf dem Judenfriedhof in Drove fand im Jahr 1940 statt: Jetta Leiser, das Alter ist nicht genannt.
Es wird wohl keine jüdische Beerdigung in Drove mehr stattfinden. Einmal im Jahr kommt eine Überlebende aus England und besuchte das Grab der Familie Dahl-Pollack. Ihr Vater, Robert Dahl, war ein beliebter Mitbürger in Drove, Vorsitzender und Förderer des Sportvereins 'Columbia'. 1935, als er starb, war er 52 Jahre alt, Kriegsteilnehmer 1914-18. An seiner Beerdigung nahm noch das ganze Dorf teil, obwohl die Teilnahme verboten war. Integration und Normalität lassen sich wohl kaum besser ausdrücken! Das ganze Dorf verehrte Robert Dahl. Kein Sportler im Dorf, dem er nicht zur Anschaffung seiner Kluft beigetragen und nach Fußballspielen mehrere Bier spendiert hatte. An der Beerdigung nahmen auch die Drover teil, die schon in der SA waren. Sie wurden registriert, bestraft, einige in Ausbildungslager ins ferne Pommern beordert. 
Ich stelle mir vor das ein Junge in Drove, 1983 geboren, im Jahr 2000 17 Jahre alt, am Gedenkstein für die jüdischen Mitbürger stutzig wird, nachzudenken beginnt, den so romantisch stillen Judenfriedhof entdeckt; vielleicht ist er einer, der wissen möchte, wo erlebt, wissen möchte, was alles im Dorf und ums Dorf herum geschehen ist. Geschichte also beginnt ihn zu interessieren, und er beginnt zu fragen und nachzuforschen. Wer war das, warum wohnen sie nicht mehr hier, wo sind sie geblieben, die Juden? Israelis, die mag er kennen. Waren die etwa hier, hatten eine Kolonie hier oder waren gar als Besatzung hier? Wenn der Junge zu fragen beginnt, wird kaum noch jemand leben, der noch einen Drover Juden gekannt hat, und doch kannte hier, wie in den Dörfern üblich, jeder jeden. Auf diesem idyllisch gelegenen, im Jahr 2000 wahrscheinlich romantisch versunkenen Friedhof kann der Junge 59 Gräber zählen. So wenige Juden können das also nicht gewesen sein. Wo sind sie geblieben? War da eine Art Rattenfänger am Werk, hat sie betört und verzaubert, weggeführt, und man hat nie wieder von ihnen gehört?    
Die meisten Gräber auf dem Judenfriedhof von Drove sind in gutem Zustand, sechs tragen hebräische Inschriften, an sieben sind die Inschriften ausgekratzt, an einem verwittert, von einem Grabstein steht nur noch der Sockel. Das rostige Vorhängeschloss wäre leicht zu knacken, noch leichter wäre durch das gelichtete Gebüsch, das den Friedhof umgrenzt, einzudringen. Kaum anzunehmen, dass ein Drover versucht hätte, diese Gräber zu schänden. Gräber schänden? Wird der Junge je erfahren, was das bedeutet, und was es bedeutet, dass sich einer in eine bedenkliche, wenn nicht gar gefährliche Situation begibt, der an der Beerdigung eines beliebten Mitbürgers teilnimmt? Möglich, dass die beiden über 80-jährigen, der ehemalige Schuldirektor Nolden und der Architekt Richter, im Jahr 2000 noch leben und es dem Jungen erzählen. Möglich auch, dass die dann fast 100-jährige, energische und herzliche, direkte Frau Klinkenberg noch lebt, die dem Jungen erzählen könnte, wer die Juden waren, wie sie lebten und was mit ihnen geschehen ist. Alle werden bezeugen, was auch die überlebenden Jungen aus den Nachbargemeinden bezeugen, die zum Gottesdienst in die Synagoge nach Drove ginge: Das Dorf Drove war nicht judenfeindlich..."   
 
Epitaphien auf dem jüdischen Friedhof Drove    
1  Ludwig Treu, Drove 1857-1923 
2  Frau Ludwig Treu geb. Imdorf, Drova 1860-1924 (Mutter) 
3  Josef Treu, Drove 1826-1901 
4  Frau Josef Treu geb. Henriette Pollack 1824-1896 
5  Hermann Leiser von Kerpen 1818-1892 Drove 
6  Frau Hermann Leiser geb. Tauba Roer, Drove 1814-1886 
7  Ester Leiser, Drove 1855-1937 
8  Lazarus Leiser zu Drove 1853-1899 
9  Frau Lazarus Leiser geb. Julia Kaufmann zu Drove 1857-1934 
10 Sophie Leiser geb. Herz 1860-1938 
11 Jutta Leiser, gest. 1940 Drove 
12 Frau Isaac Kaufmann geb. Rosette Roer, Drove 1809-1892 
13 Bernhard Kaufmann 1803-1889 
14 Simon Kaufmann 1832-1917 
15 Abraham Kaufmann 1847-1928 
16 Leopold Kaufmann 1843-1919 
17 Hermann Kaufmann zu Drove 1853-1911  
18 Siegfried Kaufmann 1880-1894 
19 Sara Roer, starb den 4.8.1868 
20 Frau Helene Roer geb. Vohsen 1818-1888  
21 Josef Roer 1844-1930  
22 Sibilla Roer geb. Wolf 1853-1932 
23 Leopold Roer in Kreuzau 1854-1938 und 
     Julia geb. Kaufmann aus Schiefbahn 1868-1932 
24 Sara Roer 1863-1921 
25 Emil Roer 1884-1925 
26 Jonas Roer, starb 38-jährig 
27 Karl Daniel 1843-1921 (Gatte, Vater) 
28 Josef Pollack 1834-1913 
29 Helene Pollack geb. Imdorf 
30 Moses Pollack, Drove 1850-1932 und 
     Eva Leiser, Drove 1831-1926 
31 Helen Imdorf 1861-1928  
32 Philipp Levy zu Kreuzau 1863-1924 und 
     Rosalie Kaufmann  
33 Robert Dahl aus Geilenkirchen 1883-1935   
34 Dina de Vries geb. Kamp 1834-1910  
35 Bernhard de Vries 1874-1935  
36 Frau Isaac Kahn gb Treu 1865-1924 (Tante) 
37 David Schlächter zu Nideggen 1842-1931    
38 Frau David Schlächter geb. Levy 1845-1916 (Mutter) 
39 Emma Schlächter, Nideggen 1877-1936  
40 Salomon Kratz zu Nideggen 1842-1923  
41 Regina Kratz geb. Schlächter zu Nideggen 1842-1920 (Mutter) 
42 Karl Kratz, Nideggen 1888-1931 (ledig)  
43 Fräulein Julia Kratz, Nideggen 1855-1928  
44-50 hebräische Inschriften   
51 verwittert  
52 nur noch Sockel erhalten  
53-59 alle Inschriften sind verkratzt  
 
nachträglich Grabsteine erstellt (nicht bei Schulte genannt):
60 Gustav Roer (1856-1941) 
61 Simon Carl (1865-1940)   
62 Ludwig Hirschberg (1923)  
    
Quelle: Klaus H.S. Schulte: Dokumentation zur Geschichte der Juden am linken Niederrhein seit dem 17. Jahrhundert. Düsseldorf 1972 
   

    
    
 
Lage des Friedhofes                    
     
Der Friedhof liegt zwischen Drove und Thum an der Landesstraße 250 am Bruchberg.     
     
     
Fotos 
(Fotos von 2009 von Dieter Peters, Aachen)  

Drove Friedhof 170.jpg (113657 Byte) Drove Friedhof 171.jpg (101274 Byte) Drove Friedhof 173.jpg (111198 Byte)
Das Eingangstor mit dem von Heinrich Böll
 beschriebenen Vorhängeschloss 
Teilansicht des Friedhofes
 mit neueren Gräbern (rechts)  
Teilansicht 
des Friedhofes  
     
Drove Friedhof 172.jpg (110784 Byte) Drove Friedhof 174.jpg (104190 Byte) Drove Friedhof 175.jpg (99254 Byte)
       
     
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Grabstein für Sara Roer gest. 1868 (Nr. 19)      
     
Drove Friedhof 179.jpg (115671 Byte) Drove Friedhof 178.jpg (126551 Byte) Drove Friedhof 181.jpg (96360 Byte)
Verwitterte - überwiegend hebräische - Grabsteine / Inschriftenplatten    
      
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 Grabstein verwittert - mit "Schild Davids" (Davidstern)  Gedenkstein links "In Memory of Familie Schlächter: Emil, Kunegunde, Veronika"  
     
Drove Friedhof 185.jpg (121903 Byte) Drove Friedhof 186.jpg (123973 Byte) Drove Friedhof 187.jpg (112526 Byte)
"Zum Gedenken an Norbert Kratz *10.7.1887  
Seine Gattin Emma Kratz geb. Moses * 15.6.1892 und 
Tochter Ingeburg Kraft * 25.12.1924.
 Sie wurden 1942 ermordet,   
"In liebevoller Erinnerung an Alexander Daniel  
Klara Daniel geb. Scheuer. Ums Leben gekommen
 in Polen 1942. Die Kinder und Enkelkinder."  
  
Gedenkstein
 "Für die Opfer des Nationalsozialismus" 
 
 
     
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Gedenkstein für die Opfer des Nationalsozialismus, aufgestellt von der Gemeinde Drove 1962, mit Menora (Foto rechts). Der Gedenkstein wird auch im Text von Heinrich Böll beschrieben.  
     
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Grabstein des 1935 unter großer Anteilnahme 
beigesetzten Robert Dahl (1883-1935)  
Grabstein für Gustav Roer (1856 - 1941 in Drove, 
letzte Beisetzung am 1.6.1941, Nr. 60) 
Grabstein für Moses Pollack, Drove (1850-1932) 
     und Eva geb. Leiser (1831-1926; Nr. 30)  
      
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Grabstein für Jutta Leiser 
(gest. 1940; Nr. 11) 
  
Grabstein für Simon Carl (1865-1940) mit Gedenkinschrift
 für die in der NS-Zeit ermordeten Berta Carl,
 Johanna und Hermann Leiser mit Edith (Nr. 61) 
Grabstein für Julie Roer geb. Kaufmann 
(1868-1932) und Leopold Roer 
(1854-1938, Nr. 27)  
     
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Grabstein für Sibilla Roer geb. Wolf 
(1853-1932, Nr. 22)  
  
Grabstein für David Schlächter 
(1842-1931, Nr. 37)  
  
Grabstein für Ludwig Hirschberg (gest. Dez. 1923, Nr. 62) 
mit Gedenkinschrift für Ida Hirschberg geb. Kaufmann
 (umgekommen in Polen 1942)  
     
Drove Friedhof 199.jpg (114352 Byte) Drove Friedhof 200.jpg (99462 Byte)  
Grabstein für Abraham Kaufmann 
(1847-1928, Nr. 15)  
Grabstein für Karl Daniel 
(1843-1921, Nr. 27)  
 
     

   
    

Links und Literatur  

Links:   

bulletWebsite der Gemeinde Kreuzau  
bulletBeitrag in der Website der Gemeinde Kreuzau: "Die jüdische Gemeinde in Drove und die Reichspogromnacht" (pdf-Datei)    
bulletWikipedia-Artikel zur jüdischen Friedhof in Drove: https://de.wikipedia.org/wiki/Jüdischer_Friedhof_(Drove)  
bulletListe des Zentralarchivs zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Abschnitt zu Drove      

Literatur:  

bulletDieter Peters: Der jüdische Friedhof in Kreuzau-Drove. In: Kreisjahrbuch 2004. Düren S. 119ff.  
bulletReiner Nolden / Karl-Josef Nolden / Klaus Schnitzler: Sie waren Nachbarn, Freunde, Kameraden. Zur Geschichte der Juden von Drove. 104 S. zahlr. Abb.  Hahne & Schloemer Verlag. Düren 2008. ISBN 978-3-927312-90-6. Preis: 14,95 €. 
Link zur Verlagsseite.   
Artikel in den Aachener Nachrichten vom 17. November 2008 zur Buchvorstellung.   

    
      

                   
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Stand: 15. Oktober 2013