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Amberg (Oberpfalz)
Jüdische Geschichte / Synagogen
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
Die mittelalterliche Gemeinde
In Amberg bestand eine jüdische Gemeinde bereits im Mittelalter.
Nach einem Privileg des Herzogs Rudolf I. von 1294 an die Stadt waren die
hier lebenden Juden allein der Stadt untertan. 1298 wurden bei der
sogenannten "Rindfleisch-Verfolgung" 13 Männer, Frauen und Kinder
erschlagen. Die anderen Juden konnten durch den Rat der Stadt in Sicherheit
gebracht werden. Auch in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts lebten Juden in
der Stadt. Nach 1320 werden die jüdischen Bürger Abraham von Amberg und David von Amberg in Nürnberg genannt. 1347 wurde die Zahl der Juden in Amberg
auf sechs jüdische Familien beschränkt. Ob es während der Pestzeit 1348/49 zu
einer Verfolgung in Amberg gekommen ist, ist nicht bekannt. 1355 werden
jedenfalls wiederum Juden in der Stadt genannt. Zwischen 1357 und 1388 waren
darunter auch einzelne Juden aus Bayreuth, Regensburg, Wien (?), Bingen, Velburg
und Rothenburg (?). Die jüdischen Familien lebten insbesondere von den
Einkünften aus dem Geldhandel und der Pfandleihe.
An Einrichtungen der mittelalterlichen jüdischen Gemeinde gab es im
Bereich des mittelalterlichen jüdischen Viertels (um die jetzige Frauenkirche) eine
Synagoge (s.u.). 1364 erhielt Rabbiner Süßmann das Recht zur
Errichtungen eines jüdischen Schule (Jeschiwa) in Amberg, 1369 erhielt der
Rabbiner Mosse von Wien (?) dasselbe Recht. Mit allen in der Pfalz lebenden
Juden wurden auch die Amberger Juden 1391 auf Grund einer Weisung des
Pfalzgrafen Ruprecht II. vertrieben. Zumindest ein Teil der Amberger Juden
konnte sich in Nürnberg und Regensburg niederlassen.
Vom Ende des 14. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts
Fast 600 Jahre lang durften sich - zwischen 1391 und der Mitte des 19.
Jahrhunderts - keine Juden in der Stadt niederlassen. Noch in der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen regelmäßig in die Stadt nur einige der in
Sulzbach lebenden jüdischen Händler. Näheres ist dem nachstehenden Artikel zu
entnehmen.
In
den 1840er-Jahren wurde auch in Amberg die mögliche Aufhebung des
Niederlassungsverbotes jüdischer Familien in Amberg diskutiert. In
einem "offenen Schreiben" setzte sich der Sulzbacher Rabbiner
Dr. Wolf Schlessinger im Juni 1846 mit einigen Behauptungen des
(nichtjüdischen) Amberger Großhändlers, Magistratsrates und
Abgeordneten im bayerischen Landtag Pfäffinger auseinander, der sich
gegen die Niederlassung von Juden in Amberg ausgesprochen hatte.
Teil eines Artikels in der Zeitschrift "Der Orient" vom 25. Juni
1846, worin Schlessinger den Abgeordneten Pfäffinger zitiert: "Sie
sagen: 'Die Oberpfalz ist von diesem auserwählten Volke am meisten
geplagt.' - Das begreife wer's vermag! Manche Kreise Bayerns zählen
15.000 jüdische Seelen, während in jenem Raum 800 wohnen. - 'Nach Amberg
kommen alle Montage 8 patentisierte jüdische Kaufleute, und zum Teil auch
deren Weiber, Söhne und Töchter, und bleiben daselbst auch bis Freitag,
sie treiben allen möglichen Handel zum großen Nachteile aller übrigen
Handelsleute.' - Tatsache aber ist, dass außer von Sulzbach
kein patentisierter Jude nach Amberg kommt - weshalb ich mich auch ganz
besonders veranlasst fühle, im Interesse meiner Gemeinde das Wort zu
ergreifen. Tatsache ist es, dass gegenwärtig in Sulzbach nur noch sechs
Männer und neun Witwen, welche meistens 60, 70, ja 80 Jahr alt sind,
darum auch großenteils Stellvertreter angenommen, Patente haben, sage im
Ganzen fünfzehn, von welchen Patenten aller Wahrscheinlichkeit nach in 10
Jahren schon über die Hälfte erloschen sein wird. Tatsache ist es, dass
9 dieser Patentisierten in verschiedenen anderen Gegenden der Oberpfalz
ihre Geschäfte treiben, und dass nur 6 Patentisierte wirklich nach Amberg
kommen, nämlich drei Männer, zwei ledige Söhne von Witwen und eine
Witwe, von welchen 6 Personen aber 2 so sehr aller Mittel entblößt sind,
dass sie gewiss keinem Kaufmann in Amberg noch je Schaden gebracht haben.
Tatsache ist es endlich, dass auch nicht ein Einziger je Frau, Sohn oder
Tochter bei sich hat; denn ein israelitischer Jüngling, der die
polytechnische Schule dortselbst besucht, kann doch wahrhaftig nicht hierher
gezählt werden. Diesen unwiderleglichen Tatsachen gegenüber, wird man
doch wohl einer hohen Kammer und dem bayerischen Volke nicht im Ernst
weiß machen wollen: 'Die Oberpfalz sei besonders von Juden geplagt, sie
habe Schmerzen und müsse schreien'!!" |
Für jüdische Handelsleute ist der Aufenthalt in der
Stadt weiterhin verboten (1859)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 25. April 1859: "Aus Bayern, Ende Februar (1859). Ein hochweiser
Rat der Stadt Amberg (Oberpfalz) hat den israelitischen
Handelsleuten bei Strafe untersagt, sich länger als 24 Stunden dort
aufzuhalten, nachdem ihnen schon vor beiläufig einem Jahre die
Handelspatente abgenommen werden sind. Vernehmen nach haben die Beteiligten
dagegen Rekurs ergriffen". |
Die Gemeinde von 1894 bis 1942
Eine neue jüdische Gemeinde konnte sich erst wieder in der 2. Hälfte
des 19. Jahrhunderts - insbesondere durch Zuzug aus umliegenden jüdischen
Gemeinde im Bereich der Oberpfalz (vor allem aus Sulzbach)
- bilden. Unter den ersten Namen jüdischer Familien finden sich die der
Familien Secklmann, Arnstein, Weinscheink und Oestreicher. Die Familien
schlossen sich um 1880 zunächst zu einer "Israelitischen Vereinigung"
zusammen. Im November 1894 erfolgte die Anerkennung als
"Israelitische Kultusgemeinde". Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich
bis um 1900 wie
folgt: 1867 15 jüdische Einwohner (0,1 % von insgesamt 12.312), 1880 57
(0,4 % von 14.588), 1899 81 (0,5 % von 15.812), 1900 Höchstzahl von 101 (0,5
% von 22.039). Die jüdischen Familien eröffneten u.a. mehrere Einzel- und
Großhandelsgeschäft in der Stadt (Schuh- und Textilgeschäfte, Kaufhaus, Bankgeschäft
Haymann u.a.m.).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde seit 1881 einen ersten
Betraum, seit 1896 eine Synagoge (s.u.), seit 1899 eine israelitische
Volksschule und seit 1927 einen eigenen Friedhof.
Für den Religionsunterricht der Kinder und zur Besorgung der religiösen Aufgaben der
Gemeinde wurde erstmals seit 1889 ein Religionslehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schächter fungierte. Als jüdische Lehrer werden
genannt: Rosenthaler (1891), B. Gutmann (bis 1900), Elias Godlewsky (1900-1908,
siehe unten; danach Lehrer in
Nördlingen), Leopold Godlewsky (1908 bis nach 1938).
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. Januar 1889:
"Ein seminaristisch geprüfter, unverheirateter Religionslehrer, der
zugleich das Amt eines Chasen (Vorbeter) und Schochet (Schächter) mit zu
betätigen hat, wird per 1. März 1889 zu engagieren gesucht. Gehalt M.
900 per anno bei freier Wohnung. Zeugnisse und Gesuche sind zu richten an
A. Oestreicher, Vorstand der israelitischen Vereinigung, Amberg, Oberpfalz
(Bayern). |
Eine offizielle Zuteilung zu einem Rabbinat gab es
zunächst nicht. Zur Synagogeneinweihung 1896 kamen die beiden Distriktsrabbiner
Dr. Eckstein aus Bamberg und Dr. Weinberg aus Sulzbürg. 1924 war Amberg
dem Distriktsrabbinat Sulzbürg-Neumarkt zugeteilt. Seit 1931 gehörte Amberg - nach
Neuordnung der Rabbinatsbezirke - dem Rabbinatsbezirk Regensburg-Neumarkt
an.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Gefreiter Adolf
Kleinbauer (geb. 26.3.1876 in Sulzbach, gef. 20.10.1918) und Gefreiter Georg
Wedel (geb. 31.12.1875 in Wormditt, Ostpreußen, gef. 26.4.1918). Der Name von
Georg Wedel steht auf den Namenstafeln des Gefallenendenkmals in der
Säulenhalle des alten Rathauses (Marktplatz). Außerdem ist gefallen:
Unteroffizier Josef Elkan (geb. 21.10.1894 in Amberg, vor 1914 in Nürnberg
wohnhaft, gef. 10.8.1918).
1924 gehörten 130 jüdische Personen zur jüdischen
Gemeinde Amberg. Darunter waren 86 aus Amberg, 30 aus Schwandorf (seit 1903
waren die Schwandorfer Juden nach Amberg zugeteilt), 4 aus Haselmühle, 4
aus Witzelhof und 6 aus Nabburg. Dem jüdischen Gemeindevorstand
gehörten die Herren Ernst Bloch, Leo Kleinbauer, Leopold Godlewsky und Michael
Lorsch an. Leopold Godlewsky hatte die Ämter als "Prediger, Lehrer, Kantor
und Schochet" der Gemeinde inne. Er erteilte an der Religionsschule der
Gemeinde zehn Kindern Unterricht. An den öffentlichen Schulen wurden 25 Kinder
von ihm unterrichtet. An jüdischen Vereinen gab es die "Israelitische
Armenkasse" (Ziel: Wanderunterstützung; Vorsteher: Leopold Godlewsky),
den Israelitischen Männerverein (bzw. Israelitische Männerchefroh,
gegründet 1880, Vorsteher 1924 Michael Lorsch, 1932 Siegfried Neuhöfer, Ziele:
Krankenpflege und Bestattung, 1932 20 Mitglieder) und den Israelitischen
Frauenverein (Israelitische Frauenchefroh, gegründet 1880, 1924/32
unter Leitung von Fanny Haymann, 1932 20 Mitglieder, Ziele Krankenpflege und
Bestattung). 1932 waren die jüdischen Gemeindevorsteher Siegfried
Neuhöher (1. Vors.) und Siegfried Funkenstein (2. Vors. und Schatzmeister).
Lehrer und Kantor war weiterhin Leopold Godlewsky. Zu den 63 jüdischen
Gemeindegliedern aus Amberg kamen 1932 aus Schwandorf 24 Personen und
Nabburg 5
Personen. Zudem wird (ohne Zahl jüdischer Einwohner) Burglengenfeld als Amberg
zugeteilter Ort genannt.
1933 lebten 83 jüdische Personen in der Stadt. Von ihnen
konnten in den folgenden Jahren (bis 1941) zusammen 30 emigrieren, zehn
verstarben in diesen Jahren, drei begingen Selbstmord. 1937 wurden der
jüdischen Gemeinde Amberg auch die letzten der in Sulzbach
lebenden jüdischen Einwohner zugeteilt. Dazu erschien am 1. Januar 1937
folgende Mitteilung:
Anzeige
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1.
Januar 1937: "Bekanntmachung über Ausdehnung des Gebietes der
Israelitischen Kultusgemeinde Amberg auf das Gebiet der politischen
Gemeinde Sulzbach-Rosenberg. Die Verwaltung der Israelitischen
Kultusgemeinde Amberg hat in ihrer Eigenschaft als
Steuerverbandsvertretung am 1. November 1936 folgenden Beschluss gefasst.
Gemäß Artikel 2 des religionsgesellschaftlichen Steuergesetzes dehnt die
Israelitische Kultusgemeinde Amberg ihr Gebiet auf das Gebiet der
politischen Gemeinde Sulzbach-Rosenberg aus.
Dieser Beschluss wird hiermit öffentlich bekannt gemacht.
Den an der Umbildung Beteiligten, insbesondere den von der Umbildung
betroffenen umlagenpflichtigen Bekenntnisgenossen, wird hiermit
Gelegenheit zur Einsprache gegeben. Die Einsprache soll genau die Gründe
darlegen, welche gegen die bekannt gegebene Umbildung geltend gemacht
werden wollen. Die Einsprache muss binnen einer vom 20. Januar 1937 ab
laufenden Frist von zwei Wochen bei der Verwaltung der Israelitischen
Kultusgemeinde Amberg schriftlich eingereicht werden. Amberg, den 24.
Dezember 1936.
Die Verwaltung der Israelitischen Kultusgemeinde Amberg: Bacharach,
Vorstand. Godlewsky, Schriftführer." |
Über die Ereignisse beim
Novemberpogrom 1938 s.u. bei der Synagogengeschichte. Die letzten jüdischen
Einwohner Ambergs wurden 1942 deportiert.
Von den in Amberg geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"; überprüft, korrigiert
und ergänzt durch die Forschungen von Dieter Dörner, Amberg (Stand: März
2010): David Ascher (1877), Frieda Ascher
geb. Hirschfeld (1887), Dora
Bacharach geb. Höflein (1894), Emil Bacharach (1887), Rudolf Hans Bacharach
(1921), Elsa Baruch (1897), Ludwig Baruch (1892, vgl. Erinnerungsblatt
des "Aktiven Museums Spiegelgasse" Wiesbaden), Rosa Baruch (1894), Emma
Behrens geb. Strauß (1905), Bruno
Bloch (1920), David Bloch (1862), Ernst Bloch (1890), Rosa Bloch geb. Schwarz (1893),
Ilse Gerda Funkenstein (1923), Paula Funkenstein geb. Eckstein
(1896), Rolf Herbert Leo Funkenstein (1927), Siegfried Funkenstein (1922), Bella Godlewsky geb.
Lang (1887), Ilse Godlewsky (1920), Leopold Godlewsky (1878), Fanny Haymann geb.
Oppenheimer (1887), Ludwig Haymann
(1890), Max Hellmann (1910), Anna Hörauf geb. Wangersheim (1895), Benno Isner (1869),
Salomon Jakubowitsch (1872), Max Kehr (1893), Thekla Kehr geb. David (1893),
Jakob Kirschbaum (1878), Max Kleinbauer (1909), Alter Chaim Kupfermann (1901), Chana Kupfermann geb. Stieber (1906),
Erna Strauss geb. Weinschenk (1899), Heinz Otto Weinschenk (1930), Johanna (Hannchen) Weinschenk
geb. Wimpfheimer (1886), Rose
Weinschenk geb. Steinmann (1874), Adolf Zechermann (1876),
Martha (Amalie) Zechermann geb. Strauß (1882).
Nicht bestätigt werden konnten durch Dieter Dörner die Angaben zu den
folgenden Personen, die in einigen Listen in Verbindung mit Amberg genannt
werden; vermutlich haben sich diese Personen nur kurze Zeit in Amberg
aufgehalten: Arthur Godlewsky (1891), Isidor Hirsch (1891), Maximilian Holzer
(1909), Max Herbert M. Kohn (1881), Heinrich Lippmann (1882), Ludwig Löwenstein
(1912), Wilhelm Löwenstein (1885), Berthold Mahler (1909), Ernst Alfred
Seckendorf (1892), Adolf Strauss (1890=, Karl Strauss (1873), Max Moses Strauss
(1879), Robert Weilheimer (1900), Lotte (Charlotte) Weinschenk geb. Frank
(1872), Sally Weiß (1908), Moritz F. Wertheimer (1884), Rosa Westheimer geb.
Stark (1883).
Die NS-Zeit überlebt haben die in einigen Listen genannten Personen: Salli
Isner geb. Östreicher (1896), Charlotte (Lotte) Weinschenk geb. Frank (1895).
Unter den jüdischen DPs in Amberg sind 1945 bis 1948 verstorben: Bernd
Adler (1912), Dora Bialo (1923), Albert Blau (1922), Cyna Dawid (1914), Mordche
Elbaum (1913), Isaak Frenkel (1925), Moniek Grünberg (1908), Moszek Grünbberg
(1908), Juda Grusniewski (1922), Max Hilfstein (1912), David Kaplan (1874),
Roman Klejmann (1925), Eugen Kleinmann (1921), Lucer Klonsztam (1923), Chaim
Kornreich (1927), Schulim Lang (1911), Josef Langsner (1911), Simon Leskowicz
(1905), Saul Nussbaum (1875), Oeden Rathmann (1927), Erne Rottenstein (1914),
Luba Schiulit (1925), Laib Jakob Seiden (1929), Josef Silberstein (1902),
Jankiel Smuts (1884), Sultan Stern (1924), David Syna (1918), Milgrom Szymoin
(1922), Sara Weinberg (1906), Imre Weiß (1929), Willi Wulkan
(1926).
Die Gemeinde nach
1945
1945 wurden in der Stadt zahlreiche jüdische Displaced Persons
untergebracht (Überlebende von Konzentrationslagern/Überlebende der
Todesmärsche vom KZ Flossenbürg nach Dachau und jüdische Flüchtlinge aus dem
Osten), die eine neue jüdische Gemeinde begründeten. Bis 1948/50 handelte es
sich um etwa 500 jüdische Personen, die in leerstehenden oder geräumten
Kasernen sowie in Privatwohnungen untergebracht waren. Geistliches Oberhaupt der
Gemeinde war Rabbiner Dr. Natan Zanger. Nach Gründung des Staates Israel (1948)
ging die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder durch Auswanderungen jedoch schnell
zurück. 1953 waren nur noch 41 jüdische Personen in der Stadt, 1989
26.
In den 1990er-Jahren nahm die Zahl der jüdischen Gemeindemitglieder
wieder zu durch die Zuwanderung von sogenannten "Kontingentflüchtlingen"
aus den GUS-Staaten. Zur jüdischen Gemeinde (Israelitische Kultusgemeinde
Amberg K.d.ö.R., Salzgasse 5 92224 Amberg) gehören
derzeit 108 Mitglieder (Stand 2016). Gemeindevorsteher sind 2017 Alexander
Iolowitsch, Gemeinderabbiner Elias Dray und Ignaz Berger. Die Gemeinde ist
Mitglied im Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern K.d.ö.R.
Trotz der relativ geringen Zahl der Gemeindeglieder wird ein aktives
Gemeindeleben gepflegt und unter anderem die Hohen Feiertage gemeinsam
begangen.
Im Herbst 2019 konnte das 125-jährige Bestehen der jüdischen Gemeinde
gefeiert werden (siehe Pressebericht unten).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Lehrer Rosenthaler bietet Bücher an (1891)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Februar 1891:
"Einzelne gut erhaltene Bünde zum Talmud à Mark 1 und Mark 1.50 bei
J. Rosenthaler, Lehrer, Amberg (Bayern)." |
Bitten des jüdischen Lehrers B. Gutmann um
Unterstützung für die jüdischen Gefangenen in der Gefangenenanstalt Amberg
(um 1900)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. März 1900:
"Öffentliche Bitte. Unterzeichneter erlaubt sich, die Güte und
Mildtätigkeit der Leser des "Israelit" zu folgendem Zwecke in
Anspruch zu nehmen. In der hiesigen Gefangenenanstalt befinden sich zur
Zeit sieben jüdische Gefangene. Nach § 25 der Hausordnung für die
Gefangenenanstalten Bayerns ist es gestattet, dass den israelitischen
Gefangenen während des Pessachfestes eine nach den Vorschriften unserer
Religion zubereitete Kost verabreicht werden darf, für deren Aufbringung
ich jedoch zu sorgen habe, indem von Seiten der Anstalt gesetzlich nichts
geleistet wird. Da die Deckung der Kosten bedeutende Ausgaben verursacht,
so sehe ich mich veranlasst, an alle wohltätigen Glaubensgenossen die
innige Bitte zu richten, mich in der Ausführung des genannten Werkes
durch Übersendung eines milden Beitrags unterstützen zu wollen. Auch die
kleinste Beisteuer wird dankbarst akzeptiert und über den Empfang in
diesen Blättern seinerzeit quittiert. B. Gutmann, Lehrer,
Amberg." |
Anzeige
von 1901 mit demselben Wortlaut wie oben, jedoch inzwischen von Lehrer E.
Godlewsky unterzeichnet. |
Anzeige
von 1902 - damals waren zehn jüdische Gefangene zu betreuen.
|
Lehrer Elias Godlewsky wechselt von Amberg
nach Nördlingen (1908)
Elias
Godlewsky war Lehrer der jüdischen Gemeinde Amberg von 1900 bis 1908. Er
stammte aus Hirschaid (wie auch sein
Nachfolger, Lehrer Leopold Godlewsky, vermutlich waren die beiden Brüder), seine
Frau Lucie aus dem schlesischen Lüben. Das Paar hatte drei Kinder. Godlewsky
stammte aus einer Familie orthodoxer Lehrer, arbeitete in mehreren jüdischen
Gemeinden in Bayern (nach Amberg in
Nördlingen und Fürth) und kam dann über
Kattowitz und Berlin nach Kassel, wo er 1924
bis 1936 als Lehrer wirkte. Sechs Wochen vor der Pogromnacht 1938 zog er mit
seiner Frau Lucie nach Bad Wildungen in
die Synagoge am Dürren Hagen. Am Tag nach dem Pogrom 1938 wurde er mit knapp 20
Wildunger Juden ins KZ Buchenwald deportiert, nach drei Wochen entlassen und
floh 1939 nach London. Nach dem Krieg emigrierte er nach New York, wo er 1953
verarmt und chronisch krank mit 73 Jahren starb.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. April 1908:
"Nördlingen, 19. April (1908). Bei der heute stattgefundenen
Gemeindeversammlung wurde Herr Godlewsky in Amberg,
an Stelle des verstorbenen Herrn Weiler unter 22 Bewerbern als Lehrer und
Kantor gewählt." |
Artikel zu Dienstjubiläen des Lehrers Leopold Godlewsky: 25 und 30
Jahre in der Gemeinde Amberg tätig (1933 beziehungsweise 1938)
Artikel
in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung vom 15. Juli 1933:
"Amberg. Herr Oberlehrer Leopold Godlewsky kann am 1. August auf eine
fünfundzwanzigjährige Tätigkeit dahier zurückblicken. Als religiöse
und charaktervolle Persönlichkeit hat er es in Verbindung mit seiner
gleichgesinnten Gattin verstanden, sich die Liebe und Wertschätzung nicht
nur seiner Gemeinde, sondern auch der ganzen Stadt in reichstem Maße zu
erwerben. Ad multos annos!" |
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" am 3. August 1933:
"Amberg, 31. Juli. Am Schabbat Nachamu (Schabbat nach dem 9.
Aw, an dem die Lesung aus Jesaja 40 'Tröstet, tröstet mein Volk' gelesen
wird, = 5. August 1933) kann Herr Oberlehrer Leopold Godlewsky auf eine
25jährige, ersprießliche Tätigkeit in der Gemeinde Amberg mit Sulzbach
und Schwandorf zurückblicken, nachdem er vorher in der Gemeinde
Gerolzhofen 10 Jahre amtierte. Eine frommen und angesehenen Lehrerfamilie
in Franken entstammend, wusste er deren Tradition allzeit hochzuhalten.
Sein Name hat in der bayerischen Judenheit und darüber hinaus und
besonders bei seinen Kollegen einen guten Klang. Durch seine berufliche
Tüchtigkeit, seinen biederen Charakter, sein allzeit hilfsbereites Wesen,
errang er sich die Wertschätzung und Achtung seiner Gemeinden und aller
Schichten der Bevölkerung. Auch seine schriftstellerische Tätigkeit,
besonders auf kulturhistorischem Gebiete, verdient hervorgehoben zu
werden. (Alles Gute) bis 120 Jahre." |
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Juli 1938:
"Amberg, 4. Juli (1938). In diesen Tagen (10. Juli) kann Herr
Oberlehrer Leopold Godlewsky auf einer vierzigjährige Amtstätigkeit
zurückblicken. Hiervon treffen dreißig Jahre auf die Gemeinde Amberg mit
Schwandorf und Sulzbach. (Alles Gute) bis 120 Jahre." |
Zum Tod der in Amberg verstorbenen Schwiegermutter von Lehrer Godlewsky: Frau
Sophie Lang geb. Freudenthal (1928)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Juni 1928: "Burgkunstadt
(Oberfranken), 15. Juni (1928). Vor kurzem starb in Amberg (Oberpfalz)
im Hause ihrer Tochter, wo sie Heilung von einem schweren Leiden suchte,
im Alter von 73 Jahren, Frau Sophie Lang aus Burgkunstadt. Von frommen
Eltern aus der Familie Freudenthal aus Tann
v.d. Rhön abstammend, verpflanzte sie diese Tradition in ihre neue
Heimat, wo sie an der Seite des ihr in die Ewigkeit vorausgegangenen
gleichgesinnten Mannes ein echt jüdisches Haus gründete und durch alle
Tugenden einer wackeren Frau dieses zu hoher Blüte brachte. Ihr
gastliches Haus war nicht nur weit geöffnet, war nicht nur offen
für die Bedürftigen, es stand nicht nur den Armen offen, es war auch
ein Haus für die Weisen, denn Rabbiner und Lehrer waren ihre
Verehrer und ein ideales Verhältnis verband sie mit ihnen . Sie war nicht
nur lange Jahre Vorstandsmitglied der Frauenchewrah (Frauenverein), noch
bis in ihre letzten Monate beteiligte sie sich aktiv an der gebotenen
Sorge um die Toten. Vier Kinder fand sie bei ihrer Ehe vor und vier
Kinder konnte sie noch ihre eigenen nennen. Doch mit Liebe umhegte sie sie
allesamt und mit Selbstverleugnung löste sie ihre schwere Aufgabe. Ein
halbes Jahr vor ihrem Tode sah sie zu ihrem Leidwesen ihren ältesten
Sohn, den bewährten und frommen Kultusvorstand, Karl Lang - seligen
Andenkens - einen Chawer in die Gruft sinken. Dieser
Schicksalsschlag zehrte an ihrem Lebensmarke. Vor ihrer Überführung nach
Nürnberg nahm ihr Schwiegersohn, Herr Lehrer Godlewsky in Amberg,
in bewegten Worten Abschied von der teuren Verblichenen, und am Grabe in
Nürnberg entwarf Herr Rabbiner Dr. Heilbronn - ein Freund ihres
Vaterhauses - ein rührendes Bild von den Tugenden der Entschlafenen,
worauf nochmals ihr Schwiegersohn ihr Vorzüge treffend hervorhob. Eine
seltene Frau aus der Vergangenheit ist mit ihr dahingegangen. Das
Andenken an die Fromme ist zum Segen." |
Berichte aus dem
jüdischen Gemeindeleben
Wie ein Ritualmordvorwurf entstehen kann
(1904)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 29. März 1904: "Amberg. Bei der zweiten Sitzungsperiode
des Schwurgerichts am königlichen Landgerichte Amberg kam zur Verhandlung
Jakob Stadi, 35 Jahre alt, katholisch, verheiratet, Spengler von
Heilinghausen, wegen Mordes, begangen an einem fünfjährigen Knaben.
Dabei kam folgender interessanter Vorfall zur Sprache:
Die Taglöhnersfrau Franziska Seidl von Heilinghausen lebt in sehr
ärmlichen Verhältnissen und hat drei Kinder, im Alter von sechs, fünf
und drei Jahren zu ernähren. Etwa acht Tage vor dem Morde beklagte sich
die Frau dem Stadi gegenüber, dass sie wenig Verdienst hätte, und es ihr
in Folge dessen sehr schlecht ginge. Darauf sagte Stadi, sie solle einen
Buben verkaufen. Auf die Frage der Zeugin, wohin, sagte Stadi an die Juden
in Regensburg, denn diese brauchen Christen blut und stechen die Knaben zu
diesem Zwecke ab. Die Frau gab nun ihrem Entsetzen darüber Ausdruck und
hielt insbesondere das Sündhafte einer solchen Handlungsweise dem Stadi
vor Augen, dieser aber erwiderte nur: 'Es gibt keinen Gott und keinen
Teufel!'
Es ist für uns wahrlich ein Glück zu nennen, dass der auf so grausame
Weise ums Leben gekommene Knabe damals verhältnismäßig bald im Walde
aufgefunden worden ist. Wer weiß, was dieser Unhold, der während der
zweitägigen Verhaltung, trotz der erdrückendsten Verdachtsmomente,
hartnäckig die Schuld von sich abzuwälzen suchte, nicht alles erdichtet
hätte! Er wurde zum Tode verurteilt.
Bietet uns dieser Einblick in die Denk- und Handlungsweise des Angeklagten
ein Bild für die Höhe der sittlichen Anschauungen desselben, so können
wir daraus auch die Entstehungsursache so manchen 'Ritualmordmärchens'
erklären. Andererseits ist lobend hervorzuheben, dass Staatsanwalt wie
Verteidiger bei Erwähnung dieses Vorfalles in ihren Plädoyers einmütig
den Glauben an einen Ritualmord sowohl in diesem Fall, als auch in
generellem Sinne ad absurdum führten. E. Godlewsky,
Lehrer". |
Hinweis: der Fall wird ausführlich
dargestellt im Beitrag "Die Ermordung eines fünfjährigen Knaben.
Aberglaube des Mörders" in: Archiv für Kriminal-Anthropologie und
Kriminalistik. Hrsg. von Hans Gross Bd. 17 Leipzig 1904 - Erstes und
zweites Heft S. 42-60. Link
zu Google-Books |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Goldene Hochzeit von
Heinrich und Emma Haymann am 1. März 1903
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. März 1903:
"Amberg, 1. März (1903). Goldene Hochzeitsfeier). Heute feierten das
seltene Fest der goldenen Hochzeit Herr Heinrich und Frau Emma Haymann
dahier in seltener Rüstigkeit des Körpers und des Geistes. Am Vorabende
wurde dem Jubelpaare auf Veranlassung der hiesigen, israelitischen
Kultusgemeinde eine ehrenvolle Huldigung in Form einer Serenade in ihrer
Wohnung zuteil. Am Jubiläumstage fand unter zahlreicher Beteiligung aller
Konfessionen Festgottesdienst in der hierzu prächtig geschmückten
Synagoge statt. Herr Lehrer E. Godlewsky hielt eine von Herzen kommende
und zu Herzen gehende, gediegene Ansprache, welche die hohe Bedeutung des
Tages darlegte und den durch das ganze Leben des Jubelpaares stets
bewiesenen Wohltätigkeits- und Frömmigkeitssinn pries.
Sodann fand im Hause der Jubilare ein solennes Festmahl statt, gewürzt
mit ernsten und heiteren Poesie und Prosa-Vorträgen, und hielt die
Teilnehmer in freudigster Stimmung bis zum Abend beisammen. Es wird ihnen
allen unvergesslich bleiben. Möge das Jubelpaar in gleicher Frische noch
das diamantene Hochzeitsfest feiern." |
Zum Tod von Heinrich Haymann im Februar 1907
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" am 7. März 1907:
"Amberg, 5. März (1907). Am 7. Adar (21. Februar 1907) schied Herr
Heinrich Haymann von hier im Alter von 79 Jahren aus dem Leben. Er ist der
Gründer des an Sabbaten und Festtagen streng geschlossenen Bankhauses
Haymann, welches nun von den Söhnen in demselben Sinne weitergeführt
wird. Der Verblichene war wegen seiner aufrichtigen Frömmigkeit und
seines Wohltätigkeitssinnes allgemein geachtet. Im nahen Sulzbach,
woselbst er geboren ist und wo er bis vor 9 Jahren gewohnt war, war der
Verewigte 20 Jahre Kassier der dortigen Gemeinde und fungierte 48 Jahre
lang an den hohen Feiertagen in trefflicher Weise als Vorbeter. Die
Lücke, die durch seinen Tod in unserer Gemeinde entstanden, ist schwer
auszufällen. Möge Gott Trost senden in die Herzen derer, die durch den
Verlust dieses Mannes in schmerzliche Trauer versetzt wurden. Seine
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens". |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeigen des Spezerei- und
Landesproduktengeschäftes Emanuel Löwi (1890)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Oktober 1890:
"Suche per sofort einen Lehrling für mein Spezerei- und
Landesproduktengeschäft. Gute Schulzeugnisse erforderlich. Kost und Logis
im Hause.
Emanuel Löwi, Amberg (Oberpfalz)." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. November 1890:
"Suche für mein Landesproduktengeschäft en gros & en détail
einen Lehrling mit gutem Schulzeugnis. Kost und Logis im Hause.
Emanuel Löwi, Amberg (Bayern)." |
Aus dem
Gemeindeleben unmittelbar vor und in der NS-Zeit
Die NS-Zeit wirft ihre Schatten voraus - der Führer der
Amberger Nationalsozialisten Stüdlein macht auf sich aufmerksam
(1923)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. November 1923:
"München, 16. Oktober (1923). Wir lesen in der 'Central-Vereins-Zeitung':
Am Abend des vergangenen Dienstag befanden sich vier jüdische Amberger
Bürger in der Synagoge bei einer Chorprobe. Gegen 11 Uhr abends erfolgte
plötzlich eine schwere Detonation. Die vier Herren nahmen an, dass ein
Anschlag auf die Synagoge erfolgt sei. deshalb fuhren zwei der Herren zur
Polizeiwache, um von dem Vorfall Anzeige zu erstatten. Hier wurde ihnen
mitgeteilt, dass vermutlich kein Anschlag auf die Synagoge geplant gewesen
sei, weil der Führer der Amberger Nationalsozialisten, Stüdlein, an der
nächsten Straßenecke bewusstlos aufgefunden worden sei. Es stellt sich
heraus, dass eine Handgranate geworfen worden war, deren Abreißschnur
neben Stüdlein lag. Irgendeine Verletzung wies Stüdlein nicht auf, wohl
aber hatte er einen geladenen und entsicherten Revolver in der Hand.
Am Mittwoch früh zwischen 4 und 5 Uhr wurden die vier Synagogenbesucher
aus ihren Betten heraus ohne Angabe eines Grundes verhaftet, wie
Schwerverbrecher in das Gerichtsgefängnis eingeliefert und abends 8 Uhr
ohne Verhör wieder entlassen. Kein Wort der Entschuldigung wurde für nötig
gehalten.
Wie die Staatsanwaltschaft in ihrem amtlichen Bericht in Nr. 186 der
'Amberger Volkszeitung' selbst zugibt, hat sich im Laufe der Erhebungen
gegen Stüdlein mehr und mehr der Verdacht verstärkt, dass er die
Handgranate selbst geworfen habe, um 'für sich und seine Sache Aufsehen
zu erregen'. Stüdlein befindet sich bis zur Stunde auf freiem Fuß.
Man wird das Ergebnis der Untersuchung abwarten müssen. Es wird aber an
der skandalösen Tatsache der Verhaftung von vier Synagogenbesuchern, die
pflichtgemäß einen Handgranatenanschlag melden, nichts ändern können.' |
Beleidigungsklage gegen Pfarrer Münchmeyer
(1930)
Anmerkung: Weitere Berichte mit Informationen zu diesem unklaren
Sachverhalt wurden noch nicht gefunden.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Januar 1930:
"Amberg. Vor dem Amtsgericht Amberg (Oberpfalz) war am 13. Januar
Termin zur Verhandlung der Beleidigungsklage angesetzt, die die beiden
Vorstande der Ortsgruppe Amberg des Zentralvereins deutscher Staatsbürger
jüdischen Glaubens, Kaufmann Bloch und Studienassessor Godlewski, gegen
den früheren Pfarrer Münchmeyer auf Borkum erhoben hatten. Da
Münchmeyer Widerklage gegen die beiden Privatkläger erhoben hat, wurde
zum Zwecke der Beschaffung von weiterem Beweismaterial gegen Münchmeyer
die Verhandlung ausgesetzt und auf unbestimmte Zeit
vertagt." |
Ausdehnung des Gebietes der
jüdischen Gemeinde Amberg auf Sulzbach-Rosenberg (1937)
Anzeige
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1.
Januar 1937: "Bekanntmachung über Ausdehnung des Gebietes der
Israelitischen Kultusgemeinde Amberg auf das Gebiet der politischen
Gemeinde Sulzbach Rosenberg. Die Verwaltung der Israelitischen
Kultusgemeinde Amberg hat in ihrer Eigenschaft als
Steuerverbandsvertretung am 1. November 1936 folgenden Beschluss gefasst.
Gemäß Art. 2 des religionsgesellschaftlichen Steuergesetzes dehnt die
Israelitische Kultusgemeinde Amberg ihr Gebiet auf das Gebiet der
politischen Gemeinde Sulzbach-Rosenberg aus. Dieser Beschluss wird hiermit
öffentlich bekannt gemacht. Den an der Umbildung Beteiligten,
insbesondere den von der Umbildung betroffenen umlagenpflichtigen
Bekenntnisgenossen, wird hiermit Gelegenheit zur Einsprache gegeben. Die
einsprach soll genau die Gründe darlegen, welche gegen die bekannt
gegebene Umbildung geltend gemacht werden wollen. Die Einsprach muss
binnen einer vom 20. Januar 1937 ab laufenden Frist von zwei Wochen bei
der Verwaltung der Israelitischen Kultusgemeinde Amberg schriftlich
eingereicht werden. Amberg, den 24. Dezember 1936. Die Verwaltung der
Israelitischen Kultusgemeinde Amberg: Bacharach, Vorstand. Godlewsky,
Schriftführer." |
Aus dem Gemeindeleben 1936/37
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
Januar 1937: "Aus dem Amberger Gemeindeleben. Am 1. November 1936
hielt die Kultusgemeinde Amberg ihre Jahresversammlung ab, die durch die
Anwesenheit des Herrn Bezirksrabbiners Dr. Salomon von Regensburg eine
besondere Not erhielt. Der Gemeindevorstand, Landgerichtsrat i.R.
Bacharach, gab einen umfassenden Jahresbericht, der sich insbesondere auf
die Finanzgebarung der Gemeinde, die Kultuseinrichtungen, die
Wohlfahrtspflege und die jüdische Winterhilfe erstreckte. Von besonderer
Bedeutung für Amberg ist die Auflösung der Israelitischen Kultusgemeinde
Sulzbach. Diese im
Jahre 1666 gegründete Gemeinde, einst eine der größten und blühendsten
jüdischen Gemeinden Bayerns, und weitesten Kreisen durch ihre hebräische
Druckerei bekannt, hat aufgehört zu bestehen, nachdem anfangs Oktober
1936 die letzte Familie von Sulzbach nach Nordamerika ausgewandert ist.
Die altehrwürdige Synagoge wurde schon vor einigen Jahren an die
Stadtgemeinde Sulzbach-Rosenberg veräußert, die ein Museum darin
eingerichtet hat. Im übrigen ging das Vermögen der aufgelösten Gemeinde
auf die Nachbargemeinde Amberg über, die ihr Gebiet auf das Gebiet der
politischen Gemeinde Sulzbach-Rosenberg erstreckt hat. - Im Anschluss an
die Versammlung fand in der festlich geschmückten Synagoge die feierlich
Einführung des neuen Rabbiners unserer Gemeinde, Herrn Bezirksrabbiners
Dr. Salomon von Regensburg, statt. Nach einer würdigen Begrüßung durch
die Jugend sowie durch Ansprachen des Gemeindevorstands und der
Oberlehrers und nach warmen Dankesworten des Herrn Bezirksrabbiners fand
ein feierlicher Gottesdienst statt, der durch die Predigt des Herrn
Rabbiners seine Weihe empfing.
Am 13. Dezember 1936 versammelte sich die Gemeinde in der Synagoge zu
einer Chanukka-Weihestunde, deren Programm - Ansprachen, Vorträge und
musikalische Darbietungen - hauptsächlich von der Jugend bestritten
wurde.
Am 20. Dezember 1936 trug die jugendliche Dichterin Hilde Marx aus
eigenem Schaffen - Gedichte und Prosa - vor, so u.a. aus ihrer bekannten
Gedichtsammlung 'Dreiklang', ferner auch einige Proben aus ihrem
demnächst bei Brandus in Berlin erscheinenden Werk 'Ein Bündel Briefe.
Durch ihre meisterhaft zu Gehör gebrachten Vorträge, in welchen sich das
jüdische Schicksal unserer Zeit spiegelt, wusste sie ihre Zuhörer zu
fesseln und bleibende Eindrücke in ihnen zu hinterlassen." |
Aus dem Gemeindeleben Winter 1936/37
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
März 1937: "Aus der Gemeinde Amberg. Herr Bankier Karl
Haymann und dessen Gattin Fanny geb. Oppenheimer, begingen am Sabbat Ki
tissoh unter allgemeiner Beteiligung ihr goldenes Ehejubiläum. Die
äußerst beliebte Familie, die durch große Wohltätigkeit sich
hervorgetan hat, unterstützt nach alter Tradition - die Eltern des
Jubilars konnten an demselben Tage vor 30 Jahren das gleiche Fest feiern -
sowohl materiell wie ideell - die Jubilarin ist seit langen Jahren
Vorsitzende des Frauenvereins - die Gemeindeinstitutionen. Herr Oberlehrer
Godlewsky rühmte in zu Herzen gehenden Worten die vielen Verdienst des
Jubelpaares unter dem Trauhimmel. Der Vorstand, Herr Landgerichtsrat a.D.
Bacharach, übermittelte die Glückwünsche und den Dank der Gemeinde und
für Herrn Haymann die Ehrenmitgliedschaft derselben. Ad meo weesrim
schono! (Alles Gute) bis 120 Jahre.
Unsere kulturellen Veranstaltungen standen in der vergangenen Wintersaison
auf einer besonderen Höhe. Abgesehen von den künstlerischen Leistungen
von Frau Edith Herrenstadt - Oettingen, von Frl. Hilde Marx, der Sängerin
Frau Irma Held - Landecker (Nürnberg) und deren Begleiterin Frl. Levi
hielten wir besondere Weihestunden, in denen auch die Kleinen sich zeigen
konnten. Kürzlich wurde die 500. Wiederkehr des Geburtsjahres Don Isaak
Abravanels gefeiert, wobei Herr Oberlehrer Godlewsky den Festvortrag
hielt. Herr Godlewsky und unser Vorstand, Herr Landgerichtsrat a.D.
Bacharach, trugen zum Gelingen dieser Veranstaltungen durch Wort und Tat
bei. Auch unser Jugendbundführer Rolf Bacharach sei hier durch seine
verständnisvolle Tätigkeit rühmend erwähnt. Sämtlich Veranstaltungen
erfreuten sich von hiesigen und auswärtigen Mitgliedern, besonders von Schwandorf,
regesten und freundlichsten Zuspruches." |
Zur Geschichte der Synagogen
Mittelalterliche Synagoge
Bereits im Mittelalter war eine Synagoge vorhanden, die
1384 als "Judenschule" genannt wird. Sie stand bis 1391
innerhalb der ältesten Stadtbefestigung (Südwestteil). Ihr gegenüber war ein
"Judenhaus". Nach der Ausweisung der Juden 1391 wurde die Synagoge
abgebrochen und auf ihrem Platz Anfang des 15. Jahrhunderts eine dreischiffige Frauenkirche
erbaut (der Dachreiter ist erst von 1877).
Foto links: die Frauenkirche (Frauenplatz 1) im Bereich des
mittelalterlichen jüdischen Viertels um den Frauenplatz (Quelle des
Fotos: Pfarrei
St. Martin, Amberg
|
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September 2019:
Überlegungen zur künftigen Nutzung
der Frauenkirche |
Artikel von Andreas Ascherl im "Onetz" vom
16. September 2019: "Frauenkirche könnte Ort für Urnen werden
Zahllose Risse in den Wänden, zerbrochene Fensterscheiben, eine grüne
Plastikfolie im Dach. Die Amberger Frauenkirche ist wahrlich kein
Schmuckstück. Dabei gibt es eine tolle Idee, wie sie künftig genutzt werden
kann.
Wer eine der seltenen Gelegenheiten bekommt, ins Innere der Frauenkirche zu
gehen, ist überwältigt von der klaren Schönheit der Gotik des Kirchenraums.
Ein wahres Schmuckstück ist die ehemalige Hofkapelle der im benachbarten
Schloss beheimateten Kurfürsten. Solange man sie nicht von außen betrachtet.
Denn die kleine Kirche, die Anfang des 15. Jahrhunderts auf den Überresten
der jüdischen Synagoge erbaut worden ist, verfällt zusehends. Unübersehbar
sind die gewaltigen Risse, teilweise wurde das Mauerwerk mit Holzbalken
verschraubt, um es vor dem weiteren Auseinanderdriften zu bewahren. Derzeit
"ziert" auch noch ein Gerüst die Fassade, eine grüne Plastikplane im Dach
schützt den Kirchenraum vor dem Regen. 'Die Notsicherung des Dachs ist jetzt
so weit abgeschlossen", sagt der Stadtpfarrer von St. Martin, Thomas Helm,
zu dessen Pfarrei die Frauenkirche gehört. Ursprünglich, so sagt er, seien
rund 60 000 Euro für die Maßnahme veranschlagt gewesen. "Mittlerweile sind
wir bei mehr als dem Doppelten angekommen.' Derzeit beschränkt sich die
kirchliche Nutzung auf die einmal im Jahr stattfindende Prozession am
Palmsonntag. In diesem Jahr kam das Passionskonzert dazu. 'Im Prinzip ist
die Kirche seit 20 oder 30 Jahren leer geräumt', sagt Thomas Helm. Und auch
die Idee einer Erinnerungsstätte für die zerstörte Synagoge samt Café habe
sich zerschlagen, da die heutige jüdische Gemeinde keinen Bezug mehr zur
alten Synagoge habe. Ein Café an dieser Stelle sei ohnehin sehr
problematisch. 'Favorit' von Pfarrer Helm ist ein sogenanntes Kolumbarium,
also ein Ort für Urnenbegräbnisse. 'Das finde ich sehr reizvoll.' Ungeklärt
ist aber bisher seiner Aussage nach die Frage, auf welcher Basis diese
Einrichtung stehen soll. 'Man müsste eventuell einen Trägerverein gründen.'
Überstürzen will der Stadtpfarrer von St. Martin nichts. 'Lieber lassen wir
uns Zeit, bevor ein Krampf hinten raus kommt.' Ein Ziel hat er aber
nichtsdestotrotz vor Augen."
Link zum Artikel |
19./20. Jahrhundert bis zur Gegenwart
Die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts neu entstandene jüdische
Gemeinde konnte sich zunächst einen Betsaal einrichten (1881). Im August 1896
konnte ein "äußerst schönes und praktisches, ruhig gelegenes Haus"
erworben werden. Im Erdgeschoss wurde ein Betsaal eingebaut. Über die Einweihung
der Synagoge am 12. Januar 1897 liegt folgender Bericht vor:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Januar 1897: "Amberg
(Bayern), 12. Januar 1897 (Synagogeneinweihung). Etwa 18 Jahre
bildeten die hiesigen, 18 Familien zählenden Israeliten eine freie
Vereinigung, seit November 1894 eine staatlich anerkannte israelitische
Kultusgemeinde. Im August 1896 kauften wir ein äußerst schönes und
praktisches, ruhig gelegenes Haus, in dessen Parterre-Räumlichkeiten wir,
mit Hilfe von Spenden Hiesiger und Auswärtiger, darunter eine hochherzige
Gabe von M. 5.000 von Frau Baronin von Hirsch-Gereuth in Paris, einen
verhältnismäßig sehr schönen, mit Gasbeleuchtung eingerichteten
Betsaal einrichteten.
Zur Zeit haben wir noch keinen Anschluss an ein Rabbinat und so hielt Herr
Dr. A. Eckstein, Distrikts-Rabbiner von Bamberg die Weiherede, dessen
Worte einen tiefen Eindruck auf Juden und Christen, welche unserer
Einladung zahlreich folgten, hinterließ. Herr Bürgermeister Heldmann, in
Amts-Uniform mit der großen goldenen Halskette, nahm aus der Hand des
Fräulein G. Theimer, welche den von Herrn Distriktsrabbiner Dr. M.
Weinberg in Sulzbürg (Oberpfalz), verfassten Prologvortrag, den goldenen
Schlüssel und versprach in erhebender, feierlicher Weise, dass die Stadt
die Synagoge als Gotteshaus schützen werde, gleichzeitig der Gemeinde
Glückwünsche darbringend.
Hierauf folgten in würdiger Weise die üblichen Einweihungszeremonien. Am
Abende vorher sandte der protestantische Dekan Herr Weigl unserer
Vorstandschaft ein herzliches Glückwunschschreiben zur Einweihung und die
Bekundung seiner Freude, dass nun auch wir ein würdiges Gotteshaus
gefunden haben. |
Besondere Verdienste um den Bau der Synagoge hatte
Kaufmann Jakob Weinschenk, der damals Vorsteher der Israelitischen
Kultusgemeinde Amberg. Daran wurde noch anlässlich seines Todes 1912 in München
erinnert.
Artikel
in "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 12. Januar
1912: "München. Am 1. Januar starb hier der Kaufmann Jakob
Weinschenk, früher in Amberg wohnhaft. Seinen Bemühungen ist
es gelungen, dass die dortige Gemeinde über eine schöne Synagoge
verfügt. Er war auch längere Zeit Vorstand der israelitischen
Kultusgemeinde Amberg." |
Gut 40 Jahre blieb die Synagoge Mittelpunkt der
jüdischen Gemeinde in Amberg. Zu nationalsozialistischen Anschlägen kam es in
Amberg recht früh. Im August 1923 hatte der Ortsgruppenleiter der NSDAP
eine Handgranate vor die Synagoge geworfen.
Artikel
in der C.V. (Centralvereins-)Zeitung vom 23. August 1923: "Handgranate
vor der Amberger Synagoge. Merkwürdige Verhaftungen. Am Abend des
vergangenen Dienstag befanden sich vier jüdische Amberger Bürger in der
Synagoge bei einer Chorprobe. Gegen 11 Uhr abends erfolgte plötzlich eine
schwere Detonation. Die vier Herren nahmen an, dass ein Anschlag auf die
Synagoge erfolgt sei. Deshalb fuhren zwei der Herren zur Polizeiwache, um
von dem Vorfall Anzeige zu erstatten. Hier wurde ihnen mitgeteilt, dass
vermutlich kein Anschlag auf die Synagoge geplant gewesen sei, weil der
Führer der Amberger Nationalsozialisten, Stüdlein, an der nächsten
Straßenecke bewusstlos aufgefunden worden sei. Es stellte sich heraus,
dass eine Handgranate geworfen worden war, deren Abreißschnur neben
Stüdlein lag. Irgendwelche Verletzung wies Stüdlein nicht auf, wohl aber
hatte er einen geladenen und entsicherten Revolver in der Hand.
Am Mittwoch früh zwischen 4 und 5 Uhr wurden die vier Synagogenbesucher
aus ihren Betten heraus ohne Angabe eines Grundes verhaftet, wie
Schwerverbrecher in das Gerichtsgefängnis eingeliefert und abends 8 Uhr
ohne Verhör wieder entlassen. Kein Wort der Entschuldigung wurde für
nötig gehalten. Wie die Staatsanwaltschaft in ihrem amtlichen Bericht in
Nr. 186 der 'Amberger Volkszeitung' selbst zugibt, hat sich im Laufe der
Erhebungen gegen Stüdlein mehr und mehr der Verdacht verstärkt, dass er
die Handgranate selbst geworfen habe, um 'für sich und seine Sache
Aufsehen zu erregen.' Stüdlein befindet sich bis zur Stunde auf freiem
Fuß. Man wird das Ergebnis der Untersuchung abwarten müssen. Es wird
aber an der skandalösen Tatsache der Verhaftung von vier
Synagogenbesuchern, die pflichtgemäß einen Handgranatenanschlag melden,
nichts ändern können." |
Nach 1933 wurde die Mittelpunktsfunktion der Synagoge für das
jüdische Gemeindeleben noch verstärkt. Zahlreiche kulturelle Veranstaltungen
und Vorträge fanden in ihr Stadt. Auf Gemeindeversammlungen wurden
Auswanderungsfragen besprochen.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge durch
SA-Männer aus der Stadt zerstört. Der nationalsozialistische
Oberbürgermeister Josef Filbig hatte zuvor zu den SA-Männern gesprochen und
sie in ihrem Tun bestärkt. Die Trümmer der Synagoge wurden auf einem Platz vor
dem Gebäude verbrannt. Dabei schauten viele Stadtbewohner zu. Ein SA-Mann zog
sich einen Gebetsmantel über und tanzte um das Feuer. Jüdische Einwohner
wurden durch die Straßen geschleppt.
Im November 1947 fand vor dem Landgericht Amberg ein Prozess gegen 16
Teilnehmer der Ausschreibungen vom November 1938 statt. Zwölf von ihnen
erhielten Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu einem Jahr und acht Monaten.
Vier wurden freigesprochen. Ein weiterer Beteiligter wurde im Mai 1950 zu einem
Jahr und drei Monaten Gefängnis verurteilt.
Wiedereinrichtung der Synagoge 1945
1945 wurde von den in der Stadt untergebrachten jüdischen "Displaced
Persons" die Gemeinde neu begründet. Am 15. August 1945 konnte wieder ein
Gottesdienst in der ehemaligen Synagoge stattfinden. Die Synagoge wurde schnell
Mittelpunkt des Lebens der neu entstandenen jüdischen Gemeinde und ist es bis
zur Gegenwart geblieben. Der Zuwachs der Gemeindeglieder machte 2003/05 eine Vergrößerung
des Gemeindesaales notwendig. 2017 konnte eine Torarolle von 1792 renoviert
werden.
Adresse/Standort der Synagoge: Salzgasse 5
Das Synagogengebäude ist auch die derzeitige Adresse der Israelitischen Kultusgemeinde Amberg
K.d.ö.R.:
Salzgasse 5, 92224 Amberg, Tel.: ++(0)9621 - 13140 (Gemeindevorsteher sind
Alexander Iolowitsch, Rabbiner Elias Dray und Ignaz Berger),
vgl.
Internet: Informationsseite
des Zentralrates der Juden in Deutschland zur Gemeinde Amberg.
Fotos
Die Synagoge im
August 2007
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 24.8.2007) |
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Die Synagoge an
der Salzgasse |
Blick zur Stadtkirche von der
Synagoge |
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Inschrift über
Eingangsportal: "Gesegnet
ist, der kommt im Namen des HERRN..."
(Psalm 118,26) |
Davidstern und Gebotstafeln
über dem Eingangsportal |
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Im Betsaal der Gemeinde
(Quelle: www.synagogenprojekt.de) |
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Schüler und
Schülerinnen aus Amberg besuchen die Synagoge
(Aufnahmen aus der Website
des Gregor-Mendel-Gymnasiums Amberg) |
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Blick in den Betsaal mit der
Schülergruppe |
Blick über den Vorlesepult
(Bima) |
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Bima |
Torarollen |
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Einzelne Berichte zur Erinnerungsarbeit vor Ort und zur neueren Geschichte der jüdischen Gemeinde
Dezember 2016:
Gedenkveranstaltung zur Geschichte
des in Auschwitz ermordeten Amberger Schülers Bruno Bloch
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Artikel in "onetz.de"
vom Dezember 2016: "Oberpfalz. Die letzten Schultage des jüdischen
Schülers Bruno Bloch. Plötzlich der 'hässliche Jude'
Gegen das Vergessen
Kreisheimatpfleger Dieter Dörner blickte bei der Gedenkveranstaltung in der
israelitischen Kultusgemeinde auch auf die Reichspogromnacht (9. November
1938) zurück. Dieser Tag sei untrennbar mit brutaler Gewalt gegen die
jüdische Minderheit in Deutschland verbunden. 'Wer der Opfer gedenkt, lässt
nicht zu, dass sie endgültig vergessen werden', unterstrich der
Kreisheimatpfleger. Die Schändung der Synagoge führte den Schülern
eindrucksvoll den Schrecken der Reichspogromnacht vor Augen. Dieter Dörner
erklärte mit Blick auf das neue Leben in der israelitischen Gemeinde, dass
es 'Hoffnung auf Versöhnung und Wiederbeginn gibt, wenn Menschen es
zulassen'. Fritz Gebhardt, bekannt unter seinem Schriftsteller-Pseudonym
Eugen Oker, hat in seiner Kindheitsgeschichte '...und ich, der Fahnenträger'
seinem 14-jährigen Schulkameraden Bruno Bloch ein Kapitel gewidmet. Bloch
war der letzte jüdische Schüler der Oberrealschule Amberg.
Anlässlich einer Gedenkveranstaltung wollten Kreisheimatpfleger Dieter
Dörner und Schüler der neunten Klassen des Max-Reger-Gymnasiums mit ihren
Lehrerinnen Heidi Kreuß und Bianca Rauchenberger an die Schicksale junger
Juden in Amberg nach 1933 erinnern. Im Geschichtsunterricht entstanden
Spielszenen, die die letzten Schultage von Bruno Bloch in den Mittelpunkt
stellten. Diese führten Schüler beim Gedenkabend auf. Dörner hieß im Auftrag
von Rabbiner Elias Dray die Gäste willkommen und erinnerte in seinem Vortrag
an die jüdischen Schüler und ihr Geschick. Israelitische Kinder besuchten
die Pestalozzi-Schule, als fortführende Schulen das humanistische Gymnasium
und die Oberrealschule.
Einstellung entscheidend. Religionsunterricht erteilte der jüdische
Oberlehrer Godlewski. Von entscheidender Bedeutung für das Verhalten
gegenüber den Schülern war immer die Einstellung des Rektors und der
Lehrerschaft. Am humanistischen Gymnasium war zumindest bis zur
Reichspogromnacht ein reibungsloser Alltag für diese Schüler gewährleistet.
Sieben jüdische Jugendliche besuchten das Gymnasium. Einer von ihnen, Arthur
Rath, habe von verächtlichen Bemerkungen mancher Mitschüler und von
Behauptungen eines Lehrers, die Juden übten einen schädlichen Einfluss auf
die ganze Welt aus, berichtet. Die meisten Mitschüler und Lehrer ließen
Arthur Rath jedoch in Ruhe, sagte Dörner.
Um Gerechtigkeit bemüht. An der Oberrealschule habe sich der
Schulleiter Dr. Reitlinger um Gerechtigkeit auch gegenüber jüdischen
Schülern bemüht. In den Zeugnisbemerkungen sei zumindest kein Unterschied
zwischen jüdischen und nichtjüdischen Schülern erkennbar gewesen. Allerdings
habe es einen Lehrer gegeben, der mit nationalsozialistischer Überzeugung
Rassenkunde-Unterricht abgehalten und sich besonders in Bruno Bloch ein
Beispiel für die 'minderwertige jüdische Rasse' gesucht habe. Die letzten
Schultage von Bruno Bloch - wie haben sie wohl ausgesehen? Auf einfühlsame
Weise versuchten sich Schüler der Klassen 9b und 9c des Max-Reger-Gymnasiums
seiner Person anzunähern. Sie zeigten in Spielszenen, dass Bruno bei vielen
durchaus beliebt war und Freunde hatte, die ihn gegen die Angriffe des
Biologielehrers verteidigten. Erst dieser Pädagoge, der eine Ausstellung mit
Bildern von Schülern der Oberrealschule in aller Öffentlichkeit präsentieren
wollte, setzte ihm schwer zu. Bruno Bloch war nun plötzlich der 'hässliche
Jude', ein Feind der 'nordischen Rasse'. Wie wäre es gewesen, hätte Bruno
vor seinem angeblichen Abbild gestanden? Mit diesem düsteren Ausgang enden
die Spielszenen.
1943 deportiert. Bruno Bloch kam in der Pogromnacht 1938 unter der
Häftlings-Nummer 22601 sechs Wochen in das KZ Dachau, zog 1939 mit seinen
Eltern nach Berlin und wurde von dort aus im Januar 1943 nach Golleschau,
einem Außenlager des Vernichtungslagers Auschwitz, deportiert, wo er am 4.
Februar 1943 als 'gestorben' registriert wurde."
Link zum Artikel |
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November 2017:
Veranstaltung zum Gedenken an den
Novemberpogrom 1938 |
Artikel in der "Mittelbayerischen.de"
vom 5. November 2017: "Geschichte. Die Verfolgung der Juden in
Deutschland
Schüler des Max-Reger-Gymnasiums stellen in Ambergs Synagoge szenisch die
Verfolgung der Juden ab den 1920er-Jahren dar.
Amberg. Schüler des Max-Reger-Gymnasiums stellen am Donnerstag, 9.
November, in der Synagoge szenisch die Verfolgung der Juden ab den
1920er-Jahren dar. 'Juden sind in Deutschland unerwünscht' gaben die
Nationalsozialisten zu verstehen. Nach der Machtübertragung 1933 versuchten
sie mit perfiden Demütigungen, den Juden eine Auswanderung 'schmackhaft' zu
machen. Doch die Juden waren gute Deutsche: Sie glaubten, dass der Spuk bald
wieder vorübergehen würde und dass ein Kulturvolk nicht zu Schlimmerem fähig
sei. Erst nach der Pogromnacht, als es für Auswanderungswillige oft schon zu
spät war, begriffen viele, dass es Hitler ernst meinte.
Schüler der 9. Klassen des Max-Reger-Gymnasiums werden am Donnerstag, 9.
November, unter Leitung der Studienräte Markus Gruber und Edwin Koschemann
in vier, fünf spielerischen Szenen versuchen, einstiges Geschehen
Interessierten zu vermitteln...
Die Veranstaltung am Donnerstag, 9. November, beginnt um 18.30 Uhr im
Gesellschaftsraum des Synagogengebäudes, Salzgasse 5. An einem Besuch der
Synagoge interessierte Herren kommen bitte mit Kopfbedeckung."
Link zum Artikel |
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Juli 2018:
Die Synagoge wird saniert
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Artikel von Michael
Zeissner in "onetz.de"vom 11. Juli 2018: "Amberg. Judentum sichtbar
leben. Die gerade einmal rund 130-köpfige jüdische Gemeinde von Amberg und
ihr Rabbiner Elias Dray haben viel, Großes vor. Sichtbares Zeichen nach
außen wird eine Sanierung der Synagoge in der Salzgasse sein.
Amberg. (zm) Die Einladung hörte sich nach einer Routine-Pressekonferenz
an - Sanierung der Synagoge. Doch dann sagte Rabbiner Elias Dray eher
beiläufig: 'Wir wollen eine Art Zentrum des Oberpfälzer Judentums aufbauen.'
Mit dieser Absichtserklärung war eine andere Dimension erreicht. Ambergs
jüdische Kultusgemeinde setzt selbstbewusst Zeichen gegen die Befürchtungen
eines erstarkenden Antisemitismus'. Womöglich hat diese Entwicklung
eingesetzt, als im Herbst vergangenen Jahres feststand, dass eine in Amberg
von Dray wiederentdeckte, auf 1792 datierte Thora, die einen verheerenden
Stadtbrand 1822 in Sulzbach-Rosenberg und die Reichspogromnacht 1938
überstand, restauriert werden kann. Barbara Lanzinger war als
Bundestagsabgeordnete damals maßgeblich daran beteiligt, die nötigen rund 50
000 Euro aufzutreiben. Nun legt sie sich für die bauliche Sanierung der
Synagoge in der Salzgasse ins Zeug. In dem Bewusstsein, dass 'ein klares
Nein zum Antisemitismus ein ebenso klares Nein zu Gewalt ist'.
Jüdische Kultur. Auch Oberbürgermeister Michael Cerny betonte, in der
Synagoge nicht nur 'ein wichtiges, geschichtsträchtiges Gebäude für Amberg'
zu sehen. Vielmehr stehe 'es der Stadt schon gut zu Gesicht', dass die
jüdische Kultusgemeinde hier ungezwungen ihre Religion frei von
Ressentiments leben könne. Judentum, das unterstrich Dray als Rabbiner, das
sei auch eine bestimmte Esskultur oder Musik, es sei eine religiöse Lehre
und Art des gesellschaftlichen Lebens. All das wolle die Amberger Gemeinde
nicht ausschließlich oder überwiegend nach innen pflegen, sondern auch nach
außen tragen.
Seit 1896 Synagoge. Eine Art sichtbarer Grundstock dieses Bestrebens
soll die Sanierung der Synagoge, die auch als Gemeindehaus dient, sein. Das
Gebäude in der Salzgasse 5, erklärte der Architekt Peter Wagner (Hahnbach),
wird seit 1896 als jüdisches Gebetshaus genutzt. Es brannte nicht in der
Reichspogromnacht und steht unter Denkmalschutz. Die Renovierung des Baus
umfasst eine rekonstruierende Fassadenerneuerung und diverse Umbauten in dem
als Gemeindehaus genutzten Teil. Brandschutzvorschriften schreiben laut
Wagner beispielsweise einen zweiten Fluchtweg vor. Zudem müssten Teile der
Installations- sowie Sanitärtechnik modernisiert werden. Dray wünscht sich
auch eigene Unterrichts- und Seminarräume sowie eine Umgestaltung des
Gebetsraumes. Dort sollen ein neuer Natursteinboden, neues Gestühl und ein
neuer Thoraschrein eingebaut werden. Die Innengestaltung wird Josef Starkl
(Seßlach) übernehmen, der die vielbeachtete Sanierung der ehemaligen
Sulzbach-Rosenberger Synagoge geleitet hat. Die Kosten des Vorhabens werden
auf rund 700 000 Euro veranschlagt. Wenn auch diverse Fördertöpfe angezapft
werden können, so stellt das Vorhaben, mit dem im nächsten Jahr begonnen
werden soll, laut Dray einen enormen finanziellen Kraftakt für seine
Gemeinde dar. Deshalb wurde bereits ein Förderverein (Kontakt:
foerderverein.synagoge.amberg@gmail.com) gegründet, in dem jeder
Mitglied werden kann."
Link zum Artikel
Weiterer Artikel siehe Beitrag von Miryam Gümbel in der "Jüdischen
Allgemeinen" vom Juli 2018: "Amberg. Jüdisch in der Oberpfalz. Rabbiner
Dray möchte die Gemeinde wieder zu einem Mittelpunkt der Region machen.
"
Link zum Artikel |
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Mai 2019:
Ambergs Rabbiner setzt sich für
ein "Zentrum für Toleranz" in der Synagoge ein |
Artikel von Uli
Piehler in "onetz.de" vom 14. Mai 2019: "Amberger Rabbiner plant Zentrum
für Toleranz. Die Israelitische Kultusgemeinde baut an der Zukunft - an der
ihrer Synagoge und an der Europas. Denn mit der bevorstehenden Sanierung der
Gebäude in der Salzgasse startet auch ein neues Projekt für religiöse
Toleranz.
Zwei große Baustellen stehen für Rabbiner Elias Dray an - eine ist der Umbau
mit Sanierung der Synagoge in der Salzgasse, die andere ist die
Weichenstellung für ein neues Bildungs- und Präventionszentrum gegen
politische und religiöse Radikalisierung. Dieses Zentrum soll deutschland-
oder vielleicht sogar europaweit wirken und seinen Sitz in Amberg haben.
Nächste Woche wollen Dray und eine handvoll Mitstreiter dafür den
Trägerverein mit dem Namen "Dem anderen begegnen" gründen.
Elias Dray hat auch schon in Berlin für Schlagzeilen gesorgt. 'Es
geht auch darum, das Demokratie- und Freiheitsverständnis zu fördern',
erklärt der Rabbiner. In ganz Europa, besonders in den Großstädten, steige
die Zahl judenfeindlicher Vorfälle. Das habe seiner Ansicht nach oft mit
fehlender Aufklärung und mangelnder Integration zu tun. Vor allem
Jugendliche seien anfällig für Thesen von politischen Scharfmachern und
religiösen Fanatikern. Dabei sei der gegenseitige Respekt Grundkonsens der
drei abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum und Islam. 'In Amberg
haben wir ein sehr gutes Verhältnis', sagt Dray. 'Wir sitzen öfter zusammen
und reden miteinander. Vorurteile verschwinden.' Ex-Bundestagsabgeordnete
und Stadträtin Barbara Lanzinger unterstützt die Israelitische
Kultusgemeinde seit vielen Jahren. Sie hatte für Dienstag einen Besuch der
Europaabgeordneten Monika Hohlmeier (CSU) vermittelt, um Möglichkeiten für
eine finanzielle Förderung der Vorhaben auszuloten. Die geplanten
Baumaßnahmen sind mit rund 670 000 Euro veranschlagt. Gut 470 000 Euro hat
die Gemeinde schon zusammen. Laut Hohlmeier könnten der Entschädigungsfonds
des Freistaats und der Kulturfonds des Bundes zumindest einen Teil der Lücke
schließen. 'Ich würde noch ein besonderes Augenmerk auf die Jugendarbeit
legen', riet Hohlmeier. Denn der Grundstein für religiöse Toleranz werde in
jungen Jahren gelegt. Dazu gehörten nicht nur Gespräche, sondern auch
gemeinsame Erlebnisse. 'Alles was man gesehen, gerochen und geschmeckt hat,
das bleibt im Gedächtnis - vor allem bei Kindern', sagte die Politikerin.
Dabei richtete sie den Blick auch auf das Umfeld der Amberger Synagoge. Der
Hinterhof mit dem kleinen Garten sei ihr aufgefallen. 'Vielleicht lässt sich
daraus was machen.' Hohlmeier machte keinen Hehl daraus, dass es auch Ziel
sein müsse, die muslimischen Migranten zu erreichen. 'Da sind viele junge
Leute dabei, die in keiner Phase ihres Lebens gelernt haben, dass es
religiöse Toleranz gibt.' Das Bildungs- und Präventionszentrum könne
beispielgebend für Deutschland und Europa sein. Dem pflichtete Barbara
Lanzinger bei dem Treffen: 'Das ist gelebte Integration. Nur so geht's.'"
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Juni 2019:
Vortrag des Kreisheimatpflegers
Dieter Dörner zur jüdischen Geschichte in Amberg |
Artikel in "onetz.de"
vom 7. Juni 2019: "Juden waren nicht selten die besseren Amberger.
'Juden in Amberg' war Thema eines Vortrags von Dieter Dörner in der Amberger
Synagoge vor interessierten Zuhörern. Von 1034 bis in unsere Zeit reichte
das Spektrum, welches der Kreisheimatpfleger und Buchautor anschaulich
offerierte.
Wenn Handel erwähnt wurde, hatten Juden immer 'die Finger im Spiel', begann
Dörner. Schließlich waren sie dazu 'prädestiniert', durch ihre Länder und
Völker übergreifende gemeinsame Sprache, und nicht zuletzt durch die
gleichere Rechtsprechung des Rabbinats. Daher ist nicht auszuschließen, dass
bei dem in der Schenkungsurkunde von 1034 erwähnten Handel die Juden bereits
aktiv waren. In Amberg weiß man von sechs Familien die im 14.
Jahrhundert hier siedeln durften, die wohl recht 'honorig' waren, da sie
sich zwei Gelehrte, also Rabbiner, leisten konnten. Sie finanzierten den
blühenden Bergbau in der Region. Als sie 1391 auf Weisung des Pfalzgrafen
vertrieben wurden, geschah dies wohl, weil den Ambergern die Schulden über
den Kopf gewachsen waren. In Ober- und Niederbayern geschah die Vertreibung
Mitte des 15. Jahrhunderts. Nie mehr sollten Juden in Altbayern siedeln!
Erst 470 Jahre später, bei Schaffung des modernen Bayern, lebten trotzdem
etwa 1300 Juden in Altbayern, davon 90 % in der Oberpfalz, gekauft
(Herrschaft Rothenberg), geerbt (Sulzbürg) oder durch Erbfolge Bayern
zugeschlagen (Sulzbach und Floß). Zehntausende in Franken und Schwaben
lebende Juden kamen nun hinzu. Das Judenedikt von 1813 erlaubte den Juden
allen Berufen außer dem des Brauers und des Betreibens von Gastwirtschaften,
doch der Matrikelparagraph des Ediktes legte fest, dass dort, wo Juden
wohnen, z. B. in Sulzbach, sich die Zahl der Familien nicht vermehren darf
und dort, wo keine wohnen, z. B. in Nürnberg oder Amberg auch keine siedeln
dürfen.
Viele junge Juden, der bekannteste ist wohl Levi Strauß, der Erfinder der
Nieten für die Jeans, wanderten vor allem nach den Vereinigten Staaten aus.
1861 wurde dieser Paragraph aufgehoben, praktisch war dies die
Gleichstellung der Juden mit den Nichtjuden in Bayern. Aus Landjuden wurden
nun Stadtjuden, aus 'Kaftan-Juden" wurden "Krawatten-Juden', aus Hausierern
und Pfandleihern wurden Ärzte und Anwälte und aus orthodoxen - liberale
Juden, die sich bestenfalls noch in der Religion vom Nichtjuden
unterschieden.
Judenfeindschaft, so Dörner, so überhaupt existent, versteckte sich hinter
der Religion und war meist von Neid geprägt. In Amberg gab es
zahlreiche Freundschaften zwischen Juden und Nichtjuden und kaum einen
Verein, sei es die Kanarienvogelzüchter oder die Freiwillige Feuerwehr in
dem Juden nicht Mitglied warnen. 1894 kam es zur Gründung der jüdischen
Gemeinde und den Bau der Synagoge.
Im 1. Weltkrieg fielen für Deutschland ca. 12 000 Juden, doch jene unselige
'Dolchstoßlegende' führte schon bald zum Antisemitismus, der in Amberg
weniger auf Judenhass, sondern wohl mehr auf Neid auf den wirtschaftlichen
Erfolg der jüdischen Geschäftsleute zurückzuführen war. Mit der Gründung der
ersten NSDAP-Ortsgruppe 1923 in Amberg begann auch hier die Agitation gegen
die Juden. Die Nationalsozialisten wollten durch zunehmende Demütigungen
erreichen, dass die Juden Deutschland verlassen. Doch die Juden waren
Deutsche, nicht selten sogar 'die Besseren', so Dörner und sie glaubten an
das deutsche Kulturvolk. Von März 1933 bis Februar 1945 schuf der NS-Staat
1974 Gesetze und Verordnungen gegen die Juden. Von Berufsverboten, über die
"Gesetze zum Schutze der deutschen Ehre und des deutschen Blutes" bis hin zu
den Durchführungsverordnungen der Shoa, dem Holocaust. Dörner wusste seine
Ausführungen immer wieder mit persönlichen Schicksalen zu veranschaulichen,
so dass jene Zeit in ihrer ganzen Perfidität im jüdischen Versammlungshaus
lebendig wurde.
Der Kreisheimatpfleger erklärte auch noch die wichtigsten Elemente der
Amberger Synagoge, vom Almemor bis hin zum Thoraschrein, dem
Chanukkahleuchter oder dem Davidstern. Er zeigte auch einen Tallit
(Gebetsmantel) mit den Zizit (Schaufäden) und wusste, dass es im Judentum so
viele Gebote und Verbote gibt wie ein Granatäpfel Kerne hat, nämlich 613.
Auch auf den Unterschied zwischen Sefarden und Ashkenasen und deren
unterschiedliche Friedhöfe ging er ein."
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September
2019:
125-jähriges Bestehen der jüdischen Gemeinde - sowie Interviews mit
Rabbiner Elias Dray |
Artikel von Gerd Spies in der
"Mittelbayerischen" vom 22. September 2019: "Jubiläum - Gründung vor 125
Jahren. Die jüdische Kultusgemeinde blickt auf eine lange und bewegte
Geschichte zurück, richtet aber auch den Blick in die Zukunft.
Amberg. 'Gesegnet ist, der kommt im Namen des HERRN ...' (Psalm 118,26).
Diese Inschrift ziert das Eingangsportal der Synagoge in Amberg in der
Salzgasse. Ihr Gründungsjubiläum zum 125-jährigen Bestehen feierte die
Jüdische Gemeinde in Amberg an diesem Wochenende. Viel politische Prominenz
hatte sich angesagt. Neben Ambergs Oberbürgermeister Michael Cerny feierten
auch der ehemalige Bayerische Kultusminister und jetzige
Antisemitismus-Beauftragte Ludwig Spaenle sowie der Bundestagsabgeordnete
Alois Karl und der Landtagsabgeordnete Dr. Harald Schwartz mit.
Stadtheimatpfleger Dieter Dörner blickte auf die Sternstunden der
vergangenen 125 Jahre zurück.
Es war der 18. Oktober 1894, als von der Königlichen Regierung der Oberpfalz
die Statuten der Israelitischen Kultusgemeinde in Amberg genehmigt wurden.
Da zu jeder Gemeinde eine Synagoge gehört, kaufte die Gemeinde die beiden
benachbarten Häuser in der Salzgasse, richtete dort eine Synagoge im
liberalen Ritus ein, d. h. dass die Frauen mit den Männern in einem Raum
sitzen. Die Synagoge überstand die NS-Zeit aber nur, weil der Sprengmeister
sich gegen eine Sprengung aussprach.
Erste Erwähnung vor 725 Jahren. Die Geschichte der jüdischen Gemeinde
in Amberg begann aber schon viel früher. Bereits 1294 wurde sie zum ersten
Mal schriftlich erwähnt. Auch eine Synagoge gab es zu dieser Zeit in Amberg
schon. Im 14. Jahrhundert lebten jüdische Familien im sogenannten
Judenviertel in der Umgebung der heutigen Frauenkirche. 1384 wurde die erste
Synagoge errichtet. Doch schon wenige Jahre später, 1391, wurden die
jüdischen Mitbürger auf Anweisung des Pfalzgrafen Ruprecht II vertrieben,
die Synagoge abgerissen. An ihrer Stelle steht heute die Frauenkirche.
Lange Zeit war dann Juden der Aufenthalt in Amberg verboten, im Gegensatz zu
Sulzbach. Die Sulzbacher Juden wurden von Amberg aus regiert, durften aber
die Stadt nicht betreten. Noch 1859 war es jüdischen Handelsleuten
untersagt, sich länger als 24 Stunden in der Stadt aufzuhalten. Doch schon
zwei Jahre später, mit der Aufklärung, wurden Juden und Nicht-Juden
gleichgestellt. Vor allem aus Sulzbach zogen nun viele jüdische Familien
nach Amberg und gründeten dort viele Geschäfte. Um 1900 lebten über
einhundert Juden in Amberg, waren integriert, teilweise sogar assimiliert.
So durfte es z. B. keinen Verein, ob Kanarienzüchterverein, Fußballclub oder
Feuerwehr, ohne jüdische Mitglieder geben. Antisemitismus war ein Fremdwort.
Dies sollte sich nach dem verlorenen 1. Weltkrieg ändern.
Spätestens mit Beginn der NS-Zeit 1933 häuften sich auch in Amberg die
Repressalien und Restriktionen, die jüdischen Bürgern in Amberg das Leben
unmöglich machten. Ein Großteil von ihnen emigrierte; andere versuchten, in
Großstädten unterzutauchen. In der Reichsprogrom-Nacht am 10. November 1938
wurde die Inneneinrichtung der Amberger Synagoge auf der Straße verbrannt,
nachdem der Sprengmeister festgestellt hatte, dass eine Sprengung des
Gebäudes in diesem dicht bebauten Stadtteil zu gefährlich wäre.
Die Fenster wurden zugenagelt, die Innenräume wurden fortan als
Lebensmittellager genutzt. Alle Amberger Juden wurden in Schutzhaft
genommen, die Männer in das KZ Dachau gebracht. Mindestens 38 Amberger Juden
sind Opfer des Holocaust geworden. Im Jahr 2012 wurden auf Initiative des
Gregor-Mendel-Gymnasiums 15 Stolpersteine zum Gedenken an die Opfer des
Nationalsozialismus in Amberg verlegt.
Nach dem 2. Weltkrieg kamen Hunderte von Juden aus Polen nach Amberg. Die
meisten von ihnen wanderten aber nach Israel und in die USA wieder aus. 1989
gab es nur noch 26 Juden in Amberg. Ab den 90er-Jahren stieg die Anzahl
jüdischer Bürger wieder an, durch Zuwanderung aus der ehemaligen
Sowjetunion. Heute zählt die jüdische Gemeinde rund 130 Mitglieder.
Seit 2013 hat die jüdische Kultusgemeinde auch einen eigenen Rabbiner, Elias
Dray. Dray ist in Amberg geboren und aufgewachsen. Bis zu seiner Ernennung
als Gemeinderabbiner in seiner Heimatstadt arbeitete er als Jugendrabbiner
in München. Ambergs Oberbürgermeister schätzt an ihm, dass er nur so vor
Ideen sprudelt. So will Dray Amberg zu einem jüdischen Zentrum in der
Oberpfalz neben Weiden und Regensburg machen, indem er es zu einem
Präventionszentrum gegen Rassismus ausbaut.
Außerdem will Elias Dray das Gemeindezentrum sanieren. Unter anderem soll
der Gebetsraum neu gestaltet werden, Bestuhlung und Boden ausgetauscht
werden. Auch der Toraschrein soll restauriert werden. In dem neuen Schrein
könnte dann die 227 Jahre alte Tora ihren Platz finden, die zurzeit noch in
Sulzbach aufbewahrt wird.
Großes Projekt für die Zukunft. Ganz besonderen Wert legt der
Amberger Rabbiner aber auf den Kontakt mit den Schulen. Für die Schüler
jüdischen Glaubens hält er wöchentlich Religionsunterricht. Mit dem
Max-Reger-Gymnasium startet er jährlich Projekte. 'Ausgrenzung früher und
heute' hieß z.B. im vergangenen Schuljahr ein Workshop für die 9.
Jahrgangsstufe des MRG. Mit der Errichtung eines Präventionszentrums im
Gemeindehaus in der Salzgasse plant der Rabbiner Elias Dray ein großes
Projekt für die Zukunft. Da passte es gut, dass die jüdische Gemeinde in
Amberg die prominenten Gäste zu ihrer Feier einladen konnte, um mit ihnen
auch einen Blick in die Zukunft der jüdischen Gemeinde in Amberg zu wagen.
Mit dem Antisemitismus-Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung Ludwig
Spaenle und der ehemaligen Amberger Bundestagsabgeordneten Barbara Lanzinger
hat Dray ja zwei wichtige Fürsprecher auf seiner Seite, die die Umsetzung
seiner Ideen unterstützen. "
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Artikel in "otv.de"
vom 24. September 2019: "Amberg: 125-jähriges Jubiläum der
Israelitischen Kultusgemeinde.
Jüdisches Leben existiert in Deutschland schon seit sehr langer Zeit. Im
Jahre 321 wurde es das erste Mal belegt. Somit ist die jüdisch-deutsche
Geschichte in zwei Jahren, also 2021, schon mindestens 1.700 Jahre alt.
1.700 Jahre mit lichten Momenten, aber auch vielen Schattenseiten, wie
beispielsweise die gezielte Vernichtung der Juden im Dritten Reich. Auf eine
demnach sehr wechselvolle Geschichte kann auch die Israelitische
Kultusgemeinde Amberg blicken. Sie feierte nun ihr 125-jähriges
Gründungsjubiläum.
Wir hatten gute Zeiten, aber eben auch sehr schwierige Zeiten – so Elias
Dray, der Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Amberg. Er und andere erinnerten
bei der Jubiläumsfeier zu '125 Jahre Israelitische Kultusgemeinde Amberg'
unter anderem an die Zeit während des Nationalsozialismus. Doch bei der
Jubiläumsfeier richtete sich der Blick nicht nur auf die Vergangenheit –
sondern auch auf die Hoffnungen und Ängste der Gegenwart. Die Sorge um die
Demokratie und vor einem weiteren Rechtsruck und ansteigendem Antisemitismus
ist allgegenwärtig – das wurde bei der Jubiläumsfeier deutlich. Hier möchte
die Gemeinde aber aktiv werden und sich für Demokratie und gegen Vorurteile
einsetzen. So wurde hierfür beispielsweise der Verein 'Dem anderen begegnen'
gegründet. (nh)"
Link zum Artikel |
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Artikel von Uli
Piehler im "onetz.de" vom 24. September 2019: "Juden in Amberg öffnen
Türen und Herzen
Die Oberpfalz ist ein gutes Pflaster geworden für die Juden. "In Amberg
fühle mich ziemlich sicher", sagt Rabbiner Elias Dray im Interview zum
125-jährigen Bestehen der Gemeinde.
ONETZ: Herr Rabbiner Dray, die jüdische Gemeinde hat heute Grund
zum Feiern. Wie ist es um die jüdische Kultur in Amberg aktuell bestellt?
Rabbiner Elias Dray: Recht gut. Neben dem normalen religiösen Leben
bieten wir jedes Jahr drei Konzerte an, bei denen wir auch Gäste aus der
Stadt Amberg und aus der Umgebung einladen. Wir wollen dieses weltliche
Angebot gerne erweitern und zum Beispiel vermehrt Vorträge organisieren. Vor
dem Zweiten Weltkrieg hatten wir ungefähr 130 Mitglieder auf dem Stand sind
wir heute wieder.
ONETZ: Wenn Nicht-Juden jüdisches Leben kennenlernen wollen, wann
und wo ist das möglich?
Rabbiner Elias Dray: Es gibt dieses Jahr wieder die Nacht der offenen
Gotteshäuser, da kann man die Synagoge besuchen. Und es gibt auch das
Treffen der Religionen, manchmal findet das in der jüdischen Gemeinde statt.
ONETZ: Dürfen Nicht-Juden auch an Gottesdiensten in der Synagoge
teilnehmen?
Rabbiner Elias Dray: Wer wirklich Interesse hat, sollte bei der
Gemeinde anrufen und sich erkundigen. Ein Besuch bietet sich zum Beispiel
bei Feiertagen an. Demnächst feiern wir das Neujahrsfest Rosch ha-Schana.
ONETZ: Was ist beim Besuch der Synagoge zu beachten?
Rabbiner Elias Dray: Wenn man in die Synagoge geht, sollte man eine
Kopfbedeckung tragen. Man kann eine mitbringen oder wir bieten eine an.
Ansonsten sollte man sich einfach der Würde des Ortes angemessen verhalten.
Die Synagoge ist ein Gotteshaus, wie eine Kirche.
ONETZ: Immer öfter hört man von antisemitischen Anfeindungen oder
Übergriffen in Deutschland. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Rabbiner Elias Dray: Ich habe lange in München gewohnt, da war es
eigentlich ganz ruhig. Als ich dann nach Berlin gegangen bin 2014, wollten
mich zwei Jugendliche, die wahrscheinlich aus einem islamischen Land
stammten, angreifen. Seitdem ist es so, dass ich, wenn ich durch manche
Viertel in Berlin gehe, meine Kippa mit einer Baseball-Kappe bedecke, so
dass sie nicht gesehen werden kann. In Amberg fühle ich mich ziemlich
sicher. Manchmal gehe ich mit der Kippa, manchmal mit der Baseball-Kappe auf
die Straße. Je nachdem.
ONETZ: Sie haben heuer die Gründung eines interreligiösen Zentrums
für Toleranz angestoßen? Wie geht es mit dem Projekt weiter?
Rabbiner Elias Dray: Wir haben im Sommer zunächst den Verein "Dem
anderen begegnen" gegründet. Der Verein erfüllt das Zentrum für Toleranz mit
Leben. Er lädt für Mittwoch, 12. November, zu einem Vortrag von
Kreisheimatpfleger Dieter Dörner über die Geschichte der jüdischen Gemeinde
ein. Außerdem planen wir mit den Schulen einen Workshop-Tag "Ausgrenzung -
damals und heute". Und auch ein Zeitzeugengespräch mit dem
Holocaust-Überlebenden Alexander Fried wollen wir organisieren. Das ist erst
einmal jede Menge. Danach werden wir sehen, wie wir die Vereinsarbeit weiter
etablieren können."
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März 2020:
Interview mit Rabbiner Elias Dray
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Artikel/Interview
von Ernst Fischer in der "Mittelbayerischen.de" vom 5. März 2020: "Interview.
'Mehr tun für die Lebenden!'
Elias Dray ist Rabbiner in Amberg. Im Interview spricht er über neuen
Antisemitismus, Sicherheit und Stolpersteine.
Der Amberger Rabbiner Elias Drey fühlt sich in einigen Teilen Deutschlands
nicht mehr sicher. Im Interview betont er aber auch, dass er das Gefühl hat,
dass die bayerische Staatsregierung das Thema Antisemitismus ernst nimmt.
Herr Dray, Sie sind Rabbiner der Israelitischen Gemeinde Amberg, zu der
auch Cham gehört. Jüdisches Leben ist hier
in Cham nicht sichtbar. Warum?
In Cham gibt es wohl keine Juden mehr. Wir haben auch höchstens ein, zwei
Leute aus dieser Region, die zu unserer Gemeinde mit etwa 130 Mitgliedern
gehören.
Nach dem Angriff auf die Synagoge in Halle: Müssen Juden heute Angst
haben, ihren Glauben offen zu zeigen? In Bayern fühle ich mich noch
einigermaßen sicher. Hier trage ich auch noch die Kippa, in den neuen
Bundesländern oder in Berlin aber nicht mehr. In Berlin wollten mich Leute
schon einmal schlagen, als ich mit Kippa auf der Straße unterwegs war. Ich
musste davonlaufen.
Und wie werten Sie die neuen rechtsradikalen Strömungen in Deutschland?
Wir sind sehr besorgt. Die kleinen Gruppen von Rechtsradikalen, die sind
sehr gut vernetzt. Und es gibt auch mehr Akzeptanz in der Bevölkerung.
Dadurch fühlen sich die Rechtsextremisten noch stärker.
Wie schützt sich die jüdische Gemeinde in Amberg vor Angriffen wie in
Halle? Ich habe das Gefühl, Ministerpräsident Söder und Innenminister
Hermann nehmen das Thema sehr ernst. Gerade erst war der Minister in Amberg.
Synagoge und Gemeindehaus werden umgebaut, um die Sicherheit zu erhöhen.
Ein Chamer Lehrer hat gerade auf Eigeninitiative einen Gedenkstein für
die ermordeten Chamer Juden im Stadtpark aufstellen lassen, weil er sonst
ein Zeichen in der Stadt vermisste. Verdrängen wir gerne bewusst die
Erinnerung an die Nazi-Verbrechen? Das würde ich nicht sagen. Es gibt
sehr viele Initiativen der Erinnerung, zum Beispiel die Stolpersteine. Aber.
Wir Juden sagen: Es ist einfacher, etwas für einen toten Juden zu tun als
für einen lebenden. Manchmal würde ich mir wünschen, wir würden mehr machen,
um zu zeigen, wie lebendig das Judentum heute ist. In Amberg zum Beispiel
gibt es einen Verein Den Anderen Kennenlernen, wir machen Workshops mit
Schulklassen, und mit einem Gymnasium wurden 15 Stolpersteine in der Stadt
gesetzt.
In Cham gibt es keinen einzigen Stolperstein... Ja, das ist schon
schade. Dabei wäre das schon wichtig für Cham, so ein Signal. Und ich fände
es toll, wenn sich auch hier in dieser Stadt eine Schule dafür interessieren
würde."
Link zum Artikel |
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Oktober 2021:
Torarolle kehrt zurück
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Artikel in der
Website des Bayerischen Rundfunks: "Älteste Thorarolle Süddeutschlands
kehrt nach Hause zurück.
Die 228 Jahre alte Thorarolle, die nach der Restaurierung in Israel am
Holocaust-Gedenktag im Bundestag vollendet wurde, ist wieder in Amberg.
Eigentlich sollte die Schriftenrolle schon im Juni nach Amberg zurückkehren.
Corona verzögerte dies.
Die älteste Thorarolle Süddeutschlands befindet sich wieder in ihrer
Heimatstadt. Rabbiner Elias Dray holte sie Anfang dieser Woche vom Berliner
Jüdischen Museum nach Amberg zurück, wie er dem Evangelischen Pressedienst (epd)
sagte.
Festakt am 17. Oktober. Die Rückführung der aufwendig restaurierten
Schriftrolle soll am 17. Oktober mit einem Festakt gefeiert werden.
Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) hat die Schirmherrschaft übernommen.
Die Thorarolle spiegele ein Stück Geschichte des jüdischen Lebens im
Deutschland wider. Ihre Rückkehr sei "für alle Menschen und Konfessionen ein
Grund zu feiern", heißt es in der Einladung zum Festakt. Nach einer Segnung
im Amberger Congress Centrum wird sie in einer feierlicher Prozession zurück
in die Synagoge gebracht, sagte der Rabbiner. Nach seiner Einschätzung ist
die Thora etwa 100 Jahre nicht mehr am Schabbat gelesen worden. Dies soll
zum Abschluss der Festwoche am 23. Oktober in der Amberger Synagoge
geschehen.
Rabbiner entdeckte die Schriftrolle erst 2015. Dem Rabbiner ist es zu
verdanken, dass die mehr als 200 Jahre alte Thorarolle überhaupt gefunden
wurde. Die Schriftrolle datiert auf das Jahr 1792 und trägt die Inschrift "Sulzbach".
Gut 70 Jahre hatte sie unerkannt im Schrein der Amberger Synagoge gestanden,
bevor Rabbiner Dray das einzigartige Kulturgut im Jahr 2015 fand.
Angefertigt wurde das Pergament mit den fünf Büchern Mose für die Synagoge
in Sulzbach. Dort existierte
bis 1851 auch eine der fünf größten hebräischen Buchdruckereien der Welt.
1934 löste sich die dortige Gemeinde auf, die Rolle kam in die jüdische
Gemeinde nach Amberg. Kurz vor der Reichspogromnacht 1938 versteckte sie der
letzte Religionslehrer der jüdischen Gemeinde im Heimatmuseum in Amberg. Das
Schriftstück hat auch den großen Stadtbrand von 1822 in Sulzbach überdauert
und legt Zeugnis dafür ab, dass jüdisches Leben in der Oberpfalz schon seit
Jahrhunderten existiert. Zur Begutachtung brachte Dray die Thorarolle nach
Israel.
Thora in Israel restauriert. Dort stellte man fest, dass eine
Restaurierung der aus 30 Tierhäuten bestehenden, 24 Meter langen und 65
Zentimeter hohen Rolle rund 45.000 Euro kosten würde - zu viel für die
Israelitische Kultusgemeinde Amberg. Beschädigt aber darf eine Thora nach
jüdischen Gesetzen nicht mehr für Gottesdienste verwendet werden. Sie kann,
wie in solchen Fällen üblich, auf einem jüdischen Friedhof beerdigt werden.
Der Bund übernahm daraufhin fast die gesamten Kosten, um das imposante
Zeugnis jüdischen Lebens in Bayern zu erhalten. Die aufwendige Restauration
dauerte fast zwei Jahre.
Im Blickpunkt der Öffentlichkeit beim Holocaust-Gedenktag. Beim
Holocaust-Gedenktag am 27. Januar dieses Jahres spielte sie eine tragende
Rolle im Deutschen Bundestag. Sie wurde beim Gedenken für die Opfer des
Nationalsozialismus vervollständigt, indem ein jüdischer Schreiber die
letzten acht Buchstaben auf die Schriftrolle setzte. Die Repräsentantinnen
und Repräsentanten der deutschen Verfassungsorgane standen dabei Pate wie
auch von jüdischer Seite Zentralratspräsident Josef Schuster, die
Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern,
Charlotte Knobloch, sowie Rabbiner Elias Dray.
Nicht nur Ausstellungstück. Nach ihrem Auftritt in Berlin kam die
Rolle zunächst für ein paar Monate im Jüdischen Museum in Berlin unter
Verschluss. Bereits im Juni sollte sie zurückgebracht werden, doch die
Corona-Pandemie verhinderte dies. Diese Woche wurde sie nun vom Amberger
Rabbiner heimgeholt. In Amberg soll sie auch wieder im Gottesdienst
verwendet und nicht nur wie ein Museumsstück ausgestellt werden, sagte der
Rabbiner."
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica II,1 S. 13-14; II,1 S. 13-15. |
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 75-77. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 270-271. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 153-155.
|
| Norbert Flach: Spurensicherung. Amberg und der
Landkreis unter dem Hakenkreuz. Frankfurt 1993². |
| Dieter Dörner: Juden in Amberg - Juden in
Bayern.Verlag Eckhard Bodner. Pressath 2003. |
| ders.: Juden in Amberg - Niedergang und Neuanfang. 2006.
Buchbesprechung
zum letztgenannten Buch aus der "Amberger Zeitung" (Quelle)
Niedergang und Neuanfang Amberger Juden - Kreisheimatpfleger
Dieter Dörner veröffentlicht zweites Buch - Erste Gottesdienste am 15.
August 1945
Amberg. Vor drei Jahren veröffentlichte Kreisheimatpfleger Dieter Dörner
das Buch "Juden in Amberg - Juden in Bayern". Danach sprachen die
Jüdische Gemeinde Amberg und die Universität Erlangen den Herausgeber, der
auch Stadt- und Kulturführer ist, an, doch auch über die Anfänge der
Nachkriegsgemeinde zu recherchieren. So entstand Dörners zweites Buch
"Juden in Amberg - Niedergang und Neuanfang", das 234 Seiten stark
und für 16,90 Euro im Buchhandel erhältlich ist. Der Autor: "Da Namen
wie Weinschenk, Godlewsky oder Zechermann noch vielen Ambergern in
Erinnerung sind, wiederholt sich in der Neuauflage die Zeit von 1933 bis
1945, ergänzt mit durch Presse und Film berühmt gewordenen jüdischen
Namen und deren Schicksalen."
Zum Tode verurteilt. Zum Beispiel Leo
Katzenberger. Er war Schuhfilialist in Nürnberg und der einzige Jude, der
im Dritten Reich wegen angeblicher Rassenschande von einem Gericht zum Tode
verurteilt wurde. Katzenberger wohnte nie in Amberg, doch ihm gehörte das
Schuhgeschäft Springmann am Marktplatz, das von einer nichtjüdischen
Angestellten geführt wurde. Gut sind vielen Ambergern laut Dörner auch die
Juden der Vorkriegsgemeinde in Erinnerung. Wenig wisse man aber über die
viel größere Zahl der jüdischen "Displaced Persons" der
Nachkriegsgemeinde. Darunter versteht man alle nach dem Krieg verbliebenen
Personen nichtdeutscher Staatsangehörigkeit, Kriegsgefangene,
Zwangsarbeiter und Konzentrationslagerhäftlinge - insgesamt sieben bis acht
Millionen Menschen, darunter etwa 80 000 Juden. Letztere waren vor allem Überlebende
der Konzentrationslager. Der Autor: "Die ersten befanden sich sicher
schon vor der Besetzung Ambergs am 22. April 1945 zumindest im
Landkreis." Es waren Juden der im Raum Schwarzenfeld/Schwandorf aufgelösten
Todesmärsche vom Konzentrationslager Flossenbürg nach Dachau. Amberg hatte
ein intaktes Lazarett, leerstehende oder geräumte Kasernen und eine
zumindest baulich relativ intakte Synagoge. In ihr wurden bereits am 15.
August 1945 die Gottesdienste wieder aufgenommen.
Synagoge erste Anlaufstelle. Für die Zeit
von 1945 bis 1950 lassen sich etwa 500 in Amberg wohnende jüdische "Displaces
Persons" nachweisen. Für alle war die Synagoge die erste Anlaufstelle.
Männer und Frauen, die jüdisches Leben wieder erwecken wollten, ergriffen
die Initiative, hielten Gottesdienste, gründeten eine Schule, schufen eine
Gemeinschaftsküche und unterhielten einen Fußballklub. Rabbiner Dr. Natan
Zanger war der Motor der Gemeinde. Wie ging es weiter? Die Bestandsaufnahme
des Buches endet 1950. Die meisten "Displaced Persons" wanderten
aus, viele Junge zogen in Großstädte. Dörner: "Es war eine
schleichende Dezimierung der Nachkriegsgemeinde. Sie war zum Zeitpunkt der
Wende nicht mehr lebensfähig." Mit den so genannten Kontingentjuden
aus den GUS-Staaten, heute etwa 200 in Amberg, kam neues Leben mit neuen
Hoffnungen und neuen Problemen in die Gemeinde. |
|
"Mehr als
Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Band I:
Oberfranken - Oberpfalz - Niederbayern - Oberbayern - Schwaben.
Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager. Hg.
von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz.
Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und
herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3:
Bayern. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im
Allgäu.
ISBN 978-3-98870-411-3.
Abschnitt zu Amberg S. 229-236 (die Forschungsergebnisse
konnten auf dieser Seite von "Alemannia Judaica" noch
nicht eingearbeitet werden). |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Amberg Upper Palatinate. Jews
were present in the 13th century. In the Rindfleisch massacres of 1298, 13 were
murdered and in 1403 all were expelled. The community was renewed in the 1850s
and 1860s and numbered 101 in 1900 (total 22.039). The independent community
dates from 1896 and a synagogue was dedicated in 1898. Also attached to it were
the communities of Schwandorf, Schnaittenbach and Nabburg. In 1933 there were 64
Jews in Amberg. By 1941, 17 had emigrated and 23 moved to other cities of
Germany. On Kristallnacht (9-10 November 1938) the interior of the
synagogue was destroyed and Jews were sent to the Dachau concentration camp. Of
the 12 remaining Jews, seven were sent to Piaski in the Lublin district (Poland)
on 2 April 1942 and three to the Theresienstadt ghetto via Regensburg on 23
September.
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