Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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30 Jahre "Alemannia Judaica" - Feier in Tübingen 2022  
          

Die Arbeitsgemeinschaft "Alemannia Judaica" besteht 2022 - seit ihrer Gründung in Hohenems 1992 - nun 30 Jahre. Die Website alemannia-judaica.de besteht seit ungefähr zwanzig Jahren, nachdem zu ihrer Gestaltung Joachim Hahn bei der Jahrestagung in Emmendingen 2003 den Auftrag erhielt. Er war bis zur Gegenwart nicht nur Webmaster der Website, sondern hat auch mit den Organisationen vor Ort zu den Jahrestagungen eingeladen und den Kontakt mit den Mitgliedern aufrechterhalten. Der "Arbeitskreis Jüdisches Schwaben" an der Universität Tübingen (Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften) lud auf Grund der beiden Jubiläen zu einem Festakt ein am

27. Oktober 2022, 18 – 21 Uhr im  Großen Senat der Neuen Aula, Geschwister-Scholl-Platz in Tübingen.

Den Festvortrag hielt Professorin Dr. Miriam Rürup, Direktorin des Moses Mendelssohn Zentrum für europäische-jüdische Studien in Potsdam. Beim anschließenden Empfang gab es Gelegenheit zum Austausch.
Im Namen des Arbeitskreis luden ein und gestalteten die Veranstaltung Prof. Dr. Sigrid Hirbodian und Prof. Dr. Benigna Schönhagen
 
Programmablauf und Fotos von der Feier der Jubiläen von "Alemannia Judaica"


 

Bericht zur Veranstaltung von Jochen Mauer: 
Jubiläum "Alemannia Judaica": 30 Jahre Gründung der Arbeitsgemeinschaft - 20 Jahre Webpräsenz -
Festakt zum 30. Jahrestag der Gründung der Alemannia Judaica - zu Ehren von Dr. Joachim Hahn in Tübingen am 26. Oktober 2022

  
30 Jahre besteht sie bereits, die Arbeitsgemeinschaft Alemannia Judaica. Am 24. Mai 1992 wurde sie in Hohenems (Vorarlberg) gegründet: Ihr Ziel ist die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum. Seit 2002 ist die gleichnamige Website online und bietet Informationen zu etlichen hundert Ortschaften: zunächst vor allem aus Baden-Württemberg, dem Elsass, der Deutschschweiz, Vorarlberg und in Bayrisch-Schwaben, dann aber auch zu Orten in Bundesländern weit darüber hinaus. Unzählige Bilder und schriftliche Quellen wurden im Lauf der Jahre dort eingestellt – auf diese Weise ist die Website ein ergiebiges Rechercheinstrument geworden. Und sollte jemand weiteres, bisher nicht bekanntes Material haben, wächst sie weiter.
Anlässlich der Jubiläen der Arbeitsgemeinschaft und ihrer Website lud der Arbeitskreis Jüdisches Schwaben am Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Universität Tübingen am 26. Oktober zu einer Feier mit Festvortrag in den großen Senat der Uni Tübingen. Viele aus der Schar der Gäste sind Weggefährtinnen und -gefährten, spüren wie Joachim Hahn schon seit langem die Spuren jüdischen Lebens auf, sichern und dokumentieren – leisten 'Erinnerungsarbeit'. Woher dieses anhaltende Interesse? Dafür gibt es sicher eine ganze Reihe von Antworten.
Eine Rolle spielt bestimmt, dass es sich um ein spannendes Kapitel unserer regionalen Geschichte handelt, noch sehr frisch, aber zugleich abgekapselt vom Alltag, eben kein Thema. Daraus wuchs der Impuls, das Unrecht, das vielen deutschen Juden angetan worden war, nicht weiter zu beschweigen. Je länger desto mehr wuchs schließlich die Einsicht, dass da eben nicht nur Opfer waren, sondern auch Täter – hier war und ist Erinnerungsarbeit besonders anstrengend. Und wenn man Joachim Hahn oder jemand anderen selbst fragt, ist es vor allem die Erfahrung, dass der Einsatz für die stummen Zeugen über die Jahre so viele überaus lebendige Kontakte geknüpft hat: Zu Überlebenden oder aber deren Angehörigen und Nachkommen und nicht zuletzt auch zu den früheren Nachbarn und Zeugen hierzulande. Wie aber wird jemand überhaupt 'Erinnerungsarbeiter*in'?
Ein anschauliches Beispiel dafür gab Prof. Miriam Rürup in ihrem Festvortrag 'Lokal, regional, digital – Perspektiven auf die Vielfalt jüdischer Geschichten(n)': Bei einem Urlaubsaufenthalt in Müllheim (Baden) stolpert der Blick am Rand eines Parkplatzes im Ort über einen Gedenkstein. Dort hatte die Synagoge ihren Ort und zwar, weitgehend erhalten, sogar bis 1968! Über die Website der Alemannia Judaica fand sich etliches zur jüdischen Geschichte des Ortes – und zum auffällig späten Abriss des Gotteshauses. https://www.alemannia-judaica.de/muellheim_synagoge.htm. Es wurde deutlich: Ein Gedenkstein – der aber vor allem ein Stein des Anstoßes ist und fast greifbar das Interesse hinter dem Abrissbeschluss, diese materiellen Erinnerungen abzuräumen, die ja sowohl die gewaltsam beendete Geschichte belegen wie auch eine zuvor bestehende Nähe und Nachbarschaft.
Die Gründungsmitglieder der Alemannia Judaica hatten es freilich nicht so einfach: Steine waren schon da, aber keine Tafeln, wenig Erzählungen, keine Website und noch wenige Informationen aus Büchern. Oft waren es Zugezogene, die aufmerksam wurden auf die Nachrichten der stummen Zeugen, die nachfragten, sich mit anderen Interessierten zusammentaten und die Erinnerungsarbeit aufnahmen. Historisches oder judaistisches Fach- und Methodenwissen? Die Wenigsten verfügten darüber – aber es fanden sich Leute vom Fach, ausgewiesene Experten waren bereit zur Unterstützung. So begannen die Steine zu reden, will sagen: weckten Neugierde auf das, was jüdisches Leben ausmacht, wie jüdische Geschichte geschrieben wurde – ganz alltäglich und lokal und immer wieder mit den ganz großen Lettern, mit Beziehungen in alle Welt. Wo die Fluchtrouten eben hingeführt haben, wo Menschen leben, die in der Verfolgung der Familiengeschichte auf Namen stießen, die jüdische Gemeinden im alemannischen Raum bezeichneten. Namen von Orten – Namen von Familien: Ein jüngerer Spross der Erinnerungsarbeit, ist hierzu eine genealogische Datenbank: Jüdische Familien mit Bezug zum Südwesten Deutschlands (www.juedische-familien.de).
Die akademische Geschichtswissenschaft bemüht sich durch den reflektierten Einsatz ihrer Methoden bei der Erschließung von Quellen aller Art, seien es archäologische Funde, schriftliche oder auch mündliche Zeugnisse, um einen objektiven Zugang zum Gegenstand der Forschung, der Erweiterung der Kenntnis der Lebenszusammenhänge der Menschen vergangener Zeiten. Die Menschen, die sich in der Alemannia Judaica zusammengetan haben, teilen dieses Bemühen. Neben der Erhaltung der steinernen Zeugnisse und der Dokumentation der Präsenz jüdischer Menschen sind ja viele historische Forschungsprojekte daraus erwachsen und wichtige Publikationen vorgelegt worden.
Wer die Beteiligten fragt, was für sie und ihr Engagement über das akademische Interesse hinausgeht, wird vielfach zu hören bekommen, dass sie einen aktiven Beitrag für eine demokratische und freie Gesellschaft leisten wollen. Das ist wohl der Zukunftsaspekt der Erinnerungsarbeit. 'Lokal, regional, digital' – so fasst der Titel des Vortrags von Prof. Dr. Miriam Rürup aus Potsdam einige wichtige Aspekte, die im Lauf des Abends immer wieder sicht- und hörbar werden. Fast an allen Orten, die auf der Website Alemannia Judaica Spuren jüdischen Lebens dokumentiert, sei er persönlich auch gewesen, sagt Dr. Joachim Hahn zum Ende des Abends in Tübingen: Hunderte von Einträge kommen da zusammen, zu denen er maßgeblich mit Fotos, Texten und Arbeiten beigetragen hat - es wird deutlich, dass dieser Einsatz im besten Sinn Heimatkunde ist.
Ergänzen könnte man, spätestens mit dem Start der Website, noch das Adjektiv 'global': eingebunden in die Geschichte und Geschichten jüdischer Familien, mit Kontakten zu Kindern und Enkeln, deren Vorfahren Nachbarn unserer Vorfahren waren und die Teil der Weltgeschichte des jüdischen Volkes sind. Nun geht es darum, die Website technisch zu aktualisieren – die vielen Informationen sollen zugänglich bleiben und Alemannia Judaica als wichtiges Rechercheinstrument auch künftig nutzbar sein.
Einen tiefen Dank Dr. Joachim Hahn und den Mitgliedern der Alemannia Judaica sowie allen Erinnerungsarbeit-Leistenden für diesen großen und nachhaltigen Einsatz für die Dokumentation und Erhaltung der steinernen Zeugen und dafür, dass sie diese zum Sprechen gebracht haben!    Jochen Maurer
 
   

   

 

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Stand: 30. Juni 2020